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Schriftstellerin
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Ich muss es loswerden, mein werter Lieblingsautor: So ein unausgegorener Schwachsinn über Platon. Aber neiau. Lies den mal als Frau! Platon war einer der gefährlichsten Schreiberlinge der westlichen Hemisphäre. Auf seine Geistesergüsse und Kopfgeburten (die er listig und ein bisschen feige dem berühmten Sokrates in den Mund legt) geht sehr viel Leid der Menschheit zurück. Er war jüngster Sohn einer geknechteten Witwen-Mutter. Er hatte weder Frau noch Kind, war scheints hässlich (im Gegensatz zu seinem verhassten und überhöhten Stiefvater). Wie auch Aristoteles Sohn einer entmündigten Witwe war. Wie eben auch der heilige Paulus scheints hässlich war, frauen- und kinderlos, und dem Platon seelenverwandt abschrieb. Wie übrigens auch der "Kirchenvater" Augustinus jüngster Sohn einer geknechteten und grauslich knechtenden Mutter war (der Heiligen gehorchend verstiess er seine schwarze Geliebte und sein Kind) und dann dem Paulus und dem Platon abschrieb. Und so weiter. Wie übrigens auch der Hitler Sohn einer übel vergewaltigten Mama war. Die Herren der Schöpfung sind leider viel zu selten selbst schöpferisch. Nicht dem Leben schöpfend. Weil an Müttern leidend.

Dein Platon wollte eine Elite züchten, nur die Besten mit den Schönsten. Damit die Frauen den Herren ein bisschen gleichberechtigt sein konnten, mussten sie ihre geschlechtliche Identität abgeben. Sozusagen Männer werden. Sollten knapp grad noch Kinder gebären, aber keine Muttergefühle entwickeln. Sex gibt es nur, um die Elite zu züchten. Die Mutterrolle übernimmt dann der Machtapparat. Die Kontrolle über Sex und Gefühle ist immer der Schlüssel zur Macht eines jeden patriarchalen Ideendiktats. Sie wird ein politisches Instrument, indem sie Gefühle zB zwischen Mutter und Kind (oder Vater und Kind!) kontrolliert oder noch besser: negiert. Der Apparat will keine fühlenden Individuen. Er will der höheren Macht Gehorsame. Das schafft, mein lieber Seibt, Totalitarismus.

Der liebe Herr Platon, der liebe Herr Paulus, der liebe Herr Augustinus, ach, und viele andere – notabene Säulenheilige vor den Herren – nehmen damit die Vision einer Herrenrasse vorweg. Sie pflanzen (nicht nur damit) den Keim, der in Frauenhass mündet, und Jahrhunderte später in Hexenverbrennungen, Holocaust – und was da sonst noch kommen mag...

Wenn ich Platon, Paulus, Augustinus und andere lese, dann höre ich vor allem die verklemmten Männerfantasien schwer geplagter Söhne. Sie hatten und haben immer noch enormes Zerstörungspotential.

Es ist höchste Zeit, dass wir Männerliebenden diese Schwachsinn gebärenden Köpfe endlich von den Podesten holen. Und ihnen in die kranken Därme schauen. Aber aufgepasst, dabei könnte einem schlecht werden.

Nicht ganz neue, aber hochinteressante Lektüre dazu: Jack Holland, "Misogynie - Geschichte des Frauenhasses"

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Wow. Das ist eine, wie ich mit Neid zugeben muss, sehr schwungvoll geschriebene Generalklatsche. Um ehrlich zu sein, vielleicht eine etwas sehr general: Hinter jedem Frauenhasser steht eine entmündigte Wittwe.
Wobei ich zugeben muss, dass Plato je länger er schrieb, umso mehr zu einen Systematiker und Ideologen wurde. Im "Symposium" hingegen ist er noch ziemlich warm und lebendig. Und ein Dichter. (Später hielt er Dichter für das Letzte.)
Wenn, könnte man sagen, hatte seine Wittwen-Mutter mit Zündschnur erzogen: Es brauchte seine Zeit, bis er zum religionsstiftenden Kontrollfreak wurde. So wie später Augustinus, der schrieb: "Herr, gib mir Keuschheit, aber noch nicht jetzt!" Eine Zeit lang waren sie brauchbar, bevor sie die Welt einteilten.
Aber... pardon... ich fasle. Deshalb, weil ich von der Sache nichts verstehe. Ich hab das mit den bösen Müttern und den zu hassenden Frauen nie verstanden. Als logische Figur im Kopf schon. Aber mit dem Herzen nicht wirklich.
(Was entweder heisst: a) Ich hatte Glück. b) Ich schaffe es nicht, die simplen Strukturen zu sehen, die meinesgleichen bevorteilen, bzw. nicht diskriminieren. c) Ich gehöre selber zu den verklemmten Schurken. – Das ist alles sehr verwirrend.)

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das können sie besser herr seibt. und das sagt einer, der die argumente im kommentar wider die herren paulus und augustinus zwar verstehen, aber nicht im gleichen masse teilen mag. und dabei teile ich sogar den lieblingsautor. den tumben zu mimen in der antwort auf die klatsche, steht ihnen gar nicht.

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Ich kann mich in ihrer Kolumne sehr gut wiedererkennen. Ich würde gerne ein persönliches Gespräch mit Ihnen führen.

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Olivia Kühni
Journalistin Republik
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Kastrierte Mütter sind auch ein grosses Unglück für die Söhne. Effiziente Patriarchen wussten das.

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Abwesende Väter genauso. Alsp mussten die Patriarchen der Geschichte nur dafür sorgen, dass die Väter auf Eroberungszügen verschwanden, in Kriegen fielen, in Fabriken und Büros versauerten, um alle alle wohlfeil unter der Knute zu halten, unglückliche Mütter, mütterhassende Söhne, vergessene Töchter, deprivierte Väter.....

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Lieber Herr Seibt, einmal mehr ein toller Text, den ich mit viel Leidenschaft gelesen habe. Einen Hinweis hätte ich allerdings: Ich denke, dass nicht nur ADHS-ler ihre Mangelhaftigkeit zu schätzen lernen brauchen. Das Mangelhafte ist doch das Humanum schlechthin. Genau deshalb sind wir doch soziale Wesen. Und: Wir werden nicht für unsere Stärken, sondern für unsere Schwächen geliebt. Sie machen uns bedürftig und daher liebenswürdig.

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Jep, der Mensch ist ein Mängelwesen – und gerade das macht seinen Charme (und seine Gefährlichkeit für kompetentere, aber auch weniger ambitionierte Tiere) aus.

Nur sind gewisse Mängel würdiger und liebenswerter. Und andere schlicht ärgerlich. Weil absolut unpraktisch. (Was das eigentliche Problem bei ADHS ist: die Albernheit, Unnötigkeit, Unberechenbarkeit mit denen man seine, aber auch die Pläne anderer sabotiert.

(Ausserdem hat der Mensch die Eigenschaft, gelegentlich das Menschliche abzulegen. Und nichts leidenschaftlicher zu verfolgen als das Menschliche.)

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Der Autor ist sich selbst ein Rätsel, das treibt seine Neugier an. Es ist zu hoffen,
dass er nie einer Lösung nahe kommt, damit er uns als Suchender bei seinen
Exkursen erhalten bleibt.

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im Feld
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Lieber Herr Seibt
Ihr Text reisst mich total vom Hocker. Schon dreimal gelesen und wieder von vorn angefangen.
Seltsamerweise ist mir genau in dieser Woche der Gedanke begegnet, die Sehnsucht nicht stillen zu wollen, sondern sie zu nähren. Deswegen braucht es ja dynamische Sehnsüchte, und die Idee, dass ich mir meine Sehnsucht selber aussuchen kann. Als ADHSlerin kann ich nicht einschätzen, inwiefern diese universellen Weltenströme nur mich immer wieder fast ersäufen und unter sich begraben (früher habe ich 20mal „Die Abenteuer des starken Wanja gelesen, er war mein grosses Vorbild, ausser der roten Zora gab es fast keine weiblichen..., und die sieben Jahre auf dem Ofen mit den sieben Säcken Sonnenblumenkerne waren für mich immer der grosse Trost, wenn ich wieder einmal für Tage, Wochen und Monate von der Bildfläche verschwunden war, und oft auch eine willkommene Ausrede für Totalversagen...) oder ob das ein ADHS-Ding ist oder ob es wirklich Platon war, der es erfunden hat. Doch das mit der Unsterblichkeit und der Angst vor dem Tod, und mein bemüht professioneller Umgang damit, sowie die Einsicht, dass ich dahinter und darunter diesbezüglich im Grunde immer wieder im totalen Chaos versumpfe, das hat mich wieder gepackt und geweckt. Und ich werde mich glaub ich mal wieder mit den alten Griechen beschäftigen. Und mich von Eros fröhlich in den Dreck werfen lassen, mit Blick zu den Sternen.
You made my day!

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Ich glaube, nicht nur Sehnsucht beginnt mit Mangel, sondern - alles.

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Quer- und Vorandenker
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Wie du mir gefehlt hast – lesenswerteste Feuerstelle der Welt.

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Jep. Die, wo die Satansbraten am Rand sitzen.

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Mitbetroffene
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Einen von Herzen kommenden Dank für die festgehaltenen Gedanken, Herr Seibt!!

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IP - Suisse - Bäuerin
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Ein starker Text! Und so viele Inputs bereits zum Morgenkaffee! Herzlichen Dank!

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sprachlos ob diesem text! selten sowas erhellendes gelesen. grossdank!

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Albert America
Grafik und Webdesign
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So ein Symposion war doch eine feine Sache. Ein Echo hallt noch Heute in diesen Forum nach. Der Weg von Plato/Sokrates in die Räume der Republik, scheint mir nicht ohne Tücken und Stolpersteine. Aber mit Constantin Seibt als Reiseleiter, ein Ereignis.

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Das Phänomen der Magie der Worte ist ihre Fähigkeit, ohne Einladung, sich Zugang zu verschaffen, den Impuls des Austausches zu übernehmen um dann den flüchtigen Moment, wie ein Zauber zu beenden.
Zurück bleibt der Stich der Melancholie.

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Sphinx:„Es ist am Morgen vierfüßig, am Mittag zweifüßig, am Abend dreifüßig. Von allen Geschöpfen wechselt es allein mit der Zahl seiner Füße; aber eben wenn es die meisten Füße bewegt, sind Kraft und Schnelligkeit seiner Glieder ihm am geringsten.“ Ödipus’ richtige Antwort war: „Du meinst den Menschen, der am Morgen seines Lebens, solange er ein Kind ist, auf zwei Füßen und zwei Händen kriecht. Ist er stark geworden, geht er am Mittag seines Lebens auf zwei Füßen, am Lebensabend, als Greis, bedarf er der Stütze und nimmt den Stab als dritten Fuß zu Hilfe.“ nach Gustav Schwab. Mit dem Sturz der Sphinx, war Ödipus Held und berühmt, katapultiert zum Königsthron, denn er hatte Theben befreit, bekam sein Mutter zur Frau, nachdem er schon früher seinen Vater erschlagen hatte. Viel später erkannte er und blendete sich.
Bedenkenswert: "von allen Geschöpfen wechselt es allein mit der Zahl der Füsse" und: "von Verblendung zur Selbsterkenntnis" (Aristoteles).
Ich stelle Platon Freud entgegen: "Wir sind nicht einmal Herr im eigenen Haus", das Ich "bleibt auf kärgliche Nachrichten angewiesen von dem was unbewusst in seinem Seelenleben vorgeht" (vgl. Sigmund Freud: "Die drei grossen Kränkungen der Menschheit", 1917, also gegen Ende des 1.grossen Katastrophe).
Die Menschen lagen falsch mit dem Geozentrismus; sie lagen falsch mit dem Kreationismus, sie liegen falsch mit ihrer Selbstkrönung als "Herren der Schöpfung": sie sind eine Spezies von 'Geschöpfen' in einer scheinbar unendlichen Kette von verschiedenen Geschöpfen seit vier Milliarden Jahren und werden verschwinden. Und nirgends steht in der physikalisch-mathematischen Schrift und noch weniger in der biologischen Schrift der DNA, dass unsere neurologisch-synaptische Schrift, in den 13,8 Milliarden Jahren seit dem Bib-Bang die absolut jüngste unstetigste aller Schriften, richtig liegt.
Platon und u.a. sein Symposium (er war sich nicht sicher, ob Frauen Menschen sind, Männer allein konnten es bis zu den höchsten Höhen der Ideenwelt bringen) erscheinen mir als der nöbelste, eventuelle nur am besten noblierte, SUPREMATISMUS der christlich-abendländischen Kultur. Dieser aber gehört zur Hierarchie des Kreationismus; als Arzt bin ich den Naturwissenschaften verbunden und damit dem Geschöpf Mensch als winzigen Teil der Evolution; "Herren" und "Königen" misstraue ich.
Ich hoffe, Sie, Herr Seibt, mit meinen nüchternen Bemerkungen nicht zu verletzen; betrachte ich Erscheinungen im Makrokosmos und im Mikrokosmos, so komme ich aus dem Staunen nicht raus, in diesem Sinn nehme ich Ihren Text wie Ihr Leben auch staunend zur Kenntnis.

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Rauchender ADSler
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Nikotion kann AD(H)S Symptome vermutlich dämpfen. Das erklärt natürlich einiges. https://www.adxs.org/adhs-behandlun…-nikotin/#

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Was für ein Text!

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Ich lungere morgens im Bett und denke "Rosenfingrige! Was für ein wilder Ritt durch die Nacht ..."
Aber war nicht Poros, der Erfindungsreichtum, Eros' Vater? Arm und voller Ideen - da kann ja nichts anderes bei rauskommen als ein Daimon.

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Quite the text for those of us who accompany such artistic, creative, manic jewels. We're in awe of their output, never understand the gaps, vacant weeks and months and none-the-less love them madly. This really hit me between the eyes, thank you!

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ronald wüthrich
schirmträger
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lieber herr seibt, vielen dank wieder einmal für Ihr recherche und den ehrlichen bericht darüber. nun stelle ich mir die frage, ob dieses adhsyndrom wirklich so viel über sie aufklärt, oder ob Sie sich nicht mal befragen sollten bezüglich Ihrer "bipolarität", was ja früher gemeiniglich als manisch-depressiv benamt ward. ... ausserdem ist es ja eine eigenschaft eines jeden menschen, der zu schöpfung und kunst neigt, seine sehnsucht nähren zu müssen. ob er das will oder nicht, er hat keine wahl, will er den einigermassen gesund bleiben ...
zugegebener massen, ziemlich hingeworfene gedankenfetzen.

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ronald wüthrich
schirmträger
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oder: niemand wird gezwungen, keine angst vorm eros zu haben.

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