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danke! dieser text ist viel mehr als "nur" kunstgeschichte und viel mehr als "nur" geschichte.

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Theologin/Pfarreiseelsorgerin
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Danke! Einerseits für diese Kolumne, auf die ich mich freue. Andererseits für Guernica zum Start...in dieser Zeit.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ich freue mich sehr auf eine Kunst-Kolumne, auch wenn der Anlass und das Werk kein freudiger ist. Mitnichten. Die Besprechung erinnert mich an die Spezialsendung von Anne Will vom 27. Februar, als der Historiker und Osteuropa-Experte Karl Schlögel sagte (ca. ab 6:45):

Ich muss Ihnen sagen: Wir sitzen hier. Und eigentlich sollten wir nicht hier sitzen. Sondern wenn ich mir überlege, was eine oder zwei Generationen vor uns gemacht haben: Die sind in die internationalen Brigaden nach Spanien gegangen. Die Köstler und Hemingways usw. Und wir bringen es nicht zustande.

In der «internationalen Miliz» waren Leute wie George Orwell, André Malraux oder eben Ernest Hemingway. In den «internationalen Brigaden» Alfred Kantorowicz, Egon Erwin Kisch oder Simone Weil.

Der kurze Einsatz Weils kommt auch in Simone de Beauvoirs «Résistance»-Roman «Das Blut der anderen» (1945/63) vor, das ich per Zufall lange vor Kriegsbeginn zu lesen anfing und nun an unheimlicher Aktualität gewann. Auch wenn es nicht ihr bestes Buch ist, besitzt es eindringliche Stellen, welche die Gefühlslage und existenzielle Situation vieler Menschen damals, die auch in dieser Kolumne Erwähnung findet, transportieren:

Wir sassen da in der sanften Abenddämmerung von Paris und taten niemandem ein Leid an. Aber gleichzeitig waren wir auch dort unten in Barcelona, in Madrid, und dort waren wir keine harmlosen Spaziergänger, sondern gemeine Verräter. Ebenso gewiss wie in diesen festlichen Strassen waren wir auch dort unter dem schwarzen, vom tödlichen Geräusch der Stukas zerrissenen Himmel; wir waren in Berlin, in Wien, in den Konzentrationslagern, wo die Juden im Hemd auf dem nassen Boden schlafen mussten, und in den Gefängnissen, in denen sozialistische Kämpfer verreckten; ein hartnäckiges erdrückendes Dasein, das mit der Existenz des Stacheldrahts, undurchdringlicher Steine, der Maschinenpistolen und der Gräber unauflösbar verbunden war. Diese sorglos und frei lächelnden Gesichter waren für andere Menschen das leibhaftige Antlitz des Unglücks.
[…]
An diesem Abend war Feststimmung in Paris; die Leute sangen und lachten vor Freude, die Liebenden umarmten sich: Wir hatten die Tschechoslowakei an Deutschland ausgeliefert, und wir sagten, wir hätten der Welt damit den Frieden geschenkt.
«Dieser Vertrag», sagte Laurent, «bedeutet den Frieden. Einen Frieden, den wir selber gemacht haben. Der Wille zum Frieden hat den Krieg unmöglich gemacht.» Er war noch jung. Sein Enthusiasmus war mir peinlich.
[…]
«Ihr habt Angst vor der Revolution.»
«Nein», wandte ich ein, «aber wir wollen sie nicht mit einem Weltkrieg erkaufen. Der Preis wäre zu hoch.»
«Der Preis ist nie zu hoch.» Paul sah mich verächtlich an. «Ihr werdet nie etwas erreichen, weil ihr nicht dafür bezahlen wollt.»
«Es ist leicht, mit dem Blut anderer Menschen zu bezahlen.»
«Mit dem Blut anderer und mit dem unsrigen, das ist dasselbe», sagte Paul.
[…]
In Wien reinigten die Juden die Trottoirs mit Säuren, die ihnen die Hände zerfrassen, und die Vorübergehenden sahen ihnen amüsiert zu; nein, wir würden nicht für sie sterben, auch nicht, um in Prag die dumpfen nächtlichen Geräusche des Selbstmords zum Schweigen zu bringen; auch nicht, um die Brände zu verhindern, die bald in den polnischen Städten aufflammen würden. Stellten wir uns eigentlich die Frage, wofür wir weiterleben wollten, als wir uns so eifrig bemühten zu erklären, wofür wir nicht sterben wollten?

Vielen Dank, K. V., für die Kolumne und die Besprechung von Picassos «Guernica».

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Vielen Dank für die Erinnerung an diesen Text von Simone de Beauvoir und auch an Karl Schlögel.

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Brot
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Ein «Guernica» in einem anderen Medium ist für mich das Computerspiel «This War of Mine» der polnischen 11 Bit Studios. Ähnlich wie Picassos Bild möchten die Spielemacher nicht einfach wie die meisten Kriegsspiele die Lust nach Nervenkitzel der Spieler bedienen, sondern ein Gefühl dafür vermitteln, in was für eine Spirale des Elends der Mangel an allem während Kriegszeiten führt. Game-Programmierer Aleksander Kauch gibt in einem Beitrag von Ars Technica einen Einblick darin, mit welchen ausgeklügelten Spielmechaniken versucht wird, die Situation der Zivilbevölkerung greifbar zu machen.

Persönlich fand ich das Spiel schwierig zu spielen, weil eigentlich nie etwas klappt und nicht wie gewohnt ein Happy End in Aussicht steht. Vielleicht gerade darum blieb es mir mehr im Gedächtnis als andere Spiele. Und, das liest die Kunsthistorikerin vermutlich ungern, eigentlich bewegte es mich auch mehr als Guernica. Das polnische Bildungsministerium hat This War of Mine sogar auf seine offizielle Lektüre-Liste für die Schulen des Landes gesetzt. Ich würde es begrüssen, wenn die Gamekultur häufiger ernst genommen wird. Manchmal möchte auch sie mehr erreichen, als einfach nur das Elend der Welt vorführen. Die Handlungsaufforderung ist da, zumindest im Virtuellen, integraler Bestandteil des Erlebnisses.

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Danke, mich daran erinnert zu haben, an den unmenschlichen Akt der europäischen Faschisten gegen die spanische Demokratie, gegen die spanische Zivilbevölkerung. Warum nur kann ich es jetzt nicht beiseite schieben, diesen terroristischen Angriff auf die Ukraine mit jenem Akt zu vergleichen?

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Was, wenn Hunderttausende friedliche Menschen (die es sich leisten können) aus aller Welt mit Bahn und Bus in die Ukraine reisen?

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Wer keinen Krieg erlebt hat, kann sich die Gewalt und das Grauen nur schwer vorstellen - so die Einleitung des Artikels.
Ich persönlich bin froh, dass das so ist. Bilder des Krieges überfordern mich. Texten weiche ich nicht aus, ich habe dann innerlich irgendwie mehr Möglichkeit, Bilder zu erschaffen, die ich aushalte(-n muss).
Dies ist jedoch nicht so, weil Bilder für mich nicht wichtig wären, sondern sie berühren mich unmittelbar.
Nun würde ich gerne auf Texte von Alice Miller verweisen, in diesem Zusammenhang warum Picasso fähig war, „sich die Gewalt und das Grauen vorzustellen“. Für mich eine sehr nachvollziehbare Deutung, welche auf keinen Fall das Werk schmälert. Aber viel über Schmerz, über das Sehen und auch über Kunst vermittelt.
Für alle die es interessiert als Ergänzung und Leseempfehlung:

http://www.irwish.de/PDF/Miller/Mil…uessel.pdf
S.35

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Autorin
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Ich kann gut verstehen, was Sie über Bilder sagen, die eine/n so direkt berühren. Danke auch für den Literaturhinweis.

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