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Aber was ist denn die Weltanschauung? Das wir alles gute, emphatische, hilfsbereite Menschen sind? Vielleicht ist das gar keine Weltanschauung, sondern Selbstbetrug. Vielleicht sind wir normale und bequeme Menschen. Und Mitleid mit den Menschen in einem anderen Land zu haben, finde ich nicht angebracht. Ich finde Mitleid nie angebracht.

Ich auf jeden Fall versuche mit dem Bauch und nicht mit dem Kopf zu reisen. Ich wäre nach zwei Minuten wieder raus aus der beklemmenden Wohnung ohne Wlan in der Trabantenstadt gewesen. Ich brauche eine vertrautes, sicheres „Zuhause“ beim Reisen um mich von der fremden Welt zurückzuziehen, die auf mich einprasselt. Ich denke, es geht all den Menschen so, die in einer Wohnung erst mal das Wlan zum laufen bringen.

Und dann gibt es natürlich noch die anderen, die reisen, um das Fremde zu suchen, sich einlassen und darin eintauchen. Das ist sicher sehr schön, wenn man das kann.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Und Mitleid mit den Menschen in einem anderen Land zu haben, finde ich nicht angebracht. Ich finde Mitleid nie angebracht.

Warum nicht? Oder ist es ein Unterschied für Sie, ob es um «Mitleid» (paternalistisch) oder «Mitgefühl» (mitmenschlich) geht?

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S. Bachmann
·

Herr Rebosura

Sie stellen eine gute Frage. So habe ich nachgeschlagen, wie denn Mitgefühl vs Mitleid definiert werden könnte, empfinde ich letzteres nicht per se als herablassend.

Link

Meine zugegebenermassen subjektive Interpretation gemäss Wikipedia wäre demnach, dass Mitleid eine Teilsumme von Mitgefühl ist, die sich jedoch auf die "negativen" Gefühle beschränkt.

Insofern enthalten nach mein Empfinden beide Begriffe menschliche Komponenten; das Paternalistische kann ich nicht erkennen.

Vielleicht können Sie ausführen, was genau Sie damit meinen?

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(durch User zurückgezogen)

Ein riesiger Unterschied. Finde ich.

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Was ich nicht aus dem Text zu lesen vermag, ist, wozu man jetzt 14 Stunden fliegen muss, um eben jene Widersprüche zu erleben, die man ebensogut in der Schweiz oder in einem guten Buch hätte antreffen können. Vielleicht sogar sollen. All die Klimaartikel in der Republik und dann eine Reiseaufforderung hinterher? Das verwirrt ein wenig...

Oder ist dies eine Art Meta-Artikel, der selbst einen Widerspruch in gerade dem Medium darstellt, in dem er über Wiedersprüche aufklären will? Raffiniert!

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Gemäss dem Newsletter E-Mail besucht Herr Strassberger seinen Sohn. “Republik-Hausphilosoph Daniel Strassberg versucht in Mexiko, wo er seinen Sohn besucht, der seltsamen ängstlichen Unruhe auf den Grund zu gehen, die ihn erfasst hat.”
Ich habe den Artikel nicht als Reiseaufforderung zur Selbstfindung verstanden.

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Danke für diesen Artikel. Was mir noch fehlt, ist der Aspekt der Mit-Schuld. Mit 19 Jahren reiste ich für ein halbes Jahr nach Ecuador, um Freiwilligenarbeit in einem Regenwaldprojekt zu leisten (Schutzwald, Tierauffangstation, Primarschule und Ökotourismus sind Teil davon). Die Widersprüche prägten mich. Zu meiner Identität gehört es, anständig und rücksichtsvoll zu sein. Das führte zu zwei Problemen:
Viele anderen Tourist:innen waren das nicht, sondern fielen sehr unangenehm auf. Ich musste mich fremdschämen - aber für die lokale Bevölkerung gehörte ich auf den ersten Blick zu ihnen.
Und dann der Schuldaspekt: Seit Beginn der Kolonialisierung haben Weisse viel Schaden angerichtet, auch in Ecuador. Wie kann ich da helfen wollen? Wie kann ich ecuadorianischen Besucher:innen der Tierauffangstation erklären, dass sie keine Regenwaldtiere halten sollen? (Viel einfacher war es, den westlichen Besucher:innen die negativen Folgen von "Attraktionen" wie Fotos mit Vögeln und Schlangen aufzuzeigen) Die historische Schuld gehört zu meiner Identität, da es Teil meines Weiss-seins ist. Heute noch, weil die globalen Ungleichheiten noch so gross sind.

Deshalb halte ich es nach diesem Liedtext von Bayon (Stell dich mitten in den Regen).

Stell dich mitten in den Regen
Glaub an seinen Tropfensegen
Spinn dich in das Rauschen ein
Und versuche gut zu sein.

Ich versuche es.

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Advocatus diaboli
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Es wird wohl einen Grund geben, weshalb ich bei der Lektüre Ihrer Kolumne an dieses Zitat von Thomas Bernhard denken musste: «Die armen Teufel können sagen vor Gericht, sie seien arm gewesen, die Reichen, reich. Alle mit gleichem Recht. Wie die Dummen, dass sie zeitlebens dumm gewesen sind. Die einen geben an, sie sind zeitlebens benachteiligt gewesen, die anderen geben an, zeitlebens bevorzugt. Alles ist ein Milderungsgrund. Die einen, sie hätten die ganze Welt gesehen, die andern, sie hätte nichts gesehen. Die einen, dass sie eine hohe Schulbildung haben, die andern, dass sie überhaupt keine Schulbildung haben. Der Philosoph, dass er Philosoph gewesen ist, der Fleischhauer, dass er Fleischhauer gewesen ist. Alle diese Leute haben immer ein Alibi. Jede Existenz ist ein Milderungsgrund, mein Herr. Vor jedem Gericht, vor jedem Selbstgericht.» (Aus: Watten)

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Märchentante*onkel
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Die Fleischhauer sind ja in ganz besonderer Weise darauf angewiesen, einen Milderungsgrund vorweisen zu können, aber es gilt wohl auch für die eine oder andere Philosophin.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Und was ist nun der Grund?

Wie dem auch sei: Danke für das lustige Bernhard-Zitat!

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Einen unverdienten 6er im Lotto, wenn hier in der Schweiz geboren und mit sämtlichen Privilegien aufgewachsen. Doch auch hier gibt es genügend Beispiele, um an einer widerspruchsfreien Identität zu ersticken oder diese zumindest ernsthaft in Frage zu stellen.

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einfach jemand
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Anonym 1 ich kann Ihnen zustimmen. Die Verhältnisse im eigenen Land wären gut sichtbar, wenn man das wollte.

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Advocatus diaboli
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Wer heute eine Reise tut, hat schon längst nicht mehr was zu erzählen. In der Regel beschränken sich Reiseerzählungen darauf, wo was wieviel kostet. Die Rucksacktouristen sind diesbezüglich übrigens keinen Deut besser – im Gegenteil. Mindestens 9 von 10 Touristen können mit der von Ihnen beschriebenen Irritation aber sowieso nichts anfangen. Ihr allfällig schlechtes Gewissen ist spätestens beim Einsteigen in das Flugzeug bereits wieder rein – schliesslich haben sie schön brav die CO2-Kompensation für den Flug bezahlt.

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einfach jemand
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Guter Kommentar A. H..

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Even Meier
(ex | they)
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(Manchmal frage ich mich: Ist Daniel Strassberg immer auf der Suche nach einem Thema, zu dem ich eine meiner Grundkritiken anbringen kann - oder bin ich es? Jedenfalls will ich mal wieder einen Gedanken teilen (nachdem es mir seit der jüngsten "Opfer-Täter_innen-Umkehr" im Kommentar hier die Sprache verschlagen hat, offenbar).)

Es dürfte ja nicht weiter erstaunen, wenn beim Zitieren in der Philosophie grossmehrheitlich bis immer - mehrfach - privilegierter Menschen eine Philosophie der - mehrfach - Privilegierten entsteht. Die bereits hier aufgeführte Liste ist erneut dienig:

  • westlicher?

  • gebildeter?

  • vermögender?

  • körperlich nicht eingeschränkter?

  • in der Religionsausübung nicht marginalisierter?

  • nicht illegalisierter?

  • wahlberechtigter?

  • cis?

  • hetero?

  • männlicher?

  • wahrgenommener?

  • ...

Es reicht, nur schon eines dieser Privilegien nicht zu geniessen, und schon manifestiert sich im Leben in dieser Gesellschaft, die Divergenz von

(...) Selbstbild, Selbst­ideal und Verhalten

tagtäglich.

Dazu brauche ich nicht zu reisen. Ich brauche bloss die Augen zu öffnen für die marginalisierten Menschen in de Gesellschaft hier.

Ich bin nicht mehr ich selbst[?]

Da hilft, den Empathieradius zu erweitern, diverse Philosophie zu konsumieren, z. B. hier das Portrait von Adrian Piper. Am Buch Escape to Berlin nage ich noch immer.

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Danke, Even Meier, Sie fassen mein Unbehagen zu diesem Artikel in Worte. Zudem ist das Konzept einer Identität wahrscheinlich eh eine Illusion.

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einfach jemand
·

tagtäglich.

Dazu brauche ich nicht zu reisen. Ich brauche bloss die Augen zu öffnen für die marginalisierten Menschen in de Gesellschaft hier. <

Das gefällt mir sehr.

Ihre Liste wäre noch mit:

  • arbeitender?

  • politisch involvierter?

  • empathischer?

  • erfahrungsgebildeter?

ergänzbar :-)

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Mein Vater musste ins Pflegeheim ziehen und vor zwei Tagen sagte er zu uns:<Ich bin nicht mehr ich.> Dank Ihres Artikels verstehe ich jetzt besser, wie bedrohlich der Wechsel in eine fremde Umgebung, in der andere Regeln herrschen, schon in nächster Nähe sein kann, wenn die eigene Identität in Frage gestellt ist. Danke.

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einfach jemand
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Ihr Vater ist sehr gut zu verstehen.
Alters- und Pflegeheime sind zu profitablen Institutionen verkommen. Der Bewohner wird für jede zusätzliche Tabletteneinnahme zur Kasse gebeten. In den Pflegedokumentationen werden oft Dinge aufgeführt, die nicht der Wahrheit entsprechen. Psychopharmaka (vorwiegend gegen Schlafstörungen) wird verschrieben uvm. Gar solche Medikamente, die abhängig machen.
Keine Zeit für die Bewohner, und das ist nicht dem Personal anzulasten. Der Politik und Trägervereinen, die nur die Rentabilität im Auge haben. Um Bewohner wie Personal kümmern sich die Geschäftsführer:innen wenig bis gar nicht.
Denn Personal und Bewohner sind austauschbar. Seit Jahrzehnten wird das so gemanagt.
Auch die Pflegeinitiative wird das nicht ändern, denn es werden nur Diplomierte berücksichtigt, aber das ist nichts Neues, das stand im Abstimmungsbüchlein.
Die Propaganda und Gegenpropaganda der Politiker:innen und Lobbyreifler:innen regelt fast alles von selbst.
Geht ein selbstbestimmter Mensch nach dem Abendessen unverzüglich ins Bett?

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Keine Zeit für die Bewohner, und das ist nicht dem Personal anzulasten.

Danke, das ist wichtig. Aus eigener Erfahrung:

Geht ein selbstbestimmter Mensch nach dem Abendessen unverzüglich ins Bett?

Es kommt zu einer Art "moralischer Verletzung", wenn man das immer wieder erlebt und selbst auch aktiv "Schuld" daran zu tragen scheint, wie mit den Menschen umgegangen wird. Manche verhärten daran, andere brechen sich wortwörtlich den Rücken, um es noch so gut wie möglich zu machen.

Die Gesellschaft kümmert es nicht, weil man ja selbst nicht betroffen ist, bzw. man auch nicht bereit/fähig ist, es zu bezahlen.

Es gab im Rahmen der Globegarden-Geschichte zB zu Kitas eine Kostenberechnung, wieviel es eigentlich sein müsste - Milliarden, wenn ich mich recht entsinne - wenn man das hier analog aufführen würde, wäre die Altersbetreuung unbezahlbar.

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Ob servieren oder verspeisen, egal
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In der Schweiz-Bubble zu leben macht die kognitive Dissonanz erträglicher, da stimme ich Ihnen zu. Doch bin ich gelinde gesagt irritiert, dass sie diesen Text so widerspruchsfrei niederschreiben. In der Schweiz ''heile Welt'' mit ausgelagerten Widersprüchen und in Mexiko Widersprüche in freier Wildbahn? Verhältnismässig mag dies stimmig erscheinen.

Doch auch in der Schweiz sind sie da, z.T. versteckt, z.T. subtiler und z.T. nur in der kreativen Buchführung zu finden.

Verstehen sie mich nicht falsch, bei all meiner Kritik im Sinne des Artikels: Ich habe ihre anregenden Zeilen mit Interesse und einem Anteil Demut gelesen.

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... ganz zu schweigen vom Widerspruch, einerseits den Fussabdruck verkleinern zu müssen und reisen zu wollen...

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Ein grosses Merci für diese anregenden Gedanken! Sich-Selbst-Sein, Identität, all diese vermeintlichen Sicherheiten können, ja müssen ins Wanken geraten, wenn wir denn wirklich offenen Auges auf Reisen gehen. Es geht im Grunde darum, wie wir mit der Komplexität des Lebens, die uns immer übersteigt und überfordert, umgehen. Im Alltag können wir diese Komplexität herunterbrechen, können uns in einer auf uns zugeschnittenen Welt einigermassen einrichten. Letztlich erweist sich diese eingerichtete Welt aber immer als Illusion. Das einzige, was uns bleibt, ist, dass wir immer wieder aufs Neue versuchen, uns dieser Verunsicherung zu stellen und mit den Abgründen der Komplexität zu leben.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Letztlich erweist sich diese eingerichtete Welt aber immer als Illusion.

Eine Illusion, ja, aber eine not-wendige Illusion ;)

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
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Die Frage ist doch, ob man wirklich ein "Selbst" hat, im Sinne eines realen Vorhandenseins des "Selbst". Ist das "Selbst" nicht eher eine Erzählung, die im Zuge der Auseinandersetzung mit der Umwelt entsteht und laufend angepasst wird, weil sich die Umwelt stetig ändert? Wenn man sich im gewohnten Umfeld bewegt, sind diese Veränderungen der Umwelt gering und nur moderate Anpassungen der Selbst-Erzählung notwendig. Das ändert sich beim Reisen, zumindest wenn man sich nicht nur in der Blase von Luxushotels und Touristencars mit verdunkelten Scheiben bewegt. Dann wird die Erzählung des Selbst in Frage gestellt und muss neu geschrieben werden. Kognitive Dissonanzen (die Widersprüche im eigenen Denken und Handeln) helfen dabei, ein einigermassen stabiles Selbstbild zu erhalten. Aber das ist auch zuhause nicht anders.

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Entzauberte
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Das sind dann die kulturellen und sozialen Anpassungsprozesse, die Ebene der Rollen, wie es andere ausdrücken oder des Selbst etc. Ich lese aber noch eine tiefere Ebene, die Ebene der Integrität. Da geht es nicht um Anpassung sondern um Schutz oder „Würde“ im menschenrechtlichen Sinn. Das empfinde ich als eine ganz andere Dimension.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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«Narratives Selbst» – eine gute und fruchtbare Idee.

Neben der «Semantik» könnte man mit Wittgenstein gesprochen noch die «Grammatik» hinzufügen: die «Lebens-Form», also die Summe bzw. das System aller Denk-, Sprach- und Handlungsregeln, welche im Austausch mit den jeweiligen Umwelten wie Familie, Schule, Peer-group, Arbeitsplatz, «Gesellschaft» sich ausgebildet haben und sich v. a. als Gewohnheit, Normalitäten, Habitus und Ethos bemerkbar machen. Sozusagen das Framework der Erzählung.

Folgenden Satz

Kognitive Dissonanzen (die Widersprüche im eigenen Denken und Handeln) helfen dabei, ein einigermassen stabiles Selbstbild zu erhalten.

würde ich präzisieren wollen mit «Die Reduktion kognitiver Dissonanzen…».

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
·

Das stimmt sicher auch. Aber es ist doch so, dass wir kaum überlebensfähig wären in dieser hyperkomplexen Welt, wenn wir sämtliche Widersprüche in unserem Leben ausmerzen würden. Wir hätten ja kaum noch etwas Anderes zu tun;-) Die Fähigkeit, die Dissonanzen auszublenden oder bewusst mit ihnen zu leben, ist meiner Meinung nach von zentraler Bedeutung für ein stabiles Selbstbild. Das sieht man nicht zuletzt an manchen Politiker:innen und Wirtschaftsleuten.

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Mutter mit 2 Töchtern
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Kann Strassberg gut nachfühlen. Ein Kulturwechsel kann KRASS irritierend sein. Aber auch eine sehr lohnenswerte Reise zu sich selbst und anderen Menschen. Wollte 2012 meine Bruder und seine Familie im Iran besuchen, der dort für eine NGO tätig war. 2 Wochen vorher wurde er mitsamt Familie aus politischen Gründen evakuiert. Was tun? Den Flug verfallen lassen? Oder wirklich allein mit 2 Töchtern (Alter 12, 16) trotzdem reisen, auf eigene Faust?
Wir haben es gewagt. Die Zahlen gelernt, die wichtigsten Redewendungen. Es war kulturell die herausforderndste Reise, die wir je gemacht haben. Wir haben erkannt, an welchen Werten und Traditionen wir in der Schweiz hängen, und was im Iran wichtig ist. Und wie der Blick jenseits der Grenze aussieht, abseits einer politisch aufgeladenen Medienberichterstattung. Paradoxe an jeder Ecke. Wir haben gestaunt, gelernt, und Menschen kennengelernt, die uns verändert zurückgelassen haben, mit vielen Fragen an uns selber.

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· editiert

Wunderbarer Artikel, danke Daniel. In meinem Fall: Thailand lehrt mich Lektionen, die ich zu verdauen versuche. Und das seit mittlerweile 18 Jahren.
Schmunzeln liess mich Dein Satz über Heideggers „blasiertes Geschwurbel“. Wenn selbst Du das findest, muss ich ihn ja nicht verstehen,

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Meine Schwester lebt seit über 40 Jahren in México City als äusserst privilegierte Europäerin.Bei meinen ersten Besuchen hatten wir intensive Diskussionen, weil ich von Besuch zu Besuch merkte, dass sie die Armut der Bevölkerung immer mehr als selbstverständlich hinnahm.
Die meisten Einwanderer aus Europa sind dort sehr reich geworden und haben mehrere Hausangestellte.
Natürlich laufen einem die Händler hinterher, natürlich wollen sie uns „bescheissen“, aber verhandeln um ein paar Pesos mehr oder weniger wollte ich nie.
Ich finde es ist wichtig ,dass wir dadurch , und Ihr Bericht zeigt das, die Auswirkungen des Kolonialismus und Rassismus erkennen.
Ich finde Ihren Bericht sehr gut und habe ihn gern gelesen.

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War es nicht ein Geschenk der Pandemie, dass wir lernen mussten, Widersprüche auszuhalten, auch hier in der Schweiz? Damit umzugehen, dass sich das eigene menschliche Umfeld unversehens in Personen mit den unterschiedlichsten Auffassungen und Praktiken auffächerte, die schlicht nicht mehr miteinander zu vereinbaren waren? In meinem Fall: ängstliche Yogafrauen, coole und pragmatische Ingenieure, genervte Mitreisende, erbitterte Massnahmengegnerinnen, und solche, die sich entschlossen nichts anmerken liessen. u.a.m. Ich fand mich ausser Stand, mir noch eine konsistente eigene Meinung zu bilden und ein konsequentes und doch jeder Situation angemessenes Verhalten zu entwickeln. Ich merkte, dass ich das eigentlich brauche und gern getan hätte ;-) . Trotzdem empfinde ich es als Geschenk, dass mir das verwehrt war.

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Super geschriebener Artikel, der meine Erfahrungen im Ausland (Arbeit und etwas Reisen) super in Worte fasst. Die Widersprüche liessen sich beliebig fortsetzen…

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Diese von Herr Strassberg wunderbar beschriebenen Gefühle sind einer der Gründe warum ich nicht auf Reisen gehe.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Noooo! Warum? Die Erkenntnis, dass wir uns selbst fremd sind (Kristeva), könnte für unser aller Zusammenleben wichtig sein. Die er-fahrende Reise muss ja nicht mal weit gehen oder mit Auto und Flugzeug geschehen!-)

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reist auch oft ohne Ortsveränderung
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Physisch reise ich äusserst selten, und eigentlich nie aus der Absicht heraus, dass ich jetzt reisen möchte, nur noch entscheiden muss wohin. Eigentlich brauche ich eine Einladung oder einen Auftrag, eine zu erfüllende Pflicht, damit ich ein Ticket buche. Jetzt verstehe ich noch ein Quentchen besser, warum ich Reisen "eigentlich" nicht mag. Bewusst war mir schon immer, dass ich nie in meinen Ferien in Länder reisen wollte, wo ich lieber "Entwicklungs-")helferin wäre (blödes Wort, schönes Stigma), oder in dem ich die Sprache nicht verstehe. Also war ich von vornherein eingeschränkt, weil ich ja in meinen Ferien vor allem Erholung suchte.

Jetzt, wo wir älter sind und nicht mehr so sehr auf Erholung vom Alltag angewiesen, beginnen mich wohl diese Zustände, wie D.S. sie beschreibt, zu interessieren. Wennschon, reise ich übrigens am liebsten ganz allein. Vielleicht mache ich einen zweiten Versuch. Der erste fand in Ecuador erfolgreich statt, eine halbe Ewigkeit von fünf Wochen, 2018, ein prägendes und rundum bereicherndes Erlebnis, da war ich schon 64. Danach kam der Flugstreik, und der ist ja noch nicht beendet. Aber auch ich habe eine Tochter, und Freunde, die als Auslöserinnen für überraschende Abenteuer gut sind. Dann werd ich noch ein paar Antennen mehr ausfahren, Dank Strassberg, der die Menschen kennt.

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Vielen Dank für diesen wertvollen Artikel. Genau diese Gefühle der Bedeutungslosigkeit und der Angst kenne ich von meinen Reisen ins ferne Ausland. Ich habe mit jeder Reise mehr und deutlichere Fragen mit mir herumgetragen. Es ist schön, lesen zu können, was ich selber nicht ausdrücken konnte.

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Mitdenker
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Viele Gedanken sind interessant, aber ich teile insbesondere schon formulierte Kritik: Um in der Schweiz noch "mit seinem Gewissen im Reinen" leben zu können, muss man doch ganz schön blind und blauäugig sein. Es stimmt eben nicht, dass wir alle Probleme auslagern... können. Das taufrische Beispiel ist der neue CS-Skandal: unter dem Deckmantel des angeblich immer noch wichtigen Bankgeheimnis wird munter Geld von Despoten und Verbrechern verwaltet und gewaschen. Sei es Sklavenhandel, Nazitum, Missbrauch von Heimkindern..., zu jedem schändlichen Thema hat die Schweiz ihren Teil beigetragen... und es lediglich besser als viele andere verstanden, dies zu kaschieren.
Und noch eine Frage: Wenn schon noch Flugreise und Lateinamerika, warum denn ausgerechnet Yucatan und Cozumel? Wer keine Vorstellung hat, soll mal kurz googeln und sich dann nochmal fragen, ob der Ort geeignet sei, halbwegs vernünftig Urlaub zu machen... oder ein realistisches Bild mexikanischer Gegenwart zu erhalten.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Frage:

Wenn schon noch Flugreise und Lateinamerika, warum denn ausgerechnet Yucatan und Cozumel? Wer keine Vorstellung hat, soll mal kurz googeln und sich dann nochmal fragen, ob der Ort geeignet sei, halbwegs vernünftig Urlaub zu machen... oder ein realistisches Bild mexikanischer Gegenwart zu erhalten.

Antwort:

Ich bin in Mexiko und besuche meinen Sohn.

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Mitdenker
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Das habe ich nicht überlesen, aber das Zimmer, das man "am liebsten gleich wieder verlassen" will, ist doch wohl nicht dessen Wohnung(?) Ich weiss ja nicht, was der Sohn dort macht, aber wenn meiner auf Cozumel Surflehrer wäre, würde ich ihn dort mittlerweile eher nicht besuchen.

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Dass die Angst schon auf der Gangway aufkam, könnte es bedeuten, dass Sie schon wussten, was Sie erwartet, z.B. nach der letzten Begegnung mit einer Bettlerin vor der Migros...?

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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Ja D. H.: auch sie hinterlässt Schuld , wenn ich nicht gebe. Aber will ich die Organisation unterstützen, der sie anghört?

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Dozent/ Fotograf
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Mit der Aussage "Aber will ich die Organisation unterstützen, der sie angehört?" transportieren Sie ein klassisches antiziganistisches Stereotyp, das letztlich zur Kriminalisierung der Armut von Notreisenden führt.

https://www.swissinfo.ch/ger/minder…-/45760760

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Im yogischen Kontext wäre die Fragestellung etwa: Wer bin ich? Woher komme ich und wohin geht die Reise?
Die Ausbildungen/Entwicklungen verschiedener Identitäten in unserer Psyche helfen uns, uns durch das Leben zu navigieren, wie z.B. ich bin Studentin, Reisender, Handwerkerin, Philosoph etc. "Ich weiss wer ich bin". Durch unsere Identifizierungen spielen wir ebenso verschiedene Rollen, wie in einem Theater. In jungen Jahren identifiziert man sich tendenziell eher stärker mit diesen verschiedenen Rollen die man einnimmt. "Im Alter" tut es gut, sich von diesen gespielten Rollen und Identifizierungen bewusst zu verabschieden, denn wir sind sie nicht die Rollen, sondern wir spielen sie nur. Je länger man sich mit solchen Fragestellungen auseinander setzt, je mehr stellt man fest, dass man Rollen spielt jedoch niemand ist, ausser sich selbst. Aber wer ist das Selbst, wenn es keine Rolle spielt, bzw. sich nicht identifiziert?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Je länger man sich mit solchen Fragestellungen auseinander setzt, je mehr stellt man fest, dass man Rollen spielt jedoch niemand ist, ausser sich selbst. Aber wer ist das Selbst, wenn es keine Rolle spielt, bzw. sich nicht identifiziert?

Erinnert mich – wohl nicht zufällig – an das «Nicht-Anhaften» des Buddhismus.

Aber selbst wenn man sich nicht bewusst mit etwas identifiziert: Bleibt da nicht die «Lebens-Form», also die Summe bzw. das System aller Denk-, Sprach- und Handlungsregeln, welche im Austausch mit den jeweiligen Umwelten wie Familie, Schule, Peer-group, Arbeitsplatz, «Gesellschaft» sich ausgebildet haben und sich v. a. als Gewohnheit, Normalitäten, Habitus und Ethos bemerkbar machen?

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Johanna Wunderle
Mensch-Sein ist Mitmensch-Sein
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· editiert

Dieser „Lebensform“ oder Identität ist Maya. Das Selbst ist. Wenn nichts mehr anhaftet und wir reines Selbst sind, ist das Mukti/Erleuchtung.

(Solange ich mich über upvotes freue, bin ich noch nicht dort.)

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Entzauberte
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· editiert

Vielen Dank für diesem Artikel Hr. Strassberg. Sie beschreiben aus dem individuellen Blickwinkel ihren Identitätskonflikt ausgelöst durch die Konfrontation mit dem fremden soziokulturellen Kontext von Mexiko. Wesentliche soziokulturelle Wertedimensionen, wie Gerechtigkeit, erleben sie dichotom zu den ihnen Vertrauten „schweizerischen“. Das liesse sich auch als Kulturschock bezeichnen auf den in aller Regel kulturelle Anpassungsprozesse folgen um Selbstbild, Selbstideal und Verhalten wieder zusammenzuführen.
Ihre Krise geht jedoch noch in eine andere Richtung: Selbstbild, Selbst­ideal und Verhalten sind

„…angesichts der realen Widersprüche auch gar nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dadurch entsteht genau das Gefühl, das Heidegger beschreibt: das Gefühl der Belanglosigkeit und Unbedeutsamkeit der eigenen Existenz.“.

Ich sehe darin auch die Ohnmacht angesichts korrupter, ungerechter, unmenschlicher oder verachtender Systeme. Da stossen wir als einzelne sofort an die Grenzen individueller Möglichkeiten moralisch konsistent zu handeln. Ist das nicht ein wenig wie im „Gute Mensch von Sezuan“? (Brecht)
Eigentlich eine masslose Selbstüberschätzung mich als Individuum für die Rettung der Welt verantwortlich zu fühlen.

Oder nochmals Brecht:
„Doch die Verhältnisse, die sind nicht so.“

Wenn Systeme in die Ohnmacht und Unmenschlichkeit und Zerstörung führen, sind die Systeme zu verändern!
Waren nicht unsere Vorväter in ihrer Vision einer funktionierenden Demokratie gerade da sehr weitsichtig neben Freiheit und Selbstverantwortung die Solidarität (edit: mit den Schwächeren) und die Gleichheit (vor dem Gesetz) in den Verfassungen als Aufgabe des Staates zu verankern?
Ich müsste die Welt dann nicht alleine retten sondern Wege finden, das gemeinsam mit andern zu tun. Das wäre zumindest resilienzfördernd und wohl letztlich auch identitätsdtärkend.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

Was Du «in der Fremde» er-fahren hast, Daniel, ist blasiert geschwurbelt weniger die Angst vor der absoluten Sinnlosigkeit Deiner Existenz, sondern vielmehr, technokratisch-nüchtern gesagt, die «doppelte Kontingenz». Also nicht die Angst vor dem Nichts, dem Nicht-Sinn und vor dem Tod, sondern die Angst vor Allem-Möglichen, Noch-nicht-Sinn und dem offenen Leben. Dabei fällt man schon mal aus dem «Takt».

«Doppelte Kontingenz» ist idealtypisch immer dann gegeben, wenn zwei gänzlich Unbekannte («Ego» und «Alter Ego») sich begegnen und dabei völlige Ungewissheit und Unsicherheit vorherrscht – also auch volles potenzielles Risiko. Denn in dieser «Situation» gibt es weder Erwartungen noch sog. «Erwartungserwartungen» («Ich handle so, aufgrund der Erwartung, dass Du dieses von mir erwartest»), kurz, stereotype Verhaltensnormen, Rituale, Regeln, Routinen, Takt. Diese geben Sicherheit in Form von Komplexitätsreduktion und Kontingenzbewältigung.

«Doppelte Kontingenz» ist aber auch konstitutiv, d. h. grundlegend, nicht nur für Identitätsbildungen, sondern für «soziale Systeme» überhaupt. Und durch die neuerliche Erfahrung «doppelter Kontingenz» könnte, Offenheit vorausgesetzt, auch ein neuerlicher Anfang für die Identitätbildung sein. Oder zumindest der Anfang für die Erkenntnis sein, dass die jetzige Identität kontingent ist, also nur eine von vielen alternativen Möglichkeiten, welche auf vielen Voraussetzungen beruht (Zufälle, Privilegien usw.).

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Wer mehr wissen will, hier noch etwas technokratisch-nüchternes «Geschwurbel» (konsumistischer Neologismus für alles, was man nicht sofort versteht) von Niklas Luhmann:

«Doppelte Kontingenz» ist konstitutive und auf Dauer gestellte wechselseitige Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit der Beziehungen zwischen Sinnsystemen. Sie steht für die Universalität kontingent-selektiver Möglichkeiten des Erlebens und Handels, kurz von Sinn.

Soziale Systeme entstehen jedoch dadurch (und nur dadurch), daß beide Partner doppelte Kontingenz erfahren und daß die Unbestimmbarkeit einer solchen Situation für beide Partner jeder Aktivität, die dann stattfindet, strukturbildende Bedeutung gibt.

In sozialen Systemen trägt jeder Teilnehmer der Tatsache Rechnung, daß andere auch anders handeln können. Jeder kann sein Verhalten also erst festlegen, wenn er weiß, wie andere ihr Verhalten festlegen; aber das Umgekehrte gilt ebenso.

Wenn ein System sich dem Regime doppelter Kontingenz unterstellt, heißt das, daß es im Modus selbsterzeugter Unbestimmtheit und entsprechender Unsicherheit operiert. Es gibt sich, anders gesagt, eine Zukunft.

Eine der wichtigsten Folgen doppelter Kontingenz ist die Entstehung von Vertrauen und Mißtrauen. Sie tritt auf, wenn sich das Sich-Einlassen auf Situationen mit doppelter Kontingenz als besonders riskant empfunden wird. Der andere kann anders handeln, als ich erwarte; und er kann, gerade wenn und gerade weil er weiß, was ich erwarte, anders handeln als ich erwarte.

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Putin setzt Luhmanns These z.Z blendend ein. Was wäre die beste Erwiderung der Gegenseite? Heiligsprechung vielleicht?

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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VON D. F.: Mit der Aussage "Aber will ich die Organisation unterstützen, der sie angehört?" transportieren Sie ein klassisches antiziganistisches Stereotyp, das letztlich zur Kriminalisierung der Armut von Notreisenden führt.

ich habe mich geschämt, echt geschämt, dass ich eine diskriminierende, rassistische Bemerkung machte, ohne es zu merken, und bin immer so sicher, nichts Rassistisches in meinem Denken und Fühlen zu haben

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einfach jemand
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Merci, Herr Strassberg, für diesen tiefgründigen Artikel. So fühle ich mich oft. Muss gestehen, diese Gedanken unterdrücke ich, wenn möglich. Ferien oder Aufenthalte sollten (nach Lehrbuch/Diskussion) entspannend sein.
Darum bin ich oft gar nicht ausgeruht und entspannt, wenn ich heimkehre.

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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Fast der ganze Artikel hat mich sehr gepackt und nachdenklich gemacht… ''Wir hier' gehören zu denen, die viel haben. Die die nichts haben sind nicht in Widersprüche verstrickt - sie sind nur wütend und neidisch. — zu Recht, nur hilft das Recht nicht. Wo ist das Geld, das nicht (gerecht) verteilt wird? Die Armut macht einen grossen Teil des Problems. Zur Zeit wird - nur z.B. - den privilegierten Afghanen, die in der Schweiz studieren wollen, mit viel Geld geholfen. Und den übrigen? Die Natur segnet uns mit Genen von Gesundheit und Intelligenz. Sie segnet uns auch mit Eltern, die uns fördern, anstatt zu schlagen. Schlagen der Kinder geschieht vermehrt , wenn man von der Natur nicht gesegnet ist. Armut und andere Ungerechtigkeiten! Auch die Bettler werden betrogen und über den Tisch gezogen — von den Organisationen, denen sie sich anschliessen.
Immerhin kämpfen wir dauernd gegen unsere Schuldgefühle. Sie plagen uns bis in die Träume hinein. Vielleicht ist hier der Ausgleich der Un-Gerechtigkeit!! Vre

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Anregende Gedanken! Wecken in mir die Idee, meine Identität sei der Widerspruch an sich. Alles, was ich denke, fühle basiert auf einem Hintergrund, der gleichzeitig da ist. „Weisser Adler auf weissem Grund“ gibt es nicht.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Das Bild, dass Sie von Ihrem Selbst haben, ist nicht das Selbst, denn Fremde sind wir uns selbst.

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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Daniel Strassberg hat uns etwas eingebrockt :-). Ich würde mir im Gegenzug von ihm einen live Workshop wünschen Thema z .B: das Böse oder Freiheit oder Schuld / Scham oder Natur / Kultur oder (wie) werden wir den Widerspruch in uns los?

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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oder über Jakob/Esau und Isaaks Ratschlag…

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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Die Natur ist wertfrei und bewirkt das Böse.

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einfach jemand
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Anonym 2 Ihren Satz verstehe ich nicht. Dem unteren Kommentar kann ich folgen und auch zustimmen.
Könnten Sie das Böse etwas umschreiben?
Meinen Sie es in etwa so. Wie wir mit der Natur umgehen, so reagiert sie auf uns.
Beuten wir sie aus, reagiert sie mit Naturkatastrophen?

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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schon eine Art Ausbeutung der Natur, aber nicht so einfach, sondern noch umfassender… Solange wir die Sklaven unserer Ängste sind, solange werden wir auf alle Arten die Natur ausbeuten, inklusive den Menschen selbst, der Natur ist, mit der Gabe von Denken, Machtmissbrauch, 'Raffinesse' …. Krieg, aber auch Mutter Theresa-Handlungen ...

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grossmu., berufsfr., polit. sensible Fr.
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Ich bin schon hoffnungslos in meinen Gefühlen verstrickt, genau wie Dani Strassberg es mit seinem Artikel anstrebt :-)
Das Böse --- In der Natur gibt es das Böse nicht. Die Natur ist wertfrei. Das Böse muss also aus der Kultur, aus unserem Denken, kommen, wobei Natur und Kultur miteinander verwoben sind. Die Ethik versucht das Böse zu verhindern. «Respektiere das Leben des andern». «Respektiere das Territorium des andern» usw. 'Kontrolliere deine Affekte'. 'Handle nicht aus deinen Affekten' u v m. Für mich eine der interessantesten Geschichten zum Thema ist ‘Jakob und Esau’. Jakob führt (mit Hilfe der Mama) den Vater wissentlich und schlau in die Irre und bringt Esau um seinen Erstgeborenen Segen. (ist Schlauheit böse??) — Esau war nicht 'schlau', als er zum Sklaven seines Hungeraffektes wurde - ). Wir aber werden sehr wütend, nehmen Stellung gegen Jakob, und vergessen, dass Esau mit verantwortlich ist an seinem Schicksal. Im Moment, wo er im Hunger-Affekt sein Erstgeborenen Recht für einen Teller Linsen verkauft, verspielt er es. Kurz darauf gibt der Vater, Isaak, dem verzweifelten Esau den Rat, der vielleicht zum Verhindern des Bösen helfen und den Menschen frei machen könnte: ...du wirst deinem Bruder dienen. Doch wenn du dich losreisst, wirst du sein Joch von deinem Nacken schütteln…

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Charles Geiger
u.a. Digitalpolitik-Berater
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· editiert

1989-90 lebte ich 10 Monate in Honduras als Mitarbeiter der Schweizer EZA. Ich verstehe das mulmige Gefühl des Autors sehr gut. Ich kam via die USA nach Honduras und fand in den ersten Tagen, das ist ja fast wie in den USA, nur etwas chaotischer. Spanisch spricht man ja schon am Flughafen von Miami, also was soll's. Mehr und mehr kamen aber Zweifel auf. Nach einigen Wochen verstand ich mein Gastland nicht mehr. Insbesondere die latente Gewalt, die man überall fühlte (und die heute wohl noch ausgeprägter ist, mit den Maras) machte mir zu schaffen. Es ist nicht Furcht, aber es ist eine latente, niederschwellige Angst, man hat das Gefühl, die Realität nicht ganz zu erfassen. Nach einigen Monaten kam mir langsam zum Bewusstsein, dass es mit der Erde (ich meine nicht den Planeten) zu tun hat.Nicht nur Nordamerika, auch Mesoamerika und Südamerika ist „Turtle Island" (Gary Snyder), die ganze Geschichte ist komplett anders, auf eine andere Art und Weise gewalttätig (unsere westliche Welt war und ist es auch, aber die Welt der Indios war es auf eine andere Weise). Diese Wurzel-Geschichte setzt sich fort, die westliche Zivilisation ist in Mesoamerika eine dünne Tünche. Der Tod ist allgegenwärtig, Tag und Nacht. Die Nächte vibrieren, jedermann ist bewaffnet , der Señor mit einer Pistole, der Nachwächter mit einem Revolver, der Campesino mit einer Machete. An jedem Supermarkteingang steht ein Wächter mit einer alten Flinte. Für die Honduraner und Honduranerinnen ist das normal. Das Leben ist nun mal so. Natürlich war die Kolonialisierung sehr brutal und blutig in Las Americas (Zentral- und Südamerika). Aber die Wurzeln gehen tiefer, in die Zeit der Mayas, der Inkas, der Azteken. Die Erde ist rot. Danke für diesen Artikel.

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Wow ... und nach dem "Schalttag" des 24.2.2022 erlebe ich meine persönliche Befindlichkeit auch in der Schweiz nicht mehr als völlig integriert und unbestritten.
Die Gedanken-Beispiele von Daniel Strassberg sind deshalb so interessant, weil sie erst in Mexiko so erlebt werden und die volle Wirkung des Identitätsverlustes "entfalten" können. Und was sagt dieser Identitätsverlust dem hellhörigen Weltbürger in der Schweiz? Dass seine Weltbeziehung irgendwie höchst unvollständig und unrealistisch ist, in einem bestimmten Sinne sogar unbedeutend erscheinen muss! Der Dichter und Philosoph Edouard Glissant nimmt mich in seinem Buch "Philosophie der Weltbeziehung" auf eine ähnliche Gedanken-Reise mit. Noch bin ich unterwegs, aber der Satz von "der Weltbeziehung als realisierte Quantität aller Differenzen auf der Welt" weist den Weg - von den Differenzen zu den Diversitäten, die wir aushalten aber auch akzeptieren müssen. So könnte Identität für Alle möglich sein!

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Es ist wahrscheinlich nicht die Sinnlosigkeit, sondern die Machtlosigkeit als Einzelperson, die Sie quält.

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