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Unglücklicherweise haben nicht nur manche Italiener, sondern auch manche Schweizer nichts aus der Geschichte gelernt: Im 19. bis anfangs 20.Jh war die Schweiz ein klassisches Emigrationsland. Verarmte Bauernsöhne mit oder ohne Familie suchten eine bessere Zukunft nicht nur in Amerika, sondern auch im Osten und in Nordafrika sowie in der europäischen Nachbarschaft. Aber die, welche am lautesten nach der Tradition rufen, wissen oft am wenigsten von ihr.

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Lieber Herr S., Sie haben vollkommen recht - weiter unten hatte ich bereits etwas ausgeführt zu einer ähnlichen Ergänzung. Ausserdem: «Il fondo del sacco» von Plinio Martini und «Die schwarzen Brüder» von Lisa Tetzner/Kurt Held beschreiben die Armut in der damaligen italienischen Schweiz drastisch und realitätsgetreu... herzlich Barbara vil.

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Tolle Rezension und Spurensuche! Freue mich auf die Ausgabe in Deutsch.

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Vielen Dank für das schöne Echo!

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Besten Dank für den Artikel. Ich freue mich auf die Übersetzung, weil mein Italienisch wie damals immer noch bruchstückhaft ist. Der Artikel hat meine Erinnerungen an die Zeit von 1962 bis 1973 wieder aktiviert. Ich lebte mit meinen Eltern in einem Mietshaus in der Innenstadt von Liestal. Zweieinhalb Stockwerke, Geschäft und Wohnung waren von uns Schweizern bewohnt. Mietzins: 200 Franken. Der kaum beheizbare zweistöckige Estrich war in Kämmerchen für italienische Fremdarbeiter unterteilt: Mietertrag über 600 Franken. Daran hat sich damals niemand gestört. Unser Estrich hat sich erst geleert, als unsere Mitbewohner in der sogenannten Ölkrise 1973 ihre Jobs verloren und ohne politisches oder gewerkschaftliches Murren wieder nach Hause fuhren. Wir hatten kurz vorher Schwarzenbach noch besiegt, aber die sozialen Folgen der Wirtschaftskrise konnte die Schweiz zu einem rechten Teil auf die Fremdarbeiter abladen.

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Da sieht man, wie sich die Einstellung zu solchen Missständen doch immerhin ändert. Damals war man offensichtlich nicht sensibilisiert darauf. Danke, dass Sie diese Erinnerung (mit)geteilt haben!

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ichfürchte...
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Im Landesmuseum, Ausstellung "einfach Zürich", erster Saal: die Pizzaschachtel erzählt uns dort fragmentarisch die Geschichte von Italienern in Zürich. Offenbar ist es kurz vor 1900 zu einer hässlichen Szene gekommen: nach einem Mordfall hat ein grosser Mob die Arbeiterquartiere in der Innenstadt heimgesucht und alles "italienische" verprügelt oder kaputt gemacht. Ich hatte zuvor noch nie davon gehört.
In dieser Zeit sei auch das Wort "Überfremdung" geschaffen worden, von einem Mitarbeiter des Sozialamtes (so ist es in meinem Kopf jedenfalls hängengeblieben; die Bildschau ist ziemlich schnell getaktet, wenn man parallel für ausländischem Besuch zu übersetzen versucht). Etwas professionellere Info zum Italienerkrawall gibts im Historischen Lexikon

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Vor anderthalb Jahren besuchte ich an der ETH die Gastvorlesung von Melania Mazzucco: https://italiano.ethz.ch/die-gastpr…esung.html
Dort kam auch die Schweiz vor, wo die Italiener, wie Sie sagen, bereits um die - vorletzte - Jahrhundertwende als Problem betrachtet wurden. Es gab längere Artikel darüber in der damaligen Presse, vermutlich über genau den Vorfall, den Sie zitieren. Ich hoffe immer noch, dass Melania Mazzucco diese ganzen Recherchen auch einmal publiziert!

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Gemäss Lexikon genau heute vor 123 Jahren. Zufälle…

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Es tut gut, wieder solche Artikel bzw. Rezensionen lesen zu können!

In der ehemaligen BAZ gabs das, in der ehemaligen Weltwoche auch; vor 25 oder 30 Jahren, als sie noch nicht im Besitz und unter den Tastaturen von James Schwarzenbachs geistigen Nachfolgern waren, die deren Inhalt unter Missbrauch ihres Namens um hundertachtzig Grad gewendet haben seither.

Werde versuchen, das Buch auf italienisch zu lesen - genau deshalb habe ich ehemals im Gymer Italienisch vor Englisch gelernt - und freue mich auf die Gedanken und Geschichten des Autors.

Danke für diese Buchbesprechung hier!

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Auf das Buch freue ich mich. Ein willkommener Kontrapunkt zu der Meldung von gestern mit den weiteren 115 Vermissten vor Lybiens Küste. Danke.

Zu Schwarzenbach: pikant finde ich, dass der Abkömmling aus der Industriellendynastie vom Zürichsee mit seiner Überfremdungsinitiative auch in einen Konflikt mit der eigenen Familie geriet, die ihren Reichtum nicht zuletzt den vielen 'Gastarbeitern' in der Textilindustrie zu verdanken hat. Man darf annehmen, dass diese unwillkommenen, aber gut nutzbaren 'Gäste' mit ihrer Arbeit die Initiative, sie fortzujagen, zumindet indirekt (mit)finanzieren mussten.

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Ja, da geht nichts wirklich auf - ein ideologischer Irrläufer, aber eben belesen und auch rhetorisch sehr beschlagen. Ausserdem war er in der damaligen Diskussion offensichtlich willkommen, das erklärt seine steile politische Karriere (die dann allerdings nicht weiterging - zu einzelgängerischer Charakter).

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Wobei ein guter Teil seiner Familie durchaus zum schweizerischen Pendant der Naziideologie in den 30er-Jahren hielt oder gehörte (Nationale Front; Frontist•innen). Seine Tante etwa, die Mutter der Fotografin und Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach, welche (letztere) nach einem wohl eher läppischen Velounfall im Engadin - mit Mitte Dreissig ungefähr - an einem Arztfehler starb.
< Zu dem Zeitpunkt, als sie für ihre wohlgeborene Familie endgültig nicht mehr tragbar war; mein eigener Zusatz; sie war eine Cousine meiner Grosmame Bär. >
Quelle für diese Theater- und Zeitgeschichte: Stürmische Jahre. Die Manns, die Riesers, die Schwarzenbachs. Autorin Evelyne Hasler; dtv-Verlag; 2017.
Ein anderer Familienzweig hiess Wille (General Wille und Co).
Und: Je weniger Rechte die eigenen migrierten Angestellten haben, desto billiger und „williger“; oder noch billiger, weil dann „illegal“ und ganz rechtlos. -
Das geht nicht auf; ... oder eben doch.

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Wunderbare Rezension. Bin nur über einen kleinen Satz zu Proto-Blocher gestolpert: "Der Arbeit zieht er eklektische Lektüren und das Verfassen von Büchern vor, darunter zwei Autobiografien."
Aber ja, es wecken nicht alle Bücher gleichviel Leselust. Das von Concetto Vecchio schon.

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Also ich würde mir diese James-Schwarzenbach-Prosa schon mal zu Gemüte führen... einfach um zu wissen, wie sie klingt. Selbstbeschreibungen sind doch immer aufschlussreich...

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Ich habe das Buch bei amazon heruntergeladen und schon etwas angelesen. Es ist gut und interessant geschrieben. Die 9 Euro sind gut investiert.

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Bin ganz Ihrer Meinung. Es ist m. E. aber auch eine ziemlich beschämende Lektüre für uns Schweizer/-innen. Für mich vor allem auch, weil ich zu der Generation gehöre, die das 'Tschingge"-Ver- und Missachten noch voll miterlebt hat (wenn auch 'nur' als Schulkind, was es aber eigentlich auch nicht besser macht).

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Freie Journalistin, Kolumnistin
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Danke für Ihren wertvollen Artikel. Ich habe das Buch mit grosser Spannung gelesen. Concetto Vecchio erzählt einnehmend, hat gut recherchiert und präsentiert ein Stück (beschämende) Schweizer Geschichte auf faire Art. Ich bin in den siebziger Jahren im Kreis 4 mit vielen italienischen Kindern zur Schule gegangen, oft waren wir nur zwei, drei Schweizerinnen unter 16, 17 Italienerinnen, vielleicht noch da ein Türke oder dort eine Spanierin. Es war für mich eine wertvolle Kindheit. Die Italianità, die das Viertel geprägt hat, hat uns - und die Stadt Zürich - bereichert, aber natürlich gab es viel Heimweh unter den Immigrantinnen und ihren Kindern, soziale Reibungsflächen, schlechte Bildungschancen aufgrund schwacher Deutschkenntnisse. Es war für sie aber schon vieles weniger schlimm als in den fünfziger oder sechziger Jahren. Dennoch: Etliche unserer italienischen Kolleginnen litten stark unter Heimweh, Identitätsproblemen, sozialen Spannungen, schlechteren Bildungsschancen aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse und bildungsferner Eltern. Einige kamen deswegen unter die Räder. Andere wiederum entwickelten sich zu "besseren", z.T. spiessigeren Schweizer*innen als die Einheimischen, die hier schon seit Jahrhunderten ansässig sind. Ich werde das Buch vielen Gspänli von damals wärmstens empfehlen. Es ist erschreckend aktuell.

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Da wir weit weg von einem Kindergarten wohnten -es war 1974-durfte ich eine Woche bei meinen Grosseltern leben und dort in den Kindergarten gehen, das war zwar ein bisschen illegal, aber die Kindergärtnerin war eine Studienkollegin meiner Mutter. Ich freute mich wie blöd. Doch da die anderen kinder schon längst befreundet waren, blieb ich beim spielen alleine, bis ich Nunzia entdeckte, die auch allein war. Wir unterhielten und spielten jeden tag miteinander und mir gefiel es, dass ich italienische Wörter lernte und Nunzia mit mir zusammen neue spiele erfanden. Am letzten Tag meines Aufenthalts kam Nunzias Papa mit und fragte in gebrochenem Deutsch die Kindergärtnerin, wer dieses neue Kind Maria sei, mit der sich Nunzia befreundet habe und jeden tag von ihr erzähle! Die kindergärtnerin erklärte es ihm. Ich war ein bisschen überwältigt und scheu. Aber irgendwie auch erfreut. Leider habe ich Nunzia nach dieser Woche nie mehr gesehen. Ich bin Kindergärtnerin geworden, Dieses eigene Erlebnis des Fremdseins und der Chance, jemanden zu treffen wie Nunzia, die mich auch inkludiert hat, trotz fehlendem Sprachverständnis von uns beiden, hat mich geprägt. Und es hilft mir auch heute noch, da viele meiner Kindergarten- Kinder ganz ähnliche Erlebnisse haben. Danke Herr Schwarzenbach, dass ich durch Sie so eine wichtige Lektion lernen durfte.

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Wie schön! Die Geschichte Ihrer Kindergartenwoche und vor allem auch was Sie persönlich und beruflich daraus ziehen konnten...

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Wunderbarer Schlusssatz ;) und sehr schöne Geschichte!

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Vielen Dank für diesen Buchtipp. Habe mir den Titel auf Italienisch heruntergeladen und bin eifrig am Lesen. Und ich finde es einfach nur beschämend, wie die Schweiz mit den Gastarbeitern umgegangen ist. Während meiner Schulzeit wurde im Geschichtsunterricht mit keinem Wort auf dieses Kapitel eingegangen.

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