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Wegen solcher Beiträge liebe ich die Republik. Weg vom Mainstream wird einfach mal ein Thema beleuchtet. Vielen Dank.

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Ich danke der Autorin für den Beitrag - Entwicklungszusammenarbeit gehört immer wieder auf den Prüfstand, und deren Akteuren ist ein immerwährender Lernprozess abzuverlangen. Noch weigern sich diese, einen grundsätzlichen Systemwandel in den Fokus zu nehmen, um die Ursachen der globalen Ungerechtigkeiten anzugehen.
Das, was sie unter HILFE VOR ORT verstehen, erscheint mir als Pflästerlipolitik zur Beruhigung des schlechten Gewissens. Selbstverständlich soll in Notlagen humanitäre Hilfe geleistet werden, und diese muss dringend weiter ausgebaut werden. Unter HILFE VOR ORT gehören aber meines Erachtens die folgenden, viel tiefer greifenden Massnahmen:

  • Wir müssen unsere Steuergesetze so umgestalten, dass eine globale Steuergerechtigkeit entsteht.

  • Wir müssen unsere Handelsbeziehungen so umgestalten, dass die Länder des Südens gleich lange Spiesse haben wie wir.

  • Wir müssen unseren technologischen Vorsprung mit diesen Ländern teilen.

  • Und wir werden auch unseren Wohlstand mit diesen Ländern zu teilen haben.
    Vielleicht ist es dieser letzte Punkt, den uns die Zuständigen nicht zumuten wollen und um den Politiker:innen jeglicher Couleur einen grossen Bogen machen.

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Frau Danzi balanciert mit grosser Sicherheit und funkelndem Scharfsinn auf dem rhetorischen Hochseil, gespannt zwischen sogenannter humanitärer Mission und kühler Propaganda.
Dagegen wächst wahrlich kein Kraut um die nächste Ecke.

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Diese Beiträge über die Entwicklungshilfe zeigen die komplexe Vielschichtigkeit und inhärente Widersprüchlichkeit dieses Themas sehr gut auf. Im Spannungsfeld zwischen offensichtlich knallharten wirtschaftlichen und migrationspolitischen Interessen der Schweiz, PR für den Erhalt des Mythos einer humanitären und solidarischen Schweiz, paternalistisch-postkolonialistischem Besserwissen und Gebaren, fachkundigem und engagiertem Einsatz der HelferInnen vor Ort mit motivierten einheimischen Fachkräften, zermürbenden Auseinandersetzungen mit der oft korrupten Bürokratie in diesen Ländern und nicht zuletzt auch den vielen offenen Fragen bezüglich Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der einzelnen Massnahmen muss diese anspruchsvolle Entwicklungsarbeit geleistet werden. Es ist eine kaum lösbare Aufgabe. Ein schales Gefühl, dass kurzfristige wirtschaftliche Interessen ein zu grosses Gewicht haben, nicht zuletzt auch in der schillernden Person von Cassis, bleibt zurück.

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Ich weiss leider grad nicht wie die Lage vor Ort jeweils ist, ich habe die Leute, welche dort arbeiteten aus den Augen verloren. Etwas mit den Anden war's. Da wurden also hier Projekte bestimmt, welche dort keinen Sinn machten. zB das Bauen von (Kuh-) resp Viehstaellen. Die wurden gemauert lokal in Auftrag gegeben. Die lokale Bevoelkerung lebte aber in Bretterhütten. Ein gemauertes Haus konnten sich nur Reiche leisten. Das kam dann nicht gut an. Resp eher in der Richtung : Wenn die (Entwicklungs-)Leute dem Vieh gemauerte Haeuser bauen, muss es dort viel besser sein - da muessen wir hin.

Dann werden voellig sinnlose Begriffe verwendet, wie : extreme Armut. Das ist ein Konstrukt von uns. Wir benoetigen Haeuser wegen des Klimas mit 4 Jahreszeiten. Und Vorratsplaung, Lagerhaltung wegen den Jahreszeiten. Die Haeuser, in denen wir leben gehoeren uns nicht, der Boden auch nicht. Deswegen muessen wir arbeiten. Und mit dem uebrigbleibenden Geld duerfen wir konsumieren, je mehr desto reicher sind wir. Dh heisst nachdem die feststehenden Kost weg sind.
Nun gibt es Leute, welche in " extremer Armut" leben. Ein Haus besteht nur aus einem Dach. Boden ? Eigentum ? Das Dach steht dort. Fertig. Geld ? Wozu. Die Umgebung gibt alles, das ganze Jahr ueber. Allenfalls koennen sie einem externen etwas verkaufen und bekommen ein paar Muenzen. Wenn nicht, nicht. Eigentlich brauchen sie die nicht. Nun kommen wir und druecken den Leuten "Beduerftnisse" auf. Angefangen mit Klopapier. Und natuerlich ein Handy. Wichtig ist die Leute zu Schuldnern zu machen, dann merken sie nicht, wie wir den Regenwald abholzen. Resp sind mit anderem beschaeftigt. Wir machen lieber mit Abholzern Geschaefte.

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ehem. DEZA Stabschef
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Danke sehr für den Beitrag zur Debatte. Die Entwicklungspolitik hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Das Umfeld ist dynamischer geworden. Die Abhängigkeit von EZA Mitteln nimmt vielerorts ab. Die Kooperationsangebote für Entwicklungsländer nehmen zu. Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hat das Zielsystem der internationalen Zusammenarbeit neu ausgerichtet. Instrumente und Modalitäten wurden erweitert (u.a. Mobilisierung privater Ressourcen) Die Süd-Süd-Zusammenarbeit ist stark gewachsen.

Die Entwicklungspolitik der Schweiz hat in der Botschaft zum Rahmenkredit, 2020 – 2023 die Anforderungen der von der internationalen Staatengemeinschaft im 2015 vereinbarten "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung"eine Transformationspolitik zu entwickeln nur ungenügend aufgenommen. Die von der Agenda 2030 postulierte enge Verschränkung von Innen- und Aussenpolitik und die Ausrichtung der Entwicklungspolitik auf Transformationsaufgaben hat die Schweiz bislang noch nicht umgesetzt.

Die Natur- und Erdsystemwissenschaft zeigen, dass wir jenseits von drei, vier Grad Erwärmung in Grossrisiken hineinlaufen. In armen Ländern zeigt sich, dass diese Kipppunkte bereits jenseits von zwei Grad erreicht werden. Es ist höchste Zeit, dass die Aussenpolitik der Schweiz und die internationale Zusammenarbeit der Schweiz Erfordernisse und Möglichkeiten einer ambitionierten Transformationspolitik - auch im Eigeninteresse eines Landes, das zur Gruppe der international am stärksten vernetzten Ländern zählt - aufnehmen.

Die Entwicklungspolitik spielt eine wichtige Rolle, um Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Die Wende zu mehr Nachhaltigkeit ist machbar. Erforderlich sind jedoch deutlich mehr Anstrengungen in der Schweiz für eine kohärente Politik und eine Beschleunigung in allen Politikbereichen.

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DPhil Politologie
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Sehr spannender Beitrag, der mir für meine eigene Arbeit viel Neues aufgezeigt hat. Betonen möchte ich nur, dass es nicht unbestritten ist, wie die Wirksamkeit der Projekte erueirt wird. Von der Zivilgesellschaft her fordern wir seit Jahren ein Umdenken, weg vom starren Projektzyklus und messbaren Indikatoren, hin zu einem adaptiven Projektmanagement (wie zB bei Migros Pionierfonds verfolgt). So kann viel besser auf neue Gegebenheiten vor Ort reagiert werden. Auch ist an der 80% Wirksamkeitsquote zu zweifeln. Wir evaluieren Projekte als erfolgreich, weil es im momentanen System für alle zu kostbar wäre, Misserfolge zuzugeben.

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Entwicklungshilfe als reines Mittel zur Verhinderung von Migration. Was soll man von einem Bundesrat, welcher sich permanent bei der SVP anbiedern muss, damit er das ihm gemäss Wahlergebnis nicht zustehende Amt behält, anderes erwarten.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Einschränkung der Migration, Rückweisung von Asylsuchenden und Priorisierung des Goldhandels kommt einem unheimlich bekannt vor und klingt erstmal nicht sehr schmeichelhaft. Wahr bleibt, dass ein Staat wohl noch nie ohne «nationale Interessen» «zusammenarbeitete». Wie kann man die stärkere oder geringere Eigeninteressiertheit vor und nach Cassis/Burkhart einschätzen?

In diesem Zusammenhang fände ich einen vertieften Blick auf die evidenzbasierte Entwicklungszusammenarbeit und Impactevaluation spannend – etwa grafisch veranschaulicht in «Auf lange Sicht».

Ich hörte dazu mal einen spannenden Vortrag von Dr. Adina Rom von der ETH, die auch fürs Innovations for Poverty Action und Center for Effective Global Action arbeitete und auch das DEZA und IKRK beriet.

Die Methodologie ist dabei jene von Banerjee, Duflo und Kremer des Poverty Action Lab, für die sie auch den letztjährigen Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhielten (siehe Olivia Kühnis «Das Leben als Labor»). Nämlich randomisierte Feldexperimente mit starkem Einbezug lokaler Bevölkerungen. Erst danach werden evidenzbasierte und von der Gesellschaft getragene policies hochskaliert. Ein Zusammenspiel also zwischen lokaler Bevölkerung, Wissenschaft/Technologie und nationaler wie internationaler Politik.

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Ein fundierter, unaufgeregter Beitrag. Ich möchte aber hervorstreichen: Frau Danzi sagt richtig, dass die Ausrichtung auf Schweizer Interessen nicht neu ist. Neu sind der geschärfte geografische Fokus auf die geografische Nachbarschaft und der stärkere Fokus auf die Migration. Bisher lag der Interessenschwerpunkt ausschliesslich beim Aussenhandel (Entwicklungshilfe wird dort gemacht, wo Schweizer Firmen investieren) und bei der Politik (IMF-Sitz für Helvetistan).
Dass die Armutsreduktionswirkung aus dem Fokus der Deza herausgerückt ist, zeigt der Umstand, dass in den regionalen Deza-Büros seit Jahren keine Fachleute mehr angestellt werden, sondern Juniordiplomaten.

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Besten dank Frau L. für die vermutlich ziemlich zeitintensiven Recherchen. Ich vermisse etwas den Vergleich zu den Strategien der globalen Entwicklungshilfe. Damit meine ich das Engagement von anderen europäischen Ländern. In vielen dieser Länder ist die Beziehung zwischen Unterstützung und Eigennutzen schon länger etabliert. Somit gleicht sich das DEZA einem internationalen Standard an und kommuniziert offen, was andere nachwievor unter vorgehaltener Hand betreiben. Gratulation zu diesem Rückgrat! Frau Danzi gab an einer Veranstaltung bekannt, dass aktiv Projekte und Vorhaben zurückgezogen werden, in welchen andere – ich nenn sie jetzt mal Partner- Länder über das bessere Wissen und die Mittel verfügen, als die Schweiz; sprich in meinen Augen sehr effizient und dem Sinn der besten lokalen Hilfe zutunlich. Ich vermisse etwas die Beleuchtung hier auf die Taten von Frau Danzi. Sie führt das DEZA. Doch entnehme ich auch im interview keine Hinweise auf ihre Taten. Ist Ihnen, Frau L., bei den Recherchen eine etwaige machtinterne Thematik aufgefallen? Den befohlenen Abbau auf DEZA Seite erwähnen sie mit keinem Wort. Ich sehe dem Umbau und der neuen Strategie des DEZA positiv entgegen. Es darf mit Eigennutzen argumentiert werden, solange er sich im Humanitären- und Menschrechtsspektrum bewegt. Es bleibt zu hoffen, dass die lokalen Bedürfnisse gut kommuniziert in den heimischen Gemäuern des DEZA ankommen und ihre Entscheidungsträger sich an den Satz erinnern: lokal wissen sie sich zu helfen, wie können wir sie also dabei unterstützen?
Abschliessend aus meiner eignen Erfahrung 2015 mit einem aus dem Iran geflohenen Mann: «Ich schätzte das Engagement der Schweiz lange bis zu den 90er. Was ist dann mit der Schweiz passiert?»

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Vielen Dank für Ihre Gedanken. Zur internen Machtdynamik könnte ich nur mutmassen. Klar ist, dass Bundesrat Cassis die Strategie stark geprägt hat und Patricia Danzi die führende Kraft dabei ist, diese umzusetzen und die Deza neu aufzustellen. Der Stellenabbau im Rahmen des “Rebalance”-Auftrags (Details hier und hier) war für mich im gesamten Bild kein zentraler Punkt und ein Vergleich mit der Entwicklungspolitik anderer Länder hätte den Rahmen des Artikels gesprengt. Beste Grüsse, A. L.

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Mathematiker in IT, Bildung und Beratung
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Toller Beitrag. Noch besser wäre, wenn das erste Photo verortet wäre.

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Lieber Herr A., herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung. Wir haben die Bildlegende präzisiert.

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Toller Beitrag, bin in wenig Zeit wieder Mal um einige Fakten schlauer und Denkanstösse reicher.

Messbarkeit ist meines erachtens wichtig, die Ausrichtung eines ganzen Programms darauf aber gefährlich, wenn stur umgesetzt. Projekte leben länger, wenn die Lösungen von denjenigen Menschen gefunden/entwickelt werden, welche noch da sind, wenn die Finanzierung aufhört. Darauf sollte radikal geschaut werden. Das kostet etwas mehr und ist tendenziell aufwändiger auszuwerten. Aber der Prozess ist zumindest genauso wichtig wie die zu messenden Outcomes (z.B. x% tiefere Schulabsenzquote wegen Krankheit) und definitiv wichtiger als die zu oft gemessenen Outputs (x Schultoiletten gebaut). "Was wir dafür kriegen" sollte im Projekt selber eingefordert werden (Ideen, Mitfinanzierung) und nicht in einem total unzusammenhängenden Bereich.

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Ich stimme Ihnen zu, Frau T. In der Praxis scheitert Ihr Vorschlag an mehreren Dingen:

  • Soviel Zeit, um ein Projekt mit den Betroffenen vor Ort zu entwickeln, gibt es nie. Ausserdem ist der Geber kaum je ergebnisoffen genug für so einen Prozess.

  • Wenn die Finanzierung aufhört, wird auch nichts mehr gemessen (oder kaum je). Ergebnisse, die erst nach Projektende gemessen werden könnten, haben deshalb viel weniger Gewicht. Ausserdem: Wenn sie nach Projektende trotzdem gemessen werden sollten, gibt es kein Projekt mehr, dessen Ausrichtung mit den Projektergebnissen verbessert werden könnte. Und die Entwicklungshilfevewaltung ist mittlerweile schon weitergewandert und interessiert sich nicht mehr für ihre alten Ansätze.
    Ich bin mittlerweile zur Ueberzeugung gelangt, dass der Projektansatz (ein begrenzter Unterstützungseinsatz, mit dem Ziel, dass Ganze dann selbständig weiterläuft) a) unrealistisch ist und b) die Entwicklungshilfe in einem kurzfristigen Denkmodell verhaftet.
    Die Privatwirtschaft funktioniert genau umgekehrt und bekämpft Armut nachhaltiger - obwohl sie das gar nicht beabsichtigt und sich im Prozess noch bereichert.

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Ich stimme Ihnen zu. Ausser bei der Skepsis gegenüber dem Projektmodell. Wenn für beide Seiten von Anfang an klar ist, dass es sich um eine zeitlich limitierte Anschubfinanzierung handelt, kann das viel Kreativität und Ideen zur lokalenlangfristigen Tragbarkeit auslösen. Dies funktioniert natürlich nur in spezifischen Kontexten. Wenn wir schon ein kleines Land sind und wir uns Interventionsländer rauspicken müssen, wären diese Überlegungen eventuell hilfreich. Auf jeden Fall wären sie erfolgsversprechender als auf Länder mit Gold zu setzen, wie man im Artikel schön sieht. Aber das wär natürlich fürs Parlamentmarketing herausfordernder. Sogar für einen ehemaligen Global Head for Public Affairs.

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Danke für den ausführlichen Artikel und das Interview mit Frau Danzi.
Sie fassen die beiden Hauptpunkte der Reformen unter Bundesrat Cassis als 1-Wirksamkeit und 2- Eigeninteressen zusammen. Sowohl in Ihrem Fazit wie bei den meisten Kommentaren hier erscheint letzteres vor allem als Problem. Dabei fehlt mir der kritische Blick auf das Konzept der „Entwicklungshilfe“ selbst: Die Idee, dass wir, die Schweiz, im Prinzip überall auf der Welt, auch in Ländern oder Gesellschaften mit denen wir sonst kaum zu tun haben, mit unserem Geld nachhaltige Hilfe leisten könnten, verunmöglicht Begegnung auf Augenhöhe. So betrachtet sind Eigeninteressen kein Makel sondern Voraussetzung für nachhaltige Zusammenarbeit.

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(durch User zurückgezogen)

Wie liebe ich mich selbst? Ich habe da ein paar Unklarheiten, die sich jeweils weiterpflanzen in die Liebe meines Nächsten. Und wer mein Nächster ist, ist mir auch immer wieder nicht 100% klar. Geben soll auch seliger sein denn Nehmen. Steht auch in der Schrift. Das ist doch unmoralisch. Ich gebe, damit ich seliger werde... frei nach Wolfgang Hildersheimer in "Mitteilungen an Max über den Stand der Dinge" .
Was die Umsetzung der moralischen Grundsätze der CH mit und in ihrer Entwicklungshilfe anbetrifft, habe ich noch ein grösseres Chaos nach den verschiedenen Mitteilungen zum Stand der Dinge: was, wie, wo, von wem, für wen, wofür ent-wickelt wird.

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