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Entwickler Begriffsmoleküle und LD-Cards
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Ich kann hier nur zustimmen. Information auf Bits zu reduzieren ist falsch. Bits an sich sind bedeutungslos und erlangen ihre Bedeutung erst durch den Kontext. Ein Bit KANN 0 oder 1 bedeuten, einverstanden. Aber genauso gut kann es Wahr oder Falsch bedeuten, Ja oder Nein oder irgend ein anderes Paar. Im Bit wird das nicht definiert, erst in seiner Umgebung. Darauf haben schon viele hingewiesen. D.M. MacKay z.B. spricht von einem selektiven und einem deskriptiven Informationsgehalt. Der selektive steckt im Bit und sagt, welcher von zwei Zuständen gewählt wird, der deskriptive liegt in der Umgebung des Bits und sagt, was die beiden Zustände bedeuten.
Der Fehler, Bits mit Information zu verwechseln ist verbreitet und nicht ungefährlich und Philipp Hübl legt zu Recht den Finger auf diesen Punkt. Auch sein Hinweis auf das Standardwerk von Shannon ist hilfreich. Denn Shannon selber hat explizit festgehalten, dass das Bit keine Bedeutung trägt. Er schreibt im erwähnten Buch: ‘Frequently the messages have meanings … These semantic aspects of communication are irrelevant to the engineering problem.’ Mit anderen Worten: Das Ingenieursproblem, für das er mit der Einführung des Bits eine belastbare mathematische Grundlage liefert, hat eben nichts mit Bedeutung zu tun. Shannon ist präzis.
Kritisieren würde ich höchstens den Titel von Herrn Hübl's Text. Denn die Bedeutung liegt nicht ZWISCHEN Null und Eins, wie oft angenommen wird, sondern AUSSERHALB von Null und Eins. Es ist nicht die Schattierung zwischen 0 und 1, sondern der Kontext, der die Bedeutung enthält.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Schade, dass das Erhellende nur am Schluss kurz aufblitzt und das Triviale am meisten Raum einnimmt. Aber to tease ist vielleicht auch die Funktion von Rezensionen.

Bei manchen kritischen Formulierungen Hübls erinnerte ich mich an Nietzsches pointierten Spitzen:

Wer sich tief weiss, bemüht sich um Klarheit; wer der Menge tief scheinen möchte, bemüht sich um Dunkelheit.

Das Publikum verwechselt leicht den, welcher im Trüben fischt, mit dem, welcher aus der Tiefe schöpft.

Die mystischen Erklärungen gelten für tief; die Wahrheit ist, dass sie noch nicht einmal oberflächlich sind.

Es ist geradezu ein Gesetz, dass je grösser die Theorie ist, umso flacher die allgemeinen Aussagen sind. Denn durch die Tieferlegung der Betrachtungsebene, mit der man systematisch und historisch den gemeinsamen Grund suchen will, werden die abgegrenzten Bereiche eingemeindet. Diese Verallgemeinerung erzwingt geradezu die Meta-phorisierung (wörtl. Über-tragung) definierter Konzepte.

Das generelle Transhistorische verwischt so das spezifisch Gegenwärtige.

Ergiebiger zur Herausarbeitung des Spezifischen der heutigen Digitalisierung wäre vielleicht tatsächlich der Fokus auf konkrete, materielle Verfahren gewesen. Beispiele wären Audio, Bilder, Film, Text, Sprache usw. Weitere wichtige Aspekte:

  • Digitalisierung: Verlustreiche und verlustarme Wandlung von Analog zu Digital -> Nutzung, Bearbeitung, Verteilung, Erschliessung und Wiedergabe in elektronischen Datenverarbeitungssystemen

  • De- und Rekontextualisierung: Universalcode (Bit) in Universalmedium und -maschine (Computer) -> Kontextverlust, Remix-Culture, Kopierschutz, geistiges Eigentum

  • Beschleunigung: Maschinelle und damit schnellere Verarbeitung, Verteilung und Vervielfältigung -> Ewige Gegenwart, Alles-Überall-Jetzt, Globalisierung

  • Absolutes Gedächtnis: Schnelle Durchsuchbarkeit, geringer Platzbedarf, relativ kostengünstige Langzeitarchivierung, Fehler und Verfälschungen im Vergleich zur analogen Verarbeitung gering -> Recht auf Vergessen, Transparenzgesellschaft

  • Automatisierung: Höhere Kapazität an Raum und Zeit (Ubiquität und Rechenleistung), höhere Granularität der Such-Algorithmen für bisher unsichtbare Muster -> Delegierung, Entmündigung, Arbeitsplatzverlust

  • Demokratisierung: Alle werden Sender -> Strukturwandel der Öffentlichkeit, Singularisierung, Wandel der politischen Kultur, Netzwerkgesellschaft

  • Panoptismus: Ständige und allseitige (Selbst-)Vermessung, (Selbst-)Überwachung und (Selbst-)Optimierung.

Gerade was die Folgen Automatisierung und Demokratisierung sowie die internen Widersprüche oder Spannungen anbelangt, steht bei Hübl (und bei Nassehi) wenig.

Und was Hübel als offenbarer Realist unterschätzt und womöglich Nassehi als Konstruktivist überschätzt ist das Problem von Simulation & Simulakrum, wie ein englischer Titel von Baudrillard heisst. Also die medial vermittelte Hyperrealität, welche durch das Universalmedium sozial konstruiert wird und für die meisten für das meiste die einzige Realität ist. Eine graduell noch stärkere Abkopplung der Korrelate sozusagen.

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