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Uff. Die Statements Lavoyers in diesem Gespräch sind stellenweise derart undifferenziert und unreflektiert, dass es mir schwer fällt, sie ernst zu nehmen. Während der tags zuvor erschienene Artikel zum gesellschaftlichen Umgang mit den sexuellen Bedürfnissen kognitiv Beeinträchtigter unglaublich viel Empathie aufbringt für die Kinks und Quirks der Betroffenen – gewissermassen ein Leuchtfeuer der Zivilisiertheit – verfällt das vorliegende Interview rhetorisch in dunkle, längst vergangen geglaubte Zeiten.

Einige Passagen, die ich schwer erträglich fand:

Es gibt einfach keinen Sex zwischen einer erwachsenen Person und einem 13-jährigen Kind, solche Handlungen sind immer sexualisierte Gewalt.

Gehts noch mehr schwarz-weiss? Mit 13 Jahren befinden sich viele Jungs bereits mitten in der Pubertät und dürften durchaus sexuelles Interesse für eine bspw. 20 Jahre ältere (attraktive) Lehrerin entwickeln. Sicher ist eine sexuelle Beziehung zwischen Lehrerin und Schüler niemals auf Augenhöhe. Doch dass damit die Ausübung von Zwang (als Voraussetzung für "Gewalt") einhergehen muss, ist für mich nicht nachvollziehbar. Wieso glaubt Lavoyer zu wissen, dass sowas nicht auch mit dem vollen Einverständnis des Teenagers geschehen kann?


Catcalling ist weder ein Kompliment noch ein Flirt, es ist eine Form von Gewalt.

Sicher ist Catcalling respektlos und mitunter ehrverletzend. Jedoch besteht die Intention der "Catcallers" in den meisten Fällen weder darin, die Frau zu erniedrigen, noch sie sonstwie zu verletzen. Hier die Täter einfach zu dämonisieren halte ich für ähnlich primitiv wie die Tat selbst. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der jemand strafrechtlich verfolgt wird, weil er sich geistig und verbal auf dem Niveau eines 13-jährigen pubertierenden Testosteronhaufens bewegt. Bei aller Empathie mit den weiblichen Opfern müsste auch etwas davon übrig bleiben für die primitivere Hälfte der Menschheit und deren Verhaltensauffälligkeiten, nicht zuletzt um den eigenen Massstäben gerecht zu werden. Das ganze Phänomen des Catcallings erscheint nämlich deutlich weniger bedrohlich, wenn man (bzw. frau) die Mechanismen und (Fehl-)Annahmen dahinter versteht. Es bleibt natürlich trotzdem unsittenhaft.


Im weiteren Sinne sind die Äusserungen Lavoyers teils widersprüchlich und letztlich etwas sexistisch. So beschreibt sie zuerst nicht-physische Gewaltformen wie

Jemanden kontrollieren und isolieren ist soziale Gewalt. Jemanden demütigen und abwerten ist psychische Gewalt. Weitermachen mit sexuellen Handlungen, obwohl das Gegenüber «Stopp» sagt, ist sexualisierte Gewalt.

und erklärt

dass Kontrolle auch Gewalt ist

um kurz darauf Gewalt wieder als "Männerproblem" zu framen. Während sexualisierte wie auch physische Gewalt wohl tatsächlich überwiegend von Männern ausgeübt wird, sehe ich überhaupt nicht ein, wieso das auch für die psychischen und sozialen Formen gelten soll. Meiner Erfahrung nach sind diese eben gerade nicht geschlechts­spezifisch. Das wird klar, sobald man sich den riesigen B. vergegenwärtigt, der die ganze Debatte prägt: Gewalt mit Bezug auf sexuelle Handlungen und Absichten wird in unserer Gesellschaft anders behandelt – sprich viel stärker skandalisiert – als Gewalt in anderen Bereichen. Ich hatte mindestens soviele Lehrerinnen wie Lehrer, die psychische Gewalt ausübten. Gewaltausübung findet sehr oft im Rahmen eines Machtgefälles statt – und sobald Frauen in Machtpositionen sind, üben auch sie öfter Gewalt aus.

Lavoyer sagt mit Bezug auf die leidige Nature-vs.-Nurture-Debatte auch nachweislich falsche Dinge wie

Es gibt auch diese Vorstellung, dass Männer viel mehr Lust auf Sex haben und aufgrund des Testosterons viel mehr Aggressions­potenzial. Diese ganzen biologistischen Erklärungen sind sehr breit akzeptiert, obwohl der Hormon­spiegel nichts über das Aggressions­potenzial oder das Frauenbild eines Menschen aussagt.

Demgegenüber meint Wikipedia:

Als verhaltensbiologische Wirkungen bei Tieren wurden Imponierverhalten, Kampfverhalten, Balz sowie Begattungsdrang erforscht und beobachtet. Dies wurde u. a. durch Kastration (Gonadenentfernung) und anschliessende Hormonzufuhr an Tieren (aggressive Hengste werden zu sanften, angepassten Wallachen) bewiesen.

Beim Menschen sind die Zusammenhänge etwas komplexer (insb. scheint das Hormon Cortisol eine wichtige Rolle zu spielen), aber auch dort steigert Testosteron aggressives Verhalten. Das sollte natürlich keine Legitimation für letzteres sein. Aber den immensen Einfluss von Hormonen auf unser Sozialverhalten einfach auszublenden, ist blauäugig und wird kaum zu nachhaltigen und gerechten Lösungen führen.


Schliesslich hege ich persönlich eine grosse Abneigung gegen die Symbolik der "Ja heisst Ja"-Policy im Sexualstrafrecht. Im Gegensatz zu "Nein heisst Nein" vermittelt sie, Sex sei etwas grundsätzlich negatives, etwas, das Menschen normalerweise ablehnten, weshalb man immer erst einmal davon ausgehen müsse, dass eine Person sowas nicht wollte. Also das exakte Gegenteil davon, wozu uns unsere Natur programmiert hat.

Überall sonst erwarten wir von mündigen Menschen die Fähigkeit zur Willensäusserung, nur in Bezug auf Sex soll sowas eine Überforderung sein? Ein Armutszeugnis für eine sog. "aufgeklärte Gesellschaft".

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Even Meier
(ex | they)
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Zum letzten Abschnitt ein paar Gedanken:

Schliesslich hege ich persönlich eine grosse Abneigung gegen die Symbolik der "Ja heisst Ja"-Policy im Sexualstrafrecht. Im Gegensatz zu "Nein heisst Nein" vermittelt sie, Sex sei etwas grundsätzlich negatives, etwas, das Menschen normalerweise ablehnten, weshalb man immer erst einmal davon ausgehen müsse, dass eine Person sowas nicht wollte. Also das exakte Gegenteil davon, wozu uns unsere Natur programmiert hat.

Wir haben die wunderbare Begabung, verbal kommunizieren zu können. Wenn ich mein Gegenüber frage, beispielsweise: "Darf ich dich umarmen?" Und ein nein zur Antwort bekomme - wie dankbar bin ich, gefragt zu haben; bei einem ja klopft mein Herz gleich mehr, vor, während und nach der Umarmung.

Genauso ergeht es mir bei den Fragen

  • Möchtest du noch ein Glas Wein?

  • Darf ich dir ...

  • Soll ich das Licht löschen?

  • Darf ich dir etwas zum Geburtstag schenken?

  • ...

Nur ja ist ja. Bereitet soviel Freude. Und verhindert Übergriffe, Fehlgeschenke, Unwohlsein.

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Danke für Ihre Gedanken! Ich muss Ihnen im Grunde recht geben. Es ist aber nochmals eine ganz andere Frage, was im Strafrecht verankert werden sollte.

Das Ding ist doch: Viele (die meisten?) von uns sind so erzogen und sozialisiert, dass sie weniger Hemmungen haben, bei Wein, Licht oder meinetwegen Geburtstagsgeschenken explizit zu werden[1]. Bei sexuellen Handlungen hingegen beisst sofort das Schamgefühl. Ich glaube daher kommt auch die grosse Verunsicherung bei vielen Männern und das sich-lustig-machen (über angeblich notwendige schriftliche Verträge bei einer "Ja heisst ja"-Regelung etc.).

Die Menschen (wie auch verschiedene Tiergattungen) veranstalten einen gigantischen Zirkus rund um den eigentlichen Akt, nur damit letzterer möglichst widerstandslos über die Bühne gehen kann. Der Antrieb für unglaublich viele unserer Handlungen ist letztlich (auch) der Sexualtrieb. Die Natur stellt uns da vor eine ziemlich fiese Ausgangslage.

Aber ich denke, es gibt Hoffnung und wir können weitere Sprossen der Zivilisationsleiter erklimmen. Wir sollten einfach aufpassen, dass wir die Masse nicht abhängen (ist ja kein Zufall, dass rechte Bewegungen das Thema derart erfolgreich bewirtschaften) und den Leuten auch genügend Zeit geben, besser und anders kommunizieren zu lernen (was wohl eher ganze Generationen statt ein paar Jahren dauert).

Ihre Gedanken mag ich sehr. Sie zeichnen ein positives Bild des möglichen statt sich nur über die Gegenwart des faktischen zu empören.

[1]: Und auch wenn wir unhöflich sind und es nicht werden, so hat es meist keine strafrechtlichen Konsequenzen.

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@S. Brüggemann. 1. Catcalling erlebe ich als übergriffig und gewalttätig. 2. Mir scheint, dass Sie mit Ihrem Verweis auf auf den am 04.01.23 erschienenen Artikel Grenzüberschreitungen von „nicht kognitiv eingeschränkten Männern“ verharmlosen wollen. 3. Es gäbe noch mehr zu entgegnen. Aber mir fehlt die Zeit dazu.

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Politologin
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Einfach nur tiefe Dankbarkeit, dass ihr dieser Expertin so viel Raum gibt. Genau so sieht verantwortungsbewusster Umgang mit dem Thema aus! Gerne mehr davon.

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Danke, Leandra!

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Wenn die Leute befürchten, Ihre persönliche Freiheit werde durch solche Bewegungen eingeschränkt, entgegne ich jeweils, dass es doch unter dem Strich genau umgekehrt ist: Man gewinnt Freiheit.

Ohne Männlichkeitskomplex kannst du auch etwas anderes als Bier trinken. Ohne Fleischfetischismus eröffnet sich dir die Vielfalt von Tofu. Ohne Auto kannst du den Kopf statt den Auspuff auslüften. Ohne Software von Megacorporations kannst du deine Dokumente auch noch in zwanzig Jahren öffnen. Ohne Scheuklappen gegen Fremde entdeckst du die Welt statt nur deinen Hinterhof. Ohne Fast Fashion musst du dich nicht ständig durch Einkaufswüsten wälzen. Ohne Erdbeeren im Winter geht dir auf, wie unterschätzt Topinambur eigentlich ist.

Der Fokus wird nicht enger, er verschiebt sich einfach. Und kann sogar grösser werden, wenn man das will. Ich denke, das gilt auch die Anliegen des Feminismus. Starke Männer werden durch ihn stärker.

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Chance für ein Umdenken?!
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...Starke Männer werden durch ihn [Feminismus] stärker....
Das ist ein Satz für's Stammbuch. Danke dafür!

Wenn man einmal gemerkt hat, welch grundhohle Männlichkeit hinter dem ganzen Machismo steckt, erkennt man mMn den riesigen Bedarf an Information darüber, was einen richtigen Mann ausmachen sollte.

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Ihr Stammbuch würde ich gerne lesen. Ist mir eine Ehre, dass der Satz nun teil davon ist!

Stimmt, wenn man mal die Fassade runter gerissen hat, fragt man sich, mit was man sie ersetzen soll. Ich denke, der Feminismus hätte hier viel zu bieten, aber leider kenne ich mich auch zu wenig aus. Ich vermute mal, es läuft auf eine gegenseitige Annäherung der Rollenbilder hinaus.

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Fausta Borsani
Geschäftsführerin
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Super Interview. Ausführlich, mehrschichtig, ehrlich, echt und klug. Entspricht meiner Frauen-Lebens-Erfahrung und Auseinandersetzung mit Sexualität, sexuelle Bildung und patriarchale Machstrukturen. Toll.

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Sehr einleuchtende Antworten. Danke für diese Interview.
Im letzen Abschnitt musste ich an diesen,,Ratgeber“ der Weltwoche für Frauen im Ausgang denken. Oh je..
Nun aber war ich in der Adventszeit mit zwei seit sehr langem befreundeten Frauen zum ersten mal in deren Stammbar in Zürich. Wahnsinn!! Selten einen so hohen Testosteronspiegel wahrgenommen. Ich (ca 20 Jahre über dem Durchschnittsalter des Abends) war mir irgendwie nicht im Klaren darüber, wo ich das einordnen muss. Gut, alle sind mündig und freiwillig in dieser Bar, dennoch irritierte es mich etwas. Auf dem Heimweg darauf angesprochen sagte die eine Kollegin ,,ist halt so..“ . Ob sie auch alleine in diese Bar würde, fragte ich. ,,Spinnst du?“
Der Ball, dies zu ändern liegt eindeutig bei den Männern. Und den Eltern von Söhnen.

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Enorm wichtiges und gutes Interview, das ich an alle Eltern, Grosseltern, Gotten, Tanten, Onkeln, Freund:innen etc in meinem Bekanntenkreis weiterschicke. Und meinen erwachsenen Kindern.
Danke.

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Sehe ich genau andersrum.
Es ist eben tatsächlich viel weniger kompliziert, als die üblichen Gewaltbegründungsargumente suggerieren. Gewalt auf Täterseite ist am Ende eine individuelle Entscheidung, ausser, jemand ist tatsächlich nicht zurechnungsfähig.
Man hat immer Alternativen, wenn man keine Gewalt anwenden will. Es ist wichtig, dies so ganz klar und einfach herauszuarbeiten.

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Wobei - und deshalb bin ich froh um dieses Interview - natürlich wichtig ist, dass gewalttätiges Handeln nicht belohnt wird. Und hier kommt dann selbstverständlich das Patriarchat ins Spiel....

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Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik (she/they) 🌈
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wenn Sie “das Patriarchat” als Antwort unterkomplex finden, Anonym 4, welche komplexe Antwort haben Sie?

Mitunter: “Das Patriarchat” ist komplex und vereint in sich alle diese Ebenen, die Sie vermissen. Wir sind ja schliesslich alle durch dieses System konditioniert und geprägt, seit Jahrtausenden. Ausserdem finde ich, dass Agota Lavoyer viele dieser Ebenen in ihren Antworten herausschält.

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Oje, ein "Ist schlimm, aber…", sogar das "Ich habe einen feministischen Freund, äh, ich schaue Filme die in einem feministischen Land spielen, und wo‘s ganz schlimm ist"

Und dann noch das Lächerlichmachen mit dem Physikbuch, auch die Populismuskeule darf nicht fehlen. Ein Paradebeispiel von: "Ich habe null Bock, euch zuzuhören, ich habe null Bock, mich mit dem Thema auseinander­zusetzen. Aber auch: Ich bin nicht bereit, meine Deutungs­hoheit darüber abzugeben, wann etwas übergriffig ist und wann nicht."

Nuff said.

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Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik (she/they) 🌈
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Bitteschön, Zusammenfassung von “The Creation of Patriarchy” (https://www.supersummary.com/the-cr…y/summary/)

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Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik (she/they) 🌈
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Als Lese-Empfehlung: “The Creation of Patriarchy “ von Gerda Lerner.

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Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik (she/they) 🌈
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Die Frage ist ja, was das für Sie bedeutet, Feminist zu sein, Anonym 4. Der Sticker reicht wohl nicht ganz, aber schon nur dass Sie sich mit dem Thema auseinander setzen möchten und sich als Feminist bezeichnen wollen finde ich gut.

Dazu gehört eben vielleicht auch, auf Feminist*innen zu hören, die sich mit dem Thema schon lange und auf vielfältige Weise auseinander gesetzt haben. Oder an eine Veranstaltung der Feministen zu gehen, von denen dieser Sticker stammt. Oder eben halt auch mal, so mühsam es sein mag, ein Buch zu lesen, das aus der Gender-Ecke stammt.

Feminist*in ist man nicht, sondern wird man. Durch Auseinandersetzung, durch Lernen, durch Überprüfen der eigenen Glaubenssätze und so weiter. Gilt übrigens auch für mich.

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take it isis
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Patriarchat ist Schuld, ist notiert. Dann hätte ich noch eine weitere Frage an Frau Lavoyer oder die geneigte Leserschaft: Stossen Sie in Ihrer Forschungsarbeit auf einen Zusammenhang zwischen misogyner Gewalt in der Schweiz und der gleichzeitigen Immigration von tausenden jungen Männern aus den patriarchalsten Kulturen der heutigen Zeit?

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Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik (she/they) 🌈
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haben Sie das Gespräch mit Frau Lavoyer wirklich gelesen, Anonym 7? Es wird darin ja klar, dass das ein Problem ist, zu dem ALLE beitragen, weil es eben systemisch ist. Insofern ist das Patriarchat nicht "schuld", sondern einfach das Wasser, in dem wir alle schwimmen. Und die Rassismus-Keule steht Ihnen einfach nicht gut zu Gesicht, und die sollten wir nicht mit einer Antwort würdigen.

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take it isis
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Schon klar geht es ALLE etwas an. Und von den ALLEN sind meiner Meinung nach am meisten diejenigen gefragt, die aus Ländern kommen, wo die Frau ohne Unterschrift eines männlichen "Besitzers" nicht mal Autofahren darf. Rassismus hin oder her, wir können gerne mal zusammen in Zürich in den Ausgang gehen und unvoreingenommen beobachten, von welchen Gruppen oder Individuen am meisten frauenfeindliche Sprüche oder "CatCalling" kommen. Wären Sie dabei?

Edit: Und dann können wir den Frauen auch gleich selber zu Hilfe eilen, wie das Frau Lavoyer empfohlen hat.

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Gewalt an Frauen/Kindern ist in der Schweiz ja kein neues Phänomen. Siehe die Erfahrungen der Generation 70+ und früher, als die Schweiz noch eher ein Auswanderungs- als ein Einwanderungsland war. Da gab es viele Vorfälle.

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take it isis
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Schon klar. Nur waren solche Handlungen damals gar nicht strafbar (wann wurde nochmals Vergewaltigung in der Ehe rechtlich als solche anerkannt?) und deshalb hinkt der Vergleich ein bisschen. Etwa wie Bill Maher zum Thema "woke":

[...] It’s nuts to blame someone for not being “woke” 30 years before “woke” became a thing [...]

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Ich bin geneigt. War ja nur eine Frage der Zeit, bis mit dem Finger auf andere/s gezeigt wird. Whataboutism...

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Enarchist & Anfänger
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Nein. Patriarchaler Mann ist patriarchaler Mann, ob Schweizer oder Balkanese.

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Was ist ein Enarchist?

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Johanna Wunderle
Unity in Diversity
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Vielen Dank Frau Hamilton-Irvine für Ihre hervorragende Fragestellung. So wurden Antworten möglich, die mir gezeigt haben wie stark die Opfer immer noch beschuldigt werden.
Das Interview hilft mir die Verharmlosung von Grenzüberschreitungen viel klarer zu erkennen.

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Wow, welch ein wichtiger Text! Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden. Habe unsere Herausforderungen als Gesellschaft - in diesem so zentralen Bereich - nie eindringlicher und einleuchtender gedacht und niedergeschrieben gesehen. Es hängt für uns so vieles von der Überwindung des patriarchalen Systems ab. Krieg und Klima - um nur die wichtigsten Versagen der 'Mannschheit' zu benennen.
Als eigentlich sensibilisierter Vater falle ich, beim Begleiten meiner Tochter in ihr Leben, immer wieder unreflektiert in die sozialisierten binären Muster. Einiges kann ich korrigieren, anderes bleibt unerkannt oder im Moment nicht genügend bedacht. Ich wünschte mir einen Ratgeber, der mir die empfindlichen Punkte exemplarisch aufzeigt und mich weiter bei der Reflexion und der Umsetzung im Alltag unterstützt. Gibt es das schon?

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Das geht mir als Vater zweier Söhne (..educate your sons!) genau so. Wo und wie kann ich noch Einfluss nehmen, bevor ihr Umfeld das übernimmt?

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Als Vater sich selbst permanent weiterbilden, kritisch reflektieren, hinterfragen, diskutieren (mit Kindern, anderen Vätern, aber va auch Müttern, Frauen allgemein, LGBTQIA+, BIPoC), platonische Frauenfreundschaften pflegen, offen und neugierig bleiben, Meinungen revidieren, Vorurteile, Stereotypen, Normen und Gewohnheite ent-lernen und Neues lernen, ein-üben.

Nur so können Väter mit gutem Vorbild vorangehen, was am wirksamsten ist, dann viel und gutes gemeinsam lesen, Problematisches thematisieren und wenn vonnöten intervenieren (wie Frau Lavoyer es bei ihrem Sohn tat), gemeinsam horizonterweiternde kulturelle Angebote besuchen, wie bspw die "Drag Story Time" (www.dragqueenstorytime.ch) usw.

Eine der grössten Irrtümer ist es, dass man als Erwachsener meint, die Reifung sei bereits abgeschlossen: "Ich bin 18, ich bin mündig, niemand kann mir jetzt noch reinreden, ich habe meine Meinungen, und die gelten absolut." Gerade bei Eltern zeigt sich diese Tendenz zur Verhärtung und Inflexibilität gerne, zuungunsten ihres Nachwuchses.

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Diskutieren, diskutieren, diskutieren. Und gute Filme schauen.

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Neben Schutzbachs "Die Erschöpfung der Frau" kann ich - gerade auch als Mann - u.a. den Sammelband "Unlearning Patriarchy" empfehlen. Oder wer Graphic Novel mag, auch alles von Liv Strömqvist.

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Wow, was für eine schöne Rückmeldung! Sie freut und ehrt mich. Danke auch für das Teilen Ihrer eigenen Erfahrungen in Bezug auf die Erziehung. Es geht mir ähnlich: Erst seit ich selber Mutter bin, fällt mir auf, in wie viele Fallen man tappen kann - und wie stark auch vieles im Umfeld Kinder in Rollenmuster hineinzudrängen versucht. Ich weiss nicht, wie alt Ihre Kinder sind, und welche Art von Ratgeber Sie sich wünschen - aber als Hinweis vielleicht dies: Agota Lavoyer hat ein Buch geschrieben, das Kinder sensibilisieren soll im Bereich sexualisierte Gewalt, das ist auf jeden Fall empfehlenswert. Zu finden zum Beispiel auf ihrer Website.

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"Auch im Zusammenhang mit #MeToo hörte man immer wieder von verunsicherten Männern. Gemäss einer neueren Studie wollen Akademiker aus diesem Grund nicht mehr mit jüngeren Frauen zusammen­arbeiten."
Das verstehe ich folgendermassen: Weil sich auch Akademiker an neue Regeln halten müssen, hindern sie lieber die Karrieren von Frauen. Im Sinne von: "Entweder ich nehme mir was ich will, sonst verweigere ich Akademikerinnen den Zugang zu interessanten Projekten und verhindere somit deren Karrierechancen". Das ist eine peinliche Machtdemonstration. Sie verhindern zudem auch heterogene Teams, welche erwiesenermassen bessere Entscheide treffen. Ich hoffe doch sehr, dass Akademikerinnen sich wehren und die notwendige Unterstützung bekommen.

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Was ist mit einem verunsichertem Turnlehrer, der sich aus diesem Grund entschliesst, keine Mädchenklassen mehr zu unterrichten? Einfach, um sich nicht etwelchen potentiellen Situationen welcher Art auch immer auszusetzen?

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Soweit mir bekannt ist gibt es in der öffentlichen Schule gemischte Klassen, und auch die Buben sind im Turnunterricht dabei. Zum Glück! Der Umgang mit und die Grenzen von anderen Menschen können am besten früh und in heterogenen Gruppen erlernt werden, da können Lehrer*Innen viel dazu beitragen.

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Der verunsicherte Turnlehrer kann sich natürlich in Selbstmitleid suhlen oder sich als Opfer stilisieren und von anderen einfordern, sie müssten ihn bedauern. Oder er nimmt sich zusammen, sieht dass es gute Gründe für das Misstrauen gibt und stellt sich dem Thema. Besucht eine Weiterbildung, spricht mit den Schüler\innen und Kolleg\innen darüber und versucht Teil der Lösung zu sein.

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Ich kenne dieses Gefühl der Verunsicherung, der Opfer-Täter-Umkehr gut und finde es extrem anstrengend, dagegen zu halten. Ueber dieses Interview und die Arbeit von Frau Lavoyer bin ich sehr froh, es gibt mir Rückhalt. Ueberrumpelt und verunsichert werde ich, wenn die Uebergriffe, die Machtausübung in einem Umfeld passieren, das sich als fortschrittlich, vielleicht gar friedensbewegt sieht und wenn Frauen tüchtig mithelfen,
Verständnis für "männliche" Reaktionen zu haben. Ich werde das Interview wohl immer wieder mal hervorholen, um mich bestärken zu lassen. Danke!

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Vielen Dank für dieses Interview, das die richtigen und wichtigen Fragen stellt und dadurch klare und konkrete Antworten provoziert. Das ist Journalismus im Dienste einer Oeffentlichkeit, die Stellung beziehen muss zu einem lange tabuisiertem Grundproblem in unserer Gesellschaft.

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Vielen Dank für das eindrückliche Interview mit Agota Lavoyer.

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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Vielen Dank für dieses Interview. Man kann es nicht oft genug sagen: solange geschlechtsspezifische Gewalt als "Frauenproblem" (Problem von Frauen) angesehen und geframed wird, solange fühlen sich Männer nicht betroffen, übernehmen keine Verantwortung und es ändert sich nichts.

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Neugierig
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Das Problem ist «unsere» Vorstellung von Männlichkeit, weil es nur in zweiter Linie um Ihre oder meine persönliche Vorstellung davon geht. Es geht um die Männlichkeit, die die Gesellschaft vermittelt – in Büchern, Filmen, Werbung, aber auch im sozialen Umfeld. Sagt übrigens bereits der Titel: «Das Problem ist nicht der individuelle Mann []».

Ausserdem kann ich auch überhaupt kein «wir» und «die anderen» erkennen.

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Souri Thalong
Community-Support
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Guten Tag, Anonym 4. Schön, dass Sie mitdiskutieren. Ich bemerke aber auch, dass Sie immer wieder neue Diskussionsstränge eröffnen und sich so in den Vordergrund stellen. Sie nehmen hier also sehr viel Platz ein. Ich glaube nicht, dass das nötig ist, und bitte Sie, auch mal den anderen Voten Raum zu lassen. Das wäre die Diskussionskultur, die wir hier drin leben. Danke.

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Dieses Interview leistet einen grossen Beitrag dafür, ganz konkret sichtbar zu machen, was wir häufig nicht mehr sehen, weil wir es durch die gegebenen Strukturen so gewöhnt sind. Je klarer es uns wird, desto besser können wir entscheiden, was wir hinter uns lassen und was wir anstreben möchten. Ganz herzlichen Dank dafür!

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Wenn ich die bisherigen Beiträge durchlese, fällt mir auf, dass nebst der grossen Wertschätzung für den Artikel auch immer wieder ein gewisses Unwohlsein, Nicht-gänzlich-einverstanden-sein, ein Anecken bei gewissen Formulierungen spürbar wird. Warum auch nicht? Genau darin liegt doch der Wert von intensiver Auseinandersetzung und Selbstreflexion. Mir persönlich ist es wichtig, dieses innere Hin und Her, das Hinterfragen, die eigenen Fehltritte und das Unsicher-Sein auch einfach mal auszuhalten, ohne gleich eine Antwort oder Lösung bereitzuhalten. Ich habe mich daher enorm über die Kommentare von denjenigen Männern gefreut, die ihre Fragen und ihr Zaudern angesprochen haben - und es einfach so stehen lassen können. Bewahrt euch das, bitte! Es ist unendlich wertvoll!

Am Rande noch eine Frage an die Autorin: Wurde die Aussage über Agota Lavoyer bezüglich „Aufbau der Opferhilfestelle Solothurn“ überprüft? Meines Wissens war Frau Lavoyer nicht einmal 6 Monate dort - was in den meisten Fällen kaum für eine fundierte Einarbeitung ausreicht. Insofern hat mich die Aussage etwas irritiert. Und nein, damit stelle ich keineswegs Frau Lavoyers Expertise in Frage - die ist rundweg beeindruckend.

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Theologin/Seelsorgerin
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Danke für dieses Interview. Es gibt mir gut formuliert die wichtigsten Argumente für Diskussionen und Gespräche an die Hand und hilft so, die teilweise Sprachlosigkeit in entsprechenden Diskussionen zu verhindern. Danke!

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Danke dafür diesem Thema Raum zu geben!!
Für mich nicht nachvollziehbar bleibt, warum Frau Lavoyer die Ansicht vertritt
Selbstverteidigungskurse für Frauen seien sinnlos. Frauen die so gelernt haben, sich zu wehren, helfen dabei, die Idee männlicher Überlegenheit abzubauen.
Auch dass sie bei der Diskussion um die Abschaffung des Patriarchats das Mitinbetrachtziehen unserer Biologie unwichtig findet halte ich für fatal. Unser wie auch immer sozialisiertes „ich“ lebt nicht allein. Unsere Chromosome und die jeweiligen Hormone die unser Körper produziert , je nachdem ob wir männlichen oder weiblichen Körpern wohnen ( wobei wir ja nie 100% das eine oder andere sind, die Unterschiede aber in den meisten Fällen so deutlich sind dass es keinen Sinn macht, sie zu ignorieren) sind spürbar und real (auch medizinisch messbar). Deshalb halte ich es gerade für die Diskussion darum und die Aktionen dafür wie Gleichberechtigung möglich wird für sehr wichtig unsere Unterschiede genauso anzuerkennen wie unsere Übereinstimmungen.

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Vielen Dank für dieses lange und tiefe Interview mit Agota Lavoyer. Dieser Themenkomplex ist so wichtig! Ein Begriff, der mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kam, ist der des "Gaslighting", "eine Form von psychischer Gewalt beziehungsweise Missbrauch bezeichnet, mit der Opfer gezielt desorientiert, manipuliert und zutiefst verunsichert werden, und ihr Realitäts- und Selbstbewusstsein allmählich deformiert bzw. zerstört wird."

Ich kann - gerade als Mann - u.a. den Sammelband "Unlearning Patriarchy" empfehlen. Oder wer Graphic Novel mag, auch alles von Liv Strömqvist.

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Das Problem ist nicht der individuelle Mann, sondern unsere Vorstellung von Männlichkeit.

Physische Gewalt ist am einfachsten zu verstehen. Dass Schläge Gewalt sind, ist allen klar. Aber das erfasst längst nicht die ganze Komplexität häuslicher Gewalt. Es ist beispielsweise eine Form von wirtschaftlicher Gewalt, wenn das Opfer kein Geld hat, keinen Zugang zum Familienkonto. Jemanden kontrollieren und isolieren ist soziale Gewalt. Jemanden demütigen und abwerten ist psychische Gewalt. Weitermachen mit sexuellen Handlungen, obwohl das Gegenüber «Stopp» sagt, ist sexualisierte Gewalt.

Liebe Frau Bettina Hamilton-Irvine

Da Sie mich auf dieses Interview aufmerksam gemacht haben, fühle ich mich verpflichtet Ihnen meine (kritischen) Gedanken dazu mitzuteilen. 

Zuerst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass diesem Thema Raum gegeben wird. Der Artikel trägt zur erwähnten, und nötigen, Aufklärungsarbeit bei.

Ich habe Ihren Artikel „Feminismus ist nicht linear“ sehr geschätzt und im Speziellen Ihr engagiertes Hinweisen bei den Kommentaren auf die strukturellen Mechanismen die die Gleichstellung von Frauen und Männer behindern.

In meinem Kommentar habe ich mich zu meinen persönlichen Erfahrungen mit häuslicher Gewalt geäussert. Wie Agota Lavoyer beschrieb, ist häusliche Gewalt nicht nur physische Gewalt oder sexualisierte Gewalt. 

In meinem Fall habe ich zuerst jahrelang unter den anderen Formen der Gewalt gelitten: der wirtschaftlichen, sozialen und psychischen Gewalt. Als ich mich gegen diese zu wehren versucht habe, kam die physische Gewalt hinzu.

Ich finde es schade, dass es nicht möglich war auf dieses breite Spektrum einzugehen. Man hat sich, insbesondere gegen Ende des Interviews, auf die sexualisierte Gewalt fokussiert. 

Wenn von toxischer Männlichkeit die Rede ist, könnte der Eindruck entstehen, dass es alleinig an den Männern liegt, dies zu ändern. Dass es nicht damit getan ist, „nur“ Opferschutz zu leisten, wurde erwähnt. Es ist aber auch nicht „nur“ damit getan, wenn wir dies mit Programmen für (potenzielle) männliche Täter ergänzen. 

Bei häuslicher Gewalt liegen, wie bei Gleichstellungsfragen, strukturelle Probleme zugrunde, die gesellschaftlich geformt sind — und zwar von Männern, wie von Frauen.

Meine Gewalterlebnisse wurden von sehr vielen Frauen in meinem Umfeld akzeptiert und toleriert. Von Männern auch. Meine Erfahrung war, dass lediglich die physische Gewalt klar als inakzeptabel erkannt wurde. Die anderen, vorgängigen Formen der Gewalt, die zur physischen Gewalt führten, wurden heruntergespielt, mir als Opfer „angehängt“ oder es wurde mir empfohlen, mich mit den Tatsachen zu arrangieren. 

Dies zeigt mir, dass viel Aufklärung noch nötig ist. Und zwar in der breiten Gesellschaft. 

Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, vertiefter auf dieses breite Spektrum einzugehen? Die vielen Diskussionsbeiträge lassen mich vermuten, dass das Interesse da ist. 

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Forschende zu statistischen Kategorien
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Danke für diesen Beitrag zu diesem wichtigen Thema! Auch bezeichnend für die fehlende Anerkennung der Geschlechterdimension ist der Umstand, dass sie im Jahresbericht der PKS im Kapitel häusliche Gewalt nicht ausgewiesen wird, obwohl diese Daten erhoben werden. Auch die grundsätzliche Perspektive von häuslich vs. öffentlich verschleiert, dass Gewalt an Frauen nicht auf den privaten Bereich beschränkt ist. Offizielle Zahlen beeinflussen politische Massnahmen und informieren die Öffentlichkeit. Es wäre für die Debatte und Prävention wichtig, geschlechterspezifische Gewalt auch in den offiziellen Statistiken entsprechend zu benennen und auszuweisen.

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«Die Zahl erschüttert: 2021 wurden weltweit 81 100 Frauen ermordet . . . . weil wir die Augen verschliessen . . . .weil alte, weisse Männer immer noch die Macht haben». . . .

Dass man mehr gegen die geschlechts¬spezifischen Gewalt tun kann, keine Frage, alles gut. Wie der Text jedoch verfasst ist, irritiert mich an mehreren Stellen. Ich lese den Text aus der Perspektive eines «alten weissen Mannes». Aus meiner Sicht gebrauchen Agota Lavoyer bzw. Bettina Hamilton-Irvine einerseits einen Betonmischer zum Betonieren und andererseits verfügen sie über ein Spitzeisen, um alte Muster aufzulösen. Die weltweiten 81 100 toten Frauen werden hier mit den alten weissen Männern in Verbindung gebracht. Doch sind ebenso viele Gelbe, Schwarze, Braune oder bunte Männer mit dabei.
Mit solch einer Darstellung verzerrt man gezielt die Realität. Dies ist definitiv rassistisch, folglich werden so, gefährliche Geschlechterstereotype zementiert. Das Gegenteil wofür der Feminismus steht.

Weiter sehe ich die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt, weniger in der «klassischen Sozialisierung» in Europa. Ganz allgemein, eher im Vorhandensein grosser Gewaltbereitschaft, erfahrener Gewalt, Verwahrlosung oder Traumatisierung. Die Frage, welche gestellt werden muss, ist, weshalb sind Männer so bereitwillig oder getrieben Gewalt auszuüben? Ich vermute, weil sie in vielerlei Hinsicht Gewalt oder Diskriminierung bewusst oder unbewusst ausgesetzt waren.

Der Artikel würde auch gut funktionieren ohne «weisser Mann» bashing. Sind wir ehrlich, es gibt ebenso üble alte weisse . . . . , leider.

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Souri Thalong
Community-Support
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Guten Abend. Darf ich fragen, woher Sie dieses Zitat haben? Wie mir scheint, nicht aus dem Interview mit Agota Lavoyer, wie hier impliziert wird.

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Es ist die Einleitung zum Text, den ich im Mail lesen konnte.
Hier nun vollständig:

Die Zahl erschüttert: 2021 wurden weltweit 81’100 Frauen ermordet – mehr als die Hälfte davon, 45’000, wurden Opfer von häuslicher Gewalt. Und die Situation dürfte sich im Krisenjahr 2022 noch verschlechtert haben. Der nächste Gedanke: Wie hoch ist die Dunkel-ziffer? Wie viele Femizide bekommen wir gar nicht mit, weil das Schweigen immer noch tadellos funktioniert, weil so viele gar nicht wissen wollen, was Frauen passiert, zu Hause, im Job, weil wir die Augen und Ohren verschliessen? Weil viele Frauen Angst haben, sich zu äussern, weil alte, weisse Männer immer noch die Macht haben; weil der Mythos der lügenden Frau weiterhin eine der mächtigsten Waffen des Patriarchats ist.

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Theologin/Seelsorgerin
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Es ist aus dem Newsletter von heute morgen zum Interview 7 Uhr Newsletter

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Lieber Herr K., es scheint mir, Sie bringen da etwas durcheinander. Das Zitat, das Sie kritisieren, stammt nämlich nicht aus diesem Interview.

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Wenn die Auslassungen vielsagender sind als das Gesagte. Warum lassen Männer hier wichtige Tatsachen aus, um "ihre" Position stark zu machen? Sie erweisen sich selbst damit einen Bärendienst.

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Ein teils recht undifferenzierter Beitrag, der oft im Schwarz-Weiss Denken verhaftet bleibt. Es gäbe dazu einiges zu sagen. Nur dazu: Bei schwerer häuslicher Gewalt oder gar Gewalt mit Todesfolge sind die Täter fast ausschliesslich Männer. Bei weniger schwer ausgeprägter Gewalt ist das Geschlechterverhältnis nicht derart unausgeglichen. Zudem ist die Tabuisierung viel höher, wenn ein Mann Gewalt erlebt. Gewalt zu erfahren, entspricht nicht dem Konzept von Männlichkeit, das viele Männer haben. Oft wird das Erlebte des Mannes von Anderen bagatellisiert. Es gibt kaum Anlaufstellen für diese Fälle. Wenn schon von geschlechts­spezifischer Gewalt gesprochen wird, wäre das Muster der Gewalt von Frauen auch zu beschreiben. So sind z.B. bei Verleumdung und übler Nachrede die Opfer häufig Männer.

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Wenn es so ist, dass viele Männer Gewalt von Frauen erleben, dann sollte das Thema aufgearbeitet werden. Woran liegt das? Was passiert da? Wie kann reagiert werden?
Es ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass es ein grosses Problem von sexualisierter Gewalt von Männern gegen Frauen gibt (und da ist das Verhältnis eher schon „derart unausgeglichen“). Denken Sie alle Frauen, die jetzt aufstehen und sich wehren, erfinden das? Was an diesem Beitrag ist bitte undifferenziert?

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Das ist ein typisches Argument, das immer wieder geäussert wird. Es ist völlig aus der Luft gegriffen, dass es angeblich auch viele Männer gibt, die Gewalt durch Frauen erfahren, man wisse nur nichts darüber. Da gibt es sicher Einzelfälle. Aber Frauen leiden massiv unter Gewalt durch Männer, sie lesen es ja im Text: jede dritte Frau. Und von falschen Anschuldigungen haben Frauen in der Regel nichts, siehe der Fall Amber Herd und auch das ist im Text zu lesen. Sie versuchen das Problem klein zu reden, statt zu zuhören. Sprechen Sie doch mal mit Frauen in ihrem Umfeld über deren Erfahrungen. Oder erzählen Sie von ihren eigenen Gewalterfahrungen. Oder denken Sie zumindest darüber ehrlich nach: waren das Täterinnen oder Täter?

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Wenn wir spezifisch von physischer Gewalt sprechen, gebe ich ihnen recht. Wenn wir aber, wie im Interview beschrieben, jede Form von Gewalt mit einbeziehen, so dürfte das Bild schon etwas anders aussehen. Wenn darüber getuschelt wird, dass bei Familie X zuhause die Frau ,,die Hosen anhat“ , dann kann das durchaus beinhalten, dass hier eine oder mehrere Formen von Gewalt angewendet wird.
Sprechen Sie doch mal mit den Männern in ihrem Umfeld darüber.

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Mir entsteht der Eindruck, jede menschliche Interaktion könnte in einem Gewalt-Verhältnis angeschaut werden. Frau Lavoyer muss das in Ihrem Beruf vielleicht. Wir sollten das aber nicht. Es ist nicht alles Gewalt!

Ad absurdum:
Sonst hütet euch bitte auch vor Downvotes, die per Knopf Druck auf mich erzeugen, lieber nicht zu schreiben.

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Sie argumentieren also, dass mit Ihrer Meinung nicht einverstanden sein gleich gravierend wie sexistische Gewalt ist, oder habe ich das falsch verstanden? Und das Fazit? Weil nicht "alles Gewalt" ist, sollen wir nicht über toxische Männlichkeit nachdenken?

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“Ad absurdum” heisst etwa “bis zum Sinnlosen”. Also nein, so denke ich eben gerade nicht.

Ich mag den Artikel. Er regt zum Denken an. Aber wer Gewalt sucht, wird Gewalt finden. Frau Lavoyer sieht viel Gewalt. Wir sollten wirklich nicht überall versuchen Gewalt zu sehen. Das zerstört unser Vertrauen ins Miteinander.

Einen Vergleich, den ich zutreffend finde:
Bessere Krebsdiagnosemittel führen zwangsläufig zu höherem Krebsaufklärungsraten. Dabei erkennt man den Krebs häufig auch so früh, dass er für den Patienten nie relevant G. wäre.
Wer Krebs sucht, findet Krebs.

Wer mir jetzt sagen will, das sei alles verharmlosend, hat den Punkt nicht verstanden: natürlich gibt es männliche Gewalt, genau wie es Krebs gibt. Aber genau wie man manches vielleicht nicht als Krebs bezeichnen sollte, sollte man nicht versuchen überall Gewalt zu suchen.

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(durch User zurückgezogen)
Interkultureller Coach
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Der Tunnelblick und in der journalistischen Darstellung gesellschaftlichen Auswüchse ausserhalb des Gesamtkontextes darzustellen, verhindert eine Diskussion, über grundsätzliche Lösungsansätze. Das "Mehr davon", d.h. weitere Gesetze und staatliche Eingriffe sind keine Lösung. Ich gehe mit D. Jositsch einig, dass die bisherigen Gesetze ausreichen.

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Sie finden also es ist alles okay wie es ist? Sie sehen keinen Handlungsbedarf um Gewalt an Frauen zu verringern?

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Ich bin in der Konsequenz mit allem einverstanden.

Was mich stört, ist die Darstellung, dass das Problem alleine in der "Nurture" liege ("Vorstellung von Männlichkeit", "Patriarchat") und nicht auch in der "Nature".

Vor dem Down-Vote bitte lesen: als unverrückbarer Grundsatz muss gelten, dass unser evolutionären Altlasten niemals als Entschuldigung gültig sind. Punkt! Niemand sagt "er hat halt viele Muskeln, also ist es normal, dass er dreinschlägt". So muss es auch mit sexueller Gewalt sein. Erst wenn das glasklar und unverhandelbar ist, kann man und frau anfangen, richtig ehrlich über das Problem zu sprechen.

Männliche Natur ist doch hier das grosse Tabu. Ich finde es fatal, zu glauben, sexuelle Täter seien dazu erzogen worden, schuld sei unsere Gesellschaft. Es ist doch anders herum, das Patriarchat ist die allzu durchsichtige Rationalisation und Institutionalisierung roher männlich-sexueller Triebe.

Wir Männer müssen aktiv und intensiv "dressiert" werden, uns in dieser Hinsicht zu benehmen. Genauso wie das bei anderen angeborenen Tendenzen zu Übergriffen und Unanständigkeiten ja auch dringend nötig und allseits akzeptiert ist.

Es braucht die aktive Erziehung zur sexuellen Stubenreinheit!

Wenn man die Natur dahinter mal in ihrer Ambivalenz akzeptiert, aufhört "Mutter Natur" zu verklären und den Menschen kategorisch über das Tier zu erheben, kann man umgekehrt auch offener über die andere Seite der Medaille reden. Dass vielleicht das eine oder andere Verhalten, etwa ein eindeutiger, aber sofort wieder abgewendeter Blick, schlicht nicht vollständig abdressiert werden kann, weil angeborener Reflex. Oder warum um Darwins Willen bei vielen im Bett ausgerechnet so politisch inkorrekte Spielformen beidseitig-einvernehmlich (s. Grundsatz oben) die Körpersäfte anregen.

Als zwingende Konsequenz: nur Ja heisst Ja.

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als Teilnehmende
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Vielen Dank für dieses differenzierte Interview. Auch Gewalt und Uebergriffe an Kinder seitens der Eltern, sei es physisch oder psychisch findet in der Tat statt und betrifft schmerzlich deren Entwicklung und zukünftigen Verhalten und Denken. Es betrifft nicht nur die Probleme in der Partnerschaft sondern die ganze Familie. Verbale abwertende, so wie körperliche Uebergriffe mit anfassen oder küssen seitens der Mutter, obwohl man das nicht wollte und sich dagegen wehrte, haben Spuren hinterlassen. Mit tagelangem Schweigen, d.h. mit Verweigerung von dringend nötigen Diskussionen war der Alptraum. Mit Verboten, dass es Nieman- den etwas angehe was hier statt fand.
Ein um sich schlagender Vater, (er prügelte jeweils in die Kissen), der sich in die Arbeit ausser Haus verzog. Eine nur sich sehende Mutter in der Opferrolle, die schrie, dass sie aus dem Fenster springe und der Täter war immer der Vater. Strukturen des Patriarchats sind sichtbar. Und eine Hilflosigkeit auf beiden Seiten.
Das alles verstärkt oder ist neu in einer Ehekrise aufgetreten. Der Vater ist verstorben. Ich konnte jedoch mit ihm noch manches gute Gespräch haben. Die Mutter verhält sich bis heute gleich betreffend Uebergriffen und Opferrolle. Wir Kinder haben alle Therapien hinter uns. Wir waren in der wichtigen Zeit der Adoleszenz nicht unterstützt worden und tief verunsichert. Unser Männer und Frauenbild war real und kein Mythos.

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Theologin/Seelsorgerin
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Danke für Ihre Offenheit!

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Outsider
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Sorry, aber was ist überhaupt „Catcalling“? Den Begriff habe ich so noch nie gehört. Danke fürs Aufklären.

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Sexualisierte Bemerkungen nachrufen.

Plumpes Beispiel: Öpper läuft vorbei... jemand sagt: Geiler Arsch.

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Theologin/Seelsorgerin
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Ergänzend ein Artikel aus dem Juni 22 aus den Stuttgarter Nachrichten catcalling Bedeutung

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Es gibt nicht viel geschlechtsneutrale Forschung zu sexueller Gewalt.

Einzig das amerikanische CDC untersucht im "The National Partner and Sexual Violence Survey (NISVS)" auch sexuelle Gewalt an Männern, wobei selbst da vergewaltigte Männer nur "zum Eindringen gezwungen" wurden.

Die meisten männlichen Vergewaltigungsopfer wurden von Frauen vergewaltigt. Je nach Datenlage sind zwischen einem Drittel und zwei Fünftel der Vergewaltigungsopfer Männer.
Den Unterschied erklärt sich hauptsächlich dadurch, ob man die Prävalenz der letzten 12 Monaten oder zur Lebenszeit verwendet.

Häusliche Gewalt wird bei der Erhebung auch untersucht, wie in den meisten anderen Studien zum Thema, findet sich auch hier eine ungefähre Symmetrie der Gewalt. Wobei Männer leicht öfter von Gewalt betroffen waren.

EDIT:
Der Report ist nicht ganz einfach zu lesen, darum erläutere ich sie hier um nicht alles 10 mal wiederholen zu müssen.

Der Report zur sexuellen Gewalt.

  1. Definition von "Rape" und "Made to Pentrate" sind wortgleich mit dem Unterschied, ob in das Opfer eingedrungen wird oder dazu gezwungen wird einzudringen.

  2. Auf Seite 3 finden sich die Prävalenz zu "Rape" und "Made to Penetrate" für die letzten 12 Monate und zur Lebenszeit für männliche und weibliche Personen.
    2.1 26.8% der Frauen und 3.8% der Männer gaben an jemals vergewaltigt worden zu sein. 10.7% der Männer gaben an, jemals zum Eindringen gezwungen G. zu sein. Die Schnittmänge der Männer die unter "Rape" und "made to penetrate" Fallen dürfte aufgrund des Geschlecht der Täter vernachlässigbar klein sein. Zählt man dies zusammen sind 14.5% der Männer zu Sex gezwungen worden.
    2.2 Basierend auf diesen Zahlen sind rund ein Drittel aller Personen, die angeben jemals zu Sex gezwungen worden zu sein, Männer.
    2.3 10.7% / (10.7% + 3.8%) ≈ 74% der Männer die jemals gegen ihren Willen zu Sex gezwungen wurden, wurden zum Eindringen gezwungen.
    2.4 2.3% der Frauen und 0.3% der Männer gaben an während den letzten 12 Monaten vergewaltigt worden zu sein. 1.3% der Männer gaben an, während den letzten 12 Monaten zum Eindringen gezwungen worden zu sein. Zählt man dies zusammen sind 1.6% der Männer während den letzten 12 Monaten zu Sex gezwungen worden.
    2.5 Basierend auf diesen Zahlen sind rund ein zwei Fünftel (1.6% / (1.6% + 2.3%) ≈ 40%) aller Personen, die angeben jemals zu Sex gezwungen worden zu sein, Männer.
    2.6 1.3%/(1.3%+0.3%) ≈ 81% der Männer die während den letzten 12 Monaten zu Sex gezwungen wurden, wurden zum Eindringen gezwungen.

  3. Auf Seite 10 befinden sich Daten zum Geschlecht der Täter.
    3.1 76.8% der Männer, die jemals gegen ihren Willen penetriert wurden, gaben nur männliche Täter an, 9.6% männliche und weibliche Täter, sowie 10.4% nur weibliche Täterinnen.
    3.2 69.6% der Männer die jemals gegen ihren Willen zum eindringen gezwungen wurden, gaben nur weibliche Täterinnen an, 8.2% gaben weibliche und männliche Täterinnen an, sowie 17.9% nur männliche Täter.
    3.3 74% * 69.6% + (100% - 74%) * 10.4% ≈ 54% der Männer die jemals zu Sex gezwungen wurden, gaben nur weibliche Täterinnen an, 9% weibliche und männliche Täter, sowie 37% nur männliche Täter.
    3.4 71.9% der Männer, die während der letzten 12 Monate gegen ihren Willen penetriert wurden, gaben nur männliche Täter an.
    3.5 83.8% der Männer die jemals gegen ihren Willen zum eindringen gezwungen wurden, gaben nur weibliche Täterinnen an
    3.6 Mindestens 83.8% * 81% ≈ 68% der Männer, die während der letzten 12 Monaten zu Sex gezwungen wurden, gaben nur weibliche Täterinnen an.

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Interessant. Für Deutschland heisst es:

"In Deutschland sind etwa ein Drittel der minderjährigen Opfer von Vergewaltigungen oder sexueller Nötigung männlich… Eine 2021 veröffentlichte empirische Studie geht von einem Verhältnis von 90 Prozent Minderjährigen gegenüber 10 Prozent volljährigen männlichen Missbrauchsopfern aus.

Ein Großteil der Übergriffe auf männliche Opfer wird von männlichen Tätern verübt. Diese können entweder in der Überzahl (Gruppenvergewaltigung), oder körperlich überlegen sein und dann anschließend mit Erpressung weitere Übergriffe erzwingen, um über diese zu schweigen.[13] Insbesondere im Kontext mit Alkohol- und Drogenkonsum oder in Verbindung mit K.-o.-Tropfen steigt das Risiko, Opfer eines Übergriffs zu werden.

Bei sexuellem Missbrauch minderjähriger Opfer, sind die Täter, in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle, Männer oder männliche Jugendliche. Frauen und weibliche Jugendliche sind für die übrigen 10 bis 20 Prozent der Missbrauchsfälle verantwortlich. Dabei missbrauchen Frauen eher Jungen, während männliche Täter eher Mädchen missbrauchen."

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ver…nd_Männern

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Kriminalstatistiken sind zu diesem Thema leider sehr unzuverlässig da nur tatsächlich gemeldete Fälle in die Statistik einfliessen.

In der Befragung des CDC gaben 83.8% der Männer die in den vorhergehenden 12 Monaten zum Eindringen gezwungen wurden an, von einer Frau vergewaltigt worden zu sein.

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Geschlechtsneutrale? Forschung zu sexueller Gewalt?

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Genau, anstelle einer sexistischen Annahme über das Geschlecht der Täterinnen und Opfer zu machen, befragt man einfach Personen unabhängig des Geschlechts davon, ob sie sexuelle Gewalt erfahren haben.

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Danke für die klugen Fragen und die fundierten und lehrreichen Antworten von Frau Lavoyer.
Ich frage mich, ob die Aussage „Es gibt auch diese Vorstellung, dass Männer aufgrund des Testosterons (….) viel mehr Aggressions­potenzial (haben)“ so falsch ist, wie von Frau Levoyer impliziert. Zumindest weiss ich, dass Männer unter Testosteronsubstitution zu Beginn jeder Injektion stark unter einer Aggressionsstimulation leiden, die sie schlecht unter Kontrolle halten können. Umgekehrt gibt es ja Hormone wie das Neuropeptid Oxytocin, welches bei Männern und Frauen die Empathiefähigkeit stark positiv beeinflusst. Ich will damit lediglich andeuten, dass die Aggressionskontrolle bei Männern biologisch komplex ist und nicht alleine der sozialen Entwicklung geschuldet ist. Damit soll in keinem Fall angedeutet werden, dass wir die Erziehung von Jungen und Männern hin zu empathiefähigen und gewaltfreien Menschen nicht mit allen Mitteln unterstützen müssen.

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Testosteron ist sehr stark auch ein Statushormon. Wenn Gewalt und Aggression mit Status belohnt wird, dann steigert es Gewalt und Aggression. Wenn Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft mit Status belohnt wird, dann steigert Testosteron Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit.

Oxitocyn steigert Empathie nur mit der Gruppe der man angehört und vermindert es gegenüber Fremden oder Angehörigen anderer Gruppen. Man kann es also genauso gut als Rasistenhormon bezeichnen.

Gutes 4 Minuten Video zu Testosteron und Oxitocyn:

Robert Sapolsky Testosterone and Oxitocyn

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Danke, Herr H. Mein Stand ist, dass es zwar durchaus Studien gibt, die einen Zusammenhang herstellen zwischen Testosteron und Aggression, dass aber wissenschaftlich bisher kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden konnte. Das heisst: Möglicherweise wird auch durch Aggression mehr Testosteron hergestellt. Siehe zum Beispiel hier:

https://www.zeit.de/zeit-wissen/201…on-wirkung

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Es gibt eine Situation, die mich schon länger beschäftigt und wo ich nicht weiss, was ich machen soll.
Eine Freudin von mir ist seit mehreren Jahren mit einem Mann zusammen. Wenn ihr bei ihr bin sehe ich ihn ab und zu. Wir haben schon einige Male über Feminismus diskutiert. Er steht sehr hinter der Meinung, dass es Feminismus in der Schweiz nicht mehr braucht. Gleichberechtigung ist ja da, es scheint ja sogar mehr in Unterdrückung von Männern überzuschwappen.
Ich sehe das ganz anders. Ich habe dann jeweils versucht dagegen zu argumentieren. Nach mehreren Jahren über mehrere Gespräche hinweg, ist mir aufgefallen wie sich seine Argumente nie ändern, während ich mich in der Zwischenzeit viel mehr informiert habe und auch jedes Mal andere Argumente aufbringen kann. Mir ist schon länger klar, dass die Diskussionen nichts bringen.
Was mich allerdings immer noch wütend macht und weswegen ich mir auch Sorgen um meine Freudin mache, ist ein "theoretisches Beispiel", das er an mehreren Gesprächen erläutert hat. Nämlich, dass Männern das ganze Leben zerstört werden kann, wenn eine Frau der Vorwurf von Vergewaltigung bringt. Er macht es dann ganz konkret und sagt, falls sich meine Freudin mal von ihm trennt, dann könnte sie diesen Vorwurf bringen und sein Leben wäre zerstört.
Es gibt so vieles, was daneben ist, mit so einer Art Beispiel. Ich weiss, dass ich dies mit meiner Freundin besprechen sollte. Ich weiss nur nicht genau wie. Mein Instinkt sagt mir, da ist etwas grundlegend nicht gut. Aber dann kommt der Gedanke, dass ich ja vielleicht falsch liege. Die Sachen falsch verstehe. Dass ich die Beziehung meiner Freundin zu diesem Mann kaputt machen könnte oder schlimmer meine Beziehung mit ihr. Ich frage mich, wie sie mit solchen Aussagen zurecht kommt, da sie selbst ein gutes Gespür für Ungerechtigkeit und Ungleichheit hat.
Hat vielleicht jemand hier Tipps wie ich das angehen könnte oder ob es irgendwo Hilfe gibt, so dass ich es tatsächlich schaffe, dies mit ihr anzusprechen?

P.S. Sehr guter Artikel, der vieles Erlebtes wiederspiegelt. Gerade die Gewalt, die von Männern ausgeübt wird und Frauen an ihrer Wahrnehmung des Ganzen zweifeln lässt.

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In Kontakt bleiben. Genau zuhören. Konkret nachfragen. Wenn nötig mehrmals. Grenzen aufzeigen. Beratungsstellen heraus suchen und motivieren diese aufzusuchen.

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Chance für ein Umdenken?!
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Was für ein schwachsinniges Argument des Partners Ihrer Freundin!
Da mag ich ihm nur entgegnen: Ach und eine Vergewaltigung kann kein Leben zerstören?

Es ist mir klar, dass es da Beweisprobleme gibt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau damit durchkäme, quasi als Rache, eine Vergewaltigung zu behaupten.

Den Frauen kann man nur raten, dass sie unmittelbar nach einer Vergewaltigung sofort zu einem Arzt/Spital gehen und die Spuren sichern.

Danke auch an Frau C. für ihren offenen Bericht - Sie sind eine mutige Frau!

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Danke auch. Ja, die Argumente scheinen mir, als ob sie von irgend einem Youtube-Video kommen und mehr oder weniger 1:1 übernommen wurden.

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Danke für den sehr erhellenden Artikel!
Meine beiden Kinder sind in der Primarschule. Was mir auffällt ist, dass dort die Lehrer mit dem Thema Gewalt ziemlich alleine gelassen werden. In einigen Klassen der Schule eskalierte Gewalt (Mobben, handgreifliche Auseinandersetzungen, sexualisierte Gewalt, Diebstahl, zerstören von Sachen anderer, schwere Körperverletzung [das opfer musste sich in anwesenheit der schuldirektorin für provokation der tätergruppe entschuldigen] …).
In diesen Klassen konnte (?) die Schule nichts mehr korrigieren, da einige Eltern juristisch gegen die Schule vorgingen: Die Eltern der Täter schützen ihre Kinder.
Schliesslich hat fast die Hälfte der Kinder die Klasse, die Schule (und die Gemeinde) verlassen. Nur die Täter blieben.
Die Schule (die Schulleitung) hat für die nachfolgenden Klassen nichts verändert: Kein Projekt zum Thema Gewalt. Keine Strukturen zur Prävention. Die Lehrer müssen individuell mit den Problemen weiter umgehen, ausser dass sich Eltern gegen bestimmte „schwache“ Lehrer für ihre Kinder wehren.
Was ich noch sagen möchte: Die Schule ist nicht in einem „Problem-Quartier“ einer Stadt; nein, es ist eine Gemeindeschule in einer bevorzugten Gegend einer Agglomerationsgemeinde nahe Basel. Die „Täter“ sind Buben und auch Mädchen. Alle Schweizer. Die Eltern zum Teil Politiker in bürgerlichen Parteien.

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Kurzdokumentarfilm zum Thema häusliche Gewalt: [https://ichdochnicht.ch/film/]
Der Film ist gratis auf der Website verfügbar und ist sehr informativ und feinfühlig gemacht. Explizit auch für Schulklassen - aber nicht nur. Weiterführendes Unterrichtsmaterial für Schulklassen folgt.

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Guter Beitrag, sehr guter. Über was wir auch reden können ist über positive Männlichkeit. Selbstbewusst, kommunikativ, kreativ, die eigenen Bedürfnisse benennen, Erwartung und Ansprüche aussprechen. Männer haben viel zu geben und wichtiges zu sagen. Gern mehr davon.

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Was mich seit langem umtreibt: Zweifellos ist der toxische Männlichkeitwahn ein Produkt der Erziehung und des kulturellen Hintergrundes und es kann auch nur auf dieser Ebene dagegen angegangen werden. Aber eine persönliche Erfahrung verunsichert mich: Als Grossvater von fünf Enkelkindern habe ich mit den beiden Buben meiner Tochter in der Holzwerkstatt auf deren dringenden Wunsch Schwerter, Dolche, Pfeilbogen und Hellebarden produziert, die dann wie Trophäen nach Hause gebracht wurden – und von meiner Tochter mit einer Mischung aus Verzweiflung und Humor entgegengenommen wurden. Mit den Enkelinnen meines Sohnes entstanden Seilbähnchen oder Häuser, Vorschläge, die bei den Enkeln auf wenig Begeisterung stiessen. Nein: Es mussten Waffen sein!
Nun habe ich aber in der Beziehung meiner Tochter nie auch nur den Ansatz von Machismo geortet, die Söhne wuchsen also in einem Klima der selbstverständlichen Gleichberechtigung auf. Aber woher kommt denn dieser – kindliche, heute ist er längst überwunden! – Hang zu Aggressionen? Steckt da doch etwas in den Genen?

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Multifunktional
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Es fängt (leider) bereits an in Bilderbüchern, in denen die Jungs oft Räuber oder Indianer spielen und die Mädchen mit Puppen. In Spielzeug- und Kleiderläden wird streng nach Mädchen- und Bubenecken unterschieden. Auch Verwandte und Bekannte lassen immer mal wieder klischeebehaftete Bemerkungen fallen. All dies nehmen die Kinder von klein auf bewusst und unbewusst auf. Es ist als Eltern schwierig, dem zu entkommen, auch wenn man immer wieder versucht implizit und explizit Gegensteuer zu geben und einzuordnen. Mir scheint sogar, dass die Unterteilung in Mädchen- und Bubenrollen in den Läden viel schlimmer ist als vor 30-40 Jahren, als ich noch ein Kind war. Was meiner Meinung nach auch dazu führt, dass sich immer mehr junge Erwachsene in den Rollenbildern nicht mehr wiederfinden und sich als agender bezeichnen - obwohl sie eigentlich ganz normale Frauen und Männer wären, welche halt einfach etwas vom medialen Normdurchschnitt abweichen. Was eigentlich schon immer für viele Frauen und Männer normal war, wird nun als „ausserhalb der gängigen Genderdefinitionen“ wahrgenommen. Anstatt die Genderdefinitionen wieder der Realität anzupassen und auszuweiten, werden junge Menschen in Identitätskrisen gestürzt. Für mich eine schlimme Entwicklung…

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Ich finde Ihre Gedanken sehr gut nachvollziehbar. Auch wenn die "Stichprobe" natürlich sehr klein ist. Mich treiben ähnliche Fragen um: sind es die Gene? Die Hormone? Die Rollenvorbilder? Die gesellschaftliche Normen? Ich komme allerdings zu einem anderen Schluss als Sie. Wenn wir unseren Gedankenraum etwas erweitern und andere Zeiträume und Kulturen mit einbeziehen, dann fällt es mir schwer, nicht an eine gesellschaftliche Prägung unserer Kinder zu glauben. Einige Beispiele, die zu dieser Erkenntnis geführt haben: Unsere Nachbarskinder wünschten sich vor einigen Jahren ein Laserschwert - die Cowboy-Pistole und die Indianerpfeile aus der Verkleidi-Kiste wurden hingegen verschmäht. Oder: Der Traumberuf meiner Cousins in den 1970er Jahren war Lokiführer oder Billettkontrolleur. Der Traumberuf meiner Neffen im Jahr 2022 ist Fussballer. Der Traumberuf vieler Buben vor 150 Jahren war gemäss einer Studie offenbar Offizier. Hier scheint mir doch der gesellschaftliche Einfluss auf die Präferenzen der Kinder recht hoch zu sein.
Ein weiteres Beispiel aus unterschiedlichen Kulturkreisen: Mein Schwager spielt mit seinem kleinen Sohn Fussball. Weil das in der Schweiz heute viele tun, glaubt er, dass alle kleinen Buben gerne Fussball spielen. In den USA spielen jedoch die Väter mit ihren Kindern Baseball und in Nordschweden Eishockey. Wie mag es wohl in Indien, China oder Zentralafrika sein? Wir haben oft einen recht engen, eurozentrischen Blick auf die Entwicklung unserer Kinder.
Ich glaube daher, dass Kinder sehr genau beobachten, wie sich die Menschen ihres Geschlechtes um sie herum verhalten, und dass sie ein sehr feines Gespür dafür haben, was die aktuell herrschende Norm für ihr eigenes Geschlecht vorsieht und dass sie ihre Präferenzen unbewusst danach ausrichten.

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Mir ist beim Lesen des Abschnittes zu Ja-heisst-ja und zum Thema Konsens noch ein Beispiel für eine gesellschaftliche Entwicklung in den Sinn gekommen, die sich in den letzten 30 Jahren vollzogen hat. Als ich noch ein Kind war, durfte man seine Hunde F. laufen lassen. Ich wurde zweimal auf dem Schulweg von einem sehr grossen Hund angesprungen. Ich machte mir dabei fast in die Hose vor Angst. Die Besitzerin spazierte während dieser Szene seelenruhig auf mich zu und meinte: der macht nichts, der will nur spielen. Ob das „Spiel“ auch für mich schön war, spielte offenbar keine Rolle. Als ich es zu Hause meinen Eltern erzählte, meinten sie achselzuckend: dann nimmst du halt einen anderen Weg zu Schule. Das war 1981. So eine Situation wäre heute undenkbar. Es hat ein breites gesellschaftliches Umdenken stattgefunden, was in Bezug auf den Kontakt zwischen Spaziergängern und Hundehalterinnen ok ist und was nicht. Genau so ein gesamtgesellschaftliches Umdenken benötigen wir auch beim Thema sexuelle Gewalt und Konsens.

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Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf. Ermutigend ist das nicht. Ich kann den Satz "Du musst dich halt wehren und engagieren" nicht mehr hören. Ich will nicht für etwas kämpfen, das mir eigentlich selbstverständlich zusteht. Ich will nicht diskutieren, mich rechtfertigen. Frau hat es nicht in der Hand, Mann entscheidet weltweit, wie es läuft.

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Ich (m) kenne Gewalt eher von der anderen Seite der Geschlechterwelt. Meist konnte ich den Frust, der dahintersteckte, auch verstehen.

Die Gewalt kam trotzdem an und tat weh. Ich hätte mich jederzeit wehren können. Das macht man dann aber eben nicht.

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Betroffener
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Ich teile über weite Strecken die Ausführungen der Autorin. Und finde es bedauerlich, dass wir dieses Thema in dieser Ausführlichkeit diskutieren müssen. Ich unterstütze, dass wir unsere Kultur, unseren Umgang miteinander entsprechend verändern.

In einem Punkt aber widerspreche ich entschieden aus eigener Betroffenheit: Ich fühle mich in genau dem Mass verunsichert wie die Autorin dies beschreibt.

Zitat "Wenn ein Mann sagt, er wisse gar nicht mehr, was man dürfe und was nicht, heisst das nichts anderes als: Ich habe null Bock, euch zuzuhören, ich habe null Bock, mich mit dem Thema auseinander­zusetzen."

Falsch. Und widerlich anmassend. Unterstellungen ohne sie überprüft zu haben. Und damit eine eigentliche Gewalttätigkeit.

Sehr gerne wüsste ich, was in Ordnung ist und was nicht. Dazu wünsche ich mir Dialog mit den betroffenen Damen. Es braucht auch ein Üben, ein Lernen. Ich bin sehr gerne bereit, meine angelernte Rolle zu verändern. Wer ist meine Lehrerin? Mit der Behauptung "Sie haben Null Bock" verweigert sich die Autorin genau diesem Dialog. Und straft ihren eigenen Anspruch Lügen.

Warum ich anonym beitrage?

Weil ich genau die Angst habe, für meine Ehrlichkeit und Offenheit einen Shitstorm zu ernten. Für das ist mein Name zu selten.

Die Redaktion kennt meine Erreichbarkeit. Für einen Dialog bin ich gerne offen.

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