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Genau das ist doch der springende Punkt:
«Die Haltung gegenüber einem Straf­tat­bestand hat viel damit zu tun, ob es einen mit einbezieht. Bei Via sicura hat man plötzlich gemerkt: Das ist eine Straftat, die ich selber begehen kann, wenn ich mal zu schnell fahre. Ich bin von der Ausgestaltung des Gesetzes betroffen. Auf der anderen Seite gibt es Straf­tat­bestände, die nicht für alle gelten und für die deshalb unverhältnis­mässig hohe Strafen drohen und auch verhängt werden. Straf­tat­bestände zum Beispiel, die nur Ausländer erfüllen können.”
Und vergleicht man die Strafmasse im Ausländerstrafrecht mit der Via Sicura, ist diese absolut nicht zu hart! Hier geht es um Menschenleben. Um schwerste Verletzungen, die andere Menschen ein Leben lang mit sich schleppen müssen, arbeitsunfähig werden etc. weil jemand wissentlich gerast ist. Im Ausländerrecht kann jemand mehr als 1 Jahr hinter Gitter, weil er versucht sein eigenes Leben zu retten. Natürlich sind Gesetze mit hohen Mindeststrafen oft fragwürdig, da sie die Verhältnismäßigkeit aushebeln und Annahmen treffen. Doch im Verhältnis zu anderen Gesetzen ist via sicura durchaus human. Rasen ist kein Kavaliersdelikt! Das verstehen zu viele noch nicht! Und hier das Wissen mit dem Willen zu verknüpfen halte ich für angemessen. Beim Rasen nimmt man wissentlich und willentlich in Kauf andere zu verletzen auch wenn man etwas anderes behauptet.

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Silvan Granig
Inhaber KommFort Kommunikation
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Das sehe ich ebenfalls so. Und hier noch einmal die "Raser-Definition": Ein Raser ist, wer innerorts über 100 km/h fährt, wer ausserorts über 140 km/h fährt und wer auf der Autobahn (Tempo 120) über 200 km/h fährt. Das ist für mich dann auch "keine Straftat, die ich selber plötzlich begehen kann" und zielt auch nicht auf den unaufmerksamen Fahrer ab, der vielleicht mal ein Schild übersehen hat, sondern eben genau auf Raser, die bewusst mit solch überhöhten Geschwindigkeiten unterwegs sind und damit verheerende Unfälle in Kauf nehmen. Und genau dies war damals das Ziel der Initiative (ich war zu der Zeit Mediensprecher der Stiftung RoadCross). Es ging nicht darum, den "normalen" Autofahrer zu kriminalisieren, sondern darum, bewusst massive Geschwindigkeitsübertretungen zu ahnden, für die zuvor keine griffige rechtliche Handhabe bestand.

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Daria Wild
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Vielen Dank für die Kommentare. Ich finde das von Ihnen, Anonymous, hervorgehobene Zitat auch ein springender Punkt. Ich würde einwerfen; die in der Revision geforderte Streichung der Mindeststrafe heisst noch nicht automatisch, dass Raserdelikte weniger streng geahndet werden, sondern dass diese «Ausnahmen» verhältnismässiger beurteilt werden können, oder was meinen Sie? Noch ein Hinweis zum beschreibenen Fall: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann immer noch sein, dass es an die nächsthöhere Instanz weitergezogen wird.

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retired citizen
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Einmal mehr stehen die (armen) „Täter“ und das evtl. zu hohe Strafmass zur Diskussion. Der Verkehrsteilnehmer (Automobilist) der noch nicht begriffen hat, dass wer trinkt nicht fährt, handelt verantwortungslos. Wir sprechen ja nicht von einem Glas Wein zum Essen. Sondern 1,1 Promille, übersetzte Geschwindigkeit und „red light running“. Der, der das macht, nimmt in Kauf, dass etwas passieren kann. Im Verkehr resultiert das schnell mit Verletzten und schlimmstenfalls Toten. In den letzten Wochen konnte man von zahlreichen erheblichen Geschwindigkeitsexzessen lesen. Anscheinend ist es mit der Verantwortung des einzelnen gegenüber Mitmenschen und der Gesellschaft nicht weit her. Jetzt das Rasergesetz „aufweichen“, ist meines Erachtens ein falsches Signal.

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Wie beurteilen Sie das Rasergesetz im Falle, dass eine Person, die alleine nachts auf der leeren Autobahn 180 km/h fährt, von Gesetzes wegen 1 Jahr Freiheitsentzug droht?

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retired citizen
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Ja, so ist das Gesetz. Aber das weiss doch jeder "aufgeklärte" Autofahrer.
Auch ich bin schon nachts auf einer leeren Autobahn etwas zu schnell unterwegs gewesen (125-135 Km/h), aber nicht mit 180 Km/h. Das (180 Km/h) geht eigentlich nur, wenn ich mir dem Tempo voll bewusst bin, das spührt man und erfordert eine hohe Aufmerksamkeit.
Wenn wir aber dazu übergehen, dass jeder selber entscheiden darf, ob die Situation, Strasse und Tageszeit eine höhere Geschwindigkeit erlauben, dann ist es nicht mehr weit bis zur Verkehrs-Anarchie. Dann sehen wir alle die PS-starken, grossen und schweren SUV's im Rückspiegel, die ihr "right of way" einfordern.

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Und woher soll der Raser wissen, ob die Autobahn wirklich 'leer' ist, oder 'leer' bleiben wird? Also ich möchte mein Leben nicht von eventuell falschen Einschätzungen eines Rasers abhängig machen. Es gibt auch auf Autobahnen viele unübersichtliche Einfahrten, usw... Zudem ist ein Tempolimit ein Tempolimit, nicht wahr?

Versetzen wir uns auch in die drastischen Auswirkungen auf des zukünftige Leben der zwei Personen im Taxi.... dann erkennt man erst das Ausmass des Schadens und des Unrechts, welches der betrunkene Fahrer angerichtet hat. Angesichts dessen empfinde ich das Strafmass als zu gering.

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Silvan Granig
Inhaber KommFort Kommunikation
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Das Rasergesetz sieht 1 Jahr Freiheitsentzug bei einer Geschwindigkeitsübertretung von 200 km/h auf der Autobahn vor. Und ja, ich finde das gerechtfertigt. Ich hatte auch schon Geschwindigkeitsbussen, aber ich könnte mir nicht vorstellen, je auf der Autobahn 200 km/h zu fahren, weil es einfach Irrsinn ist. Das ist schlicht gemeingefährlich und gehört zum Schutze aller unterbunden. Denn wenn Sie mit 200 km/h auf der leeren Autobahn unterwegs sind, legen Sie pro Sekunde rund 50 Meter zurück und wenn dann auf ihrem Fahrstreifen plötzlich im Dunkel ein Fahrzeug auftaucht, das vielleicht nur 90 km/h fährt, ist die Reaktionszeit nur noch sehr sehr kurz.

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Man kann auf der Autobahn nicht "aus Versehen" 180 km/h fahren. Das macht man dann doch schon ganz bewusst. Und würde die Mindeststrafe aus dem Artikel gestrichen, so wäre eine endlich mal klar formulierte Strafe die auch Eindruck macht einfach gestrichen. Was dann wieder in den wenn und aber und hätten usw. in der Rechtssprechung enden würde. Klare Regeln ins Gesetzt geschrieben schaffen für jeden verbindliche Klarheit.

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Danke für den Beitrag. Ich persönlich bin der Meinung, dass es nicht sehr sinnvoll ist, wenn sich der normale Bürger allzu sehr in die sensiblen Bereiche des Strafmasses einbringt, da hier oft sehr grosse Emotionen spielen.
Wir halten unsere Gesellschaft für sehr aufgeschlossen, doch man kann ja an einfachen Beispielen schnell feststellen, dass dies nicht der Fall ist. Würde sich zB. ein Politiker oder Lehrer als pädophil outen, dann würde dieser sofort von der Gesellschaft abgestraft werden, auch wenn er sich niemals etwas zu schulden kommen lassen hätte. Benachteiligung im Beruf bis hin zu Todesdrohungen würde von einem grossen Teil der Bevölkerung wohl als als hinnehmbar betrachtet werden. Obwohl genau dies strafbare Handlungen wären und die betreffende Person für die Veranlagung selbst ja nichts kann.
Gerade aus diesen Gründen plädiere ich dafür als Stimmbürger nicht zu sehr den Richter und den Henker zu spielen, sondern den Fachleuten zu überlassen wie die einzelnen Straftaten einzuordnen sind, auch wenn es teilweise den Anschein von Kuscheljustiz macht.

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Silvan Granig
Inhaber KommFort Kommunikation
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Hier vielleicht noch eine Anmerkung. Die Raserdefinition und die Anliegen der Raserinitiative wurden zum grössten Teil vom Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch der Uni Zürich verfasst und von Verkehrsrechtsexperten breit unterstützt. Der Text wurde nicht von irgendwelchen Wutbürgern verfasst, wie das in der Nachbetrachtung oftmals geframt wird.

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Vielen Dank für Ihre wichtige und richtige Anmerkung.

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Ihren Argumenten kann ich weitgehend beipflichten. Ich denke, viel wichtiger ist, dass es überhaupt zu einem Urteil kommt. Zu viele Taten verjähren, vor allem wenn sich die Angeklagten unbegrenzter finanzieller Möglichkeiten bedienen können. Manchmal hat man das Gefühl, die Täter hätten mehr Rechte als die Opfer. Fast beliebig können Vermögende unliebsame Rechtsentscheide hinaus schieben. Man denke an die Prozesse gegen Schwarzenbach oder die Fussballfunktionäre. Leben wir in einem Rechtsstaat? Vielleicht. Sorgen unser Verfahren und Gesetze für Gerechtigkeit? Sehr oft nicht.

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Leser
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Bin ganz bei Ihnen. Nur spricht das Gericht im Namen des Volkes und somit auch in meinem Namen. Daher sollte ein Urteil auch fuer mich als Laie nachvollziehbar sein und nicht nur fuer Juristen. Ein Problem des immer komplexer werdenden Strafrechtes.

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" Es sei bedauerlich, dass der Bundes­rat mit der aktuell laufenden Revision der Straf­prozess­ordnung den Staats­anwaltschaften noch mehr Möglichkeiten für die Einschränkung von Partei­rechten einräume, «anstatt die bestehenden rechts­staatlichen Bedenken zu beseitigen»."

Dieser Umstand wäre dann ein weiterer Artikel wert. Immer weitere Einschränkungen von Beschuldigten sind rechtsstaatlich höchst bedenklich und werden für meinen Geschmack viel zu wenig vom medialen Radar wahrgenommen.

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ex-Staatsanwalt
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In einem solchen Artikel wäre auch darzulegen, seit wie vielen Jahrzehnten es die heute so beklagten angeblich so neuen Strafbefehle schon gibt (vgl.u.). Und ferner, was für Absicherungen für die Beschuldigten unterdessen eingebaut wurden.

Dabei gibt es tatsächlich Probleme, aber ganz andere: sie betreffen die auch im Strafbefehlsverfahren geltende richterliche Unabhängigkeit. Bei den Jugendunruhen wurden den Staatsanwälten Subsumtion und Strafmass vorgeschrieben. Angeschuldigte, welche den Prozess fürchteten und den Strafbefehl akzeptierten, bekamen (beim ersten Mal bedingte) Freiheitsstrafen. Wer vor Gericht ging, bekam meistens einen Freispruch. Oder jetzt am 1. Mai. Da sollen Demonstranten in Zürich wegen Vergehens bestraft werden - andere sonst stets nur verwarnt oder gebüsst.

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Danke für diesen Hinweis, Herr Eppenberger.

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Ich habe keine Bedenken. Zu schnelles Fahren kostet eine bestimmte Busse. Da gibt es nie eine Diskussion. Ein Kilometer zu schnell, schon ist man CHF 40.- los. Ist man aber 30 Km zu schnell, sollen sich Vermögende freikaufen können. Nur diese haben das Geld für die besten Anwälte und können es sich leisten, das Ganze bis zur Verjährung in die Länge zu ziehen oder mittels Gutachten jeglicher Art auf mildernde Umstände zu spielen. Es gibt keinen mildernden Grund, der es rechtfertigt oder 'verständlicher' macht, mit hundert KMH über ein Rotlicht zu fahren.

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Danke für diesen ausserordentlich guten und profunden Beitrag. Die letzten 15 Jahre meiner Richtertätigkeit durfte ich elber einen kleinen Lehrauftrag an der Uni haben. Das führte zu einer wechselseitigen Bereicherung, von der im Artikel geschrieben ist. Dies mindert die Gefahr des Elfenbeibturms - hüben und drüben.

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Hervorragendes Interview, Danke.
Die Sophistereien des Professors kann ich allerdings nicht wirklich nachvollziehen. Ob Absicht oder nicht scheint mir hier reichlich irrelevant, weil schwer oder gar nicht beweisbar.

Was wäre wohl des Professors Haltung, wenn im Taxi seine Frau, oder ein Kind von ihm gesessen hätte?

Es sind doch genau solche Argumentationen, welche den Tätern ein grösstmögliches Mass an Milderungsgründen zumessen wollen, während man dabei die Konsequenzen für die Opfer in viel zu geringen Masse mit in die Urteilsfindung mit einbezieht. Wo ist bloss der gesunde Menschenverstand abgeblieben?...

Für mich ist bereits das In-kauf-nehmen eines solchen Schadens ausreichend genug, von einer Lockerung dieses Gesetzes abzusehen. Wir werden das Raserproblem sonst nie in den Griff kriegen.

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Sehr interessantes und anschaulich geschildertes Interview mit einem offensichtlich engagierten und klugen Gesprächspartner.

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(durch User zurückgezogen)
Silvan Granig
Inhaber KommFort Kommunikation
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Gelöscht, da falsch platziert.

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Auto fahren vergiftet unsere Kinder. Dies wiederum verstösst gegen unsere Verfassung und auch gegen die Menschenrechte. Die Frage ist doch eher, warum dies die Richter nicht sehen (wollen). Vielleicht weil sie selber Auto fahren?

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Auto fahren vergiftet unsere Kinder. Dies wiederum verstösst gegen unsere Verfassung und auch gegen die Menschenrechte. Die Frage ist doch eher, warum dies die Richter nicht sehen (wollen). Vielleicht weil sie selber Auto fahren?

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Sollte man banküberfallende Richter über Bankräuber richten lassen?
Sollte man vergewaltigende Richter über Vergewaltigungen richten lassen?
Sollte man autofahrende Richter über Raser richten lassen?

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