«Lust am Wagnis, keine Angst zu scheitern – auch das ist Journalismus.»

Anja Conzett

Reporterin

Anja Conzett wuchs in Schiers auf, mit Mehl, Bibel und einem vollgestopften Estrich. Sie war die Tochter eines Bäckers und Missionars und als solche von den Bauernkindern geächtet, obwohl sie sie an Wildheit oft übertraf. Sie hielt sich an endlose Stapel von «Spiegel»- und «Geo»-Heften im Estrich. Mit 16 enttäuschte sie ihre Eltern, weil sie ein weltliches Leben plante: Sie wollte Journalismus machen. In Zürich langweilte sie sich fürchterlich im Germanistik-Studium; sie überlegte, was tun. Ein halbes Jahr Indien langweilte sie auch – das taten alle. Sie entschloss sich, einen richtigen Job zu machen: Sie ging zurück nach Graubünden, ins Prättigau, und unterschrieb einen Arbeitsvertrag im Schlachthaus. Sie war die erste Praktikantin, die je dort arbeitete. Die Männer steckten ihr Kuhaugen und Hoden in den Overall. Das als Zeichen der Akzeptanz – sie taten dasselbe auch untereinander. In der Pause wurde über Politik debattiert: Die SVP-Anhänger galten unter den Schlachtern als der linke Flügel. Conzett lernte in diesem halben Jahr mehr als je sonst wo: zurückgeben. Und zuhören. Obwohl sie das Studium wieder aufnahm, blieb das Schlachthaus die beste Universität, die sie je besuchte: Sie gewann ein Ohr für den Slang. Seither kommt sie überall durch, und Milieureportagen sind das, was sie am liebsten macht. Sie schrieb für «Hochparterre», «Südostschweiz» und die «Schweizer Illustrierte» über Dealer, Prostituierte, Fernfahrer, Flüchtlinge und Bauarbeiter. Zu Letzteren erschien 2016 im Rotpunkt-Verlag der Reportageband «Lohndumping – eine Spurensuche auf dem Bau». Sie hat vor, ein furchtloses Leben zu führen.

(Text von Constantin Seibt)

84 Beiträge

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