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Retraité
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Der Artikel spricht mir aus dem Herzen. Was ich dabei betonen möchte, ist die Rolle der Presse, die im ersten Augenblick den Klamauk um diese Demonstration hervorgehoben hat, und als Reaktion darauf den Aufruf zu Recht und Ordnung. Man möchte bei SRF ausserdem den Klamauk vor laufender Kamera wiederholen, indem man Roger Köppel als Diskussionspartner einlädt. Dieser Mechanismus der Aufmerksamkeitsbewirtschaftung im Namen der Aufklärung und Information ist zu tiefst verlogen, aber leider allgegenwärtig. Der Preis dafür ist, dass die Medien an Glaubwürdigkeit verlieren und der Bürger den gebotenen Informationen nicht mehr traut. Das ist der Nährboden für Privatlogik und alternative Wahrheiten.

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Am 3. März 1993, einem Mittwoch, strömten bei garstigem Wetter nach der Nichtwahl von Christiane Brunner zur Bundesrätin aus der ganzen Schweiz Frauen auf den Bundesplatz, regelwidrig und ganz ohne vorgängige Erlaubnis, um gegen diese Nichtwahl zu protestieren. Der gewählte SP-Politiker sah sich gezwungen, die Wahl nicht anzunehmen und eine Woche später das Parlament, eine Frau in den Bundesrat zu wählen: Ruth Dreifuss statt Christiane Brunner. Doch seitdem ist es undenkbar, dass keine Frau mehr in der eidgenössischen Regierung sitzt. Eine gesetzeswidrige Besetzung des Bundesplatzes kann dringend sein - und allenfalls Geschichte schreiben. Schon 1993 sprachen rechte Parlamentarier von Nötigung.

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Liebe Elisabeth Doris, herzlichen Dank für diesen wichtigen Hinweis. Sie haben vollkommen recht: Unter den politischen Bewegungen, die ich als Beispiel zitiert habe, um darzulegen, dass ziviler Ungehorsam immer wieder einen entscheidenden Beitrag geleistet hat zum gesellschaftlichen und politischen Fortschritt hätte, natürlich auch die Frauenbewegung genannt werden müssen - umso mehr als eine Demonstration auf eben jenem Bundesplatz eine so wichtige Rolle spielt. Das ist ein dummes Versäumnis von mir, deshalb noch einmal herzlichen Dank!

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Die Mitverlegerin heisst E. J.. Eine doch eher bekannte Historikerin, Herr Binswanger.

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Einmal mehr eine kluge Analyse von Binswanger, ein Vergnügen zu lesen. Die Bilder der friedlichen Besetzern mit ihrer wohlorganisierten Kreativität und der geifernden Rechtsbürgerlichen aus SVP (ist ja klar) und FDP (Portmann!) macht auch dem letzten wohlmeinenden Bürger klar, auf welcher Seite die Gerechtigkeit steht. Dass es das "an die Wand stellen" und "ab nach Sibirien/Moskau" aus meiner Jugend immer noch gibt, zeigt wie absurd rückwärts gewandt diese Politiker sind und wie viel Verantwortung sie u.a. für die Klimakrise tragen. Ist es vielleicht diese Angst, die sie so aggressiv macht, dass wir nämlich bald "Lock them up!" rufen?

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Retraité
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Ja, die Automatismen auf Seiten der Politiker und der Journalisten hat mich auch an die 68er Zeit erinnert. :-) Zur Abwechslung sind jetzt die bürgerlichen Parlamentarier die unflätigen Lümmel und die Demonstranten direkt artig.

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(durch User zurückgezogen)

Sechs mal (wenn ich richtig gezählt habe) das Adjektiv «extremistisch» in Ihrem Beitrag, Herr L. Wo sehen Sie Extremismus?
Was die Bundesplatzbesetzer*innen fordern, dazu hat sich die Schweiz mit der Ratifizierung des Pariser Übereinkommens (PA) völkerrechtlich verpflichtet: «Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen» (Art. 2 Abs. 1 Bst. a PA). Bis jetzt unternimmt die Schweiz Anstrengungen, die nicht mal auf eine 2-Grad-Begrenzung hinausliefen, würde man sie auf die ganze Welt übertragen (wichtige Teile der offiziellen Schweiz wie die Nationalbank weisen sogar solche Anstrengungen ausdrücklich von sich). Das ist völkerrechtswidrig.

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(durch User zurückgezogen)

Lieber Herr L.,
Vielen Dank für Ihren Beitrag. Es hat sich im Anschluss an Ihr Votum ja eine ausführliche Diskussion entsponnen, ich möchte nur ganz knapp hier Stellung nehmen. Den Vorwurf des Extremismus kann auch ich nicht nachvollziehen. Natürlich kommt es im Rahmen solcher Aktionen zu ungesetzlichen Handlungen ( sich anketten, einem Wegweisungsgebot nicht Folge leisten), aber Extremismus sieht nun wirklich anders aus. Die Forderungen des Klimacamps waren ebenfalls klar: Ein schnelles erreichen der CO2-Nullbilanz. Auch das kann ich nicht als extremistisch bezeichnen, sondern wie Herr Hänggi weiter unten zu recht festhält, ganz einfach als ein Einklagen der völkerrechtlichen Verbindlichkeiten, die die Schweiz selber unterschrieben hat. Eigentlich ist die Klimajugend hyperlegalistisch.
Was ich auch nicht verstehe, ist, wie sie zur Behauptung kommen, Greenpeace-Aktionen seien das Paradebeispiel für sinnlosen Aktivismus. Natürlich kann man den Methoden von Greenpeace auch kritisch gegenüber stehen und vielerlei Hinsicht mögen sie recht haben. Aber insgesamt war Greenpeace ein wichtiger Teil der ökologischen Bewusstseinsbildung in den 80er und 90er Jahren. Herzlich, DB

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Genau auf den Punkt gebracht. V.a. nachdem man R. Köppel am Freitagabend in der Arena gesehen hat, wo er im Namen der Meinungsfreiheit am menschengemachten Klimawandel zweifelte und eine pubertäre Freude daran hatte, dies in brillante Rhetorik zu verpacken. Faktenwidrig zu argumentieren ist wohl die Champions-League der Rethorik, politisch ist es eine peinliche Nullnummer.

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#ClimatejusticeNow
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"...im Moment sieht es nicht schlecht aus."

Ausser bezüglich unserem CO2-Gesetz, welches weit weg ist, vom nötigen Ziel "Nettonull 2030". Da siehts schwarz wie die Nacht aus.

Aber danke viel Mal, für die Berichterstattung, welche den Aktionismus legitimiert. Danke für das Licht in der Dunkelheit.

In meinen Augen wäre die öffentlich breit aufgestellte Debatte um Nettonull 2030 jedoch viel zentraler.

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Ich finde es erstaunlich wie die Linke (Parteien/Medien) sich schnell, schnell mit den Demonstranten solidalisiert, nur um sich zu profilieren.
Dass unter deren Anhängern genau gleich viele Pfeifen sitzen? Anscheinend Egal.
Wieso sich darum kümmern, lieber schnell auf die bösen Rechten zeigen...
Umweltschutz (wieso sich alle gerade auf das Thema Klima fixieren weiss wohl niemand so genau) kostet kein Geld und erfordert auch nicht irgendwelche Wohlstandsumverteilungsmassnahmen.
Kalt duschen, kleinere und kühlere Wohnungen, Velo fahren (nicht ÖV oder dumme Elektroautos die zur nächsten ökologischen Katastrophe führen) weniger materieller Besitz, keine tierischen Produkte, keine Haustiere und (was die wenigsten gerne hören) viel weniger Menschen.
Es gibt also nicht mehr vom Kuchen für alle - es gibt keinen Kuchen.

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Urs Fankhauser
Citoyen
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· editiert
  1. Die "Linke" solidarisiert sich nicht aus Profilierungssucht (was für eine armselige Unterstellung), sondern weil der Kampf gegen den Klimawandel auch ihr Kampf ist.

  2. Dass es unter den Demonstrierenden Leute mit dem niveaulosen Niveau eines Glarner gibt, ist eine lachhafte Behauptung.

  3. Weshalb sich "alle auf das Thema Klima fixieren", verstehen die meisten. Sie offenbar nicht.

  4. Dass sich der Klimawandel ohne den Einsatz von sehr viel Geld und mithin nur mit massiven Umverteilungsmassnahmen verlangsamen lässt, steht ausser Zweifel.

  5. Wieso streite ich überhaupt mit Ihnen?

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Berechtige Infragestellung, Herr Fankhauser, wieso überhaupt streiten... Nun, auch mir wäre es ein Leichtes, unter andere, klügere Kommentare zu Herrn Binswangers jüngstem Beitrag quasi ein Gänsefüsschen zu setzen. Immerhin kann man Peter Stauffers Kommentar eine gewisse Eigenwilligkeit attestieren. Zum Beispiel die Formulierung «...wie die Linke (Parteien/Medien) sich schnell,
schnell...». Kenne ich eigentlich nicht, mindestens nicht in der Schweiz: ein linkes Medium, das sich erst noch «schnell mit den Demonstranten» solidarisieren könnte. Am ehesten noch die Republik, weil digital. Die Einordnung kommt hier aber erst heute Samstag.
Andererseits, etwas Medienschelte scheint auch mir angebracht, insbesondere an die Bildmedien inklusive SRF: schlicht zu reisserisch und immer nach «Primörs» hechelnd! Genau das ruft nach showmässigem, ja grenzwertigem Einbringen von politischen Themen, vor allem wenn sie so dringend sind wie der Klimawandel. Denn da kommt unsere direkte Demokratie (leider) definitiv an den Anschlag. Gerade bei Umweltproblematiken wird es zunehmend schwieriger, ihnen mit unserem besten, aber ach so langsamen politischen System beizukommen. Wirklich eine Herausforderung!

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  1. Auch die Linke wird kritisiert von der Klimajugend. Aber anscheinend scheinen Sie und auch die Linke sich nicht damit auseinanderzusetzen zu wollen?

  2. Ich wüsste jetzt nicht, dass das Niveau einen Einfluss aufs Klima hat. Ich spreche vom ökologischen Verhalten.

  3. Haben Sie schon mal davon gehört, dass es auch noch ganz viele andere Umweltschäden gibt auf unserem Planeten die nichts mit dem Klima zu tun haben? Auch dazu gibt es mehr als genügend wissenschaftliche Beweise.

  4. Es gibt nichts umzuverteilen - es gilt zu verzichten.

  5. Vielleicht wollen Sie unbewusst vom Thema ablenken?

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Eine ausgezeichnete Analyse!
Das Verhalten von Glarner und Co. passt bestens ins Bild, wie es vor einigen Tagen in der „Republik“ unter dem Titel „Selber schuld, wer bei „Onkel Dolf“ an Adolf Hitler denkt“ eindrücklich beschrieben wurde.
Und nun geben sie vor Angst zu haben, unsere rechtsbürgerlichen PolitikerInnen, und sich in Bern nicht mehr sicher zu fühlen. Da kann ich frei nach Ogi nur sagen: Bedauern herrscht.
Dabei müssten wir Angst haben, gerade vor diesen Leuten, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollen, die Klimakatastrophe klein reden, Transparenz verweigern, grundlegende Menschenrechte aushebeln und Gesetze aushecken, damit der Finanzplatz Schweiz weiterhin Geschäfte in allen Grau- bis Schwarzzonen abwickeln kann.
Was die Ängste der Rechtsbürgerlichen angeht, so schlage ich vor, in Zukunft die Sessionen nach Herrliberg zu verlegen. Die Villen dort sind ruhig, gut abgesichert, die Wege kurz für Instruktionen von Vater Blocher und den übrigen Entscheidungsträgern der Wirtschaft und der Finanzindustrie.
Und der Blick auf die Alpen fast so schön wie in Bern.

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Danke Ihnen, Herr Kielholz, für diese prägnante und sehr humorvolle (der mit dem 'Herrliberg' - priceless :-) und es auf den Punkt bringende Analyse der inneren Zusammenhänge gewisser, sogenannt bürgerlicher Politiker.

Ich wollte hier eigentlich von 'geistigen' Zusammenhängen reden, aber sind das nicht bloss einer diffusen Angst entstammende Abwehrreflexe gegen die sich - Gott sei Dank - anbahnende Änderung eines bisher fast gott-gegeben scheinenden Primats von Geld und Macht in der Form unseres Ressourcen vernichtenden Wirtschaftssystems?

Die Klima-Jugend hat meinen allergrössten Respekt. Übrigens machen bei vielen Demonstrationen nicht wenige nicht-mehr-so-ganz-jugendlichen mit, es lohnt sich auch als Erwachsener Mensch (ich sogar als Rentner) dabei zu sein. Diese jungen Menschen scheinen mit um einiges erwachsener zu sein, als so manch eidgenössischer Politiker...

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Lieber Herr Kielholz, vielen Dank für Ihre freundlichen Worte! Ein Verlegung des Parlaments nach Herrliberg ist auf alle Fälle ein interessanter Ansatz. Ich vermute allerdings, dass die lokalen Anwohner dann sofort akuten Dichtestress geltend machen würden! Herzlich, DB

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Lieber Herr Binswanger, danke für diesen tollen, guten Beitrag. Er hat mich berührt. Ein Hoch auf die „Klimajugend“ und hoffentlich bald auch auf die „Klimasenioren*innen“.

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Auch mit 70 nehme ich an Demos der Klimajugend (eigentlich ein doofes Wort) teil. Nicht zuletzt deshalb, weil es doch meine Generation ist, die den Schaden angerichtet hat und ich mich dafür schäme. Dabei komme ich im Vergleich noch gut weg. Ich bin in meinem Leben fünfmal geflogen (Europa), hatte nie ein Auto, esse wenig Fleisch und nur solches von dem ich weiss wo es herkommt - aber selbst das reicht bei weitem nicht.

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Endlich eine sachlich einordnende Stimme, warum ziviler Ungehorsam ein demokratisches Recht ist (unter den eingehaltenen Bedingungen), und warum er manchmal zwingend ist. Danke!

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Ich würde sogar so weit gehen und sagen, ziviler Ungehorsam ist unter den gegebenen Umständen eine Pflicht, genau so wie er damals eine Pflicht war, als Hitler Millionen von Menschen umbrachte. Hier aber geht es nicht um Millionen, sondern um Milliarden!!

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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Wenn ich daran denke, dass die Aktivistinnen der Frauenrechtsbewegung im Parlament mit Dreckwindeln auf Politiker warfene, die Unsinn redeten, finde ich diese Jugendlichen erstaunlich brav. Und sie haben sich an alle Regeln gehalten, ausser das Demonstrationsverbot. Denen kann ämel niemand vorwerfen, sie seien Chaoten.

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Antonia Bertschinger
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Im Gegenteil, teilweise wurde ihnen ihr hoher Organisationsgrad vorgeworfen:-). (Sowas Ordentliches kann ja nur von ausländischen Mächten organisiert sein...)

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Binswanger in Hochform. Endlich ein Beitrag der andern Art. Und er trifft.

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Verlegerin
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Das Ziel des zivilen Ungehorsam ist nicht, dass die politischen Gegner diesen verstehen oder gar gutheissen. Das Ziel ist, dass eine solche Aktion etwas mit dem politischen Diskurs in unserem Land macht. Ziel erreicht.

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Ein Hoch auf die Vernunft der Klimajugend. Ernst Blochs "Prinzip Hoffnung" lebt. Gute Analyse von Daniel Binswanger.

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Wenn wir schon bei Rawls sind, nehmen wir doch mal sein berühmtes Gedankenexperiment "Veil of ignorance" zur Hand, um herauszufinden, was eine gerechte Gesellschaft ausmacht. Überlegen wir uns, wie wir in der Klimafrage entscheiden würden, wenn wir nichts von uns wüssten, wer wir sind, in welchem Land wir aufwachsen, wieviel Geld oder Macht wir haben, wie intelligent wir sind, ob wir gesund sind oder nicht, welche Hautfarbe wir haben, ob wir 2100 noch leben oder nicht, und so weiter. Und dann fragen wir uns, wie wir dann mit diesem "Schleier der Unwissenheit" in der Klimafrage entscheiden würden. Was, wenn ich ein Bauer in Bangladesh wäre, oder ein Fischer auf den Malediven, oder ein ungeborenes Kind, dass sich im Jahre 2100 auf einer 3-4 Grad heisseren Erde wiederfindet, notabene völlig unverschuldet.
Lasst uns endlich die wesentlichen Dinge diskutieren, nämlich mit welchen Mitteln wir diese Krise bewältigen können. Die Hinhaltetaktik und Verlagerung der Diskussionen auf Nebenschauplätze von der mehrheitlich rechtsbürgerlichen Mehrheit ist unproduktiv und dient der reinen Machterhaltung. Vielleicht legitim, aber dumm, denn auch sie werden von der Klimakrise nicht verschont bleiben, und ihre Macht und all ihr Geld wird ihnen bei den bevorstehenden Klimaflüchtlingsströmen, zunehmenden Bergstürzen, Hurricanes von unermesslicher Stärke, bei Hochwasser und Dürre rein gar nichts bringen. Die Dinge mal aus einer anderen Warte anzuschauen hilft da wesentlich mehr.

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«Alles richtig gemacht» – auch von Ihnen, lieber Daniel Binswanger, finde ich! Das Rezept heisst: zuerst anhand der besten Köpfe, die über ein Problem und die massgeblichen Kriterien seiner sachgerechten Beurteilung nachgedacht haben, sich selbst gründlich orientieren, dann den gewonnenen Vernunftstandpunkt für das interessierte Publikum klar und deutlich ausformulieren. Das ist starker Journalismus! Wie stark das argumentativ ist, macht erst der Vergleich mit dem landläufigen Wischiwaschi-Journalismus deutlich, wie er gerade wieder heute zum Berner Klimaprotest allzu oft zeitverschwendend zu lesen ist: von Schreibenden, die sich nicht klar festlegen mögen, weil sie sich über die wesentlichen Kriterien selbst nicht im Klaren sind oder ihnen ihr latenter Opportunismus, sei es gegenüber den Mächtigen oder gegenüber deren Kritikern, seine Sicht einflüstert.

Apropos Macht: Das moralische Recht auf zivilen Ungehorsam gehört gerade deshalb als unverzichtbares Komplement zu jedem echten Rechtsstaat, weil dessen geltende Gesetze niemals nur das gemeinwohldienliche Ergebnis des «öffentlichen Gebrauchs der Vernunft» (Immanuel Kant) sind, sondern in ihnen sich die parlamentarischen Machtverhältnisse niederschlagen. Und die sind bekanntlich ihrerseits oft weniger von der Anstrengung der praktischen Vernunft im Ratssaal als von mehr oder weniger massiv eingebrachten Partikulärinteressen durchwirkt. Hinzu kommt, dass die «positive» Rechtsentwicklung oft genug der Dynamik sich verschärfender Probleme weit hinterherhinkt und auch noch so wohlmeinende Parlamentarier vor Ignoranz oder Grundlagenirrtum nicht gefeit sind. Der wahre Rechtsstaat erkennt und anerkennt seine moralische Fehlbarkeit und Kritikbedürftigkeit.

Gleichwohl stehen auch Aktivisten des zivilen Ungehorsams nicht über dem geltenden Recht. Soweit sie zu illegalen Handlungen greifen, haben sie deshalb die rechtsstaatlichen Konsequenzen zu akzeptieren, dürfen aber aufgrund ihrer legitimen Motive mit einer anständigen Behandlung und milden juristischen Beurteilung rechnen. Und sie dürfen, soweit sie sich tatsächlich «zivilisiert» verhalten, also gewaltfrei agieren und ihre Anliegen argumentativ vorbringen, darauf hoffen, dass der angesprochene parlamentarische Betrieb unter der schärferen Beobachtung seitens der Stimmbürgerschaft noch vor den nächsten Wahlen sachlich berechtigte Impulse aufgreift und ihnen mehr Gewicht beimisst. So kann in einer offenen, freiheitlich-demokratisch geordneten Gesellschaft zivilisatorischer Fortschritt erfolgen – trotz den Rüpeln, die es halt immer überall auch gibt: als bisweilen übermotivierte Aktivisten, als gelegentlich unbesonnen polternden Parlamentarier und ebenso als (das Eine oder das Andere) allzu rasch verallgemeinernde mediale Meinungsmacher.

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Lieber Peter Ulrich, Ihrer ausgewogenen Analyse der Problemstellung kann ich mich nur anschliessen. Und das grosszügige Kompliment von Ihrer Seite freut mich natürlich sehr! Mit herzlichen Grüssen, DB

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Informatikingenieur, Autor, Erklärvideos
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Das Schweizerische Strafgesetzbuch sieht in Artikel 48 StGB die Behandlung von zivilem Ungehorsam sogar strafmildernd vor:

Das Gericht mildert die Strafe, wenn:
a. der Täter gehandelt hat:
1. aus achtenswerten Beweggründen,
3. unter dem Eindruck einer schweren Drohung

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Lieber Herr M., vielen Dank für diesen wichtigen juristischen Hinweis. Er unterstreicht, dass ziviler Ungehorsam unserem Rechtssystem nicht wesensfremd ist. Herzlich, DB

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Danke Herr Binswanger. So sollte eine Berichterstattung sein. Deshalb bin ich Verleger der Republik!

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Hervorragend resümiert - im Gegensatz zu den Alten machen die Jungen uns Hoffnung.

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IT Unternehmer in Afrika
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In vielen Punkten einverstanden, mit Ausnahme des zentralen Punktes "wenn die Möglichkeiten zur Partizipation verzerrt sind". Ja wir haben ein Stimmrechtsalter, aber ich denke dies verzerrt das Resultat nicht. Wir haben legale Möglichkeiten zur Partizipation, man kann jederzeit anderswo eine Klimademo organisiern, und ich marschiere selbst auch regelmässig mit. Wir sind in der Schweiz, nicht in Belarus - Martyrertum ist m.E in der Schweiz eine wirkungslose Strategie zum Erreichen der Klimaziele. Der "Oppressor" ist in unserem Fall der Stimmbürger aus der Mitte. Klimaplitisch wirksasm ist es, wenn eine FDP auf grün umzuschwenkt, nicht wenn grüne noch grüner werden. Illegale Aktionen zwingen Mittebürger zwischen Grün und Rechtsstaatlichkeit zu wählen, und hier werden viele in das Feld der Rechtsstaatlichkeit flüchten.

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Ich finde nicht dass die Rechtsstaatlichkeit infrage gestellt wird, nur weil man sich mit zivilem Ungehorsam Gehör verschafft. Tatsache ist, dass die "Klimajugend" über 50 Jahre alt sein müsste, um die ältere Bevölkerung an der Urne zu schlagen. So stark sind unsere Demografien unterdessen verzerrt.

Trotzdem ist das Argument natürlich berechtigt, dass je illegaler die Methoden, desto schwieriger wird es für die Mitte sie zu akzeptieren. Oder eher: desto einfacher für die Neoliberalen sie zu verunglimpfen und zu verfolgen.

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IT Unternehmer in Afrika
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Es geht darum, mehr für den Klimaschutz zu tun. Das Zielpublikum dafür ist die Mitte. Wenn sie "verunglimpfen" und "verfolgen" unterstellen, spalten sie genau diejenigen ab, die sie eigentlich vom Klimaschutz überzeugen wollen. Spaltung und mit dem Finger auf Andere (Neoliberale, Banken, Landwirte, Unternehmer) zeigen funktioniert hier nicht - wir müssen und können gemeinsam etwas erreichen.

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#ClimatejusticeNow
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Ich gehe davon aus, dass mit "mehr Partizipation" eher eine Anpassung unseres Politischen Systems gemeint ist als das Stimmalter.

Eher in richtung digitalisierung, mehr Möglichkeiten zum direkten Mitwirken durch die Bevölkerung im Parlamentarischen Alltag, um den stark verbreiteten Lobbyismus abzuschwächen.

Lieber Gruss

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jaap achterberg
schauspieler aus holland
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Bravo Herr Binswanger! So schauts aus!

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Grenzgänger*in
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Einfach ein Meisterstück! Herr Binswanger, Sie schaffen es wiedermal hervorragend in Worte zu fassen, was ich dazu denke! Herzlichen Dank!

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Liebe(r) Anonym 3, herzlichen Dank für dieses schöne Kompliment!

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Lieber Herr Binswanger,
vielen Dank für den brillianten Beitrag, er spricht mir aus dem Herzen.
Nach zuviel Covid ist der "alte" Binswanger ist zurück, das freut mich sehr!

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Christine Loriol
denken, schreiben, reden.
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Danke, Daniel Binswanger. Eine Stimme der Vernunft. Schreibe ich zwar nicht zum ersten Mal, aber man denkt ja mittlerweile tatsächlich manchmal: „Spinn iiich ez, odr spinn iich?“ - Aso ämel: merci. Hilft auch beim Diskutieren.

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danke herr binswanger
sie bescheren mir eine angenehme arbeit: ihren artikel weiter zu verbreiten!

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Meinungsaustausch par excellence: Ich begann die Lektüre mit einer Meinung und beendete sie mit einer anderen. Herzlichen Dank, liebe Republik!
Nur meine dezidierte Meinung über den anstandsfreien Rechtsaussen-Flügel der Schweizer Politiklandschaft wurde um kein Jota verrückt. Ich denke aber, dass dies auf Grund des „Vektors“ im Text und der Position der Partei auf der Skala „Für mich akzeptabel“ gar nicht möglich ist.
;-)

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Lieber Herr Giger, vielen Dank für dieses wirklich schöne Kompliment! Herzlich, DB

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Ein interessanter, hervorragend geschriebener Artikel. Leider sprachlich sehr anspruchsvoll und elitär. Wäre es möglich diesen in leichte Sprache zu übersetzen?

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Der Artikel ist „hervorragend geschrieben“, dem kann ich nur zustimmen. Dann aber bitte gerade nicht in „leichtere Sprache übersetzen“! Wie sollte er danach noch gleich gut sein?
Anspruchsvolles ist nicht automatisch elitär. Manchmal ist es schlicht nur erforderlich, sich dem Anspruch zu stellen.

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Antonia Bertschinger
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Nicht alle Menschen haben die gleichen kognitiven Möglichkeiten und Fähigkeiten. Eine Übersetzung in einfache oder leichte Sprache würde dem Text zwar seine Eleganz und seinen Schliff nehmen, der Inhalt könnte aber (weitgehend) trotzdem transportiert werden. (Die Frage, ob der Text danach "gleich gut" ist wie vorher, stellt sich nicht. Es ist eine andere Version für ein anderes Zielpublikum.)
Diese Übertragungsleistung sollte m.E. alltäglich sein bzw. werden, und zwar nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch der Demokratie zuliebe. Es ist kein Geheimnis, dass sehr viele Menschen in der Schweiz Mühe haben, komplexere schriftliche Inhalte zu verstehen. Sie lesen bestenfalls 20 Minuten, aber meistens gar nichts. Dies ist offensichtlich schädlich für unsere Demokratie.

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· editiert

Gab es schon in der Republik einen Artikel über die leichte Sprache? Es ist immer besser, jemanden zu finden, der einem diesen Text erklären kann. In der leichten Sprache fehlt sehr vieles. Die BAG Texte aus der leichten Sprache verstehe ich mit meiner Behinderung kaum, im Unterschied zu Daniel Binswagers Kolumnen.

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Antonia Bertschinger
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Übersetzungen in leichte Sprache sind sehr anspruchsvoll, zudem kann die Überprüfung der Verständlichkeit durch eine Gruppe von Menschen mit Behinderung nur von wenigen Institutionen geleistet werden (z.B. hier https://www.leichte-sprache-basel.ch/ oder hier https://www.proinfirmis.ch/fr/langa…lifie.html).
Die Übersetzungen werden dadurch auch eher teuer. Es bleibt noch viel zu tun, bis wichtige Informationen in (guter) leichter Sprache standardmässig verfügbar sind.

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Antonia Bertschinger
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Interessante Idee! Meinen Sie leichte Sprache für Menschen mit geistiger Behinderung oder einfache Sprache für Menschen mit wenig Leseübung oder geringen Deutschkenntnissen?

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Thea Mauchle
Aktivistin Behindertengleichstellung
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Es gibt sowohl die "leichte", als auch die "einfache" Sprache. Eine Kolumne von Daniel Binswanger wäre wohl kaum in leichte Sprache zu übersetzen, aber in die einfache schon.
Hier sind die Expert*innen für einfache Sprache:
https://www.inklusionfueralle.ch/de/

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Action Anthropologist
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Dazu möchte ich eine Anekdote aus meiner Jugendzeit als ungeduldiger und entsprechend militanter Öko zum Besten geben:
Die Faktenlage des "Club of Rome" war klar:

  • Wir plündern die Vorräte an fossilen Energien, die allmählich zur Neige gehen werden.

  • Die atomare Aufrüstung mit Mittelstreckenraketen in Europa bringt das Gegenteil von Sicherheit. Fehler im System könnten den atomaren Overkill in Gang setzen und alles Leben auf diesem im Weltall über Millionen von Lichtjahren hinaus einmaligen "Blauen Planeten" AUSLÖSCHEN!

  • Das Waldsterben wird vom sauren Regen verursacht, der wiederum eine Folge ist von motorisiertem Verkehr, Gebäudeheizungen und Kohlekraftwerken.

  • Tschernobyl war nach Three Mile Island bereits der zweite atomare Super-GAU der "friedlichen" Atomenergie-Nutzung, der -gemäss Experten- eigentlich nur alle 100'000 Jahre hätte passieren dürfen.

  • Und so weiter, und so fort...
    Auf einen sensiblen Jugendlichen wie mich wirkten solche Tatsachen wie ein hoch toxisches Gemisch, das in meinem Innenleben Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hochkochen liessen!
    Ich konnte nicht begreifen, wie man da einfach im üblichen Trott weitermachen konnte und suchte für mich persönlich nach Ausstiegswegen, was wiederum Familienmitglieder alarmierte, die zunehmend besorgt intervenierten, weil "man sich doch in der Wirtschaft integrieren muss, um zu überleben!"
    Aber wie kann man sich mit gutem Gewissen in eine Wirtschaft integrieren, die unseren wunderbaren Planeten ausplündert, verwüstet, mit Müllbergen und Ölteppichen zudeckt und atomar verseucht?
    Im Agronomiestudium sollte ich den Umgang mit Pestiziden ebenso erlernen, wie die mikrobiologischen Details, welche die Voraussetzungen waren für den Einstieg in die Gentechnologie, wo also "am Allerheiligsten" herumgebastelt werden sollte, mit dem Ziel, die "Super-Pflanze" zu designen, bzw. die Super-Kuh. (Superman gab es erst als Comicfigur in amerikanischen Filmen...)
    Wieder entstand auf diesem konventionellen Bildungsweg diese toxische Mischung aus Sachzwängen, Widerwillen und Burnout-Auszehrung.
    Auch wenn ich mich in meiner Situation und Befindlichkeit ziemlich allein und als "Fremder im eigenen Land" fühlte, erging es nicht nur mir so!
    Es gab zahlreiche Leidens- und GesinnungsgenossInnen, die -ähnlich wie ich- "am Anschlag" waren und nach neuen, nachhaltigeren und wohltuenderen Wegen suchten, in der "Öko-Szene", in der "Soli-Szene", in selbstverwalteten Kooperativen, in Landkommunen, usw.
    Alle versuchten wir, es "Anders" zu machen, da wir davon überzeugt waren, dass "das Alte" nicht mehr lange so weitergehen konnte.
    Bei diesem "anders Machen" merkten wir dann aber auch, dass es für "das Konventionelle" schon auch gute Gründe gab.
    So ist zum Beispiel ein Mulch aus abgestorbenen und vertrocknetem Pflanzenmaterial zwar gut für den Boden, zieht aber auch Schnecken und Mäuse an, was dann bedeutet, dass das "Mulch-Ideal" realistischer gehandhabt werden muss, beispielsweise nur im Hochsommer, oder kombiniert mit Schneckenzaun.
    Wenn in einem Betrieb Alle Alles machen können, werden die Einzelnen überfordert.
    Arbeitsteilung, Hierarchie und klare Verteilung von Kompetenzen sorgen für mehr Ruhe und dafür, dass die Einzelnen gemäss ihren Stärken/Schwächen eine Rolle im TEAM bekommen. Und so weiter.
    Einmal auf einer Velofahrt das Toggenburg hinauf waren mein Cousin und ich vom Autoverkehr und seinem aggressiven Lärm und Gestank so genervt, dass wir kurzerhand nebeneinander fuhren und sich eine lange Autoschlange hinter uns bildete.
    Kurzzeitig fühlten wir uns gut und stark.
    Die Strasse war jetzt frei und die Luft war besser.
    Aber hinter uns brodelte und rumorte es...
    An dafür geeigneten Stellen röhrten die Boliden mit noch mehr Lärm, Gestank und Aggressivität an uns vorbei, um uns zu überholen! MitfahrerInnen schimpften und zeigten uns den "Stinkefinger".
    Auch jetzt noch fanden wir das eher lustig.
    Doch als Einer weiter vorne mit verschränkten Armen am Strassenrand stand, bekamen wir bereits ein mulmiges Gefühl. Wir fuhren ignorierten den Mann einfach und fuhren an ihm vorbei.
    Der "asymmetrische Krieg" auf der Landstrasse eskalierte dann weiter, bis es zu gefährlich wurde und wir wieder brav hintereinander fuhren.
    Dieses Nachgeben war wohl vernünftig, aber auch eine frustrierende Niederlage.
    Wenigstens vermieden wir damit eine Verhaftung durch die Polizei und damit das noch unschönere Ende unseres Velo-Ausflugs...

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Vielen Dank für diese Anektote. Ich kenne dieses "hoch toxische Gemisch, das in meinem Innenleben Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hochkochen liessen" nur zu gut und könnte es nicht besser beschreiben. Ich kann einfach nicht verstehen, wie man trotz der klaren Faktenlage einfach immer gleich weitermachen kann. Gleichzeitig wird immer von der Wirtschaft und dem Markt geredet, die scheinbar aller regeln und als unfehlbar gelten. Meiner Meinung nach führen aber eben genau diese mitunter auch dazu, dass immer mehr und schneller konsumiert werden muss, was zwangsläufig den Klimawandel beschleunigt, nur damit es mit der Wirtschaft immer schön weiter nach oben geht. Ich frage mich dabei eifach wohin das führen kann und sehe dabei leider zunehmends schwarz, denn es geht schliesslich um nichts anderes als unsere eigene Zukunft. Ich sehe da leider wirklich keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis, ausser dass wir lernen weniger zu konsumieren und dass es nicht eifach immer weiter nach oben gehen kann mit der Wirtschaft. Denn unsere Ressourcen sind nun einmal nicht unbegrent.

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Action Anthropologist
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Ich bin da gerade auf einen YouTube-Film gestossen, betreffend der EEG-Novelle in Deutschland:
Der vom Bundeswirtschaftsministerium unter Altmeier geschriebene Referentenentwurf sorgt bei AktivistInnen der (dezentralen) Energiewende für Fassungslosigkeit, Wut und Entsetzen!
Da wirft man also hier den Leuten des Klimastreiks vor, sich nicht an das Recht und an demokratische Prozesse zu halten, während man gleichzeitig über genau diese demokratischen Prozesse und über eine staatliche Regulatorik (die allein den Profit-Interessen grosser Energiekonzerne dient, die wiederum sich die PolitikerInnen über starkes Lobbyieren und über Sponsoring gefügig machen, wie sie ihre KundInnen in Abhängigkeitsbeziehungen und in Suchtverhalten hinein treiben) alle Bemühungen in Richtung Energiewende, Nachhaltigkeit und damit Klima-Stabilisierungen hintertreibt, blockiert und sabotiert:
https://www.youtube.com/watch?v=9U76AC195vk

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Sehr positiver und den Zeitgeist treffender Bericht. Man muss halt auch mal neben sich stehen können um eine neue Perspektive einzunehmen und die Dinge aus dem Blickwinkel der Weitsichtigkeit zu betrachten. Viele Menschen scheinen nicht mehr fähig zu sein, solche eher auf Nachhaltiger und Ökonomischer und nicht Wirtschaftlich und Finazieller Sichtweise basierenden Gedanken zu verfolgen. Als junger Mensch aufzuwachsen und festzustellen was die älteren Generationen eigentlich angerichtet haben, zwingt einem doch eben diese Längerfristige Denkweise auch leben zu wollen. Deswegen sollten wir diese Jungendbewegung absolut ernst nehmen.
Denn auch alte Hunde können noch neue Tricks lernen :)

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Noch was zu Köppel: Es ist zuviel der Ehre für diesen "Laferi", dass man/frau wegen ihm nicht an einer Runde teilnehmen will. Wer wirklich souverän ist, schlägt ihn leicht mit den eigenen Mitteln und lässt ihn eben als "Laferi" dastehen. Er ist gut durchschaubar!

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Christine Loriol
denken, schreiben, reden.
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So einfach ist das nicht. Es geht nicht darum, souverän zu sein, weil ein RK, wenn er im TV ein Podium bekommt, auch dann profitiert, wenn er als Laferi herüberkäme. Leseempfehlung: Fransziska Schutzbach https://www.xanthippe.ch/buch-detai…chten.html

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Ja ja, kenn ich "Die Rhetorik der Rechten". Köppel konnte aber gestern in der "Arena" schon etwas im Zaum gehalten werden. Rhetorik ist kein Privileg der Rechten. Man könnte ihn noch vielmehr mit seiner eigenen Rhetorik auf dem Bauch landen lassen: Indem man ihn und sein Riesenbedürfnis nach Anerkennung nutzt. Aber die meisten Podiumsteilnehmenden kommen aus der gebildeten Mittelschicht und sind mit der aggressiven Rhetorik eines Aufsteiger-Profilneurotikers aus dem einfacheren Mittelstand schon überfordert... etwas provokativ ausgedrückt. Das Leben ist einfach etwas komplexer als es "die Rhetorik der Normalo-Linken" hergibt. Damit meine ich durchaus auch die sehr gemässigte eingemittete Sozialdemokratie. Schutzbach ist eigentlich intelligent genug, um eher nicht schwarz-weiss-Zuschreibungen vorzunehmen, aber sie lebt wohl schon zu lange im urbanen akademischen Milieu, um sich da mal eingehender damit zu befassen: Wir sind psychologisch alle relativ ähnlich gestrickt und deshalb ist es eher gefährlich, pauschal anderen fundamental weniger "Menschlichkeit " und mehr "Fremdheit" zuzuweisen. Hier reicht es nicht, ausschliesslich soziologisch zu analysieren - was durchaus einiges hergibt - sondern es braucht zwingend auch psychologische Fachkenntnis, wenn es konstruktiv und verändernd wirken soll und nicht bloss anklagend und sich auf der "richtigen Seite" fühlend. Was wiederum als Motivation leicht entlarvt werden kann: Wir unterliegen alle dem "Confirmation Bias" und dem "Attribuieren zum Erhöhen der Selbstachtung". Ob wir es "links" oder "rechts" tun, ist zufällig: Es kommt vor allem darauf an, welchem Milieu und welchen Familienstrukturen wir entstammen. Plus etwas auf den IQ.

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Die Rekord Eisschmelze in der Antarktis und deren Konsequenzen gingen auch etwas unter im Medienmainstream:

“We’re looking at removing nations from a map of the world because they no longer exist.”

https://www.theguardian.com/environ…tudy-finds

Und dem SRF fällt nichts anderes ein als Köppel in die Arena einzuladen.. Jaa, der Köppel:

https://www.republik.ch/2019/12/02/…-und-breit

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Liebe(r) Anonym 1, vielen Dank für diesen sehr berechtigten Hinweis auf die andere grosse Tagesaktualität in Klimafragen: die dramatischen Befunde zum Antarktis- (und auch zum Grönland)-Eis. Herzlich, DB

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Köchin
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Merci bien, für diese klugen Zeilen. Wann bitte und wie? Sollen sich besorgte Menschen zum Klimaschutz äussern? Die Aufmerksamkeit geschieht an unüblichen Orten, dass ist legitim. Sich durch Paragraphen wälzen hat nix gebracht.
Die 2030 Klimaschutz Ziele? The world is now;
Mit sicht-und spürbaren Konsequenzen.
Ich bin für Stimmrecht ab 16 Jahren, subito.

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Liebe Frau G., herzlichen Dank für Ihr freundliches Kompliment! Und für diesen wichtigen Hinweis: Ja, genau um die Partizipationsverzerrung im Hinblick auf die Generationen zu mildern, ist Stimmrechtsalter 16 wichtig! Herzlich, DB

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Leser
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Einen Denkfehler macht Herr Binswanger leider doch. Wenn man bedenkt, dass zukünftige Generationen immer an den Folgen unseres heutigen Handelns leiden werden und sich auch nie demokratisch beteiligen werden können, wäre ziviler Ungehorsam ja zu jedem politischen Thema legitim. Ich würde dann doch eher darauf Abstützen, dass die mehheitlich leidtragende Bevölkerung nicht in der Schweiz lebt und sich deshalb nicht beteiligen kann.

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"..................., wäre ziviler Ungehorsam ja zu jedem politischen Thema legitim."
Geht es bei jedem politischen Thema um Sein oder Nichtsein? Haben Sie nicht die Pflicht auch gegen geltende Gesetze zu handeln, wenn Ihr eigenes Leben und das der ganzen Mitwelt unmittelbar bedroht sind?

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Wir haben die Pflicht zu handeln, weil wir alle (nicht nur Jugendliche) von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden und wir haben Möglichkeiten zur Partizipation. Ich denke nicht, dass lokal gesehen die "Möglichkeiten zur Partizipation verzerrt" sind, da ja wohl die meisten schweizer Stimmbürger durchaus an der Weiterexistenz unserer Speziess interessiert sind und somit zukünftige Generationen bestens vertreten sind. Berechtigt (gemäss Rawls) ist ziviler Ungehorsam allerdings im Namen der leidtragenden Menschen die nicht in der Schweiz leben und sich deshalb nicht am demokratischen Prozess beteiligen können (Stichwort Klimagerechtigkeit).

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Liebe(r) Anonym 4, Ihre Einwände sind natürlich nicht unberechtigt. Allerdings: Dass politische Entscheidungen in aller Regel für die nachfolgenden Generationen starke Folgen haben ist richtig. Allerdings gibt es hier natürlich durchaus, signifikante Unterschiede. Die Klimaerwärmung ist auf extrem lange Zeiträume hinaus irreversibel, in fast allen anderen Politikbereichen (zum Beispiel Zuwanderung, Altersvorsorge) werden zwar auch Fakten geschaffen, die man nur sehr längerfristig wieder ändern könnte, aber völlige Irreversibilität ist nicht gegeben. Insofern besteht hier schon ein grundsätzlicher Unterschied. Dem Hinweis auf die internationale Dimension kann ich natürlich nur beipflichten. Allerdings könnte man hier wohl in stärkerem Masse das Argument geltend machen, dass das in vielen Politik-Feldern so ist - Rostoff-Handel, Steuerpolitik, Rüstungsexport-Gesetze. Und dass wir vorderhand leider in einer Welt leben, in der die Nationalstaaten auch für Probleme, welche den ganzen Globus betreffen, die Entscheidungsinstanz bleiben. Herzlich, DB

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Leser
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Dann muss der Rawls vielleicht noch das Kriterium der Irreversiblität zu seinen Legitimationsgründen hinzufügen.
Letzten Endes denke ich nicht, dass man den gewaltlosen zivilen Ungehorsam objektiv legitimieren kann. Er ist ein starkes politisches Werkzeug, dessen sich jeder bedienen soll, der von seinem Anliegen dermassen überzeugt ist, dass er dafür die negativen Konsequenzen seines Handelns (Bussen etc.) in Kauf nimmt.

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Lieber Herr Binswanger
Vielen Dank für diesen gelungen Beitrag! Das Zitat von Martin Luther King liess mich jedoch aufhorchen: «An unjust law is no law at all». Dass dies eben gerade nicht zutrifft, beschreiben Sie später selber. Wäre ein ungerechtes Gesetz kein Gesetz, dann wäre der zivile Ungehorsam gar nicht möglich. Ziviler Ungehorsam setzt nämlich ein Gesetz voraus, das gebrochen werden kann. Wir können gerne darüber diskutieren, ob es in bestimmten Situationen ein moralisches Recht oder eine moralische Pflicht gibt, zivilen Widerstand zu leisten. Es handelt sich dabei aber nicht um ein «juristisches» Recht. Würde unser Rechtssystem ein Recht auf zivilen Ungehorsam enthalten, wäre es in sich widersprüchlich: In bestimmten Situationen wäre der Rechtsbruch erlaubt und damit könnte es sich gar nicht mehr um einen Rechtsbruch handeln.
Es ist ausserdem essentiell, dass der Staat zivilen Ungehorsam als Gesetzesbruch ahndet, auch wenn der Widerstand gewissensbestimmt war. Würde der Staat dies nicht tun, weil er bestimmte ethische Prinzipien über die eigene Rechtsordnung stellt, dann landen wir in Teufels Küche jenseits aller Rechtsstaatlichkeit. Und darum gehört zum zivilen Ungehorsam dazu, wie Sie zutreffend beschreiben, die juristischen Konsequenzen des eigenen Gesetzesverstosses zu tragen.
Mit herzlichem Gruss, Andrea S.

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Ich bin mit Ihnen grundsätzlich einverstanden. Aber es braucht unbedingt auch eine Rechtsprechung einerseits und ethisch gebildete Richterinnen und Richter andererseits, die die Umstände und Gründe des zivilen Ungehorsams auch in ihre Beurteilung einfliessen lassen dürfen. Dieser Ermessensspielraum wird gerade von rechtspopulistischer Seite her immer mehr angegriffen.

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Eine Rechtsprechung, die tatenlos zusieht wie Autokonzerne bewusst die Abgastests austricksen, ist eher kontraproduktiv als nützlich. Die schweizerische Rechtssprechung ist ein Witz. Unsere Juristen haben auf der ganzen Linie versagt. Trotz Milliardeninvestitionen in deren Ausbildung.

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Liebe Frau S., vielen Dank für diesen Beitrag. Ihrer Analyse kann ich mich nur anschliessen. Warum also hat Martin Luther King diese Aussage gemacht? Ich denke, man muss hier in Betracht ziehen, dass der Kontext ein völlig anderer war und dass es sich im Fall der civil Rights-Bewegung auch um einen anderen Typus des zivilen Ungehorsams handelte. Wenn beispielsweise Rosa Parks sich weigerte, zu respektieren, dass in den öffentlichen Verkehrsmitteln bestimmte Sitze für Weisse reserviert waren, dann brach sie ein Gesetz, das als solches illegitim war. Da macht der Satz - an unjust law is no law - vollkommen Sinn. Und auch juristische Konsequenzen für so eine Übertretung kann man nicht gutheissen, weil das Gesetz skandalös und ungerechtfertigt ist. Anders sieht es aus, wenn Gesetze übertreten werden, um gegen einen Missstand zu protestieren, wenn dieser Missstand aber nicht mit der Gültigkeit des übertretenen Gesetzes zusammenfällt. Wenn man also zum Beispiel das Demonstrationsverbot vor dem Bundeshaus missachtet, um auf die Mängel der Schweizer Klimapolitik hinzuweisen. Da gilt dann: Das Gesetz ist das Gesetz. Aber es kann richtig sein, es zu übertreten, wenn man auch bereit ist, die Konsequenzen zu tragen. Herzlich, DB

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Allen, die zwischen dem ungehorsamen Druck der Strasse und dem parlamentarisch-demokratischen Weg einen unversöhnlichen Gegensatz zu konstruieren versuchen, sei in Erinnerung gerufen, dass ohne Ersteren wohl nirgendo parlamentarische Demokratien entstanden wären bzw. sich durchgesetzt hätten. Und auch der Ausbau vom Nachtwächterstaat mit Zensus- oder maximal allgemeinem Männerwahlrecht des 19. Jahrhunderts hin zu einem modernen Sozialstaat, der möglichst vielen politische Partizipation und ökonomische Teilhabe ermöglicht, war und ist ein Kampf, der immer auch ausserhalb der Parlamente und in Rebellion gegen die herrschende Ordnung ausgetragen wurde und wird.
Ein Beispiel aus der Schweiz: Wie hetzten doch 1918 die damaligen bürgerlichen Politiker gegen den Landesstreik. Von einem bolschewistischen Umsturzversuch war da die Rede - aber zwei Forderungen der Streikenden (Neuwahlen nach dem Proporzrecht und die 48-Stunden-Woche) wurden noch im Folgejahr erfüllt; bei anderen (AHV und Frauenstimmrecht) war erneut der Druck der Strasse nötig, um ihnen zum Durchbruch zu verhelfen.

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Es ist mir eine Freude und Ehre, Zeitgenosse solch redlicher und kluger Gedanken zu sein.
Vielen Dank an Herrn Binswanger und an die Demonstrierenden, die uns aus der umweltpolitischen Apathie rütteln!

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offen und aufmerksam
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der hervorrage Artikel von Herrn Binswanger zeigt, dass unsere Gehirnwindungen endlich warmlaufen müssen! Basics: nehmen wir die Eindeutigkeit und Dramatik der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zur Kenntnis! Anerkennen wir die wachsende vielschichtige, breitgestreute, gut fundierte Besorgnis in unserer Bevölkerung. Tadeln wir das Unvermögen vieler Volksvertreter, den courant normal zu hinterfragen und sich den drängenden wichtigen Fragen zu stellen! Wählen wir konsequent Personen mit Bereitschaft und Vermögen, sich in den Dienst der anspruchsvollen Sache zu stellen. Reden wir! Überzeugen wir! Bleiben wir offen und streitbar. Lösen wir uns ab von Scheinproblemen.

M. G., Architekt

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Genialer Artikel. Merci pour cette brillante réflexion empreint de bon sens et d'une logique implacable !

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Ziviler Ungehorsam ist legitim und nötig, wenn Regierung und Parlament - wider besseres Wissen - ihrem verfassungsmässigen Eid und Auftrag nicht nachkommen: „Ich schwöre!“, die „Verantwortung gegenüber der Schöpfung (....) und den künftigen Generationen“ wahrzunehmen und mich für „die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen“ einzusetzen (Bundesverfassung, Präambel, Art.2). Dem verfassungswidrigen Handeln bekannter ParlamentarierInnen steht ein einfacher Rechtsbruch der Bundesplatz-BesetzerInnen gegenüber. Diese stellen sich nicht über das Gesetz, sondern sie sind bereit, im Allgemeininteressen und der Ziele der Bundesverfassung rechtliche Konsequenzen auf sich zu nehmen. Courage! Die eidbrüchigen Rüpel im Bundeshaus, die nach dem Rechtsstaat schreien, brauchen indessen keine Sanktionen zu befürchten.

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Weitere Evidenz: Das Parlament winkt das Terrorgesetz durch.

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Ich habe den Artikel am vergangenen Wochenende mit grossen Interesse gelesen, daran gedacht, wie in gewissen Momenten die Politik verroht, wie Manieren vergessen gehen. Ich freue mich als Angehöriger der Generation Ü65 über das Engagement der jüngeren Generationen, das aufrüttelt und ganz offensichtlich aufregt.
So wird gepoltert, provoziert und jeglicher Anstand geht verloren. Beim Lesen über die "Rüpel von Bern" dachte ich auch eine Werbebroschüre der grossen Partei eines Aargauer Bezirks zu den Grossratswahlen im Kanton Aargau. Ich staunte, ja erschrak, dass es in diesen Kreisen offenbar salonfähig ist, dass ein Kandidat eben dieser Partei auf einem Bild mit mit dem Lega-Repräsentanten Matteo Salvini abgelichtet ist. Ich nehme an, dass der Arbeitgeber (Stadt Zürich) Freude an einem derart strammen Mitarbeiter aus der grössten Gemeinde des Aargauer Freiamts hat.

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Allen, die zwischen dem ungehorsamen Druck der Strasse und dem parlamentarisch-demokratischen Weg einen unversöhnlichen Gegensatz zu konstruieren versuchen, sei in Erinnerung gerufen, dass ohne Ersteren wohl nirgendo parlamentarische Demokratien entstanden wären bzw. sich durchgesetzt hätten. Und auch der Ausbau vom Nachtwächterstaat mit Zensus- oder maximal allgemeinem Männerwahlrecht des 19. Jahrhunderts hin zu einem modernen Sozialstaat, der möglichst vielen politische Partizipation und ökonomische Teilhabe ermöglicht, war und ist ein Kampf, der immer auch ausserhalb der Parlamente und in Rebellion gegen die herrschende Ordnung ausgetragen wurde und wird.
Ein Beispiel aus der Schweiz: Wie hetzten doch 1918 die damaligen bürgerlichen Politiker gegen den Landesstreik. Vo einem bolschewistischen Umsturzversuch war da die Rede - aber zwei Forderungen der Streikenden (Neuwahlen nach dem Proporzrecht und die 48-Stunden-Woche) wurden noch im Folgejahr erfüllt; bei anderen (AHV und Frauenstimmrecht) war erneut der Druck der Strasse nötig, um ihnen zum Durchbruch zu verhelfen.

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Bravo, besser kann man es nicht sagen.

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Bin etwas skeptischer, wenn ich auch die Argumente gutheisse. Zum Einen frage ich mich, ob die doch sehr verwöhnte Mittelschichtsgeneration, aus der die meisten AktivistInnen stammen, wirklich den Biss und den langen Atem haben wird, den es für dieses globale Jahrhundertthema braucht. Wenn sie so jämmerlich untergeht, wie die "Occupy", wird es der Sache nicht genützt haben. Wenn sie aber soviel in £Bewegung bringen wie damals die 68er, welche aus den gleichen Milieus kamen, ist es ok. Auch bei Denen landeten die meisten bald einmal selber weitgehend im "Establishment" - einfach einem etwas moderneren - hatten aber geholfen, wichtige Impulse in Gang zu setzen.
Das Argument, dass sie selber aus Sorge um ihre eigene Zukunft getrieben seien, überzeugt psychologisch allerdings zum Anderen nicht ganz: Leute handeln viel weniger langfristig, als angenommen. Sie handeln meist aus unmittelbaren Motiven. Gerade junge Menschen. Darunter sind aber durchaus auch politische Impulse: Die reine Intelligenz reicht aus, um die Dummheit der aktuellen Politik in Sachen Klima zu erkennen! Also einfach keine dumme Politik wollen ist genug Grund.
(Der Redlichkeit halber muss auch noch erwähnt werden, dass bei den KlimaaktivistInnen wohl etliche zukünftige ParlamentarierInnen sind und die jetzigen ParlamentarierInnen auch zu einem guten Teil kluge und verantwortliche Personen sind. So wechselten sich schon immer die Politikgenerationen ab, ist nichts Neues.)
Und Zuletzt: dass mir selber auch nicht ganz so wohl bei dem vielen Demonstrationsgeschehen ist, das aktuell und weltweit stattfndet, während die Pandemie wieder auflebt. Ich möchte jedenfalls nicht später einmal allenfalls mitverantwortlich gewesen sein, sie anzutreiben. In ca einem halben Jahr, sobald ein Impfstoff zur Verfügung steht, kann man wieder damit loslegen, aber jetzt ist ungünstig. Und auf ein halbes Jahr kommt es bei der Klimakrise nicht an, sorry to say! Auch wenn natürlich argumentiert werden kann, dass die Klimakrise noch viel mehr Menschenleben kostet und kosten wird. So eine Arguemtation fände ich dann philosophisch nicht redlich und ist wohl auch nicht im Sinne Rawls. Denn bei der Pandemie werden unmittelbar konkrete Menschen gefährdet, während es bei der Klimakrise pauschal die meisten Menschen betrifft und allenfalls bedroht, was aber nicht heisst, dass sie direkt umgebracht werden. Es ist ein viel abstrakteres und komplexeres Geschehen und etwas anmassend, zu tun, als müsse es jetzt genaus sein und mitz diesem Mittel, um die Welt zu retten! Aber die Jugend ist immer etwas anmassen, auch wir waren so...

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Liebe Frau P., vielen Dank für diesen Beitrag. Die Frage, die Sie aufwerfen, nämlich inwieweit das grössere Umweltbewusstsein jüngerer Alterskohorten mit höherer "Zukunftsbetroffenheit" zu tun hat, scheint mir berechtigt. Es dürfte sich mindestens zu Teilen auch um einen generationellen Bewusstseinswandel handeln: Der Zeitgeist hat sich geändert (Gott sei dank!), und ältere Menschen haben diesen Wandel vermutlich weniger intensiv mitgemacht. Was die Pandemie betrifft: Da haben Sie natürlich grundsätzlich recht. Allerdings gehörte ja auch das zu den beeindruckenden Seiten des Klimacamps: Sehr diszipliniert wurden Masken getragen. Herzlich, DB

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Stimmt schon mit dem Maskentragen. Das ist meines Erachtens jedoch das Mindeste. Hoffen wir nun einfach, dass das bei Grossanlässen tatsächlich ein genügender Schutz ist... Der "generationeller Bewusstseinswandel": braucht es den? Die Daten sind so bedrohlich, und mittlerweile auch das längerfristige konkrete Wettergeschehen , dass ich im Wahrnehmen und Einschätzen wenig Generationenunterschiede erkenne. Jüngere gehen aber generell lieber "auf die Strasse", vor allem die Mittelschichten.
Ich würde sogar unterstellen, dass ein Antrieb da auch die vielmonatigen Einschränkungen sind, die fehlende "Eventkultur", Openairs,... welche mitspielen in der Motivation, dass es nun nicht mehr warten konnte. Nicht zu vergessen: Wir sind seit gut 10 Jahren in einer unglaublichen "Eventwelle", jung und Alt. Immer etwas los. Junge Leute gehen schon lang nicht mehr nur an einen Ort an einem Abend, immer schauen, wo die nächste Location ist. Pop Up-Locations überall, legale und illegale. Auch Engagierte gehen da und Studis erst recht. Und dann kommt so etwas wie Corona!! Also eine Art "Entzugserscheinung". Verständlich, aber eben...
Selbstverständlich war das nicht eine bewusste Motivation, aber oft wirken mehrere Faktoren mit. "Ziviler Ungehorsam" ist da natürlich sehr legitimierend und dient dem "Self Enhancement", auch wenn starke Anteile an weniger altruistischen Impulsen mitspielen. Das ist aber immer so, bei allem Geschehen und allen Menschen.
Ich würde es einfach nicht als die "grosse hoffnungsmachende politische Geste" einschätzen bei der Aktion auf dem Bundesplatz, sondern als relativ absehbar. Und nach 30 "Neocon"-Jahren und einer Jugend, die fast konservativer als die Eltern ist, ist es eine wichtige Korrektur.

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