Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!

DatenschutzFAQErste-Hilfe-Team: kontakt@republik.ch.



Die Reaktion der Politik müsste umgekehrt analysiert werden: Überraschend war das relativ konsequente Handeln in der ersten Welle. Da wurde Gesundheit über die Wirtschaft gestellt, diese Unverschämtheit ist nun wieder weitgehend korrigiert. So neoliberal ist die Schweiz eben, keine 6 Wochen Ferien, kein CO2 Gesetz, keine Konzernverantwortung.. also wen wundert die aktuelle Politik?

Immerhin dürfte die Pflegeinitiative angenommen werden. Ein kleiner Lichtblick..

32
/
1
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

Überraschend war das relativ konsequente Handeln in der ersten Welle.

In der Tat. Man erinnere sich an den Chor derjenigen, die stets laut gegen die Massnahmen des Bundes schrien – und an dem sich leider auch manch staatskritisch sich gebendes und um verlorene Dividenden sich fürchtendes Medium beteiligte. Insbesondere in der Kakophonie vor der 2. Welle.

Das Resultat waren ständige Selbst-Widersprüche. Wie Cédric Wermuth in einem Tweet die Parolen der SVP wiedergab [von mir erläuternd ergänzt]:

  • Sofort alles schliessen! [Die Ausländer bringen Corona rein!]

  • Sofort alles aufmachen! [Die Inländer haben alle Freiheiten!]

  • Sofort alle Masken! [Das ist die günstigste Massnahme!]

  • Sofort weg mit den Masken, das ist Kommunismus!

  • Sofort weg mit allen Einschränkungen! [Das ist Diktatur!]

  • Sofort durchgreifen und alle Veranstaltungen verbieten! [Solange es nur Clubs und Kultur betrifft!]

  • [Sofort lockern und alle Veranstaltungen erlauben! Da es auch Beizen und Spiele betrifft!]

Ihre SVP, März–Juli 2020. Ihre Krisenpartei

Diese sich selbst widersprechenden Botschaften durch Parteien und Medien trugen ebenfalls dazu bei, dass selbst wenn die Behörden klar kommunizierten, keine klare Botschaften beim Sender ankommen konnte.

Ein Stichwort wäre hier der «Double-Bind». Auf Dauer hat dies labile oder destabilisierte Persönlichkeiten zur Folge, die durch suggestive Methoden stark beeinflusst werden können, dergestalt, dass sie sich stark an Autoritäten und ihr Umfeld anpassen, um die kognitive Dissonanz zu reduzieren.

Deshalb ja, die Bund und Behörden hätten oft klarer kommunizieren können. Aber auch Parteien und Medien tragen als opinion leaders und «Multiplikatoren» in ihrer jeweiligen Öffentlichkeit eine Mitverantwortung.

27
/
0
· editiert

Nun, es ist schon so, man könnte verzweifeln, wenn man die Prognosen der Wissenschaft eng verfolgt und erlebt, wie trotzdem in jede Welle einfach so reingeschlittert wird. Pandemisches Geschehen, das Aufbauen einer Welle aus dem scheinbaren Nichts ist für alle kontraintuitiv. Wir sind gewohnt, dass 70% eine stabile Mehrheit ist. Aber für das Virus sind die restlichen 30% ein Riesentummelfeld. Das ist nicht "im Gefühl". Genauso wenig exponentielles Wachstum. Der Mensch kann solche Vorgänge nicht einfach "nachfühlen". Auch offenbar nach dem 3. erlebten Mal nicht. In Frühzeiten waren längst alle tot, wenn sie die Welle unvorstellbar rasch traf. Es konnte nicht in die kulturelle DNA eingehen. Auf das ist unser in diesen Zeiten nicht nur von Impfgegnern so vielbeschworenes "Bauchgefühl" nicht trainiert, also ein völliger Versager. Bis vor kurzem legte man solche Ereignisse einfach in die Hand von irgendeinem Gott. Nun eben wie im Text angetönt, eher ins "Russische Roulett". Vielleicht triffts uns nicht.
Unsere Politiker sind da nicht anders. Den Unterschied zu anderen Ländern sehe ich auch im ausgeprägten Föderalismus und der direkten Demokratie. In der Schweiz wird nicht bundesweit politisch führen gelernt. Bundesräte tun es eher "on the job", soweit es nötig ist. In "normalen" Zeiten ist das meist nützlich. Jetzt nicht. Man kann es jetzt aber niemandem ankreiden, Verantwortungsdiffusion stellt sich immer ein, wenn Verantwortung unklar ist. Und die meisten tun dann - in sozialpsychologischen Experimenten gut belegt - nichts. "Sollen doch erst die anderen, und überhaupt..." Schon gar nicht, wenn man in einer Kultur lebt, wo es gar nicht gern gesehen wird, wenn einer den Kopf etwas höher streckt als die anderen. Das ist die Schweiz. Immer etwas "Höselerkultur". Man/frau kann es gutheissen, akzeptieren, oder sich schämen, oder auswandern. Ich weiss immer noch nicht, was davon ich tun soll..

91
/
4

Danke für Ihre spannenden Überlegungen!
Ich frage mich, ob wir im Fall von ausgeprägtem Föderalismus und direkter Demokratie überhaupt von "den Politikern" sprechen sollten (Sie tun das in Ihrem Text nicht). Verlangt diese System nicht von jeder Bürgerin bzw. jedem Bürger stets immer auch selbst Politikerin bzw. Politiker zu sein? Können wir in einem solchen System das Politische (zwischen den Wahlen und Abstimmungen) delegieren? Überlassen jene, die sich nicht als Politiker sehen (vielleicht fahrlässig) den politisch Aktiven das Spielfeld - und damit eventuell einer Minderheit? Nehmen sich in der aktuellen (Krisen-)Situation vielleicht auch all jene aus der Verantwortung, die sich nicht aktiv am politischen Diskurs beteiligen? Können sich Regierungen in diesem System auf die schweigende Mehrheit verlassen/berufen, wenn die politische Diskussion von lauten Minderheiten geprägt wird?

15
/
0
· editiert

Ich weiss doch auch nicht, was zu tun wäre, damit die positiven Seiten des Systems erhalten bleiben und die negativen verschwinden/reduziert werden... und so etwas nie mehr passieren kann. Sicher mal ein griffiges Pandemiegesetz, das Führung so zwingend und konkret in Stufenplänen vorschreibt, dass es nicht mehr sehr viel Interpretationsspielraum gibt und es immer weiter zurückgeschoben werden kann. Das ist für viele aber bereits "too much" Staat. So etwas muss ja auch zuerst durch die ganzen direktdemokratischen Mühlen kommen... wo eben Jede/r ein/e Politiker/in ist. Vielleicht braucht das ja auch wie fast alle Initiativen, 3 Anläufe. 3 Pandemien! Puh!
Ziemlich sicher bin ich aber, dass bei Verantwortungsdiffusion der reine Zufall ein viel zu grosses Gewicht hat.

18
/
0

Ihre Fragen haben natürlich alle eine Berechtigung. Als "Gesamtpaket" ist das System direkte Demokratie wohl eine Minimierung der "Politiker/in" als besondere Rolle. Und trotzdem muss die Rolle in vielen Geschäften delegiert werden an eine beschränkte Anzahl (gewählter) Personen. Basisdemokratie in allen Belangen ist (für viele "leider") auf Dauer völlig alltagsuntauglich. Haben wir in den 60ern/70ern geübt und bitter die Grenzen erfahren. Schwerfällig, zufällig, instabil, innert kurzer Zeit hoffnungslos in Flügel und Konflikten zerstritten und meist extrem ineffizient, ab einer gewissen Grösse des Wirkungskreises. Meist auch in kleinen. Für Menschen eine Überforderung auf Dauer. In einem kleinen Land kann es aber recht viel Mitbestimmung vertragen. Die Logistik kommt noch mit.
Zentralistische sehr eng geführte Länder mit starkem "Leadsership" sind oft ja sehr grosse Länder. Zumindest, was die Person zuoberst betrifft.
Es gilt, sich irgendwie das richtige Mass an Delegation (Parlament, Regierung) und direkte Bevölkerungs-Mitbestimmung zu erhalten.
Pandemiezeiten sind aber wohl analog zu Kriegszeiten zu behandeln, nicht wie normale politische Geschäfte.

12
/
1

Danke für die schöne Wortschöpfung Höselerkultur.
Die einschlägigen Suchmaschinen kennen offenbar das Wort noch nicht, nur im Schweizerischen Idiotikon findet man bei der Suche nach Höseler den Begriff Höselersach mit der Bedeutung "Stümperei. [Ein zu rasch erlerntes Handwerk]" und natürlich Höseler mit unter anderem der Bedeutung "Furchtsamer Mensch", den Synonymen "Goggöli, Hösi, Hösli, Fötzel" sowie dem Beleg: "Die Knechte von heutzutage seien wahre Höseler und nehmen vor einem Ziegenbocke Reissaus."
Edit: Klammer bei Link geflickt.

12
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

(Neo-)Liberalismus = Strukturelle Verantwortungslosigkeit (Privatisierung, Marktgesetze) + Individualisierung der Verantwortung und Schuld (Maximierung der eigenen Gewinne, Externalisierung der Verluste).

Diese «Wertepräferenz» zeigte sich in aller Deutlichkeit bereits in der Finanzkrise, nun auch in der Coronakrise und noch viel länger wird sie sich in der Klimakatastrophe zeigen.

86
/
2

Ich weiss, dass das Folgende Emotionen hochkochen lassen wird, dennoch: Nein, es ist nicht der Neo-Lineralismus, sofern man eine historische Definition dieses Begriffs zugrunde legt (und nicht die wohl bewusste Verfärbung im politischen Diskurs, die auf eine Umdeutung des Begriffs ab ca. Anfang der 80er-Jahre dank Reagan und Thatcher zurückzuführen ist.). Der Neo-Liberalismus im Sinne der ordoliberalen Schule basiert auf der Erkenntnis, dass ein „laissez faire“ Liberalismus nicht funktioniert und eben genau soziale und ökologische Externalitäten erzeugt. Ökonomen wie Müller-Armack, der das Fundament der Sozialen Marktwirtschaft für Ludwig Erhard erarbeitet hat, wären entsetzt über das, wie der Begriff heute gebraucht - und noch schlimmer: gelebt wird.
Freiheit gerade im Wirtschaftlichen funktioniert nur mit Verantwortung. Das bedeutet auch mal etwas nicht zu machen, auch wenn es rechtlich (noch) möglich wäre. Manche „Vulgär-Liberale“ (m.E. der passendere Begriff als Neoliberale) sollten nicht nur ihre „Bibel“ „The Wealth of Nations“ von Adam Smith lesen, sondern auch das für das Verständnis notwendige Vorgänger-Werk „The Theory of Moral Sentiments“.
Daher: Es ist nicht der Neo-Liberalismus, sondern das, was einige aus ihm gemacht haben.

18
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Keine Sorge, dazu bräuchte es wesentlich mehr ;) Wenn wir stets «die reine L.» als einzig legitime Trägerin für «-Ismen» zulassen würden, müssten wir ständig überall das Präfix «Vulgär-» hinzusetzen: Vulgär-Liberalismus, Vulgär-Sozialismus, Vulgär-Konservatismus, Vulgär-X-Ismus… Das macht offensichtlich keinen «Sinn», weshalb wir wir dies im «normalen» Sprachgebrauch nicht tun (vgl. Wittgenstein).

Denn das Paradigma für eine vielfältige Gruppe ist aber nicht immer der «Ursprung», sondern oft das «Wirkmächtigste» – und leider damit oft auch das «Lauteste». Das Paradigma, also das, woran man als Definierendes denkt, wenn man einen Namen hört, ist damit nicht die rheinische «reine L.» – die so «rein» nicht war –, sondern die «vulgäre» Chicagoer Schule, die Reaganomics und der Thatcherismus.

Aber Sie haben natürlich recht, dass man zumindest in historischer Hinsicht differenzieren sollte, mindestens: Ordoliberalismus der Freiburger Schule und der Rheinische Kapitalismus (Soziale Marktwirtschaft), Rechts-Libertarianimus der Chicagoer Schule und der Anarcho-Kapitalismus (Radikale Marktwirtschaft).

Wer mehr wissen will:

17
/
2
Fachperson an diversen Schulen
·

"Die Pandemie bringt gewisser­massen unser moralisches Unbewusstes an den Tag. Sie zeigt, was wir gerne in Kauf nehmen – solange wir unmittelbar nicht verantwortlich sind. Der Befund dieser moralischen Tiefen­bohrung scheint in der Schweiz besonders ernüchternd zu sein." (Zitat Binswanger)

Stationen einer in Kauf genommenen Durchseuchung im Kanton Bern (diese Woche mehrmals in den Medien) hier mit Blick auf die letzten Wochen:
• Seit vor den Herbstferien sämtliche Massnahmen in den Schulen aufgehoben ausser Lüften und Hände waschen (was nur die wenigsten machen)
• Erhielt einen Rüffel eines Schulleiters als ich mich mit Erkältungssymptomen testen liess
• Keine Massentests mehr, Ausbruchstests erst nachdem schon fast alle in der Klasse angesteckt sind. Resultate kommen dann erst noch viel zu spät - inzwischen sehr viele zusätzliche Ansteckungen
• Keine Quarantäne bei fast vollständig positiven Klassen, auch nicht für Eltern von positiven Schülern
• Logopädin arbeitet diese Woche schwer erkrankt mit Kindern ohne Maske und weniger als einem Meter Abstand, Schulter an Schulter am kleinen Tischchen (fiebrig, keine Stimme vor Erkältungssymptomen, sagt selber als ich ins Zimmer kam, sie müsse jetzt dann doch nach Hause, sie sei sehr krank)
• Fenster im Klassenzimmer auch in der grossen Pause geschlossen – jetzt ist es ja wieder kalt
• Kollegin öffnet in der Pause im Lehrerzimmer das Fenster, die nächste, die hineinkommt schliesst es gerade wieder, es sei zu kalt - in andern Lehrerzimmern habe ich noch nie ein offenes Fenster gesehen.
• Das Virus grassiert innerhalb einer Woche in allen Schulhäusern in welchen ich ein und aus gehe (1. - 9. Klasse) – immer noch weder testen noch Masken
• Nach Kritik der Elternschaft (In "Schweiz aktuell" in dieser Woche): Quarantäne wird wieder in Betracht gezogen, falls 50% der Klasse positiv getestet wird (aber es testet ja immer noch niemand - solange nicht getestet wird, existiert Corona nicht. Es kann ja auch alles mögliche andere sein.)
• Offizielles Contact tracing im ganzen Kanton: es werden nur noch die positiven Testresultate den Betroffenen kommuniziert. Was hat das noch mit Contact tracing zu tun, Laborresultate kommunizieren macht jeder Arzt? ... und trotzdem wird von offizieller Seite her mit einer Selbstverständlichkeit behauptet, das Contact tracing funktioniere im Kanton Bern einwandfrei (srf Beitrag).

Ich trage seit den Herbstferien wieder Maske, da ich in diversen Schulhäusern arbeite und leider zwei Vorerkrankungen habe.
• Seither werde ich von einigen mehr oder weniger geschnitten
• Auf meine Bemerkung, wie schnell es jetzt in jedem Klassenzimmer positive Fälle gegeben hat, die lapidare Antwort einer Lehrerin: Das ist super, es müssen ja mal alle angesteckt werden (etliche Lehrpersonen sind nicht geimpft) In diesem Kreis völliges Unverständnis über meine Bedenken
• Auf meine Bemerkung wegen des Risikos, das auch Kinder hätten: blosses Schulterzucken...

Danke Herr Binswanger für Ihre klaren Worte über die implizit gelebte oder oft sogar explizit formulierte Wertehaltung zu Solidarität, Gemeinschaft und unsern Umgang mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Es macht mich nur noch traurig und weckt Gefühle der Ohnmacht.

Meine Impfungen liegen über ein halbes Jahr zurück, bin noch nicht 65 Jahre alt und kann wohl noch lange nicht boostern. Wo liegt meine Möglichkeit zur Eigenverantwortung ausser bei der Maske (mit sozialen Folgen), wo liegt meine Freiheit - ich muss ja arbeiten? Was ist eigentlich mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers? Wo die Pflicht des Kantons/der Schulen die Gesundheit der Schüler zu schützen?
Wurden die Eltern je über diese Durchseuchungsstrategie informiert? Oder sogar um ihr Einverständnis gebeten? Sonst muss man für jede Fotografie, die man im Rahmen eines Ausflugs von den Schülern macht, das schriftliche Einverständnis der Eltern einholen...

Und last but not least: Es besteht ja eine Schulpflicht/Arbeitspflicht – Eltern und Lehrpersonen haben keine Wahl.

79
/
0
ronald wüthrich
schirmträger
·

tja herr binswanger, warum wandern sie nicht einfach aus, z.b. nach österreich, dort wird durchregiert, oder zumindest sowas versucht ...

8
/
83

Früher war noch die Sowjetunion die Ausreiseempfehlung an Kritiker, jetzt ist es bereits Österreich... wir kommen der Sache offenbar näher.

75
/
1

Wir erleben einen Kampf vieler Schweizerinnen und Schweizer für die eigenen Gefühle und gegen Wissenschaft und Vernunft.

Sie möchten keine Anweisungen befolgen und nicht vernünftig sein.

Sie wollen sich lieber frei und unabhängig fühlen.

Dazu müssen sie dagegen sein.
Zuerst gegen den Lockdown. Dann gegen die Masken. Jetzt gegen die Impfung und das Zertifikat. Und sie werden sich auch gegen die nächste wirksame Massnahme stellen. Weil sie vorgeschrieben wird.

Pferdeentwurmungsmittel, Chlor und Silber ziehen sie der Impfung vor. Weil Medien, Wissenschaft und Staat es nicht empfehlen. Alles ist für sie besser als das, was Medien, Wissenschaft und Staat empfehlen. Das entwerten sie lieber als "Mainstream" und "Diktatur".

Die politische Partei dieser Menschen ist die SVP. Ihre Wählerinnen und Wähler lehnen die Impfung doppelt so häufig ab wie die Wähler aller anderen Parteien. Und ihre Vertreter - Fraktionsvorsitzender, Parteivorsitzender, Nationalräte, ein Bundesrat - kämpfen konsequent gegen Anweisungen und Vernunft.

Dass sich in den Sozialen Medien Hass, Empörung, Abgrenzung und Überraschung besser verbreiten als Ausgewogenheit und Entgegenkommen, macht dieses Freiheitskämpfer-Cosplay besonders erfolgreich.

Im politischen Alltag ist das nicht so sichtbar.
Aber das Corona-Virus gibt uns ein direktes feedback zu unserer Handlungsfähigkeit als Volk und Staat.

72
/
0

Ich habe schon einmal auf einen psychologischen Mechanismus verwiesen, der m.E. unser halbes Leben erklärt: die kognitive Dissonanz-Reduktion. Leisten Sie sich dazu einen Nachmittag mit der Wikipedia und dann quer durchs Internet.

Wenn wir jemandem ein Geschenk machen, so finden wir diese Person nachher besser. Wenn wir jemanden verletzen, so finden wir diese Person nachher schlechter. Wenn wir Geld in eine Aktie investieren, so finden wir diese besser und werden mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit weitere Aktien kaufen, wenn der Kurs fällt. Wenn man Kleinkindern verbietet, mit ihrem Lieblingsspielzeug zu spielen und harte Strafen androht und bei einer anderen Gruppe geringe Strafen, so haben die mit der harten Strafdrohung einen guten Grund zu gehorchen, die mit der geringen Strafdrohung einen weniger guten Grund. Also werden diejenigen der zweiten Gruppe, die gehorchten, ihr Lieblingsspielzeug nachher nicht mehr so gut finden. Das und weiteres ist in vielen Studien bestätigt worden.

Wer sich nun aus Unsicherheit gegen Corona-Massnahmen ausspricht und verhält, wird mit jedem solchen Entscheid seine Position verhärten. Wie die Kindergruppe mit den harten Strafdrohungen zeigt, ist es für diese Personen eine Entlastung, wenn sie einfach müssen. Sie mussten, sie überlebten es unbeschadet, sie können normal weiterleben.

25
/
0

Genau: Kognitives stört nur.

Das wird dann abgewehrt, wahlweise als:
Lügenpresse/Schlafschafe/Mainstreammedien/ Schulmedizin/Bigpharma/Globalisten/ Jüdischeweltverschwörung/5GBillGates…

18
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Einmal ist Keinmal
Zweimal ist Zufall
Dreimal ist ein Muster
Viermal ist… Ach, Verdammtnochmal!

68
/
2

Hundertmal ist Tradition, Tradition ist gut. :-(

21
/
1
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Der Soziologe Oliver Nachtwey sagte bereits im Republik-Interview vor eineinhalb Jahren:

Jetzt, wo wir das geklärt hätten: zu wenig Betten, zu wenig Personal, zu wenig Masken, zu wenig Medikamente und das knappe Personal auch noch schlecht bezahlt – wie ist ein derartiger Mangel im Gesundheits­wesen in reichen Gesellschaften möglich?

Der Mangel ist politisch hergestellt. Die Doktrin dessen, was wir allgemein als Neoliberalismus bezeichnen, bestand in den letzten dreissig Jahren darin, den Staat und vor allem die öffentliche Daseins­vorsorge zurück­zubauen und die Qualität der Vorsorge, ihre gesamte Architektur, nach Markt­prinzipien zu organisieren unter der Frage: Rentiert sich das Ganze? Die Folge war global betrachtet ein starker Abbau oder Umbau der Gesundheits­systeme. Gerade Spanien und Italien erlebten nach der Finanz­krise 2008 durch die aufgezwungenen Spar­massnahmen einen dramatischen Abbau. Die Schulden­tilgung hatte zur Folge, dass Tausende Kranken­haus­betten und der Bestand an Ärzten sowie Pflege­personal massiv abgebaut wurden.

Dann kam das Virus.

Dass so viele Menschen am Corona­virus sterben, hängt mit der Austeritäts­politik der vergangenen Jahre zusammen. In den USA war die Entwicklung nicht anders: ein massiver Umbau des Sozial­systems. Ähnliches haben wir auch in der Schweiz und in Deutschland erlebt: einen massiven Rückbau der Krankenhauskapazitäten. Der starke Abbau durch den Neoliberalismus betraf zentrale Infra­strukturen des Alltags­lebens in den westlichen Gesellschaften. Die Krise, die wir jetzt erleben, wurde zwar durch ein Virus ausgelöst. Aber die Härte, mit der sie uns trifft, ist den neoliberalen Fehl­entwicklungen der letzten dreissig Jahre geschuldet.

Schon nur diese Worte hätten gereicht, um zu einzusehen, dass die Schwierigkeiten (hohe Zahlen, tiefe Impfquoten usw.) nicht allein der schlechten Kommunikation einer zu wenig rigorosen Führung geschuldet ist, sondern auch tiefe strukturelle und kulturelle Gründe hat, die von gewissen Akteuren erfolgreich ausgebeutet werden.

67
/
2

Gebe Ihnen, bzw. Nachtwey, bezüglich der gründe für den Abbau des Gesundheitswesens recht. Nur war das einfach eine über längere Zeit nicht zu schlagende "Erzählung", bis tief ins sozialdemokratische Lager ("New Public Management").
Ich (und viele andere) habe mich seit der Abstimmung/Einführung des KVG gefragt, wie das logisch aufgehen soll. Ein Spital soll rentieren!? Der möglichst günstige Tarif wichtiger als der Patient/die Patientin? Gesundheit ist in den 90ern vom selbstverständlichen Service Public einfach in die Effizienz-Schublade hinübergelegt worden. (Aber sogar die Lehrpersonen sollten damals ja einen Leistungslohn erhalten.)
Ein Maskenlager einfach so als Vorrat - wie unrentabel! Eigene Produktion - undenkbar, für unsere kostbar ausgebildeten Leute und den teuren Boden - die billigen Arbeitskräfte sind im Osten!
Hat sich halt alles gerächt.

61
/
0

Pflichte Ihnen bei, weil ich Ihnen immer beipflichte und Ihr Wissen bewundere. Finde aber, dass die Botschaft nicht sein darf: es ist halt so, so sind wir halt. (Haben Sie auch nicht geschrieben, ich weiss.)

Es ist meine Überzeugung, dass eine Impfpflicht (mit Vorbehalt ärztlicher Dispensationen) zwar einen Aufschrei provozieren wird. Dann aber werden sich die Leute fügen - und viele froh sein, dass ihnen der Entscheid abgenommen wurde. In einem anderen Post habe ich in diesem Zusammenhang auf die kognitive Dissonanzreduktion verwiesen, welche das nahelegt.

24
/
4
Epidemiologe
·

Herr Binswanger, danke für diesen träfen Kommentar. Ich stimme zu, es handelt sich nicht um individuelle Fehler, die man ja relativ einfach korrigieren könnte, sondern um ein strukturelles Versagen der Gemeinschaft. Sie sprechen von wir, ich möchte da noch etwas genauer hinschauen. Das "Wir" hat zwei Aspekte, einerseits eine Abgrenzung gegenüber den Anderen, andrerseits eine Zusammensetzung aus ich und du.
Zur Abgrenzung: das Strukturversagen wird zurzeit in allen D-A-CH-Ländern ähnlich beobachtet, die Schweiz ist da kein Sonderfall. Ein weiterer Grund, warum man genauer nach den Gründen suchen muss. Ich sehe ein durch den Neoliberalismus weltweit geschaffenes Problem. Der Neoliberalismus ist nach Chamayou ein Herrschaftsinstrument des Geldadels, die demokratischen Handlungsmöglichen zu untergraben, um selbst die Steuerung übernehmen zu können und die eigene Macht zu erhalten. Ob wir dann alle gemeinsam im Desaster untergehen, ist dabei gleichgültig.
Zum wir als ich und du: Das heisst, ich muss immer auch meine eigene Rolle sehen, meinen eigenen Beitrag leisten, aber von anderen dessen Beiträge einfordern.
Meine Forderungen für Corona-Regeln sind: Lockdown für Ungeimpfte ab Inzidenz 500, Lockdown für alle ab Inzidenz 1000. Zertifikatspflich im öffentlichen Verkehr. Und, sobald es gesetzlich geregelt sein kann, Impfpflicht für alle, ausgestaltet wie früher die Stimmpflicht im Kanton Schaffhausen. (Alle bekommen einen Termin, man kann den Termin verschieben oder sich begründet abmelden, wer unentschuldigt fernbleibt, zahlt eine Gebühr.)
Übrigens: Die Impfpflicht wird in allen D-A-CH-Ländern diskutiert, ein klares Plädoyer dafür findet sich im Schwestermagazin Krautreporter hier: https://krautreporter.de/4132-so-vi…lchimp.com

64
/
3
Moderator & Journalist
·

Binswanger wie immer sehr träf. Neben den bekannten strukturellen Problemen, die der Föderalismus mit sich bringt (zwangsläufig?), scheint mir die Kultur des Kompromisses unser Stolperstein zu sein. In Geiselhaft der Coronaleugner*nnen und Massnahmengegner*nnen wird der kleinste Eingriff in persönliche Freiheiten gewählt.

Die Coronapandemie ist auch ein Kräftemessen der politischen Systeme. Unseres wäre das Beste, wenn unser Zusammenhalt und unsere Solidarität untereinander stark wären. Das jahrzehntelange Powerplay der gesellschaftszersetzenden SVP und ihrer bürgerlichen, neoliberalistischen Flankenpartner trägt nun saure Früchte.

60
/
2
Märchentante*onkel
·
· editiert

Daniel Binswanger zwingt uns hinzusehen, auch dorthin, wo es wehtun kann, auch "über die menschliche Drachenbrut", wie Peter Nadas es in einem Kommentar über Imre Kertesz beschrieb. Wie bei der Artikelserie über den Waffenkönig Bührle, wo wir zum schockierenden Befund gezwungen werden, dass die politisch Verantwortlichen über keinerlei moralischen Kompass vefügen und die nur unter Druck der Öffentlichkeit hastig befohlenen Massnahmen diesen Eindruck beinahe noch vertiefen, erinnert er uns an die Pflicht der Verantwortlichen: Verantwortung zu übernehmen, (auch unpopuläre) Entscheide zu treffen, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, dass die Gesellschaft als Ganzes geschützt wird und die Schwächsten unter uns wie alle anderen. Daran werden sie gemessen. Wo das nicht geschieht, kann eine allgemeine Verrohung des Verhaltens auch im Alltäglichen, Kleinen nicht überraschen.

54
/
0

Diese brillante und schonungslose Analyse hilft einem, zunehmende Frust- und Ohnmachtsgefühle einer kollektiv versagenden Politik und Gesellschaft gegenüber etwas besser einordnen zu können. Zusätzlich zu den erwähnten Punkten habe ich den Eindruck einer kollektiven Lähmung. Vielleicht ist es die Schlange der lautstarken Minderheit, deren Gift sich aus einer üblen Mischung von Populismus, gewalttätigem Rechtsextremismus, Wissenschaftsfeindlichkeit, fundamentalistischer Esoterik und genereller Ablehnung staatlicher Institutionen zusammensetzt, vor der Verantwortliche auf allen Ebenen erstarrt zu sein scheinen.
Und ja, entgegen allen wohltönenden Phrasen scheint übelster Sozialdarwinismus die Grundlage unserer Wertehaltung zu sein.
Immerhin sollte es uns nach der Lektüre dieses Textes etwas schwerer fallen, uns Illusionen hinzugeben.

56
/
4

Wie es Arnold Schwarzenegger in seinem Video-Appell nach dem COP26 formuliert hat: Um gestaltend zu regieren, braucht es die drei italienischen C: cervello, cuore e coglioni (Hirn, Herz und Eier). Von ersterem mag kein Überschuss, das zweitere leicht unterkühlt sein, aber von Mumm ist keine Schrumpfspur vorhanden. Die Leute ja nicht stören in ihrer Convenience-Bubble.

52
/
1
Molekularbiologe PhD, Unternehmer
·
· editiert

Vielen Dank, Herr Binswanger, für diesen "Nachruf auf die Pandemiebereitschaft der Schweiz".

Wer hätte gedacht, dass die sonst so rüstige Schweiz einer Pandemie einfach nicht gewachsen ist. Ich nicht.

Doch das, was sich bereits im Frühjahr-Sommer 2020 als Handlungsstruktur der Behörden herauszukristallisieren begann, ist unterdessen, wie sie ganz richtig schreiben, zur bewährten "Corona-Politik, mit der die Behörden sich arrangiert haben", geworden.

Lernfähigkeit oder andere Überraschungen werden wir hinsichtlich dieser Politik also kaum mehr antreffen. Tote und Genesene mit Langzeitschäden dafür umso mehr.

Bis vor kurzem war Ihre Kolumne noch von einem hoffnungsvollen Aufbäumen gegen diesen Irrsinn geprägt, nun entnehme ich Ihrer Analyse eine gewisse Resignation, der ich mich leider bei meiner eigenen Beurteilung der Lage auch nicht entziehen kann.

Ihr "Nachruf" ist denn auch von einer gewissen Endgültigkeit geprägt, der es kaum noch etwas hinzuzufügen gibt.

Grabesstille...

56
/
5

Vielleicht liegt die Ursache für Daniel Binswangers Verzweiflung in dem kindlichen Anspruch, dass Vater Staat uns vor aller Unbill schützen muss. Der Vorstellung, dass Coronawellen verhindert werden können, wenn man nur will. Das in der vierten Welle, in der wir nach wie vor auf einen (nicht offensichtlich hanebüchernen britischen) wissenschaftlichen oder sonstwie evidenten Beweis warten, dass Coronawellen von Massnahmen unterhalb dem chinesisch/neuseeländischen Repressionsniveau verhindert oder auch nur nachhaltig gelindert werden können.
Doch wir können uns auch aus einem anderen Grund abregen: Diese Welle bestätigt, dass das Virus sich evolutionsmässig erwartbar verhält: es wird mit jeder Welle ansteckender, aber schwächer. Die Sterbe- und Hospitalisationskurven bleiben tief und flach. Und dies über einen Monat nach Beginn der Welle, da müssen wir nichts Böses mehr erwarten. Auch nicht, wenn die Fallzahlen weiterhin exponentiell zulegen. Auch bei den Ungeimpften.
Der aufmerksame Statistikleser wird hier entgegnen, dass die Hospitalisierungskurve nicht so flach aussehe. Das stimmt, sie hat zwei Anstiege hinter sich. Der erste fand in der zweiten Hälfte Oktober. In der ersten Hälfte November war die Hospitalisationskurve anfänglich leicht rückläufig, bis 17. November. Dann geschahen 3 Vorgänge erstaunlicher Zahlenakrobatik:

  • Um nicht von einem Rückgang gegenüber der Vorwoche sprechen zu müssen, hatten unsere Medien aufgehört, anzugeben, mit welchem Zeitraum sie den aktuellen Wochendurchschnitt verglichen. Und verglichen mit einer Zahl in tiefer Vergangenheit, um doch ein Wachstum ausweisen zu können.

  • Am 17. November folgte eine enorme Nachlieferung von Hospitalisierungszahlen, die bis zu 2 Wochen zurücklagen. Nachher gab es dann auch ein Wachstum im November.

  • Genau seit diesem Datum werden die Hospitalisierungszahlen wieder mit der Vorwoche verglichen.
    Ein Narr, wer nichts Böses denkt. Oder ein Kind?

9
/
60
Epidemiologe
·

Herr R., ihre Irrationalität ist in sich konsistent. Ihre Argumente bauen auf falschen Annahmen. Falsch ist die Behauptung, dass Coronawellen durch verhältnismässige Massnahmen nicht verhindert oder gelindert werden können. Falsch ist ebenso die Behauptung, das Virus wäre mit jeder Welle ansteckender aber schwächer. Und mit dem Hinweis auf Narren, die nichts Böses denken, outen Sie sich ja noch selbst als Verschwörungstheoretiker. Ich grüsse Sie herzlich.

50
/
2

Herr Junker, Ihre Reaktion ist genau das, was ich immer erlebe: Auf detaillierte, konkrete Daten Fakten von meiner Seite erhalte ich undokumentierte Behauptungen und pauschale Beschuldigungen. Bei "einfachem Volke" könnte ich das ja verstehen.
Aber Sie sind als Epidemiologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am BfS an der Quelle von Daten und Studien. Es wäre Ihnen ein Leichtes, mich zu widerlegen, wenn Sie etwas hätten. Wenn Sie nichts vorweisen, gibt es nur eine Folgerung: Sie haben nichts, Ihre Argumentations- und Datenlage ist verzweifelt.
Natürlich, ich weiss was jetzt kommt: Es sei unter Ihrer Würde, sich bei der Argumentation mit Skeptikern zu bemühen.

2
/
39
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

Diese Welle bestätigt, dass das Virus sich evolutionsmässig erwartbar verhält: es wird mit jeder Welle ansteckender, aber schwächer. Die Sterbe- und Hospitalisationskurven bleiben tief und flach.

Als ob es mittlerweile keine Fortschritte in der Behandlung gab – oder eine Impfung! Sie können die verschiedenen Wellen nicht einfach ohne jede Kontextualisierung und Differenzierung miteinander vergleichen. Für ein Ceteris paribus gibt es schlichtweg viel zu viele veränderte Variablen und zusätzliche Faktoren.

Zudem lohnt es sich die Datenlage von Zeit zu Zeit zu aktualisieren. So sagt Ihre eigene «Quelle» (die selbst für sich genommen Ihre These nicht stützt):

Dieser Artikel wurde zuletzt am 29.06.2021 aktualisiert. Neuere Entwicklungen oder Daten wurden nicht berücksichtigt.

Von wegen «schwächer» werden:

Given that Alpha is already 150% as transmissible as the original SARS-CoV-2 strain that emerged in late 2019 in Wuhan, and if Delta is 150% as transmissible as Alpha, then Delta may be 225% as transmissible as the original strain.

R_0 – basic reproduction number, or the expected number of cases directly generated by one case in a population where all individuals are susceptible to infection – for the first detected SARS-CoV-2 virus is 2.4-2.6, whereas Alpha's reproduction number is 4-5 and Delta's is 5–9. [] Due to Delta's high transmissibility even those that are vaccinated are vulnerable, albeit to a lesser extent.

«[C]ase fatality rates are not comparable across variants as they have peaked at different points in the pandemic, and so vary in background hospital pressure, vaccination availability and rates and case profiles, treatment options, and impact of reporting delay, among other factors.» James McCreadie, a spokesperson for Public Health England, clarified «It is too early to assess the case fatality ratio compared to other variants.»

A Canadian study released on 5 October, 2021 revealed that the Delta variant caused a 108 percent rise in hospitalization, 235 percent increase in ICU admission, and a 133 percent surge in death compared to other variants. is more serious and resulted in an increased risk of death compared to previous variants, odds that are significantly decreased with immunization.

Natürlich wären gegenteilige Evidenzen zu wünschen, aber leider entspricht die Wirklichkeit nicht immer unseren Wünschen. Wenn Sie bessere, sprich valide Daten liefern, können wir Ihre These weiter diskutieren. Doch aufgrund früherer Debatten mit Ihnen, bleibt es wohl beim Wünschen.

29
/
0

Ich bitte mal um ganz "harte Daten" bezüglich "schwächerem Virus". Ihrerseits immer wieder behauptet, aber bisher blieb der Beleg aus (?). Der "Mainstream" indes berichtet eben vom Gegenteil bezüglich Delta.

25
/
1

Nein, Herr W. "Mainstream" und Wissenschaft sind sich einig, dass die Sterblichkeit nicht erhöht oder niederiger ist. Hier ein gegoogeltes Beispiel, aber ich weiss nicht wie gut die Quelle ist - es gibt unzählige mehr: https://www.dw.com/de/faktencheck-w…a-57900107. Viele Akteure befürchten bei jeder Welle mehr Tote ausschliesslich aus dem Grund: Die höheren Fallzahlen wegen der höheren Ansteckungsrate könnten eine allfällige niederigere Sterblichkeit überkompensieren. Bei der aktuellen Welle ist das bisher definitiv nicht der Fall, nicht mal bei den Ungeimpften.
Sie können das übrigens selber nachprüfen, wenn sie die Epidemiedaten auf Excel downloaden und das Verhältnis Hospitalisationen zu Fallzahlen oder Verstorbene zu Fallzahlen errechnen und aufzeichnen.
Warum wir das selber tun müssen, und es das BAG nicht selber macht, entgeht mir.

6
/
24
Theologe & Religionspädagoge
·

Wie in der Pandemie, so auch in der Klimakrise.

47
/
0
Realist
·

Genau - wie auch bei unserem Umgang mit dem Europa-Dossier.

Überall das Gleiche: Realitätsverweigerung, Schönreden der Situation, abwarten und aussitzen.

Und hier wie dort werden die Kosten unseres Verhaltens laufend grösser, in gleichem Mass wie die realistischen Handlungsoptionen weniger werden.

21
/
0

Es ist noch schlimmer, es ist nicht mal die Politik, die wir gewählt haben. Nur 40% haben SVP/FDP gewählt, aber SVP/FDP bestimmen mit ihrer Mehrheit im Bundesrat unsere Coronapolitik. Und diese machen genau die Politik, die wir haben, den sie finden diese Politik richtig. Möglichst wenig Einschränkungen, möglichst wenig Kosten. Es sterben mehrheitlich Schwache, Alte und Arme. Ist das ein Problem? Spart es nicht in der Summe vielleicht sogar Kosten in den Sozialversicherungen?

46
/
0

Danke für diese Analyse, denn die Politik des nach unten Delegierens ist nicht nur in der Coroapolitik zu erkennen, frei nach dem Motto: Den Letzen beissen die Hunde. Der vielbeschworene Stolz auf "üssi Schwiz" ist nichts anderes als ein billiger Slogan, mit dem die unbedarfte Masse mit viel Pathos beim Trychlen und an Schwing - und Jodelfesten beruhigt und abgelenkt wird. Wichtig ist, dass die Kuh kalbt!
Ich glaube, viele wollen die Veränderungen nicht wahrnehmen und in ihrer Blase verharren. Ja und vor allem: Geld verdienen!

46
/
1

Clevere Analyse. Die gleichen Mechanismen und Zusammenhänge dürften auch dafür verantwortlich sein, dass es in der Bekämpfung des Klimawandels kaum vorwärtsgeht.

45
/
0

Meines Erachtens hat sich an vielen Fronten eine Gleichgültigkeit oder gar Nonchalance gegenüber der Pandemie eingeschlichen. Die Geimpften tun und verhalten sich so, als sei die Pandemie zu Ende. Die Nichtgeimpften tun so, als sei jede Massnahme, die Pandemie damit zu bekämpfen, ein Eingriff in die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte und folglich rechtsstaatlich bedenklich. Die Politik - an vorderster Front der Bundesrat - tut so, als hätte man die Lage im Griff und man könne jederzeit die Massnahmen verschärfen, wenn es denn dringlich wäre. Die Wissenschaft empfiehlt den Booster zuerst ab 80 Jahren, dann ab 65 Jahren und ein paar Tage später für alle, die eine Vorerkrankung hätten. Die SVP tut so, als hätte die Schweiz eine Corona-Diktatur. Grosse Teile der Wirtschaft tun so, als sei das Homeoffice bereits wieder ein Auslaufmodell. Ein Schuldirektor nach dem anderen tut so, als wisse er, wie es um die Lage in seiner Schule stünde und ob Tests durchgeführt werden müssten oder eben nicht. Sämtliche Spitaldirektoren (die männliche Form genügt hier vollkommen) tun so, als sei die Pflegeinitiative nicht finanzierbar oder wenn, nur mit erheblichen Prämienerhöhungen. Das Gesundheitspersonal in Spitälern tut so, als sei jede ihrer Abteilungen massiv überlastet. Dass die Intensivstationen seit anderthalb Jahren an der Belastungsgrenze sind, ist klar und keineswegs zu verantworten. Zur Erinnerung: Die Spitäler haben im Jahr 2020 für Mitarbeiterinnen auch Kurzarbeit eingegeben und machen Millionenverluste für verpasste Eingriffe geltend. Mehr Transparenz in Sachen Überlastung des Personals in Spitälern und auch in Alters- und Pflegeheimen wäre mehr als wünschenswert. Die Schweiz muss nicht so tun, als wäre sie krisenerprobt. Sie ist es nicht und zwar auf allen Ebenen. Lernen täte Not. Nur fehlt mit der Glaube daran. Die Krisen haben andere Staaten bewältigen müssen, währenddessen die Schweiz ihre Einmaligkeit abfeierte. Die föderalistische Schweiz tut so, als sei sie ein Sonderfall und das Virus mache an der Grenze Halt. Schlecht für jene, die dem Land noch etwas anderes zugetraut haben als die Profitmaximierung.

46
/
2
Pflegefachperson
·

„Die Spitäler haben im Jahr 2020 für Mitarbeiterinnen Kurzarbeit eingegeben.“ Ein Spital hat nicht nur Gesundheitspersonal als Mitarbeiter.

13
/
0
· editiert

Die Pandemie zeigt für mich deutlich, dass

  1. die schweizerische – durch die Zauberformel auf Kompromisse ausgerichtete – Regierungsform nicht gut geeignet ist, um Krisen zu bewältigen.

  2. Dasselbe gilt für den Föderalismus, wie auch in D oder USA beobachtet werden kann

  3. Eigenverantortung zur Solidarität im deutschsprachigen Raum dem Egoismus unterliegt (D, CH, A mit den niedrigsten Impfraten in Westeuropa).

  4. Kommunikation der Regierung der Schlüssel zum Vertrauen des Volkes ist (funktioniert in Skandinavien)

  5. Rechtsnationale und neoliberale Parteien für ein bisschen Macht- und Wirtschaftsgewinn gewillt sind, eine signifikante Anzahl an Menschenleben zu opfern

  6. ein erheblicher Teil der Bevölkerung bei 5. mitmacht

Insgesamt fühl ich mich darob sehr verstört und hab ein gutes Mass an Vertrauen in den Verstand und den Zusammenhalt der Schweiz verloren…

43
/
0
SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
·

Die libertäre Ideologie, die jedes strukturelle Problem individualisiert, sickert leider auch in Sachen Pandemiebekämpfung in die Köpfe und vergiftet alles.
Nicht ich bin verantwortlich, dich nicht zu töten, sondern Du musst halt dafür sorgen, dass ich dich nicht umbringe.
Es ist zum Mäusemelken!

41
/
1
· editiert

Besten Dank für diese erstklassige Analyse. Jasper von Altenbockum kommt in der FAZ für Deutschland zum selben Ergebnis:

Im Kern geht es darum, dass Bund und Länder um einen Führungsanspruch rangeln, den keiner von ihnen, wenn es hart auf hart kommt, dann auch kraftvoll ausfüllen will.

Was in Bund und Ländern fehlt, ist die Fähigkeit und der Wille, Führungsstärke zu zeigen. Der softe Politiker, der es sich mit niemandem, schon gar nicht mit einer Minderheit verscherzen will, ist stattdessen der gefragte Typ. In einer Situation wie dieser ist er zum Scheitern verurteilt. Das zeigt sich auch in der Debatte zur Impfpflicht. Unter den vielen Gründen, warum sie nicht eingeführt wird, ragt einer hervor: Die Verantwortlichen haben nicht den Mut dazu.

Schwäche äußert sich darin, die Verantwortung immer nur bei anderen zu suchen und die Komplexität der Institutionen zu beklagen. Es liegt aber nicht an ihnen. Ohne Institutionen ist alles nichts. Führung besteht darin, sie nicht nur mit Leidenschaft, Augenmaß und Verantwortungsgefühl zu nutzen, sondern auch mit Durchsetzungskraft.

Das Ganze wird dann zur Katastrophe, wenn eben ein signifikanter Teil der Gesellschaft unsolidarisch handelt. Oder wie es Miguel de la Riva ebenfalls in der FAZ so treffend formuliert hat:

Hatten bald sechsstellige Corona-Tote und gesellschaftlicher Stillstand mit all den Folgen im vorigen Winter den Charakter einer Naturkatastrophe, so sind sie diesmal das Resultat eines gesellschaftlichen Scheiterns, das getrieben wird vom kognitiven und moralischen Versagen jenes Gesellschaftsdrittels, das nicht sein ureigenstes Interesse und – schlimmer noch – seine Solidaritätsverpflichtung anderen gegenüber zu erkennen vermochte.

Übrigens: Ersetzen wir in diesem Beitrag von Daniel Binswanger das Thema Covid durch den Klimawandel, der Text wäre derselbe Volltreffer.

40
/
0
Klugscheisserin
·

Wie wärs, wir Geimpften trügen freiwillig in Innenräumen konsequent Masken, schränkten unsere Kontakte etwas ein und unsere Reisen ganz? Gingen in weniger Konzerte dicht an dicht und in keine Discos oä? Uns allen zuliebe und ohne Bundesratbefehl?

44
/
5

Warum richten sie diesen Appell nur an die Geimpften? Glauben sie, die Geimpften können das alleine richten?

Da habe ich meine Zweifel. Das Virus ist ansteckend genug dass es den ungeimpften Drittel findet und sich dort pudelwohl fühlt.

30
/
3
Klugscheisserin
·

Wir kennen die Massnahmen, die wir uns vom Bundesrat wünschen. Warum wenden wir sie nicht "freiwillig" und verantwortlich einfach an? Sie haben Recht, ich hätte schreiben sollen: Alle!

16
/
0
· editiert

Eine einfache Rechnung bei heute 2/3 geimpft - 1/3 nicht geimpft, davon 1/3 (also total 1/9) Kinder, die noch nicht geimpft werden können:

Doppelt so viele Geimpfte sind bei einer Infektion jeweils halb so ansteckend wie Nichtgeimpfte, werden dann aber nicht wie getestete oder schwerer erkrankte Nichtgeimpfte in Quarantäne, Spital und Intensiv-Station isoliert oder gar total aus dem Verkehr gezogen (Friedhof).
Daraus könnte man schliessen, dass (neben den 5-10 Prozent Corona-Leugnern) hauptsächlich unvorsichtige Geimpfte das Infektions-Karussell am Laufen halten, gerade auch weil sie keine schwere Erkrankung fürchten.

Das Virus ist gekommen um zu bleiben und die Infektionen können wir nur in gemeinsamen Verhaltensänderungen minimieren. Die Klugscheisserin meint: Weniger reisen, Masken tragen, weniger Matches, weniger Weihnachtsmarkt und weniger Singen in der Kirche.
Appelle an Nichtgeimpfte haben sich dabei als stumpfes Instrument erwiesen, denn es gibt Kinder die glauben, dass Herdplatten heiss sind - andere müssen dies selbst ertasten.

9
/
7

Das mache ich eigentlich sowieso so...

14
/
1
Kritischer und interessierter Bürger
·
· editiert

"Der Spiegel" führt heute aus: "Klar, man kann jetzt zu Recht über die Taktiererei und Trödelei der Politik klagen. Die Hauptschuld für dieses Desaster tragen aber die Impfverweigerer. Das Chaos ist vor allem ein Resultat ihrer Ignoranz und Sturheit. Man muss es so deutlich sagen. Sie hätten sich längst impfen lassen können, taten es aber nicht. Sie spielen Lotterie mit ihrer Gesundheit und bringen alle anderen in Gefahr."
Und weiter steht da: "Ab jetzt hilft nur noch eine Null-Toleranz-Politik für Ungeimpfte. Die Warnungen vor einer Spaltung der Gesellschaft haben sich überholt. Es geht nicht mehr um Spaltung, sondern darum, dass eine Gesellschaft, in der eine Minderheit der Mehrheit auf Dauer diktiert, wie sie zu leben hat, nicht funktioniert."
Bei uns werden solche Aussagen wohl nie in einer Zeitung stehen. Solche Meinungen werden im besten Fall hinter vorgehaltener Hand oder im privaten Umfeld ausgetauscht. Es liegt doch auf der Hand: Wenn sich die Covid Zahlen bei uns in gleicher Weise wie im angrenzenden Ausland entwickeln, wird der Impfzwang - gesetzliche Grundlage hin oder her - kommen müssen. Ende, Punkt.

48
/
9

Am Bahnhof
Da zuckelt ein Güterzug vorbei. Einige der Wartenden schauen sich an, weil sie um diese Zeit noch nie einen Güterzug sahen. Der Bahnhofvorstand schaut irritiert und zuckt mit den Achseln. Es ist halt so.

Drei Minuten später saust ein Schnellzug vorbei. Der Bahnhofvorstand rennt zu seiner Schalttafel, auf der er die Züge sieht. Einer der Wartenden fordert ihn auf zu handeln: "Schlagen Sie Alarm, setzen Sie die Signale auf rot, das gibt doch einen Unfall." Der Bahnhofvorstand antwortet, dass er sehr besorgt sei und die Lage ganz genau beobachte. So ist das halt.


Wenn verhetzte und verunsicherte Leute den Überblick verlieren und sich nicht zu impfen wagen, dann habe ich mit ihnen Verständnis und Mitleid. Und bin sehr geduldig und erkläre immer wieder, wie es funktioniert.

Dann sind da aber auch die Verschwörungshetzer, welche aus der Notlage Vorteile ziehen und die Seuche benutzen, um das Volk zu spalten und ihre Fans enger um sich zu scharen. "Der Bundesrat will eine Diktatur." Bei ihnen sehe ich keinen qualitativen Unterschied zu den Kriegsgewinnlern, welche z.B. Kanonen an die Nazis verkauften, damit diese mehr Leute abschiessen konnten. "Es ist nicht persönlich, es ist Business.


Und jetzt beides zusammengehängt: Wir haben eine Seuche. Und wir haben die Profiteure. Und wir haben einen Bahnhofsvorstand, der windelweich reagiert, d.h. sehr besorgt zuschaut. Und den Nerv nicht hat zu tun, was seine Pflicht ist.

Gestern sah ich BR Berset an einer Medienkonferenz sagen, dass der Schutz der Impfung nach einem halben Jahr nur noch bei 50% liege.
– "Vulnerable" waren schon im Februar 2021 zum zweiten Mal geimpft (was auch zu spät war). Im August betrug ihr Schutz nur noch 50%. Aber die Bundesbehörden machten nicht vorwärts. Vulnerable bekommen die dritte Impfung mit grosser Verspätung erst jetzt. Dabei war diese Entwicklung absehbar. Folglich war auch absehbar und ist akzeptiert, dass viele erkranken.
– Besonders exponierte Personen, z.B. in den Spitälern bekommen die dritte Impfung nicht, werden also auch vermehrt krank. Denn was nützt ein z.B. 75-prozentiger Schutz, wenn man dauernd mit hochansteckenden Kranken arbeiten muss?

Antwort des Bahnhofvorstandes und der Kriegsgewinnler: das wird die IPS nicht an den Anschlag bringen. Das stimmt wohl, ihr Zyniker, aber es sterben Leute, die sonst nicht gestorben wäre. Euch geht es nur um eure Interessen, die Verunsicherung der Leute und die wegen des Geldes sogar noch abgebaute Infrastruktur. Genau so, wie ihr es zugelassen habt, dass Anfangs 2020 die Maskenvorräte mit Profit ins Ausland und die zur Desinfektion benötigten Alkoholvorräte verkauft wurden. An euren Händen und Mäulern klebt das Blut der wegen Corona Erstickten und mit Herzinfarkt Gestorbenen etc.

Noch etwas: die vielen verantwortungslosen Verantwortungsträger bei Bund, Kantonen und Gemeinden haben noch etwas für sich: sie können sich aufeinander berufen. "Ich nicht er auch", wird hier zu: Ich nicht, er und sie und die dort drüben auch.... Wogegen jemand, der Nägel mit Köpfen macht und Erfolg hat, nur den Neid der anderen auf sich zieht.

40
/
3
Rollenlos
·

Komme ursprünglich aus einem Anti-Impf Hotspot und da geht schon viel abstruses vor Sich. Ich bin mittlerweile am Punkt wo ich jegliches Mitgefühl verloren habe, den es beruht nicht auf Gegenseitigkeit oder Rücksichtnahme. Es ist wie beim Autofahren, zu viele sind fahrlässig unterwegs und riskieren das Leben aller. Leider ist das mit der einfachen Triage unmöglich daher wäre ich für eine spezialisierte Lösung. Ein/Mehrere Militärspitäler für alle freiwillig ungeimpften. Wenn diese voll sind, dann sind sie voll und es gibt eine Schlange. Dies mit dem klar definierten Ziel: Das zivile Gesundheitssystem normalisieren und abzutrennen. Das wäre für mich die Eigenverantwortung die von den Impfgegnern eingefordert wird. Ausserordentliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen. Diese separaten Institutionen müssen auch nicht schlecht finanziert sein, die Gegner sehen dann ja wie sinnvoll Betten mit zu wenig Personal sind.

39
/
5
· editiert

"Wenn die Schweizer Behörden in der Pandemie um etwas nie verlegen waren, dann um gute Gründe, sich für nicht zuständig zu erklären. Offenbar liegt darin ihre innerste Mission. Man nennt das dann das Prinzip der Eigen­verantwortung. Man gratuliert sich für die Bürger­nähe und den schlanken Staat. Die Grund­verblüffung jedoch, die einen seit bald zwei Jahren immer wieder sprachlos macht, lässt sich auf ein einfaches Gefühl bringen: Wie viel Leid wir doch vermeiden könnten, wenn dieses Land regiert würde."

Bah Humbug! Die Regierung hatte 2020 die Ausserordentliche Lage ausgerufen, ein relative strenges Teil-"Lockdown" verordnet, eine nicht gefolgte dringende Empfehlung im öV Masken zu tragen ausgesprochen und dann eine relative gut einghealten Maskenpflicht. Die haben die Schulen geschlossen, die haben Home-Office empfohlen und dann durchgesetzt , die haben Milliarden-schwere Hilfspakete für betroffenen Firmen aufgestellt, die haben die Kantonen im Herbst 2020 dringend Test und Trace aufzustocken - was weitgehend ignoriert wurde -Ergebnis, zweite Welle. Sie haben im Herbst 2020 Millionen von Dosen Impfstoffe bestellt Monate bevor eine Zulassung vorlag - und so wie es aussieht haben sie auch die besten gewählt. SwissMedic hat die Zulassung erst gemacht sobald sie die für die Sorgfaltspflicht nötige Daten von den Firmen bekam. Sie haben die Logistik für die Impfung aufgebaut und mit den Kantonen für die Verteilung ans Volk gesorgt.

Und was hat das Volk gemacht? Von Anfang Juli 2021 bis Anfang August sank die Impfrate von ca. 400 000 auf 200 000 pro Woche und es ist immer noch ein Viertel der Bevölkerung ab 12 Jahren ungeimpft und scheint sich vehement nicht impfen lassen zu wollen. Wir haben eine Abstimmung gegen das COVID-Gesetz abwehren müssen und bekommen noch eine. Hie wird die Aktivität der Regierung bekämpft nicht die "Passivität"!

" Wie viel Leid wir doch vermeiden könnten, wenn dieses Land regiert würde." Ich würde den Witz von Brecht vielleicht ernst nehmen "Zitat von Bertolt Brecht „ Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

35
/
2
· editiert

Sehr guter Punkt. Wir sollten nicht vergessen, dass die Regierung auch in vielen Bereichen über sich hinaus gewachsen ist. Wer hätte gedacht, dass ein Bundesamt in wenigen Monaten eine App entwickelt, die nachher von 1.6 Mio Schweizern genutzt wird. Auch hier wäre viel Luft nach oben gewesen - aber nicht bei den Behörden, sondern bei der Bevölkerung, der selbst dieser minimal invasive Beitrag zu viel war.

Ist es wirklich fair, allein die Regierung dafür verantwortlich zu machen, wenn sich wesentliche Teile der Bevölkerung über Gesetze und Verordnungen hinwegsetzen, und die Regierung nichts dagegen tun darf ausser inständig zu bitten, weil die "Law and Order" Parteien im Parlament finden, eine Maskenpflicht dürfe doch nicht kontrolliert werden?

Ist es fair, die Regierung für lasche Massnahmen verantwortlich zu machen, wenn der Nationalrat mitten in der zweiten Welle eine Erklärung verabschiedet, die "im Interesse der Wirtschafts- und Tourismusstandortes Schweiz den Bundesrat dringlich auffordert" ... "für Seilbahnbetriebe die Kapazitäten für geschlossene Fahrzeuge, in denen Stehplätze angeboten werden, um maximal 20 Prozent ihrer Gesamtkapazität zu reduzieren"? Notabene befürwortet von Leuten, die es zwei Wochen später "persönlich für eine Tragödie halten", dass es "im Dilemma zwischen Wirtschaft und Menschenleben zulasten der Menschen geht"?

Wir tun gut daran, uns bei den nächsten Wahlen an solche Vorgänge zu erinnern.

Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.

30
/
4
Molekularbiologe PhD, Unternehmer
·
· editiert

Wer hätte gedacht, dass ein Bundesamt in wenigen Monaten eine App entwickelt, die nachher von 1.6 Mio Schweizern genutzt wird.

Nein. Die ETH hat das App entwickelt, das Bundesamt hätte es in ein funktionierendes Contact-Tracing integrieren müssen, hat aber stattdessen das Design und die Umsetzung von Contact-Tracing Systemen den Kantonen zugeschoben, was zu einem unkoordinierten, chaotischen und letztendlich nicht funktionierenden Schweizer Contact-Tracing System geführt hat.

29
/
1
Michel Romanens
Präsident www.vems.ch
·

Herr Binswanger schafft es immer wieder, nochmals einen Zacken zuzulegen. Im Gegensatz zum Quatsch Leitartikel von Herrn Gujer in der NZZ von heute finden wir hier exakte Analysen des Zeitgeistes. Wir beobachteten die Lebensverachtung intensiv. Die Gesellschaft wird gerade vorbereitet auf den Sieg des vermeintlich messbaren Lebenswerts (QALY) über das Leben. Sekundiert von der medizinischen Bioethik, einer Abteilung der Gesundheitsökonomie. https://michelromanens.ch/2021/02/1…-bioethik/

34
/
2

Vielleicht hätte man auch einfach den eigenen Pandemieplan etwas ernster nehmen können. Dort gibt es viel Handlungswissen, das in der Aufregung zu wenig umgesetzt wurde. Er ist eine interessante und rationale Lektüre und betont stark die BAG-FMH Ärzteschaftkanal gerade in der Kommunikation. Ich glaube nicht, dass eine direkte föderalistische Demokratie irgendwie grundsätzlich krisenuntauglicher ist. Sie muss sich einfach bewusst sein und einen Plan haben, wie das Krisenmanagement in der Pandemie organisiert sein will. Dass Amtsträger dabei nebst ihrem normalen Pensum noch eine jahrhundertkrise bewältigen müssen, scheint nicht realistisch. Der Plan: https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de…nza-ch.pdf

13
/
0
Molekularbiologe PhD, Unternehmer
·
· editiert

Der Bund hat weder dafür gesorgt, dass die Schweiz gemäss Pandemieplan vorbereitet war, noch dass sie diesem in der Krise folgen würde.

Und als der Bundesrat im Frühjahr 2020, noch während der besonderen Lage, die Verantwortung an die Kantone zurückgab, und somit u.a. ein schweizweit integriertes, funktionierendes Infektions-Tracing verhinderte, hat er sich schlicht und einfach nicht an das Pandemiegesetz gehalten, über das wir alle 2018 abgestimmt hatten; er gab stattdessen dem Druck der SVP nach.

Aber, wie Herr Binswanger ja ausführt, hat dies spätestens im Nachhinein eine - wenn auch zynische - Logik.

31
/
1

"Es ist die Politik, die wir gewählt haben"
Nein, nicht nur: Es ist auch das verwöhnte Volk, welches sich ungern etwas vorschreiben lässt und laut aufschreit, wenn die Politik aus seiner Sicht falsch gehandelt hat. Selber aber zuerst vor der eigenen Türe wischen, ist keine schweizerische Tugend.

31
/
1
von unten
·

Ich bin auch nicht zufrieden mit dem zögerlichen Verhalten der Behörden. Aber ich muss mich auch der Tatsache stellen, dass Alternativmedizin, Homöopathie einen sehr hohen Stellenwert haben in der Schweiz. Seit 2017 sind diese Behandlungen in der Krankenpflege-Leistungsverordnung aufgeführt, weil die schweizer Bevölkerung das so wollte. Es sind also nicht nur die Politiker:innen die vom Volk gewählt wurden, sondern auch ein bestimmter Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Der Teil der Bevölkerung, der auf Selbstheilungskräfte vertraut wird sich nicht einfach umstimmen lassen. Es gab auch eine Zeit, da gab es nicht so ein gut ausgebautes Gesundheits- und Sozialversicherungssystem. Arme Leute wie meine Grosseltern waren froh, gab es Pflanzenheilmittel und Chügeli, die zahlreiche Gebresten linderten. Ein Arzt wurde nur im alleräussersten Notfall aufgesucht. Aber meine Grosseltern waren sehr froh, gab es immer mehr Impfungen gegen Krankheiten, deren Verheerungen man früher einfach ausgeliefert war.

30
/
2
· editiert

Ja, früher war es mangels Geld und Bildung/Wissen. Es sollte doch aber zu denken geben, wenn die schweizer Bevölkerung freiwillig so regredierte, also zahlreich willentlich hinter dem Wissen und den Möglichkeiten zurückbleibt und eher "magische" Denkweisen bevorzugt. Ich sehe es auch als besonders schwierig an, die nun nach langem Gewährenlassen noch zur Änderung der Haltung zu bringen. (Österreich hats bereits aufgegeben). Wir haben sie "in guten Zeiten" so stark mitreden lassen, dass es sich nun als verheerend erweist. Und leider hat es darunter sehr viele Mittelstands-Frauen, die halt das Prädikat "ganzheitlich" "natürlich" qua Sozialisierung oft ziemlich unkritisch anzieht. Dazu die Affinität zu irgendeiner der gerade populären spirituellen Weltsichten. Sie bilden eine aktive Abstimm-Gruppe. Im Gegensatz zur eher abstinenten "Mike Shiva"-Fraktion.
Mache mich nicht beliebt damit, aber ich war lange genug in feministischen Kreisen und Frauenprojekten aktiv, um diese Tendenz studieren/beobachten zu können. Für die ist dann biologisch einkaufen und keine Impfung nahe beieinander.
Ich meine nicht, ALLE Frauen seien so, nein bewahre! Nur eben zuviele für den Bildungsstand. Es klebt an der sozialen Rolle und Rollen sind eben bei SchweizerInnen sehr hartnäckig. Das wissenschaftliche Denken hat da einen recht schweren Stand, sich durchzusetzen. Es gilt als "kalt", "unmenschlich".

27
/
2
Johanna Wunderle
Muttersprache NL
·
· editiert

"Wir werden sehen", scheint der Slogan der Schweizer Politik.
Die Schweiz wählt den Weg einer Fata Morgana.
"weil das der Weg ist, den die Schweizer Politik stillschweigend als den besten betrachtet" (Zitat aus: " Ab jetzt wird beobachtet!")
Lieber Herr Binswanger, ich habe schon lange das Gefühl, dass dieser Weg als der bequemste, der billigste und der am wenigst Mut fordernde betrachtet wird.
Sogar die Belastung der Spitäler scheint kein ethisches Problem zu sein, sondern ein logistisches, das den Verantwortungsträgern Arbeit bringt.

26
/
0
Anderer 60
·

Lieber Daniel Binswanger
Den Artikel hier habe ich wieder der Verwandtschaft geschickt. Ein:en mehr impft vielleicht. Bleiben Sie dran. LG

26
/
1
· editiert

Betreffend Todeszahlen: Wenn das Grosi stirbt, weil es sich nicht impfen lässt. Ist das ihre Entscheidung und als solche auch zu respektieren. Solange die Impfung so gut gegen Tod und schwere Verläufe schützt, können Todeszahlen von Menschen, die sich freiwillig entschlossen haben sich diesem
Risiko auszusetzen für mich kein Gradmesser für Verschärfungen sein, sofern andere Schutzmassnahmen umgesetzt werden können. Auch hier gilt: die eigene Freiheit reicht solange, wie sie die Freiheit dritter nicht einschränkt. Ein Kurz-Lockdown um eine Zeitfenster zu schaffen für ältere Menschen sich zu boostern, erscheint mir aber sinnvoll.

11
/
10

Aber dann landen die sich-freiwillig-durch-Ansteckung-sich-impfen-lassen in Spital und auf die IPS und sie sind nicht nur Grosi, und die machen das Pflegepersonal kaputt und die nehmen Platz weg von PatientInnen mit so Bagatelle Krankheiten wie Krebs oder Herz OP , und die ergreifen Referendum gegen die Massnahmen die all dass verhindern will.

26
/
1
· editiert

"Wir haben ganz einfach die Corona-Politik, mit der die Behörden sich arrangiert haben."

Neeiiiin. Wir haben eine Politik die die Behörden hoffen dass sie einigermassen vom Volk mitgetragen wird.

Ständige "Diktatur" Vorwürfe und die Bekämpfung der Schutzmassnahmen von SGV, GastroSuisse, Economiesuisse, FDP, SVP us.w.; Kantone die schreien während der "Ausserordentliche Lage" wieder die Kontrolle übernehmen zu dürfen und wenn sie die Kontrolle bekommt gar nichts machen bis der Bund befiehlt und bezahlt, all das zermürbt den gewissenhaftesten Behörde.

Und schreibt Herr B. "Jetzt ist es also wieder so weit: Wir steuern auf eine Vorweihnachts­zeit zu, die potenziell sehr hässlich wird. Obwohl mit der Impfung und den Boostern Gegenmittel zur Verfügung stünden, die man lediglich hätte nutzen müssen. Obwohl die Bedrohungs­lage sich schon lange abzeichnet. Obwohl die Wissenschaft erneut mit aller Dringlichkeit gewarnt hat. Es ist beschämend, aber wir können uns nicht beklagen. Es ist die Politik, die wir gewählt haben."

Und in der besten, direktesten Demokratie der Welt ist das "Wir" wirklich "Wir Alle -Das Volk". Und wenn ca. ein Viertel gar nicht mitmachen will ist das genug im den Winter zu verpesten.

Wer macht hat hat auch die Verantwortung. Alles oder fast Alles den "Behörden" bzw. "die Politik" anzulasten ist einfach sich-aus-der-Verantwortung-stehlen.

25
/
1

ich bin so müde und bin es so leid. Keine Kommunikation mit der Bevölkerung. Versteckspielen im Bundesrat. Plumpes Provozieren und Abblocken bei den Populisten. Von Verantwortungübername keine Rede. Wieder einmal mehr muss ich mich selbst um meinen und den Schutz meiner Lieben vollumpfänglich selbst kümmern.

24
/
0
· editiert

Es war einmal ein Haus, das brannte. Die Feuerwehr wurde gerufen und beobachtete den Brand. Sie baute ein Gitter um das Haus, damit nur Leute Zutritt erhalten, die Erfahrung mit Feuer hatten. Dafür durften sie sich eigenverantwortlich jeglicher Schutzmittel entledigen. Sonst beobachtete die Feuerwehr den Brand. Er werde sich sicherlich nicht exponentiell ausbreiten und wenn es dann so weit sei, könne man immer noch reagieren.
Und sowieso, das Haus ist alt und somit nicht mehr wertvoll. Und der Unterhalt eines alten Hauses ist teuer.

26
/
2

Die Schweiz stellte 1950 die Weichen zum SVP-Land. - Eine Antwort auf die anthropogene Katastrophe 2.Weltkrieg war 1949 die UNO-Deklaration der Menschenrechte (Menschenrechte sind unveräusserliche Rechte, die allen Menschen ohne Unterschied zustehen). 1950 entschied die Schweiz: hier gilt das nicht. In flagranter Verletzung von Ar. 1 und v.a. Art 21 entschied die Schweiz: über beide Artikel (Gleichheit der Frau, Gleichheit der Rechte in Politik) entscheidet das Patriarchat, und nicht das Menschenrecht. Es folgten 70 kultische Zelebrationen einer Archaischen Ordnung, die jede medizinische Erkenntnis der alten und neuene Genetik verspottete. Höhepunkt: Februar 2021: Die Frauen danken den Männern, dass diese ihnen jahrhundertelang das Menschenrecht verweigerten und es ihnen endlich vor 50 Jahren "gaben", was ihnen seit c. 500 Millionen Jahren biologisch ganz einfach zustand.
Die Corona-Politik des Bundesrates ist lediglich Repitition: Wir bestimmen über die Biologie und ihre Gesetzmässigkeiten, wir stehen darüber, unsere Gesetze gelten. Peinlicher Grössenwahn.
Für mehr: lesen sie Iris von Roten und die Geschichte der beiden Liebhaber Iris und Peter...

23
/
1

Ich glaube eher, dass es früher begann: Nachdem die Schweiz im ersten Weltkrieg massiv unter innerer Zerrissenheit litt, machte man zu Beginn des zweiten Weltkrieges vieles anders. Kein deutscher General Wille mehr, sondern ein Welscher und möglichst keine Gräben zwischen den Landesteilen. Dafür ein massiv ausgebautes "Heer und Haus" mit nationaler Dauerpropaganda. Es hat funktioniert.

Aber wie nach dem Krieg weiter? Statt einer propagandistischen Rückbesinnung wurde der Feind ausgetauscht. Nicht mehr die Nazis, dafür neu die Sowjetunion. War auch nicht schlecht, hat uns geholfen. Aber die Denkweise wurde konserviert und verstärkt. Die vor den Kriegen vorwärts schauende, teilweise sehr moderne Schweiz wurde immer rückwärtsgewandter. Frauenstimmrecht? Schtonk! (Der grosse Diktator). Ernst Cincera, P-26, Fichenaffäre und so weiter.

14
/
0

Die Liste lässt sich bereits weiterführen mit Karin Keller-Suter und ihrem unsäglichen Anti-Terror-Gestz (PMT), das von Menschenrechtsexperten und Rechtsprofessoren scharf kritisiert wurde. Schon verwunderlich, dass immer Repräsentanten der so freiheitsliebenden Partei FDP involviert sind.

11
/
0
Realist
·

Momentan verhalten sich viele Verantwortliche (wieder) wie das Kaninchen vor der Schlange. Wir werden sehen ob wir uns auf diese Art noch bis zur Abstimmung durchwursteln können.

20
/
0
Anästhesist
·

Danke für die wahren Worte, Herr Binswanger.

23
/
3

In unseren Nachbarländer sieht es nicht besser aus, obwohl da „regiert“ wird. Sind den die Impfunwilligen die allgemeinen Sündenböcke? Mir scheint es immer klarer zu werden, dass die heute erhältlichen Impfungen nicht das bringen, was uns versprochen wurde! Impfen und COVID-19 vergessen. Nein, das wird mit diesen Impfungen leider nicht klappen. Mittelfristig sehe ich keinen wirklichen Vorteil als Geimpfte/r. Und das liegt nicht an den Impfverweigerer! Wenn in immer kürzeren Abständen „geboostet“ werden muss, um ein immer kleiner werdenden Schutz zu haben, sehe ich die Impfstoff als nicht geeignet an und man kann sich das Impfen auch sparen.

15
/
54

Das wurde nie versprochen (100%iger Schutz), und es ist doch ein klarer Vorteil, weniger Leute anzustecken, weniger angesteckt zu werden, wahrscheinlich einen weniger schlimmen Verlauf zu haben, falls es doch passiert, Intensivbetten für die Krankheiten frei zu halten, die schwieriger zu vermeiden sind... und das alles mit einer Spritze (oder meinetwegen zwei oder drei)...

22
/
2

Ihr Analyse für die Schweiz macht nachdenklich. Mir scheint das Problem nicht nur in der Schweiz, sondern in vielen Staaten mit ihren jeweiligen Staats- und Regierungsformen in vergleichbarer Form zu bestehen. In Bayern oder Österreich läuft das auch nicht viel anders.
Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Pandemie die de facto gelebten Werte zu Tage fördert. Und diese Erkenntnis ist bitter, wenn auch nicht erstaunlich. Die Bewältigung einer Krise erfordert das Aufgeben von persönlichen Vorteilen und liebgewonnenen Annehmlichkeiten. Das Verteidigen persönlicher Vorteile ist Kern des Politischen und diese Diskussionen stehen in einer interpretierbaren Historie. Überraschender sind die politischen Aktionen zum Erhalt jener Annehmlichkeiten, die eventuell nur aufgrund des drohenden Verlusts plötzlich stark an Wichtigkeit zunehmen. Diese neue Wichtigkeit braucht Argumente, und so stehen wir plötzlich vor sich verschiebenden Wertesystemen, die in ihrer Tragweite gesellschaftlich (noch) nicht reflektiert wurden - und in der aktuellen Situation auch nicht konstruktiv reflektiert und entsprechend weiterentwickelt werden können.
Der in der Republik aufgezeigte Fall Dänemark zeigte mir, dass mit Leadership der Regierung die Diskussionen in der Bevölkerung sehr wohl auf die Gesellschaft gelenkt und dabei der Nutzen der Gesellschaft für das Individuum in Erinnerung gerufen werden kann. Wenn in der Gesellschaft Konsens über die Ziele besteht, so steht auch ein gefestigtes Wertesystem bereit und es ist ein konkreter Auftrag an die Regierung formuliert - und dieses legitimiert die Regierung zum Handeln, statt zum von Ihnen beschriebenen Weiterreichen der heissen Kartoffel.

19
/
0
Neugierig kritischer Optimist
·
· editiert

Geschätzte VerlegerInnen und Herr Binswanger
Irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht los, dass es immer weniger tiefenentspannte Mitbewohner in diesem Land gibt. Dies insbesondere wenn sich die Gelegenheit zum Regierungs- und Behördenbashing ergibt. Meine Priorität in einem verantwortungsvollen und Mitmenschen-orientierten Handeln sehe ich primär bei mir und dort wo ich mein direktes und näheres Umfeld aktiv und immer konstruktiv mitgestalten und beeinflussen kann. Zudem bin ich der festen Überzeugung (und vielleicht als einer der Wenigen in diesem tollen Land), dass es Impfungen allein nicht richten werden. Dies auch nicht mit sehr straffen und/oder rigiden Vorgaben oder Impfpflicht durch Behörden. Covid ist und wird - leider - ein Bestandteil unserer Gesellschaft bleiben und laufend weiter mutieren. Neue Medikamente werden eine erfolgreiche Behandlung ermöglichen und eine wahre Ergänzung und/oder Alternative zu den zahlreichen „gewinnbringenden“ Impfungen darstellen. Unser verantwortungsvolles Verhalten mit oder ohne Impfung ist und bleibt das A und O. So gelingt es mir weiterhin, mich nicht von Angst dominieren zu lassen sowie ein gelassenes, wenn auch aktuell eingeschränktes, Leben zu führen. Im Wissen, dass ich priviligiert bin, mit der Möglichkeit von Home Office und bereits berufstätigen und ebenfalls entspannten Kindern hilft mir das und ich bin dankbar dafür. Unsere Regierung wird und kann es nicht allein richten, insbesondere nicht in unserer hochgelobten und vollkommen auf Kompromisse ausgerichteten direkten und föderalistischen Demokratie. Wir als Gesellschaft sind gefragt. Schön wäre es, wenn auch dies einmal in der Republik thematisiert würde und sich so sogar einmal eine positive und unterstützende Diskussion ergibt. Es würde mich einfach aufstellen in dieser kühlen, viral geprägten Jahreszeit. Integrieren anstatt spalten - was für eine viel herausfordernde Aufgabe.

32
/
13

Meine Priorität in einem verantwortungsvollen und Mitmenschen-orientierten Handeln sehe ich primär bei mir und dort wo ich mein direktes und näheres Umfeld aktiv und immer konstruktiv mitgestalten und beeinflussen kann.

Danke, Herr S.! Geht mir genau so.

10
/
2
Johanna Wunderle
Muttersprache NL
·
· editiert

Lieber Herr S. und lieber Herr H.,
„Ein verantwortungsvolles ……..sehe ich primär bei mir selber.“(siehe oben)
Auch ich bin zutiefst davon überzeugt, dass eine Gesellschaft sich nur ändern kann, wenn die Gesinnung und das darausfolgende Handeln sich ändert.
Es ist unser aller Aufgabe, die oberste Priorität hat.
Diese Aufgabe ernsthaft und kontinuierlich zu erfüllen, bemühe ich mich, ohne den Anspruch zu erheben zu den „tiefenentspannten Mitbewohnern“ zu gehören.
Aus diesem Grund bin ich an einem Dialog interessiert über die Frage, ob unsere primäre Aufgabe uns von der Aufgabe entbindet, sich zu Missstände zu äussern.

Das Wort Regierungsbashing sagt mir nicht zu. Es geht nicht darum auf die Regierung oder auf sonst jemand einzudroschen.
Wichtig scheint mir offenen Auges und (wenn immer möglich) offenen Herzens dafür aufmerksam zu bleiben, was vor sich geht.
Die Verwirrung ist gross und es ist notwendig, klar und deutlich Stellung zu nehmen um die allgemeine Desorientierung entgegen zu wirken.
Die Journalist-innen der Republik machen das mit enorm viel Arbeitsaufwand, Engagement, Können und Mut ganz ausgezeichnet.

11
/
0

Warum die Impfquote so niedrig ist? Hier ein Beispiel von gestern: https://twitter.com/linden_blatt/st…57376?s=21
Wo bleibt da die vielbeschworene Eigenverantwortung? Ich bin so müde.

20
/
1

"Die Grundverblüffung jedoch, die einen seit bald zwei Jahren immer wieder sprachlos macht lässt sich auf ein einfaches Gefühl bringen : wieviel Leid könnte vermieden werden wenn dieses Land regiert würde."
Dieser Satz, sozusagen als Zusammenfassung des ausgezeichneten Artikels von Daniel Binswanger, sagt eigentlich alles über unsere sogenannte Regierung. Unser System ist in keiner Weise krisentauglich. Anstatt die Besten in den Bundesrat zu wählen, werden per Kuhhandel fast nur mittelmässige bis untaugliche Interessenvertreter zu Bundesräten erkoren.

22
/
16

Ich bin sicher dass die Herren Chiesa, kräftig unterstützt von Herrn Aeschi, mit Herr Prof. Mörgeli als Chef Epidemiologe ein tolles Team hätte bilden können das viel mehr Erfolg gehabt hätte als das jetzige. <\ironie off>

20
/
1

Tipptopper Kommentar, Herr Binswanger!
Allein der letzte Satz hinterlässt mich - vielleicht beabsichtigterweise - ratlos: Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, diese Politik gewählt zu haben. Im Herbst 2020 habe ich in praktisch jeder Diskussion zum Thema mein Unverständnis über die Passivität der politisch (Un?-)Verantwortlichen ausgedrückt. Es gab dann Stimmen, die gut schweizerisch vom Masshalten und die politische Linie sei doch nicht schlecht sprachen, mehrheitlich schien mir aber, dass angesichts der politischen Tatenlosigkeit Ratlosigkeit oder Fassungslosigkeit herrschte.
Dito im Herbst 2021. Möglicherweise ist dies dennoch die Politik, die eine Mehrheit wählen würde, und möglicherweise muss/will man die Abstimmung abwarten, wo die Mehrheit sich befindet. Möglicherweise hat sich hier, wie bei anderen brennenden Themen der Zeit (Klimakrise! Flüchtlinge! Artensterben!) eine unheilige Allianz entwickelt aus gut inszenierten, lautstarken Bewegungen mit griffigen Parolen und guter Lobby einerseits und einer Politik andererseits, die aus eben diesen Bewegungen die Legitimation ableitet, entweder nichts zu tun oder rigide Massnahmen zu ergreifen. Leitlinie ist dabei immer, dass sich im Sinne dieser Bewegungen nichts grundlegend ändert, was Einfluss auf den gelebten und ach so bequemen Alltag hat. Und das wird wohl so fortgeführt, bis das System kollabiert. Man hat es ja nicht wissen können. Und: Hatten wir die Wahl?

21
/
2

Lieber Olaf Bakes
mir ist es genau gleich ergangen, der letzte Satz in DB's Kolummne hat mich auch irritiert. Auch ich habe die aktuelle Politik nicht gewählt. Die triste Situation, in der wir uns befinden, ist Folge unserer Regierungsform, wie sie 1848/1874 festgelegt wurde. Man wollte eine schwache Regierung, man wollte die Zerfransung der Macht (Föderalismus) und man wollte ausgleichende Massnahmen zwischen Land- und Stadtleuten (Ständemehr). Dass autoritär regierte Staaten in der Bekämpfung der Covid-Pandemie erfolgreich sind, ist evident. Nun, ich möchte gewiss keine Diktatur in unserm Land. Aber in Krisenzeiten müsste dem Bundesrat etwas mehr "Füdli" zugestanden werden.

19
/
2

Wieder mal ein Volltreffer von Herr Binswanger. Ich mag es wie er schonungslos die Fehler und Beweggründe unserer Regierung anspricht. Für mich ist klar, dass aufgrund der Abstimmung zum Covidgesetz nicht reagiert wird, das ist der einzig nachvollziehbare Grund. Wenn ich mich nicht irre, haben wir bei den Infektionszahlen eine ca. 3x höhere Dunkelziffer als Österreich und zurzeit schätze ich es als sehr wahrscheinlich ein, dass auch wir wie in Österreich Triageteams aufstellen werden müssen. Jetzt muss nur noch das Covidgesetz abgelehnt werden, dann haben wir uns definitiv für die Anarchie entschieden.

20
/
2

"Wer begriffen hat und nicht handelt, hat nicht begriffen."
Beispiel: wäre hier jemand bereit, mit einem Schild "Ich will meine 3. Impfung. Jetzt." auf der Strasse zu demonstrieren? Welche politische Kraft würde eine solche Demonstration organisieren?
PS: Zu meiner Überraschung habe ich gesehen, dass die Website www.impfpflicht.ch immer noch zu haben ist.

17
/
0

Nur schon der Titel ist schräg: "ab jetzt wird beobachtet".... Das soll wohl eine Drohung sein. Ich frage mich nur, was die Konsequenzen sein sollen, wenn die Politik nicht auf die Meinung von Herrn Binswanger einschwenkt. Vielleicht noch mehr solche Artikel? Das wäre dann nicht so schlimm, die kann man ruhig ignorieren. Es ist hingegen traurig zu sehen, wie die Republik eine Kampagne gegen einen Teil der Bevölkerung fährt, die nicht Coronaparnoid sind, Fragen zu stellen wagen und nicht alles glauben was ein Teil der Experten von sich gibt, Medien anfeuern und Politiker umsetzen wollen.

8
/
17
Chefredaktion
·

Hallo Herr M., nein, der Titel umschreibt die Schweizer Corona-Politik in a nutshell. Die Republik fährt auch keine Kampagne, sondern sieht sich den Werten der Aufklärung verpflichtet, wozu auch wissenschaftliche Evidenz gehört, auf die sich auch Daniel Binswanger bezieht. Was stimmt: Hobby-Epidemiologie, Internet-Geraune, Skepsis und Fragen ohne Realitätsbezug etc. pp. halten wir für nicht so relevant. Freundliche Grüsse!

20
/
3

Weil nur wenige Menschen präventive Maßnahmen verstehen und mittragen…..die Mehrheit der Menschen findet den Willen nicht, ihre Gewohnheiten durch Vernunft anzupassen, um Krankheit und Tod zu vermeiden…..diese entfernt die Natur konsequent aus dem Genpool…..der Mensch hat nur durch seine Anpassungsfähigkeit überlebt und sich entwickelt……aber diese Fähigkeit braucht leider Schmerz und Leid……deshalb wird das auch nichts mit COVID und der Temperaturbegrenzung auf 1,5 Grad……

18
/
2
· editiert

Während an normalen Schulen keine Wahrscheinlichkeitsrechnungen und Wirkungsgrade gelehrt werden, enttaeuschen diewelchen, welche es eigentlich gelernt haben. Eine Impfung mit einer Effizienz von 90% mit der Zeit fallend wird als wirkungslos bezeichnet. In welchem Laden auch immer zb DK sein Diplom bekommen hat um die Wirkung von Masken als Null zu bezeichnen. Das war der unrühmliche Anfang solcher Vereinfachungen.
Aber alle fahren Auto. Dabei funktioniert ein Motor mit einem Wirkungsgrad von unter 20% eigentlich gar nicht ... ein Auto funktioniert eigentlich nicht.

16
/
1
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

In der Tat, für das, dass wir spätestens seit den 80ern in der «Risikogesellschaft» (Ulrich Beck) leben, haben wir herzlich wenig über Wahrscheinlichkeitstheorie, Risikoanalyse, Kybernetik 1. und 2. Ordnung, positives Feedback, exponentielles Wachstum, Komplexitäts-, Chaos- und Katastrophentheorie gelernt.

Aber sei's drum, leben wir halt weiter so, als ob Wahrheit wie Gewissheit wäre, Risiken nur «sind», wenn sie «da» sind und wir sie «wahr-nehmen», es keine Interdependenzketten, sprich wechselseitige Abhängigkeiten gäbe, sich Prozesse gegenseitig verstärken, exponentielles Wachstum, zuerst unmerklich langsam verlaufen, um dann rasend schnell zu eskalieren, und dass komplexe, non-lineare, dynamische Systeme schnell in eine Katastrophe stürzen könnten. – Denn, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.

Man kann die «Antiquiertheit des Menschen» (Günther Anders) auch absichtsvoll politisch-pädagogisch herbeiführen.

17
/
1

Ein kluger, gut geschriebener Beitrag, der im "Durchreichungsbingo" seinen stilistischen Höhepunkt hat. Was leider fehlte, war die grafische Illustration dieser Bundesratstombola.

16
/
0
Musiker / Schauspieler
·
· editiert

Unsere Regierung fährt den Kurs nach A. Herr Binswanger und viele andere möchten den Kurs nach B nehmen. Und dann gibt es noch diejenigen, welche nach C, D oder auch überhaupt nicht steuern möchten.

Alle nennen als Ziel: Die Pandemie bekämpfen und überwinden.
(Das ist eine Behauptung von mir. Aber von Mensch zu Mensch will und kann ich bisher niemandem vorwerfen, vorsätzlich etwas anderes zu wollen.)

Kommen wir weiter, wenn wir uns gegenseitig Versagen, Dummheit, Ignoranz und anderes vorwerfen?
Oder vergiften wir damit nicht von allen Seiten das Klima? Verunmöglichen eine Diskussion, eine Annäherung und den konstruktiven Kompromiss? Tragen zur Verhärtung der Fronten, ja sogar zur Spaltung bei?

Ich habe Verständnis für die Verzweiflung und die Ungeduld in Anbetracht der Fakten. Ja, wir sind wohl alle Corona-müde.

Doch wie können wir individuell etwas dazu beitragen, dass diese Situation nicht weiter und von verschiedenen Seiten zur gezielten politischen Sabotage ausgenutzt wird? Wie können wir Verständnis, Offenheit und Nachsicht leben mit unseren Mitmenschen (dazu gehören auch die mit anderen Meinungen)? Wie können wir vielleicht sogar so etwas wie Demut entwickeln vor der Naturgewalt, welche diese Pandemie brutal zu Tage führt?

Die Pandemie ist/wäre ein grosses Übungsfeld für so manche grosse Herausforderung, welche auf die Menschheit zukommt.

23
/
9

Zu diesem Text und zur Situation bei uns sehr gut passend ein Artikel im „Spiegel“ vom 18.11.2021 von Samira el Ouassil:
https://www.spiegel.de/kultur/coron…5924063657

13
/
0

Die Pandemie ist das Lackmuspapier zur dominierenden Mentalität des totalen Profits im Lande. Und auch der Politiker, die die Komplexität der Übertragungswege des Virus überfordert. Mental und kommunikativ. Die Volksvertreter hängen an den Wahlzetteln der Bevölkerung, versprechen mal dies, mal das. Wie üblich. Und einen Monat später ist das Versprochene vom Winde der Infektionsrate verweht, derweil die Alten immer wieder sterben, die Kranken leiden, das Pflegepersonal und die Ärzte überlastet und erstaunt ob soviel Versagen der Verantwortlichen kaum nachkommen ihre Schutzanzüge zu wechseln. Der Privatwirtschaft will das egal sein. Weil auch sie ist Teil dieser Mentalität und verrennt sich in Narrative der Egozentrik. Ein Virus kennt kein Parteibuch und ihm ist auch die Philosophie des freien Markts schnuppe. Ausser es wär eine freier Markt indoor mit vielen Ständen und den Konsumenten, denen die Politikverkäufer suggerierten, dass die Pandemie vorüber sei. Zwecks Mitgliederfang.

15
/
2

Die Behörden haben in diesem ganzen Schlamassel Glück, dass der Grossteil der Bevölkerung die meisten Massnahmen (noch) verantwortungsvoll mitträgt - die Frage bleibt, wann ihr der Geduldsfaden reissen wird und was dann geschieht……

6
/
18

Ihr Beitrag suggeriert dass die Behörden Schuld an deer Pandemie sind. Was meinen sie mit Geduldfaden reissen?? Solange die Pandemie nicht vorüber ist wird es irgendwelche Massnahmen brauchen, ob da ihnen der Geduldfaden reisst oder nicht. So einfach ist das und die meisten Leuten werden das auch so sehen.

16
/
4

Ein erstaunliches Politikerbashing und der Wunsch nach einer Regierung, die mal richtig durchgreift, die sich im Artikel von Daniel Binswanger und in vielen Kommentaren manifestieren. Oft werden solche Haltungen bei den "anderen", den vermeintlichen Gegnern, beobachtet und dort zu Recht kritisiert. Das politische System in der Schweiz mit Föderalismus, direkter Demokratie, Konkordanz usw. und die deutlich schwieriger zu bestimmende politische Kultur, wahrscheinlich mit einem hohen Mass an Selbstbestimmung, Eigenwilligkeit und Wirtschaftsfreundlichkeit, hat Vorteile und Nachteile. Gegenwärtig scheinen zur Pandemiebekämpfung mit mangelnder Präventionsinfrastrukur gerade im Bezug zum Föderalismus die Nachteile deutlich zu überwiegen, in anderen Zeiten sind es klar Vorteile. Ich bin froh, dass wir in der Schweiz z.B. ein deutlich weniger durchgeguliertes Gesundheitssystem haben - wie z.B. in Deutschland - und Leistungserbringern wie privat tätigen Ärzten etliche Freiheiten geblieben sind. Laut aktueller Mitteilung der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 5.11.2021 sollen - also nicht nur können - besonders gefährdete Personen im Alter von 16 bis 64 Jahren mit chronischen Erkrankungen mit höchstem Risiko, welche eine Boosterimpfung wünschen, diese schon jetzt bei ihrer behandelnden Ärztin vornehmen. Nur für die Impfung im Impfzentrum braucht es eine Anmeldung via dem kantonalem Impfportal. Mir hat die Inkaufnahme der Übersterblichkeit im Winter 2020 auch nicht "gefallen", doch war mir klar, dass diese Haltung nicht nur von den Behörden und den Regierungen, sondern von vielen Menschen in der Schweiz, auch von Bekannten von mir, mitgetragen wurde. Eine Argumentation von "denen das oben und denen unten" ist nicht zielführend. Es ist schon die Politik, die "wir" gewählt haben, zum "wir" gehöre ich als Schweizer dazu, auch wenn ich bezüglich der aktuellen Massnahmen zur Minderheit gehöre. Das akzeptiere ich, lasse mir aber nicht den Mund verbieten.

21
/
12
(von der Moderation verborgen)

"Schliesslich und endlich beruht diese Risiko­asymmetrie jedoch auf den fundamentalen Werte­präferenzen, zu denen man sich zwar nicht explizit bekennt, welche die Erwartungen an die Politik aber bestimmen." Wenn D.Binswanger in dieser Pandemie zu Recht die "fundamentalen Wertepräferenzen" in Politik und Gesellschaft dieses Landes in die Diskussion bringt, so möchte ich dazu aufrufen, den m.E. spirituellen Vater dieser Hierarchie ernst zu nehmen und seine Wirkungsgeschichte in Wirtschaft und liberaler Politik in Betracht zu ziehen: den Arzt und Psychiater Bernard de Mandeville. Er nahm in seinen Werken zur Erläuterung seiner "Bienenfabel" (Fable of the bees, 1715) das vorweg, was Politik und Wirtschaft jetztdurchführen.
Seine Devise: "Les vices privés font la vertu publique" (private defects, public virtues; private Sünden machen den Wohlstand für alle). Z.B. : natürlich ist Krieg nicht gut, bringt Tod und Leid; aber daran verdient man vorher, während und erst recht nachher beim Wiederaufbau viel Geld, was den Reichtum der Nation fördert: das BIP steigt, es gibt Arbeit(splätze), Investitionen, neue Technologien, Wohlstand, usw. Er führt das auch im Detail aus in der Gin-Epidemie Englands, für die Nation ist diese ein grossartiges Geschenk. Wirtschaftswissenschafter wie Adam Smith, F. Hayek, Milton Friedmann und die Chicago boys bekennen sich offen, z.T. gedeckt, zu Mandeville. Auch die Aussage "schöpferische Zerstörung" von Schumpeter passt in die Devise.
Die Buchhaltungen von Finanz und Börse sind leistungsorientiert, Leben und Gesundheit finden darin erst Erwähnung, wenn sie weg sind und repariert oder entsorgt werden dürfen.
Ich meine, die Werke von Mandeville sind EXPLIZITE Anleitung zu dem, was D.B. zu Recht kritisiert (vgl. Bernard de Mandeville "La Fable des abeilles, Univers Poche, éd. Pocket, 2017).

9
/
0

Während einer Pandemie ist es für keine Regierung einfach, immer die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im Rückblick scheint manches überhastet, anderes zu zögerlich. Wenn ich nach links und rechts schaue, steht der Bundesrat ziemlich gut da.

26
/
17