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Der Soziologe Max Weber stellte einst fest, dass eine Beleidigung der Ehre eines Landes viel schlimmer sei als die Bedrohung seiner Sicherheit. Anatol Lievens Beschreibung der Geisteshaltung der russischen Machtelite legt eine solche "Ehrbeleidigung" als Beweggrund für den Überfall auf die Ukraine nahe. Auch der in England lehrende Politologe Richard Ned Lebow hat in der NZZ vom 19. März diese hier stark verkürzte Argumentationslinie ausführlich beschrieben und umfassend begründet, und es stellt sich nun die (bange) Frage, ob die demokratische, politische und diplomatische Entwicklung der letzten 70 Jahre diesem Krieg etwas entgegensetzen kann.

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Genau darauf kommt es an, - was ist unsere Alternative zum russischen und dem chinesischen System? Coronagezänk und Klimaverschleppung bringen‘s jedenfalls nicht.

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Leserin
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Wie [un]realistisch die Chance ist, dass Putin von Innen Widerstand erhält, zeigt dieses Interview im zdf mit Andrej Soldatow. Nachdem A. Soldatow den Machtapparat (vgl. Artikel) beschrieben hat sagt er: (ab ca. 14‘)

„Seit sieben Jahren herrscht im Land die pure Angst. Es gibt ständig gezielte punktuelle Repressalien. Nicht nur gegen die Opposition, wie Alexei A. Nawalny, sondern auch gegen Vertreter der Eliten. Deshalb sind viele jetzt im Gefängnis: Minister, Gouverneure, hohe Staatsbeamte, sogar FSB-Offiziere (Geheimdienstler). In der Elite wird sehr gut verstanden, dass die Risiken eines Widerstandes enorm sind. Putin regiert durch die Angst! In dieser Atmosphäre wird es äusserst schwer sein ihn umzustürzen.“

Putin war schon immer dafür bekannt jede Krise durch eine weitere Eskalationsstufe zu überwinden sagt Soldatow weiter. Dabei geht es nicht nur um die Wahl noch brutalerer Waffen, sondern Soldatow befürchtet, dass er die Nato weiter provozieren und/oder bspw. im Schwarzen Meer angreifen wird. Der schwache Trost, so Soldatow, es gibt noch viele Möglichkeiten zu eskalieren ohne Atomwaffen.

(Edit) Ich werde das grausige Gefühl nicht los, dass Putin ein Computerkriegsspiel spielt - mit der ganzen Welt.

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Kritiker
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Hilfreich finde ich die klare Unterscheidung der Silowiki von den Oligarchen und der weiteren Elite Russlands. Was mir in dem Artikel fehlt, ist sind Ausführungen darüber, wie weit diese Leute mit ihrer "patriotischen Mission" zu gehen bereit sind. Zum Geschäft der Tscheka wie der heutigen Geheimdienste, deren Spitzen die Silowiki sind, gehörten und gehören Entführung, Erpressung, Raub, Geldwäscherei, Folter, Terror, Mord bis hin zu organisiertem Massenmord, Propagandakriege, Kriegstreiberei und Vernetzung mit dem organisierten Verbrechen. Das Schüren von Angst ist das Kerngeschäft. Ihr nachsowjetisches Gesellenstück haben diese Leute mit dem ersten und zweiten Tschetschenien-Krieg geliefert. Mit dem ersten dieser Kriege wurde die zögerliche Demokratisierung unter Yelzin im Blut erstickt; Mit dem zweiten, dessen Vorwand der angebliche Terrorismus der Tschetschenen lieferte (den man tatsächlich selber inszeniert hatte) wurde Putin als starker Mann mit KGB-Hintergrund und als Beschützer Russlands vor Terror im Kreml etabliert. Gegen die Übergriffe dieser Leute schützt kein Reichtum, kein Gesetz, kein noch so hohes Amt. Die Silowiki sollte man als systematische, von Putin gedeckte Rechtsbrecher betrachten: Sie sind mit ihm durch gemeinsame Verbrechen unlösbar verbunden. Das Putinsche ist ein kriminelles Polizeiregime, und das seit den Anfängen. Schändlich, wie lange der Westen darüber systematisch hinweggesehen hat, und wie lange man dieses Regime durch Geschäftsbeziehungen alimentiert hat. Übrigens geschieht das in noch viel grösserem Ausmass mit dem in fast jeder Hinsicht viel stärkeren, aber wenn möglich noch ruchloseren China: Das wird uns allen noch sehr teuer zu stehen kommen!

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Sehr spannender Artikel. Leider scheint der Autor vor seinen Erkenntnissen eingeschüchtert und hat nicht alles fertig ausgesprochen.
Die Russen glauben, dass ihr Land als drittklassige Macht behandelt wird. Sie irren sich nicht. Obama hat es nur ausgesprochen.
Das war kein Versprecher, und die Russen wissen es. Russland ist eine drittklassige Macht. Kulturell und technologisch sind seine Errungenschaften der letzten hundert Jahre überschaubar, wirtschaftlich ebenfalls, wenn man von den Rohstoffen absieht, für deren Vorhandensein die Russen nicht viel können, und sie könne daraus kaum Selbstbewusstsein schöpfen. Bleibt noch etwas militärische Macht.
Die Russen machen sich keine Illusionen. Deshalb hat Putin auch versucht, sich in westliche Bündnisse zu integrieren, wurde aber zurückgewiesen. Als drittklassiges Land bei Bündnissen aussen vor gelassen werden, bringt einen in eine sehr unangenehme Lage. Das Gefühl der Bedrohung ist nachvollziehbar, die Motivation, Stärke zu zeigen ebenfalls. Ganz besonders, wenn der Nachbar im Westen jede Schwäche gnadenlos ausnützt.
Länder in dieser Lage tendieren zu verzweifelten Handlungen. Sie in die Ecke zu treiben, ist keine kluge Politik. Wir sollten jetzt versuchen, Russland aus dieser Ecke herauszuholen. Ich sehe aber noch keine Bereitschaft dazu.

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Lucia Herrmann
Community-Redaktorin
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Ich habe grosse Mühe mit Ihrem Beitrag und das nicht aus einer Moderations-Rolle heraus, sondern ganz persönlich. Ich frage mich, warum Sie sich gerade jetzt und genau auf diese Art äussern. Bereits Mitte Februar, noch vor Kriegsbeginn, haben wir in diesem Sammelartikel auf eine Arte-Dokumentation hingewiesen, in der die russische Aussenpolitik der vergangenen Jahrzehnte meines Erachtens sehr gut nachgezeichnet wurde. Dabei wird das Verhältnis zwischen Russland und der Nato ebenfalls kritisch thematisiert. Im Dialog sind Sie damals nicht auf den Beitrag eingegangen, aber Sie schrieben «ziemlich wahrscheinlich geht es hier gar nicht um die Ukraine».
Wenige Tage später marschierte die russische Armee in der Ukraine ein. Im Moment bombardiert das russische Militär ukrainische Städte.
Ich verstehe wirklich nicht, wie und warum Sie ausgerechnet jetzt, und mit diesem Wissen, schreiben können, die russische Position sei «nachvollziehbar», Russland sei in einer «verzweifelten Lage» gewesen, der «Nachbar im Westen» nütze jede Schwäche gnadenlos aus und es müsse jetzt mehr «Bereitschaft» geben, auf Russland zuzugehen. Nochmal: Das russische Militär bombardiert ukrainische Städte.

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Dieser Arte-Dokumentation zeigt aus meiner Sicht eindeutig, dass Putin, in den Augen des Westens, zu viel Einfluss auf der Welt gewonnen hat.
Dr. Gregor Gysi hat bereits 2014 eindrücklich auf die wichtigsten Konfliktpunkte um die Ukraine aufmerksam gemacht. Auf YouTube unter „es gibt nur den Weg der Diplomatie“ zu finden.

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Auch ich habe ein etwas schlechtes Gefühl bei Ihrer Replik. Wollen Sie mir sagen:

  • Heute, "ausgerechnet jetzt", ist keine Zeit für differenzierte Betrachtungen, für Standortbestimmungen, jetzt kann es nur heissen: Rally around the flag!

  • Oder geht es darum, die Rolle des Opfers, das nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, unbedingt für "unsere" Seite, unser Gesellschaftssystem, die Nato, zu beanspruchen und Sie reagieren deshalb so verunsichert auf das Bild eines schwachen Russland?
    Ich hoffe, dass auch in Zeiten, wo die Emotion überkocht, die Republik und ihr Forum Raum hat und gibt zum Distanz gewinnen, eine Adlerperspektive zum eigenen Standpunkt und dem der anderen Involvierten einzunehmen. Mit dieser Annahme versuche ich nochmals, meine Ueberlegungen zu erklären:

  1. Ich kann Russlands Position zum Status der Ukraine nachvollziehen. Die Folgerung der Russen daraus, die Ukraine anzugreifen, billige oder entschuldige ich nicht, und die Beschiessung von Städten noch viel weniger.

  2. Dass sich die sicherheitspolitische Lage Russlands seit dem Mauerfall massiv verschlechtert hat, scheint mir offensichtlich. Die Nato, die ihre Existenzberechtigung nach wie vor hauptsächlich aus der Konfrontation gegen das grosse Land im Osten bezieht (woher denn sonst?) ist in dieser Zeit von Berlin vorgerückt bis wenige Kilometer vor St. Petersburg. Georgien ist eine amerikanische Basis geworden, und ich höre, dass es in der Ukraine ebensoviele Amerikaner gibt wie in Georgien, wenngleich sie, anders als in Georgien, keine Panzer fahren und keine Uniformen tragen, oder wenigstens keine amerikanischen. Oder in den Worten des deutschen Schriftstellers Alexander Kluge, der die russische Sicht im lesenswerten Tagimagi-Interview vom vergangenen Wochenende (vielleicht etwas arg) zugespitzt hat: Wenn die Nato bis an die Ostgrenze der Ukraine vorgerückt ist, ist sie fast so weit vorgedrungen wie Hitlers Wehrmacht vor 80 Jahren.

  3. Dass die Nato, und wenn nicht die Nato dann die USA im Alleingang, jede der abgespaltenen Sowjetrepubliken und dazu noch alle Warschauer-Pakt-Staaten eingesammelt haben (inkl. exterritoriale Gefängnisse, zum Beispiel), wurde schon ausgiebig diskutiert. Natürlich hat dabei geholfen, dass die Strahlkraft der russischen Gesellschaft und Wirtschaft sehr schwach war und ist. Eben, die Schwäche, die ich meine.

  4. Deshalb denke ich, dass es bei aller berechtigten Empörung Gründe gibt, mit Russland nicht zu brechen und auf seine Befürchtungen, ob gerechtfertigt oder nur eingebildet, einzugehen. Einer davon: in die Ecke getrieben, ist jeder gefährlich.
    Und stimmt, ich habe mich geirrt, wie viele andere auch: Putin ist in die Ukraine einmarschiert, und nicht "nur" in den Dombas und ins Luhansk.

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„Deshalb hat Putin auch versucht, sich in westliche Bündnisse zu integrieren, wurde aber zurückgewiesen.“

Können Sie mir bitte das Nato- oder EU-Beitrittsgesuch von Russland senden, kann es leider nicht finden.

„ Das Gefühl der Bedrohung ist nachvollziehbar“

Russland hat Nuklearwaffen. Wer im Westen soll da auf die dumme Idee kommen Russland anzugreifen?

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Leserin
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Die, die sich in USA in ihre Bunker zurückziehen können, und sich auf einen great reset der Dritten Art vorbereiten. Chaos in unserer Hemisphäre stört die nicht so sehr wie uns. Gerne hätten auch die eine intakte Welt. Aber für die WeltHerrschaft opfern sie Europa schon mal.

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Eine Quelle zu Putins Integrationsabsichten. Und sagen Sie nicht, The Guardian sei russische Propaganda: https://www.theguardian.com/world/2…n-his-rule
Zur Bedrohung, zwei Dinge zum Bedenken:

  • Ich bin 57 Jahre alt. In meiner Militärdienstzeit waren unsere militärischen Übungsszenarien immer auf einen sowjetischen Angriff auf Westeuropa ausgerichtet. Obwohl Westeuropa voll amerikanischer, französischer und britischer Atomwaffen war. Sogar die deutschen Kampfflugzeuge trugen Atomwaffen. Und trotzdem bereiteten wir uns auf den Angriff der Sowjets auf Westeuropa vor. Das war vielleicht paranoid, aber wir müssten deshalb zumindest die Paranoia der Russen verstehen.
    Allerdings: Wenn Sie Diskussionen zum Thema "Erstschlagfähigkeit" anschauen, stellen Sie fest, dass es massgebende Leute gibt, die Atomkriege als führbar anschauen. Dann ist Paranoia plötzlich ganz angemessen.

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Nachstehend der Link zum EU-Ukraine Assozierungsabkommen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Assoz…er_Ukraine
Die politische Kommentierung durch u.a. die verstorbenen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl ist in der historischen Betrachtung besonders aufschlussreich.

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Überhaupt gar nichts davon stimmt.

Werfen Sie einen Blick auf die Bücher:

  • Blowing up Russia The Secret KGB Plot that Delivered Russia to Putin

  • Putin's People: How the KGB Took Back Russia and Then Took On the West

Es war eine feindliche Übernahme des russischen Staates durch die KGB. Das 1994 unabhängig gewordene Tschetschenien wurde 1999 zurück nach Russland gebombt. 2008 wurde Georgien zurechtgewiesen, 2014 die Ukraine. Gleichzeitig fährt der Staat einen wahnsinnigen Informationskrieg inklusive Sportdoping und Falschmeldungen.

Syrien wurde 2015 übernommen. Weissrussland 2020.

Gegen Deutschland und die USA läuft der Informationskrieg weiter. Russia Today und Sputnik News gehören in diesen Ländern zu den landesweit am meisten aufgerufenen Webseiten.

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Russia Today und Sputnik News hat gleichviel Clicks aus Deutschland wie Facebook? Wenn Sie das glauben, kann es mit den beiden Büchern auch nicht von weit her sein.

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Urs Fankhauser
Citoyen
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Ich finde den Artikel sehr informativ. Er zeigt aus meiner Sicht gut auf, dass man aufhören sollte, auf irgendeine innere Revolte in Russland zu spekulieren. Die russische Gesellschaft ist seit Generationen durch Terror traumatisiert. Dieser Terror konnte immer auch die Eliten treffen. Um zur Zielscheibe der "Organe" zu werden, war oft nicht einmal Widerstand erforderlich. Mangelnde Loyalität oder deren Unterstellung genügen oft auch. Dem Westen bleiben wohl nur drei Optionen: Erhöhung des militärischen Drucks, Preisgabe der Ukraine oder rascher und definitiver Verzicht auf fossile Energieträger aus Russland.
Edit: sicherheitshalber sage ich noch, dass die Optionen 1 und 2 für mich nicht in Frage kommen - man weiss ja nie, was einem in solch bewegten Zeiten alles unterstellt werden könnte.. Und noch ein interessanter Link: https://youtu.be/yM9aL1i-LPI (Lieven skizziert eine Friedenslösung).

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Wenn der Artikel stimmt und die Sehnsucht nach Grösse die Antriebsfeder dieser Onvasion ist, dann helfen ihre 3 Optionen leider nicht. Dann hilft nur ein Kompromiss der auch der russischen Seele gut tut, sprich sie nicht als Mittelmacht da stehen lässt und behandelt. Der Begriff war wohl ein bitterer Fehler von Obama, genauso wie die Behandlung Putins im Rahmen der G7.

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Ich spreche hier von Wegen zum Stopp des Kriegs. Wie die Beziehungen zu Russland nach dem Krieg gestaltet werden, ist eine andere Frage - die hängt ganz stark davon ab, wie due Ukraine nach dem Jrieg dasteht.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Ich würde behaupten, wenn Option 2 nicht infrage kommt, bleibt nur Option 1 übrig. Denn wenn die Ukraine eigenständig bleibt, wird sie sich radikal von Russland abwenden, was die russischen Grossmachtsfantasien im tiefsten Dreck versinken lässt.
Eine tödliche Beleidigung für diese Faschisten, welche wohl nur mit einem Nuklearschlag gegen den Westen gemildert werden kann.
Es ist zu hoffen, dass die Billionen, welche vor allem die USA in ihre Rüstung investierten, wenigstens zu einem kleinen Teil auch wirklich dafür eingesetzt wurden. In Russland ist offensichtlich nur ganz wenig bis zur kämpfenden Truppe durchgesickert. Von daher gehe ich davon aus, dass auch die Atomwaffen mehr schlecht als recht funktionieren und für westliche Abwehrsysteme leichte Beute wären.
Allerdings wird kein westlicher Politiker es riskieren, dies wirklich auszuprobieren. Dann doch lieber die Ukraine opfern.
Dies jedoch wird die Putinisten und ihren Führer ohne jeden Zweifel zu noch frecheren Eskalationen treiben, schon nur um China wieder seinen Platz zuzuweisen.
So traurige es ist, eine militärische Konfrontation des Westens mit Russland scheint mir unausweichlich, wenn nicht Hilfe aus Russland selbst kommt. Und danach sieht es wahrlich nicht aus.

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Ich bin kein Militärstratege. Dass sogar die USA keine Anstalten machen, den Krieg zu eskalieren, ist für mich jedoch ein deutliches Zeichen, dass eine Erhöhung des militärischen Drucks nicht zu erwarten ist. Einerseits ist zwar die russische Armee durch ihre Präsenz in der Ukraine sehr exponiert und könnte vermutlich durch NATO-Kräfte relativ rasch ausgeschaltet werden. Aber die NATO nimmt Putins Drohung mit dem Atomschlag offenbar ernst. Somit entfällt Option 1, was ich vernünftig finde. Ich finde Ihren Schluss, dass eine militärische Konfrontation des Westens mit Russland unausweichlich sei, ziemlich leichtfertig. Man kann so etwas aus der relativen Sicherheit der Schweiz heraus leicht daherreden, wir wären ja vermutlich nicht das erste Ziel Russlands... Da auch nicht absehbar ist, dass Europa geschlossen für mehr Sanktionen eintreten wird - namentlich bei Öl und Gas - befürchte ich, dass es auf ein für die Ukraine ungünstiges Friedensabkommen hinausläuft. Wenn aber die Eigenstaatlichkeit der Ukraine und die Aufrechterhaltung ihrer gewählten Regierung erhalten werden kann, hätte Putin wenigstens sein wichtigstes Kriegsziel nicht erreicht und trotzdem auch seinem Land sehr viel Schaden zugefügt.

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Danke für den Artikel.

Ich frage mich, ob das die letzten Zuckungen sind des Sowjet Imperiums, bzw. der russischen Zaren Struktur.
Ev. ist Lenins Revolution noch nicht zu Ende sondern blieb fast hundert Jahre stecken.

Hoffentlich emanzipiert sich die russische Bevölkerung entgültig von aristokratischen / oligarchischen Strukturen und bewegt sich auf eine humanistische Gesellschaft zu. Eine Gesellschaft in der Entscheidungen gemeinsam, zum wohl aller, auch der Minderheiten, getroffen werden.

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Grossvater Alfred
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Danke, schon oft kam mir dieser Gedanke das Putin die Idee Lenins verraten und sich zurück ins Zarentum bewegt, die alten Tyrannen sind durch neue ersetzt worden.

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Слава Україні!
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Putin folgt keiner klassischen Ideologie. Für ihn ist die Geschichte der SU (oder des Zarenreiches) Mittel zum Zweck. Dem Zweck, seine eigenen Visionen/Träume zu erfüllen.

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Tobias Oetiker
Full Stack Engineer
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Ich habe soeben eine spannende „Innensicht“ eines Moskauer Mittelklasse-Menschen zur Situation in Russland gelesen. Publiziert auf dem Blog von Lessig.

Er beschreibt den heftigen Effekt, den die Sanktionen auf die Zivilbevölkerung in Russland haben, und stellt etliche sehr unangenehme Fragen.

Mein Fazit: Ein grosser Teil der Motivation hinter den Sanktionen mit denen die „einfachen“ Menschen in Russland getroffen werden, basieren auf unserem westlichen demokratischen Selbstverständnis, dass die Politiker spätestens bei den nächsten Wahlen den Lohn ihrer Arbeit ernten werden. Nur leider läuft das in Putins Russland ja eben nicht so. Sonst wäre da schon lange eine andere Regierung am Ruder.

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Die „Innensicht“ in ihrem Link hinterlässt mich einigermassen ratlos. Aus seiner individuellen Sicht ist das nachvollziehbar was Alexej sagt. Vielleicht sind die Sanktionen Ausdruck einer westlichen Ratlosigkeit. Aber welche echten Alternativen gibt es. Von Aussen ist dem System Putin nicht beizukommen. Es bleibt nur die Hoffnung auf eine interne Lösung sei es durch ein Aufstand oder eine Implosion wie bei der UdSSR. Eine militärische Niederlage in der Ukraine würde diesen Prozess unterstützen.

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Tobias Oetiker
Full Stack Engineer
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Ja, nach dem Lesen von Alexejs Text ist es mir auch so gegangen. Was wäre denn hilfreich?

Jetzt mit etwas Abstand denke ich:

  1. Ukraine in ihrer Verteidigung unterstützen.

  2. Persönliche Sanktionierung der Mächtigen und Reichen inklusive aller Personen in ihrem Umfeld.

  3. Keine russischen Rohstoffe mehr kaufen.

  4. Alles tun, was die Zivilgesellschaft in Russland stärkt. Dazu zählt vermutlich, NICHT dass keine westlichen Güter mehr erhältlich sind.

Ich befürchte was jetzt passiert, ist, dass Leute wie Alexej das Land verlassen, sobald sich ihnen eine Möglichkeit bietet.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Eine vernichtende Niederlage in der Ukraine, wäre wohl der Tod von Putins erbärmlichen, kleingeistigen Grossmachtsfantasien. Dafür müsste die Ukraine aber kompromisslos aufgerüstet werden und nicht zur kostengünstigen Entsorgung von altem sowjetischem Plunder missbraucht werden. So wie es derzeit aussieht, werden die ukrainischen Städte wie Stalingrad enden. Mit horrenden Verlusten für die Russen, aber letztlich wird sich die numerische Überlegenheit durchsetzen. Nur werden die Ukrainer sich wohl aus dem Untergrund wehren, sodass die Besatzer letztlich wenig Freude an ihrem Sieg haben dürften. Ein jahrelanges, brutales Gemetzel ist die unausweichliche Folge dieses Szenarios.

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Leserin
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Danke ihnen Hr. Oetiker für diesen Link. Ja, es trifft IMMER die einfachen Menschen! Seien es nun die brutale Gewalt eines Despoten und die Verbrechen seiner Kriege oder seien es Mittel den Despoten in seinem grössenwahnsinnigen Gebaren zu stoppen, wie Proteste, Sanktionen bis zu militärischer Selbstverteidigung. Viele bezahlen mit dem Leben! Die Menschen zahlen den Preis, als Bürger, als Nachbarvolk, als Europa, als Afrika, als USA, milliardenfach.
(Edit): mich überzeugt die ANTWORT von Larry, die ebenfalls verlinkt ist. Sein letzter Gedanke:
Putin ist verantwortlich für diesen Krieg. Putin handelt verbrecherisch und tritt Recht mit Füssen, national und international. Putin ist zuallererst (aber nicht nur) ein „russisches“ Problem:
Was können die Russinnen und Russen selber tun, um Putin in eine Rechtsordnung zurückzuzwingen oder zu stoppen?

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Слава Україні!
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Vielen Dank für den Link.

Wirklich sehr empfehlenswert zu lesen.

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Ich finde den Einmarsch der Russen in die Ukraine entsetzlich. Aber das fand ich auch beim Einmarsch von Bush anfangs der Nullerjahre im Irak, der genauso völkerrechtswidrig und entsetzlich für das Land und die Menschen war. Grauenhaft ist, dass Krieg immer noch als Möglichkeit gedacht und ausgeführt wird, überall auf der Welt, auch im Westen. Statt wirklich alles auf das Verhindern von Krieg auszurichten, genügt es, wenn einer beginnt, und schon wollen alle aufrüsten. Wozu wohl?

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Leserin
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Ich denke, es geht darum zu zeigen, wer den Grösseren hat. Nicht allen Interessengruppen gefällt die Idee einer multipolaren Welt, die aber unsere einzige aussichtsreiche Perspektive ist. Gewisse Strategen BRAUCHEN einen Feind. Oder?

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Unglaublich erschreckende aber ich befürchte realistische Analyse.

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Johanna Wunderle
Loka Samastha Sukhino Bhavanthu
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Danke für den Artikel. Es leuchtet ein, dass es nicht die Oligarchen sind auf denen Putin
zählen kann, sondern diejenigen, die seine Ideologie vom Grossen Reich teilen oder geteilt haben.
Weiter scheint mir, dass es recht selten gelingt, das Denken, Fühlen und Handeln von
Völkern aus anderen Kulturen zu verstehen. Wir interpretieren naturgemäss vom eigenem Hintergrund aus. Hier aus einer westlichen Perspektive. Anatol Lieven kennt sich ohne Zweifel gut aus. Dennoch würde ich es begrüssen vermehrt Menschen aus Rusland "en direct" zu hören.

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Toller Artikel! Und ich bin froh zu hören, dass die hohen Kosten dem Krieg ein Ende setzen könnten. Machtverhältnisse und Geopolitik hin oder her, auf die ökonomischen Dynamiken ist verlass (solange keine Kriegswirtschaft entsteht).

Paradox am "Starkes Russland"-Gedanke finde ich, dass die Kriegshandlung nach Aussen genau das Gegenteil erreicht hat. Niemand lässt sich einschüchtern, die Verachtung für Russland steigt und selbst viele Russen schämen sich für den Krieg.

Ich hoffe sehr, dass der ganze Komposthaufen implodiert.

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Слава Україні!
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US-Sicherheits­berater Zbigniew Brzesiński

Ein eigentlich eindrücklicher Artikel, der vieles zeigt, wie es um Russland steht.
Aber auch sehr deutlich aufzeigt, wie eigentlich jeder Staat dieser Welt tickt (Russland ist da keine Ausnahme - auch wenn wir es gerne so darstellen. Die Geheimdienste sind nun mal ein Staat im Staat. Mal mit mehr mal mit weniger Macht. Aber eigentlich immer zu viel...).

Zbigniew Brzesiński zu zitieren ist zumindest unglücklich. Er ist Autor des folgenden Buches "Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft". Und als US-Sicherheitsberater massgeblich dafür verantwortlich, wie Europa militär-politsch heute aussieht. Und das Russland als Feindbild nach 1991 wieder aufgebaut worden ist.


4 Dinge "beantwortet" (genauer: nimmt an) der Artikel:

  1. Putin wird sicherlich nicht durch das Volk gestürzt. Völlig egal, wie heftig die Sanktionen sind

  2. Die Oligarchen sind so apolitisch geworden, dass sie auf Putin keinen Einfluss haben - und deswegen ihn ebensowenig stürzen werden (auch wenn ich an der Version so meine Zweifel habe... Ohne einen gewissen Durchgriff in die lokale Politik - sprich: Gefolgsleute in der Politik, die von ihnen bezahlt werden - sind lukrative Geschäfte in Russland eigentlich fast unmöglich)

  3. Die Armeespitze wurde bewusst gebrochen, um Putin nicht gefährlich zu werden (wobei in dem Punkt ich eher auf das Militär "hoffe". Sobald sie sieht, dass in der Ukraine man nichts mehr militärisch gewinnen, aber sehr viel verlieren kann, sollte es ein Interesse haben, auf Putin einzuwirken, wenn nicht gar zu stürzen. Denn eins weiss auch der Autor nicht: wie sieht es in den "hinteren" Reihen der Armee aus. Also bei denen, die nicht an den grossen Fleischtöpfen sitzen, trotzdem Verantwortung tragen)

  4. Der Geheimdienst (von denen es in RU wie in den USA eine Menge gibt - und damit gibt es "den Geheimdienst" nicht) ist die stärkste Machtkomponente.
    Hierzu fällt mir eine geschichtliche Komponente ein, die hier durchaus zum Zuge kommen könnte ("Auch du mein Sohn Brutus..?"). Die Männer mögen loyal sein. Wenn sie aber echte Patrioten sind, dann ist es durchaus möglich, dass sie Putin absägen. Als Patriot muss man nicht zwingend die gleichen Ansichten teilen wie Putin.
    Es reichen schon "Nuancen", um einen Königsmord zu verüben. "Nuancen", die Russland nachhaltig zu einer Regionalmacht a la Syrien degradieren. Wobei Putin auf dem besten Weg dorthin ist...

...dabei glaube ich kaum, dass es wirklich klug ist, die wichtigsten Köpfe seines Systems so offen zu demütigen. Wenn die Geheimdienste weiterhin so viel Macht haben wie zu SU Zeiten (wovon auszugehen ist), dann wird Putin nicht als Teil von ihnen angesehen, sondern als Teil des politischen Apparates. Unendliche Demütigungen werden sie ganz sicher nicht akzeptieren.

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Zu Punkt 1: Dass Putin nicht durch das Volk gestützt wird, ist eine reine Behauptung. Ein Volk und sein Regierungschef, die über ein Jahrzehnt politisch und kommunikativ
ausgegrenzt wurden, werden durch den Druck von aussen eher zusammengeschweisst.
Die Isolierung Russlands betrifft ausschliesslich die westliche Sicht. In der dritten Welt geniesst Russland Sympathien in China und Indien, Staaten in Afrika und Zentralasien, die mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen.
Der westliche Vorzeigedissident Weiwei spricht m.E. im Interview «Der Westen ist scheinheilig» (Standard.at vom 20.03.22), das aus was die meisten in der dritten Welt über uns denken:
https://www.derstandard.at/story/20…obal-de-DE
Im indischen Online-Magazin Gravitas der WION Gruppe wird dargelegt, weshalb sich Indien der Stimme bei der UNO Resolution enthalten hat:
https://www.youtube.com/watch?v=Zmwk7aDtOKk (edit Rechtschreib ung)

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Wenn wir einmal Gut und Böse und unsere inneren Siegeswünsche beiseite lassen, es ist leider durchaus möglich, dass eine längere Periode der Herrschaft durch Schrecken, Mord und Vergewaltigung , Hunger und Not vor uns liegt. Wie bereiten wir uns auf eine mögliche Niederlage vor? Lesen wir alle Aischylos und Thukydides : Die Sieger werden in jedem Fall die künftigen Verlierer sein!

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Als Ergänzung wie es auf der Gegenseite aussieht: Zelensky hat letztes Jahr einen Gesetzesentwurf durchs Parlament gebracht, der die Macht der ukrainischen Oligarchie beschränken würde. Es gibt 4 Kriterien, wann jemand davon betroffen ist: Er verfügt über ein wirtschaftliches Monopol, ist in der Politik aktiv, hat eine einflussreiche Position in den Massenmedien und verfügt über ein Vermögen des millionenfachen des Minimallohns. Wenn drei von diesen Kriterien zutreffen, wird er als "Oligarch" registriert und darf keine politische Bewegungen mehr unterstützen und sich auch nicht mehr an weiteren Privatisierungen beteiligen. Das Gesetzt ist noch nicht in Kraft, im Gegenteil der russische Überfall hat dazu geführt, dass Zelensky und die Oligarchen auf der selben Seite kämpfen (Quelle: Vrij Nederland vom 19.3.2022)

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Leser
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Deutschland (1933-1945), Japan, Südkorea. Nach den USA die relativ mächtigsten Ökonomien der Welt. Am Anfang ihres Aufstiegs zu ökonomischen Weltmächten stand die militärische Kapitulation gegenüber den USA bzw. die auferzwungene und gecoachte gesellschaftliche Transformation zu demokratischen Rechtsstaaten. Wie bringt man Russland zur Kapitulation und wie macht man seiner Bevölkerung nach dem verlorenen Krieg gegen die Ukraine (dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt/gewinnen muss, daran herrscht in militärischen und politischen Kreisen in den USA kein Zweifel) das Geschenk eines “Nürnberger Tribunals”?

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Dass Russland sich mit Wonne in China's Arme stürzt, ist ein Märchen. Nicht, nachdem es über Jahrhunderten dorthin expandiert hat. Schwächer zu sein als China ist für die Russen eine Demütigung. Wenn die es trotzdem tun, dann als letzter Ausweg.
Es gibt viele Gründe, mit Russland eine gute Nachbarschaft zu versuchen. Auch in dieser emotionsgeladenen Zeit. Nicht den chinesischen Drachen gross zu machen, ist einer davon.

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Und wer beleuchtet die Interessen des Westens an diesem Krieg? Putin ist nicht wie Corona, plötzlich entstanden. Ich gehe davon aus, dass das meiste geschriebene schon vor dem Krieg in der Ukraine über Russland bekannt war. Daher hätte der Krieg verhindert werden können, wenn der Westen den Preis dafür bezahlt hätte. Oder dient der Krieg dem Sturz Putins?
Die Herangehensweise ähnelt der Coronapandemie, mann macht etwas aber nichts richtig! Dabei könnten die meisten im Krieg gegen Putin etwas bewirken, in dem zum Beispiel das Auto nur in Notfällen benutzt wird und die Heizung wenigstens ein bisschen reduziert wird. Dies wäre ein sehr kleiner Preis und ein echtes Solidaritätsbekenntnis gegenüber der Ukraine!

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