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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Eric Gujer zu Hanau. Scheinbar konziliant und klug. Scheinbar, denn subtil versteckt er sein framing mit klarer Stossrichtung. Und verstrickt sich dabei in manch Widersprüche. Zentral sind dabei Widerspruch V und VI.

  • Ein close reading

Widerspruch I: G. spricht davon, dass "wohlfeile Beschwichtigungen" und die Rückkehr zur Gleichgültigkeit und Normalität zynisch wäre. Schreibt aber:

Vor allzu weitreichenden Erwartungen allerdings sollte man sich hüten. Auch wenn Polizei und Nachrichtendienste bereits begonnen haben, die für den Rechtsterrorismus zuständigen Abteilungen auszubauen, werden sie so schnell keine Erfolge erzielen und Anschläge verhindern können. Das liegt in der Natur der Gewalttaten.

Wir müssen also mit rechter Gewalt "rechnen". Sie ist Teil der Normalität. Doch nicht gleichgültig und nicht zynisch wäre auch der Normalisierung rechten Hasses und rechter Hassrede entgegenzuwirken, die den Nährboden für rechte Gewalt bilden.

Widerspruch II: Das Muster von Kassel, Halle und Hanau sei, dass Täter Einzeltäter waren, "einsame Wölfe", "ohne Einbindung in eine Zelle". Aussen vor aber lässt G. NSU, Gruppe S. und dass der Begriff "einsamer Wolf" selbst von White Supremacists popularisiert worden ist.

Widerspruch III: Menschen mit migrantischem und muslimischem Hintergrund werden durchgehend nicht als Opfer benannt, sondern kommen von Beginn an nur als Täter vor ("Migranten", "Tunesier", "Syrer"). Opfer ist in toto "Deutschland".

Widerspruch IV: Referenz für den Rechtsterrorismus (rT) ist der islamistische (iT) und Linksterrorismus (lT). Aber nicht etwa früherer oder internationaler rT. RT sei jetzt zwar die "grösste Gefahr", doch nur weil die Sicherheitsbehörden den iT verhindern.

Widerspruch V: Die Differenz von rT und iT besteht in der Ideologie und der Geschichte. Und dass iT "nicht importiert" wurde. RT "kommt aus der Mitte der Gesellschaft" und sei "auch eine Reaktion auf die forcierte Einwanderung der letzten Jahre", die "zeitweise ungesteuerte Migration" und den "Stillstand und Endphase der grossen Koalition". Die auch Ursache ist für den "Aufstieg der AfD" und die "polarisierte Gesellschaft". Klare Ursachenverortung von G.

Widerspruch VI: Doch man müsse "rechte Demagogie im Stil eines Björn Höcke und Rechtsterrorismus" unterscheiden wie in den 70ern "Linksterrorismus und Linksextremismus". Es sei die "grösste Tugend des Rechtsstaats: dass er Grenzen definiert, wo andere sie zum Zweck der Propaganda verwischen". Es sei ein Gebot der Klugheit "nicht alles aus einer verständlichen Empörung heraus in einen Topf zu werfen – Terroristen und Populisten". Es gebe "Grauzonen, aber gerade deshalb hilft Schwarz-Weiss-Malerei nicht weiter", auch bei jenen also die "Schwarz-Weiss-Malerei" betreiben. Doch G. wirft hier selbst vieles zusammen: Demagogie, Populismus, Extremismus, Terrorismus. Und auch laut Rechtsstaat ist "Extremismus" die "fundamentale Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaats". Und wenn ein Faschist "von einem neuen Führer, dem angeblichen 'Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch' und einer 'Reinigung' Deutschlands von politischen Gegnern" spricht, dann ist das nicht mehr blosse Demagogie, sondern Extremismus. Es ist dann noch kein direkt organisierter Terrorismus, doch die indirekte Anstiftung dazu (Stichwort "scripted violence").

Widerspruch VII: Was G. zuvor wohlfeil auseinander hielt, ist dann doch plötzlich zu trennen: Gewalttäter von "sich klammheimlich freuenden Sympathisanten". "Einsame Wölfe" sind also doch nicht so "einsam". Sie radikalisieren sich im "rechtsextremen Milieu", im Internet über "einschlägige Chat-Foren" und mit "Verschwörungstheorien, Rassismus und Paranoia". Diese stammen aber einzig von anonymen Rechtsextremen im Cyberspace, doch offenbar nicht von öffentlichen Personen in Politik und Medien. Nein, "Vorbilder" sind wiederum einzig die islamistischen Terroristen.

Fazit: Ist nicht der Gipfel des Zynismus, dass kein Wort darüber gesagt wird, wie Hass und Hetze aus Ideologie und/oder Machtkalkül normalisiert wurde und scheinbar gleichgültige Politik und Medien mancher auf dem "rechten Auge" blind waren, ja dieses selbst verblendet haben? Es bedarf wahrlich eines anderen Blicks - eines anderen als den von Eric Gujer.

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Hassverbrechen: Als ob die meisten Verbrechen aus Menschenliebe begangen werden...

Aber stark, dass ihr dem Typen keine Publicity gebt.

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