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Seit den ersten Ideen zu einem Erweiterungsbau und der Möglichkeit, dass Bilder der Bührle-Sammlung darin Platz finden, wird das immer gleiche Thema gewälzt: Ist es, hatte es in der Sammlung Raub- oder sog. Fluchtkunst? Und welche Bilder sind als solche identifieziert, welche wurden zurückgegeben und welche wieder in die Sammlung zurückgekauft etc. etc.
Und seitdem der Neubau steht, wird auch seine Hülle, sprich Architektur, und v.a. seine Wirkung nach aussen besprochen. Sie ist auch nach meiner Meinung nicht wirklich gelungen; aber dass Chipperfield auch den Villa-Neubau für das Ehepaar Keller Dubach entworfen hat (zu welchem Preis/Honorar?), findet kaum Beachtung. Immerhin wurde Frau Anne Keller Dubach im Mai zur Präsidentin der Zürcher Kunstgesellschaft und Nachfolgerin von W. B. Kielholz gewählt. Vermutet da irgendwer eine Kungelei? Frau Anne Keller Dubach ist überraschend am 22. September verstorben.
ABER: Zu den grossartigen, herrlichen, unvergleichlichen Kunstwerken aus den drei Sammlungen im Neubau, die mensch durchaus stundenlang betrachten und bestaunen könnte, dazu findet man kaum einen Buchstaben oder Kommentar. Und wenig überraschend, weil die Medien das Thema ständig beackern: Das grösste Publikum finden nicht etwa die Kunstwerke, sondern die Alibi-Doku-Abteilung zum Waffenproduzenten und -händler Bührle – der notabene mit dem Einverständnis des Bundesrates geschäftet hat.
FAZIT: Die schönste Hauptsache (die Kunst) und die unbestritten grossartigen Werke werden mit der unseligen Diskussion abgewertet; sie erleiden einen Makel, den sie und ihre Kunstschaffenden nicht verdienen. Also schreibt mal über die Kunst ...

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Wie können Sie nur auf den abwegigen Gedanken kommen, wir könnten hier auch noch über Kunst und Kunstbetrachtung nachdenken, wo es doch um viel wesentlicheres geht, nämlich wieder einmal unsere Empörung zu zelebrieren, unser beachtliches Entrüstungspotential zu bewirtschaften und unserer zugegeben nicht eben originellen, weil hinlänglich bekannten und eigentlich bereits lang und breit dokumentierten und durchaus berechtigten Abscheu über den Bührle-Clan wieder einmal quasireligiös Ausdruck verleihen zu wollen, was doch ganz in Harmonie zu unserem zürcherisch-zwinglianischen Trieb der radikalen Selbstanklage ohne wöchentlicher Beichterlösung steht, während wir es bereits am Rheinknie mit unserem Kunstmäzenatentum bereits um einiges lockerer sehen, und wir in den Weltstädten London, Paris und Berlin unsere über die kolonialistischen Jahrhunderte zusammengerafften Kunstschätze dem Publikum ganz entspannt und ungeniert zu präsentieren wissen?

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Das geht runter wie Honig :-)

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Ganz hübsch Pflaumen, Rüebli und harassweise Kartoffeln vermischt. Ersteres eignet sich wenigstens für die Augen. Spass beiseite, Frau C., etwas Geschichtsbewusstsein wäre nicht fehl am Platz bei aller berechtigter Kunstbetrachtung. Apropos: Beichte und Zwingli gehen so gut zusammen wie Bührle und Mäzenatentum. Frage: Selbst wenn andernorts noch Schlimmeres vorgefallen sein könnte, legitimiert das, hier Pflaumen auf den Augen zu haben, nur weil's um bildende Kunst geht?

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Mein Fazit deckt sich in zwei Punkten mit dem Ihrigen: Die Kunstwerke und die Kunstschaffenden, die sie geschaffen haben, können nichts dafür.
Aber die Debatte, die Sie "unselig" nennen, ist aus meiner Sicht eine dringend notwendige. Kunst findet nie in einem von der Gesellschaft abgekoppelten Raum statt. Denn Kunst ist genauso wie ein Arbeitsvertrag, ein Gesetzesartikel oder eine angesagte Freizeitaktivität ein Produkt gesellschaftlicher Bedingungen.
Der von Ihnen ersehnte "reine Kunstgenuss" ist deshalb eine schöngeistige Kopfgeburt eines überholten bourgeoisen Kunstverständnisses.

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Hätte ich nicht selber genügend Ausstellungen, auch mit gesellschaftspolitisch relevanten Inhalten, organisiert und kuratiert (späte 90er- und frühe 2000er-Jahre), dann müsste ich das «bourgeoise Kunstverständnis» schlucken ohne Widerrede. Aber so halte ich daran fest, dass mir die Artikel fehlen, die sich mit den Kunstwerken beschäftigen. Denn diese Werke und ihre Inhalte haben wiederum gar nichts zu tun mit ihren heutigen Besitzenden und deren moralischer Haltung oder Verfehlungen. Ich habe also durchaus eine legitime Erwartungshaltung, wenn ich mir eine kunsthistorische und -kritische Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Werken, und nur mit diesen, erhoffe.

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Herr Herr Fiechter, die kunsthistorische und -kritische Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Werken konnten Sie schon lange geniessen. Schon vor Jahrzehnten war ich in der Sammlung an der Zollikerstrasse – mehrmals, auch schon zu Studienzeiten. Der gut 3kg schwere Katalog mit sämtlichen Werken existert ebenfalls schon seit Jahrzehnten, darüber hinaus wurden viele Werke in unzähligen weiteren Publikationen be- und abgehandelt. Viele weitere Artikel werden mit Sicherheit noch erscheinen. Dazu müssen Sie also nicht in alte
Bestände von Bibliotheken gehen.

Für die traurige Geschichte der Stiftung stiegen hingegen einige Unentwegte in die Archive, dankenswerterweise! Denn tatsächlich ist diese Geschichte noch überhaupt nicht aufgearbeitet. Steuerhinterziehung als Grund, eine Stiftung ins Leben zu rufen, das hat die Schweizer Medien auch 2010 nicht interessiert, notabene vor der Abstimmung zum Baukredit. Nur grad der Beobachter hat den Artikel von Thomas Buomberger publizieren wollen!

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Es ist verdienstvoll und dringend nötig, was Daniel Binswanger hier in der Republik angeht und es ist zu hoffen, dass ein weiterer Aspekt ausgeleuchtet wird, der bisher noch nie wirklich zu interessieren schien:
Wie entstand eigentlich diese Stiftung Bührle?

Schon 2010, also vor der Abstimmung über den Kunsthaus-Kredit im Jahr 2012, schilderte der Historiker Thomas Buomberger unter dem Titel «Von der Kunst, Steuern zu sparen» (Beobachter 7.6.2010) von dubiosen Machenschaften E. G. Bührles im Grenzbereich von Legalität und Illegalität. Dabei legte er Belege für höchst fragwürdige Methoden vor, wie die seit 1939 jährlich steigende Summe unterschlagener Einnahmen in Millionenhöhe, sowie, als wäre das nicht genug, klare Hinweise auf Schwarzgeldwäsche ebenfalls in Millionenhöhe, just bei Ankäufen von Bildern und Kunstobjekten. Für die damalige Zeit astronomische Summen.

Seltsam, dass im Frühsommer 2010 keine Schweizer Tageszeitung ein Interesse an jenem Artikel zeigte. Nur der Beobachter war daran interessiert, die brisanten Entdeckungen zu jenen Begebenheiten publizieren, die sich zu Bührles Lebzeiten sowie kurz nach dessen Tod in Zürich zugetragen hatten.
Auf den neulich in der NZZ erschienen Artikel von Philipp Meier (25.9.), versuchte ich diesen Gedanken in Form eines Leserbriefes daselbst einfliessen zu lassen, man möge diesen Aspekt mal genauer beleuchten. Die NZZ lehnte die Publikation des Leserbriefes ab.

Diese Worte eines Insiders von damals stehen im Zentrum, die ich Thomas Buomberger 2010 vermittelte und die ihn nachforschen liessen: «Bührle hatte viel Dreck am Stecken und Steuern in Millionenhöhe hinterzogen, was beim Erbgang ans Licht kam. Die Erben konnten ihren Hals nur damit retten, dass sie den Grossteil der Bilder in eine Stiftung überführten – mit der Zusicherung an die Stadt, dass diese hier bleiben.»

Im Staatsarchiv des Kt. Zürich, in den einschlägigen Akten der Steuerbehörden, fand Buomberger Hinweise, dass damals sogar eine Schenkung im Raum stand. Denn es ging ja um viel hinterzogenes Geld. Aus den selben Akten kann zur Vorgeschichte Folgendes entnommen werden:
1939 waren die Steuern noch die einer durchschnittlichen KMU. 1941 betrug die Differenz zwischen Bührles Steuererklärung und der staatlichen Einschätzung beim Einkommen aber bereits 7,1 Mio, 1942 dann 25 Mio, 1945 schliesslich 55,8 Mio! Ähnlich verhielt es sich beim Vermögen, bei Kriegsende betrug die Differenz 50 Millionen. Bei Bührles Tod im November 1956 war der Wert seiner Sammlung auf blosse 10 Mio veranschlagt, was aber zu deutlich zu tief war. Es ging es zu jenem Zeitpunkt um die Erbschaftssteuern… und wie die Alten sungen, pfiffen auch die Jungen.

In den Akten fand Buomberger zwei anonym verfasste Briefe, die dem kantonalen Steueramt Zürich damals zugestellt worden waren, derjenige vom 9. Dezember 1956 beginnt mit den Worten: «Der nunmehr verstorbene Herr E. G. Bührle war ein Meister in der Steuerhinterziehung. Ich halte es für meine Pflicht, Sie wenigstens darauf aufmerksam zu machen, dass 9/10 seiner Bilder mit schwarzem Geld bezahlt wurden. Er hat für über 30 Millionen Bilder in den letzten Jahren gekauft, wovon in der Steuererklärung nur rund 1/10 enthalten sind (…) Als Herr Bührle zu seinen Lebzeiten gelegentlich auf die Gefahr dieser Bilder aufmerksam gemacht worden ist, erwiderte er stolz, dass sich niemand an ihn heranwage! Die Grossen lässt man laufen, und die Kleinen hängt man auf.»

Auch Lukas Gloor, Direktor der Stiftung E. G. Bührle, wird von Buomberger im Beobacher-Artikel zitiert: «Der Handelswert dürfte eher 30 bis 40 Mio betragen haben». Heute selbstredend mehrere Milliarden. Was aber nur die Relationen vor Augen führt, wie dreist all die Jahre Steuern hinterzogen worden sind – oder optimiert, wie man dies heutzutage eleganter bezeichnet.

Die Stiftung war also alles andere als ein Ausdruck von Idealismus, Mäzenatentum, Philoanthropie oder irgend etwas in diese Richtung. Es dürfte sich vielmehr um einen zäh – zwischen 1956 bis zur Eröffnung der Sammlung an der Zollikerstrasse im Jahre 1960 – ausgehandelten Kompromiss zwischen Rechtsanwälten der Bührles, Stadt und Kanton Zürich gehandelt haben, um die Erbschaftssteuern zu «optimieren». Es finden sich aber keine Hinweise, dass man diesen – euphemistisch ausgedrückt – Ungereimtheiten juristisch auf den Grund gegangen wäre.
Damals nicht.
Und auch heute nicht, Herr Binswanger?

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Zweifelsfrei richtig, aber schon etwas verjaehrt. Andere kaufen mit dem Geld Yachten und Häuser.

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Zweifelsfrei etwas verjährt, wen aber merkwürdig grosszügiges, staatliches Entgegenkommen und wenig kompetente Verhandlungstaktik von Behördenseite interessiert, sollte meines Erachtens auch da hinschauen, wo das begonnen hat, was man heute je nach Sichtweise als tiefen Sumpf oder als geglücktes Standortmarketing betrachten mag.
Zudem: Mit Yachten und Häusern lässt sich wohl ebenfalls Schwarzgeld waschen, das gelang dem Herrn Bührle hingegen mit Kunst zweifelsfrei besser, und ist auch erwiesen. Wirklich interessiert hat das aber niemanden, damals nicht und heute nicht. Darum nochmals, warum und wie entstand die Stiftung?

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Vielen Dank für Ihre 'Oral History', mein Kommentar passt deshalb zu dem Ihren:
Es liegt im Wesen der Sache, dass Architektur 'in Beton gegossene Gesellschaft' ist - so wie sich die Gesellschaft vor 15, 30 oder auch 50 Jahren verstanden hatte. Das zeigt Chipperfield überdeutlich und Binswanger beschreibt es adäquat. Was wir daraus machen ist etwas anderes.

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Wenn ich Ihren Beitrag richtig verstehe, hat sich eigentlich die Stadt Und der Kanton die Steuerschulden mittels Bilder bezahlen lassen (wollen), um dann aber doch nicht Verantwortung zu übernehmen wurde die Stiftung gegründet.
Ich denke man könnte also heute noch die Stiftung staatlich Zwangsauflösen, da sie schlicht keinem ethisch vertretbaren Zweck dient offensichtlich auf Raubkunst und Steuerhinterziehung beruht.

Und Frau Mauch treten Sie zurück!!!

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Die juristischen Voraussetzungen, gegen Steuerhinterziehung härter vorzugehen, waren damals nicht die selben zu heute. Es ist aber zu vermuten, dass die zitierte Entgegnung von E. G. Bührle («Die Grossen lässt man laufen, und die Kleinen hängt man auf») voll zutraf, sogar über dessen Tod hinaus. Da wurden von Witwe und Nachfahren bzw. deren Anwälte offenbar Erbschaftssteuern optimiert und wohl auch Rücksicht auf Reputation genommen. Das liegt jetzt gut 60 Jahre zurück und wird offensichtlich noch heute von den Medien ungern thematisiert (vielleicht wird darauf im Teil 2 vom «Kunsthaus-Deal» in der Republik noch eingegangen, wer weiss?).
Aber deswegen Frau Mauch zum Rücktritt aufzufordern, scheint mir an den Haaren herbei gezogen.

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Peter Hirzel
Beschämtes Sp Mitglied
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Ich bin einmal mehr beeindruckt wie die Republik ein nationales sehr komplexes Problem mit Akribie, grosser Ausdauer und Zähigkeit verantwortungsbewusst angeht. Gäbe es einen Niobelpreis für guten Journalismus wäre die Republik Kandidatin. Lang lebe die Republik.

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Hm - ist das Problem wirklich so komplex? Eigentlich scheint es mir doch ganz einfach zu sein ...

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Ein nationales Problem? Scheint mir eher eine Zürcher Posse zu sein.

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Billo Heinzpeter Studer
Präsident fair-fish international
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Die kleine Schweiz ist manchmal ein echt grosses Scheissland.
Als Bub war ich begeistert von meinem Heimatland: So klein dass ich bei Familienausflügen immer wieder ängstlich fragte, ob wir schon im Ausland seien – aber gross genug für Spitzenleistungen: die stärkste Lokomotive der Welt, den längste Eisenbahntunnel und anderes mehr. Erst als Jüngling begann ich allmählich zu ahnen, dass die herausragenden Leistungen zum Teil auf einem geraubten Reichtum beruhten, den Söldner aus fremden Kriegen nachhause gebracht hatten, den Financiers mit dem Sklavendreieckshandel verdient hatten oder den Unternehmer mit der Ausbeutung erst der einheimischen Bevölkerung und dann von rechtlosen Fremdarbeitern als Superprofit eingestrichen hatten – immer mit der Protektion der politischen Führung des Landes.
Die grausliche Geschichte vom Deal meiner Geburtsstadt und das Kantons Zürich mit den Hütern der Raubkunst aus dem Zweiten Weltkrieg passt in diese Muster, ist aber besonders ekelerregend, weil auch sozialdemokratische Lichtgestalten sich mit den schnoddrigen Kunsthehlern gemein gemacht und mitgeholfen haben, alles unterm Deckel und den Raub von Kunst irreversibel zu machen.
Wahrscheinlich verstünden solche Leute nur eine Sprache: dass ihnen die Kunstwerke aus diesem grässlichen Tempel geklaut und an die Erben der rechtmässigen Besitzer zurückgegeben werden.

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Sauhäfeli, Saudeggali… in Zürich wie anderswo.

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Ein Bewusstsein für Unrecht und Ungerechtigkeit ist definitiv keine Stärke unserer Gesellschaft und unserer Politik. Dieser eindrückliche Bericht zeigt auf, wie sich die Bührle-Connection nahtlos in die neuere und neuste Geschichte der Schweiz einfügt. Von der Kooperation mit Nazi-Deutschland, die weit über das durch die damalige Situation bedingte unvermeidliche Mass hinausging, über die Unterstützung des südafrikanischen Apartheid-Systems, jahrzehntelange sich wiederholende Finanzskandale aller Couleur und skrupellose Geschäftstätigkeiten mit Potentaten und Diktatoren aus aller Welt bis in die Gegenwart hinein zeigen sich immer dieselben Muster: Leugnen, Wegschauen, Bagatellisieren und Beschönigen solange es nur irgendwie geht. Änderungen werden nur auf Druck von aussen und dann nur in Minimalversionen vorgenommen.
Auf der anderen Seite unser Selbstbild von der Welt offenen Schweiz als Hort der Demokratie und Freiheit, des roten Kreuzes und der guten Dienste…
Wir leiden unter einer kollektiven kognitiven Dissonanz.

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Vielen Dank für die wichtige und ausführliche Recherche. Das Verhalten der Politik ist in der Tat zutiefst provinziell. Dabei sollte eigentlich klar sein, dass Zürich mit ein paar berühmten Gemälde französischer Impressionisten es nicht zur kulturellen Weltstadt schaffen wird. Wenn dazu die Provenienz nur annähernd zweifelhaft scheint, erzeugt man viel mehr Image-Schaden als Nutzen. Mit öffentlichem Geld könnte man wirklich gescheiter in Kunst investieren. Aber wie der Titel der Serie hinweist, geht es ja um Connections und nicht um Kunst.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Einfach schade, dass das Kunsthaus Zürich im «Fall Bührle» sich nicht das Kunstmuseum Bern im «Fall Gurlitt» zum Vorbild nahm. Die Ausstellung hatte bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Einen viel tieferen, als ein «interesseloses Wohlgefallen» je hätte erreichen können. Die Werke sind nie von ihren historischen Kontexten zu trennen, ja erhalten durch diese erst eine tiefere, existentielle Dimension.

Die Werke in der Gurlitt-Ausstellung konnte man von der Anlage her nicht ohne den gegebenen Rahmen rezipieren – und ich habe noch nie so viel und so anschaulich über Provenienzforschung, die Schwierigkeiten dieser, die schreckliche wie undurchsichtige Situation der Besitzer:innen und Kunstmärkte gelernt, als in dieser Ausstellung.

So sieht Aufklärung aus – alles andere ist (Selbst-)Verblendung.

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Möge es den Protagonisten eines Tages auf die Füsse fallen, wie damals die nachrichtenlosen Vermögen…..

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Es ist mir einfach immer wieder schleierhaft, wie man sich an Kunst mit zweifelhafter Provenienz erfreuen kann. Traurig auch, dass man als 0815 Besucher von Museen davon nie etwas mitbekommt.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Es ist zwar ausserordentlich interessant, die Hintergründe dieser Kunstausstellung so zu lesen, aber einige wirklich wichtige Aspekte sind hier nicht enthalten.
Diese ganze, aufgeblasene Kunstszene ist ein Zeitvertrieb von ein paar wenigen Leuten, die vor lauter Vermögen nicht mehr wissen wie sie ihre Zeit totschlagen sollen und deren ganzer Lebensinhalt sich scheinbar auf ein kleinkindliches 'will haben' beschränkt.
Was mir fehlt, sind die Verbindungen zu den gewaltigen Summen, welche in der ganzen Kunstszene höchst intransparent herumgeschoben werden. Der Zweck dieser überrissenen Preise ist wohl häufig Geldwäscherei und Steuerbetrug.
Wie moralisch war den der Besitz dieser Kunstwerke für die superreichen jüdischen Kunstsammler?
Die heutigen Kunstsammler/händler sind ein extrem zwieliechtiger Haufen, warum soll das während der Nazizeit anders gewesen sein?
Sollten die Werke nicht sicherheitshalber in die Hände der Öffentlichkeit überführt werden, damit sie dem mafiösen Kunsthandel entzogen werden?
Wenn schon der Steuerzahler für die Sicherheit dieser Protzobjekte aufkommen muss, dann sollte er sie letztlich auch besitzen, zumal die jetzigen Besitzer ja wahrlich nicht zu den Bedürftigen gezählt werden können.
Das Argument der Rechtsunsicherheit lasse ich hier nicht gelten. Wenn sicher ist, dass Werke zweifelhafter Herkunft konfisziert werden, dann ist das auch Rechtssicher, schliesslich kann auch ein Drogendealer seinen Besitzanspruch nicht geltend machen.

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Von den superreichen säkulären Christen ganz geschweige…..Die haben ja nur die Christliche Nächstenliebe auf Erden verbreitet nachdem Napoleon die superreichen Juden aus den Europäischen Ghettos befreite damit sie sich besser assimilieren konnten um dann vernichtet zu werden in dem lieben Armenhaus von Europa.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Vielen Dank, Daniel Binswanger, für die gebührende Aufarbeitung des «Fall Bührle». Ein Fall, der sich leider in eine lange Tradition der Schweiz einreiht – nicht der humanitären, sondern der verheimlichenden. Sowie der verschleiernden, verdrängenden und vergessenden. Die Antwort auf das «Warum?» – auch auf die Frage «Warum spielt die rot-grüne Stadt­regierung mit?» – ist in der Schweiz denkbar einfach: Das Geld. In diesem Fall 3'000'000'000.-, in Worten, drei Milliarden Schweizer Franken. Geld, das bekanntlich nicht stinkt, und wenn doch, dann gibt es hier altbewährte Mittel des Hände-in-Unschuld-waschens. Hier wie dort und früher wie auch heute.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ach, und wer die Buchvernissage von «Das kontaminierte Museum», präsentiert von der WOZ und dem Rotpunktverlag am 3. Oktober im Neumarkt, verpasst hat, kann nun die Aufzeichnung (mit einem frei wählbaren symbolischen Eintritt) nachschauen.

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Vielleicht geht es primär gar nicht um Verschleierung, sondern um eine selbstbewusste Ausstellung zum Thema „Geld stinkt nicht, so verdienen wir in der Schweiz unser Geld“.

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Endlich wird darüber gesprochen, nachdem der Bergierbericht in der Schublade verschwunden ist. Die Schweizer Elite in Wirtschaft und Politik hat grösstenteils mit den Nazis zusammengearbeitet und davon profitiert, tut weiterhin scheinheilig und hält die edle, moralische Fahne hoch. Und die Sozialdmokraten heulen auf, wenn es um Antisemitismus in der Schweiz geht, wenn es sich um einen Tatbestand handelt, das sie gut gebrauchen können für ihr Parteiprogramm oder persönliche Profilierung. Wenn es aber um einen Juden geht, dem jedwede soziale Sicherheit verwehrt wurde, der etwas mehr Geld auf einem Konto im Ausland! hat, als die untersten zwei Fünftel in der Schweiz, fraternisieren sie mit den obersten 500 und gebärden sich genau so antisemitisch, nicht ohne eigenen Gewinn für ihre Karriere.
Nicht gerade vertrauenserweckend, wenn ich mir vorstelle, was das heisst, wie mit mir und meiner Familie verfahren würde, wenn wir Schutz nötig hätten, aber ausser als "Kanonenfutter" keinen Wert für die Schweiz darstellen (würden).

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Raubkunst in einem Schweizer Museum also. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob mich das jetzt wirklich noch überrascht oder ob es eigentlich sehr gut zu diesem Land passt.

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Verena Goanna •in :)) Rothen
fotografie, texte, webpub&lektorin
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Ungefähr zeitgleich lief in Bern die Gurlitt-Provenienzdebatte und Lösungssuche. Über mehrere Jahre. Sehr, sehr, sehr gut hörbar und sichtbar. Sehr transparent. Unter Einbezug von allen möglichen Stellen. — Als Grundlage für die Frage, ob die Sammlung überhaupt angenommen werden könne.
VOR jeglichem definitiven Vertrag also.

Bin gespannt, ob dieser Vergleich noch thematisiert wird in den nächsten Rechercheteilen.

Auf dem Hintergrund staune ich buchstäblich grad einen ganzen Erweiterungsbau.

Stichwort Gurlitt ergibt u.a. diesen Link:
https://provenienzforschung.ch/forschung

Dort auch dieses Zitat hier:
„ Provenienzforschung entspricht einem erheblichen öffentlichen Interesse und ist ein wichtiges Anliegen des Bundes.“

Und parallel und praktisch zeitgleich dazu fest verschlossene Augen all überall in Zürich?!? Und dies bei einer der wohl belastetsten Sammlungen überhaupt?

Als Bernerin war ich mir ein Leben lang sehr bewusst, aus der Schweizer Provinz zu stammen. — Manchmal erscheint dieses Prädikat als Auszeichnung. Wie in
solchem Kontext.

„Doch heute ist kein Festtag.“ Ist die perfekte Zusammenfassung dafür.

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Urs Fankhauser
Citoyen
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Provinz ist kein geografisch definierter Ort, sondern ein Geisteszustand.

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Ich frage mal ganz naiv, weil ich es einfach nicht verstehe: wieso halfen diese SP Politikerinnen mit, diese Verträge zu unterzeichnen? Was schaut für sie raus? Ist es Macht…? Fliesst da irgendwo Geld? Wie nützt ihnen das in ihrer politischen Laufbahn?

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Gute Frage. Es ist ja kaum so, dass die SP-Basis von solchen Entscheiden begeistert sein wird - oder ticken die Zürcher SPler so anders wie die Basler SP? (Nein, eh nicht.)

Ich kanns auch nicht wirklich nachvollziehen.

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Danke für den faktenreichen Überblick zur Causa Bührle. Hoffentlich bleibt mir nach der Lektüre wenigstens das
Unbehagen beim Betrachten dieser Sammlung; die Künstlerinnen werden es mir wohl verzeihen.
Nur noch eine Formalie: Bei so umfangreichen Texten wünsche ich mir eine vorangestellte Gliederungsübersicht oder ähnliches.

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Eine Sammlung anschauen, wo Unbehagen schon da ist, erspar ich mir; und damit die Reise vom Rheinknie nach Seldwyla.

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Die Künstlerinnen selbst sind wie Bührle längst verstorben, aber das von Ihnen erwähnte Unbehagen erfüllt mich alljährlich beim Concours Géza Anda, gestiftet von der 'Miterbin und Grossaktionärin' Hortense Anda-Bührle. Unabhängig von der Qualität der Musik.

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Bin eigentlich erstaunt, wieviele hier Kommentierende diese Bildersammlung offenbar noch nie gesehen haben, obwohl doch ein Grossteil der Bilder jahrzehntelang an der Zollikerstrasse zu besichtigen waren, wenn auch in einer eher düsteren Villa. Bis sie durch dreisten Kunstraub in die Schlagzeilen kam.

Dann aber noch einen Lokalchauvinismus draufsetzen, Herr Moret, das scheint mir doch eher abwegig.

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Basel hat mit Maja Sacher und Tinguely, mit Bottas grosszügiger "Promenade" über dem Rhein(ufer) und ohne städtische/kantonale Beiträge die Nase halt schon etwas vorne gegenüber dem zwinglianischen Zürich, das muss ich als Zürcher neidlos anerkennen. Auch wenn die Herkunft der Roche-Gelder genau so duster ist.

Andererseits sind ja hier nicht die Bilder das Problem, sondern deren Weg, das Geld von Bührle und die Komplizenschaft der Politik.

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Es liegt im Wesen der Sache, dass Architektur 'in Beton gegossene Gesellschaft' ist - so wie sich die Gesellschaft vor 15, 30 oder auch 50 Jahren verstanden hatte. Das zeigt Chipperfield überdeutlich und Binswanger beschreibt es adäquat. Herzlichen Dank.
Was wir daraus machen ist eine andere Sache.

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Ein Drama, eine Posse wird aufgeführt in Seldwyla. Die Linken verschaffen dem Volk Zugang zu weltweit begehrten Schönheiten. Da ist es doch nur Recht, wenn die Allgemeinheit zahlt. Mein Vorschlag: Zugang zu Ali Babas Schätzen nur nach einem bestimmten Schlüssel. So viel wie jeder beigesteuert hat (Allgemeinheit versus Gönner), darf er oder sie die Pracht bestaunen. Und weil das gemeine Volk schon viel bezahlt hat und zahlen wird bekommt es freien Zugang. Wieviele Tage blieben wohl für Züriberg und Goldküste?

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Sorry, Frau Doldener. Die Zürcher Linken (AL) waren wie Zürcher Heimatschutz und Stadtwanderer Benedikt Loderer im Jahre 2012 gegen das Projekt.
Realisiert wurde es von der oft als Cüpli-Sozialisten verunglimpften bürgerlichen SP, gemeinsam mit Mitte und den Liberalen, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhundert die Geschick der Stadt lenkten und offenbar all diese Verträge und Vereinbarungen eingingen. Die Jungen Grünen beschlossen wegen wiederkehrender jährlicher Ausgaben von 7.5 Millionen Stimmfreigabe.

Wer hat eigentlich das Städte-Standortmarketing eingeführt, mit all den Museen-Neubauten und den von Randständigen gesäuberten Strassen?

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Dürrenmat ‚Grieche sucht Griechin‘: Der Industrielle ‚Petit-Paysan‘ der Geburtszangen und Atomkanonen verkauft. Was für eine Allusion Dürrenmats, der meinte, es werde langsam genierlich einem Bundesrat die Hände zu geben. Was würde er wohl dazu sagen? Danke für den akribischen Artikel.

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Helen Mirren, Woman in Gold…

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In der Schweiz wird jedes internationale Recht passend gemacht.... vor allem wenn die Hochfinanz sehr diskret im Hintergrund mitwirkt .... traurig aber wahr... wiederum ein spannender Rückblick auf vergangene Zeiten ! Danke !

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Es gibt Personen, die müssen sich einen Sarkophag bauen (lassen) um unsterblich zu sein. Andere erreichten das, indem sie mit einfachen Materialien Werke schufen, die auch noch bei Generationen nach ihnen starke Emotionen wecken, einfach, weil es echte Kunstwerke sind. Stellt sie aus, aber lasst die Rahmen bei den Bildern weg. Zeigt sie so, wie sie entstanden sind. Damit würde das Geschehen(e) auf eine eindrückliche Art visualisiert.

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  1. Der Erweiterungsbau des Kunsthauses ist bei weitem kein „Betongrab“ sondern ziemlich tolle, transparente Museumsarchitektur eines bedeutenden britischen Architekten.

  2. Dieser Bau beherbergt drei gewichtige Kunstsammlungen nämlich nebst der Bührle-Sammlung die Sammlung Merzbacher und Looser. Ausserdem werden dort Werke aus der Kunsthaus Sammlung gezeigt und es finden Ausstellungen mit aktuellen oder kunsthistorischen Themen und zeitgenössischer Kunst statt.

  3. Zu Bührle und seiner Kunstsammlung: Die Provenienz der Bilder sowie die Vita von Emil G. Bührle werden in dem Neubau keineswegs versteckt sondern nachvollziehbar mit diversen Querverweisen auf weitere Publikationen in einem lichten Raum gezeigt.

  4. Der Restitutionsanspruch eines Erben auf eines oder mehrere Bilder als Raub- oder Flucktkunst aus der Bührle- Sammlung müsste juristisch gegen die Bührle-Stiftung geführt werden und keineswegs gegen die Stadt, ihre Präsidentin, das Kunsthaus oder gar den Architekten.

  5. Zur Ethik von Sammlungen und deren StifterInnen: Die Flick-Collection wurde vor einiger Zeit mittels heftiger Polemik aus Zürich vergrault, heute ist sie anstandslos in Berlin ansässig.
    Etliche grosse Kunstsammlungen sind von moralisch zweifelhaften Personen gegründet worden. Die Kunst selbst ist dabei unschuldig.
    „Die Sammlung Bührle ist ein zudem weit überschätztes Konglomerat mit einigen Glanzlichtern…….“ (Medienmitteilung des damaligen Visarte-Präsidenten, Guido Magnaguagno 26.10.2012) - ein groteskes Fehlurteil.
    Das Stifterpaar der anderen grossen Kunstsammlung Werner und Gabrielle Merzbacher bewertet die Sichtbarmachung der Bilder aus der Sammlung Bührle als grosses Glück für die BesucherInnen. Merzbachers Eltern wurden vom Naziregime ermordet.

  6. Ich empfehle Herrn Binswanger bei ausgedehnten Recherchen künftig die Meinungen und Haltungen ALLER Beteiligten einzuholen.

Prof. em. T. M.

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wieder einmal großartige journalistische Arbeit, bravo und danke!

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Wunderschöne Gemälde, trotzdem überkommt mich ein Würgereiz wenn ich die Geschichten dahinter zu erahnen versuche.

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meiner Ansicht nach, kann der Schaden wegen der «Raubkunstgeschichte und die Zürcher Vetternwirtschaft» moralisch , politisch, rechtlich und finanziell, - national und international - überabeitet und gelöst werden…., ist also gar nicht so dramatisch.

Dramatisch hingegen ist der auf Jahrhunderte verunstaltete Heimplatz durch den Chipperfield Neubau…. Das ist der wahre Skandal .

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Kulturkritiker
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meiner Ansicht nach, kann der Schaden wegen der «Raubkunstgeschichte und die Zürcher Vetternwirtschaft» moralisch , politisch, rechtlich und finanziell, - national und international - überabeitet und gelöst werden…., ist also gar nicht so dramatisch.

Dramatisch hingegen ist der auf Jahrhunderte verunstaltete Heimplatz durch den Chipperfield Neubau…. Das ist der wahre Skandal .

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Der eigentliche Skandal besteht darin, dass Bührle mit seiner Waffenfabrik in der neutralen Schweiz so viel Geld anhäufen und damit Einfluss erlangen konnte. Er hat sein Geld in Kunst angelegt, weil er von Kunst und vom Kunstmarkt etwas verstand. Wenn die Bilder heute nicht als Spitzenwerke Spitzenpreise erzielen würden, würde niemand darüber reden.
Kunst auf diesem Niveau gehört in ein öffentlich zugängliches Museum. Das ist jetzt der Fall und deshalb richtig. Die künftige Museumsleitung wird daran gemessen, ob es ihr gelingt, diese Werke dauernd der Öffentlichkeit zu erhalten.

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