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Es ist absolut unhaltbar, dass das Bundesgericht diese durch nichts zu rechtfertigende Diskriminierung im Jahr 2011 bestätigte. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Fehler nun berichtigt wird. Ansonsten muss der Gesetzgeber aktiv werden!

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Vielleicht löst sich das Problem der alten weissen Männer auch am Bundesgericht rein biologisch?

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Dein Brühdi
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Der Gesetzgeber sah keinen Bedarf, aktiv zu werden; das geschäft wurde abgeschrieben: https://www.parlament.ch/de/ratsbet…d=20120317

Aus der Begründung:
"Die Kommission ist der Ansicht, dass die Gerichte Verträge zur Erbringung sexueller Handlungen gegen Entgelt zukünftig nicht mehr als sittenwidrig anschauen würden und deshalb keine Notwendigkeit mehr bestehe, eine ausdrückliche Regelung im Gesetz vorzusehen.Die Kommission stützt sich bei dieser Einschätzung insbesondere auf den Entscheid des Bezirksgerichtes Horgen vom 9. Juli 2013, welcher erst nach der Vorprüfung der Standesinitiative durch die Kommission erging und durch welchen erstmalseine ausdrückliche Umsetzung des Anliegens der Standesinitiative durch die Rechtsprechung erfolgte. Laut Bezirksgericht Horgen kann heute die Forderung einer Prostituierten gegenüber ihrem Freier nicht mehr als Sittenwidrigkeit gemäss Artikel 20 Absatz 1 des Obligationenrechts (OR) betrachtet werden.Die Kommission geht deshalb davon aus, dass die Umsetzung des Anliegens der Standesinitiative der Rechtsprechung überlassen werden kann. Dies entspreche auch der geltenden Konzeption des OR, wonach die Sittenwidrigkeit einzelfallgerecht durch die Rechtsprechung zu erfolgen habe, wobei das Gericht dem Wertewandel der Gesellschaft Rechnung trage. Die Kommission erachtet es zudem als heikel, die Prostitution als komplexes und vielfältiges Erscheinungsbild gesetzlich zu normieren(z. B. im Besonderen Teil des OR). Die inhaltliche Formulierung einer positivrechtlichen Regelung würde verschiedene schwierige Fragen aufwerfen, z.B. bezüglich der potenziellen Vertragspartner, der Einforderung von Schadenersatz, der Zulässigkeit von Einwendungen, der Regelung der Verjährung sowie Abtretungsfragen. Nebst der Tatsache, dass dadurch Lücken und neue Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Vertragsauslegung entstehen könnten, sieht es die Kommission nicht als gesichert an, dass von einer umfassenden, gesetzlichen Regelung des "Prostitutionsvertrages" die Prostituierten selbst und nicht Dritte profitieren würden."

Es bleibt abzuwarten, ob die Kommission das Bundesgericht richtig eingeschätzt hat...

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Ist das obiter dictum des BGer so klar? Das Notventil der nichtigen unsittlichen Verträge fände ich in Bezug auf eine Einklagbarkeit der Erbringung der sexuellen Dienstleistung als angebracht, in Bezug auf die Einklagbarkeit des Entgelts nicht. Es darf doch trotz Vertrag nicht möglich sein, dass ein Gericht zu sexuellen Handlungen zwingen kann.

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Das Geld ist nur geschuldet, wenn es zu erotischen Dienstleistungen kam. Es liegt ein Auftragsverhältnis vor (das ist ein zweiseitiger Vertrag), die Auftragnehmende darf den Auftrag jederzeit abbrechen oder nicht erfüllen, das ist so im Obligationenrecht festgehalten. Die Frage, die zur Diskussion steht, ist folgende: Die Auftragnehmerin hat den Auftrag erfüllt, wie zuvor abgemacht. Der Vertragspartner weigert sich dennoch, den vereinbarten Lohn zu zahlen, indem er sagt: Das ist ein sittenwidriger und damit nichtiger Vertrag, ich zahle dir nichts, ätsch, und du darfst diese Vertragsverletzung auch nicht vor Gericht bringen (sprich, das geschuldete Geld einklagen), weil unser Vertrag von Anfang an nichtig war. Diese Rechtsauffassung gilt es zu beseitigen.

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Bevor wir einen grundsätzlichen Schritt tun können, wie wir Sexarbeit 2020 bewerten, also ob wir sie grundsätzlich befürworten oder ablehnen (und allenfalls Freier bestrafen), muss dieser rechtliche Widerspruch erst mal aus der Welt. Ich hoffe, das Bundesgericht wird entsprechend am Tatbestand des Betrugs festhalten. Es zeigt sich an der bisherigen Rechtsprechung ein letzter eklatanter patriarchaler Usus der Asymmetrie, bei der der Mann mehr Wert ist als die Frau. (Auch wenn es weibliche Sexkäuferinnen gibt und männliche Prostituierte: dies bewegt sich im Bereich von 1% und bestimmt nicht die Grundstruktur des Geschehens).
Die beiden Debatten - ob 2020 Frauen noch grundsätzlich einem Mann "zu Diensten" sein sollen/dürfen, bzw. ob Männer Sex von Frauen einfach kaufen sollen/dürfen und die Tatsache, dass die, welche es für Geld sind, rechtlich unhaltbar behandelt werden - sollten nicht vermischt werden! Letzteres ist hoffnungslos rückständig und soll nur der längst anders funktionierenden Gesellschaft angepasst werden, Ersteres ist ein Entwurf in die Zukunft.

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Danke für Ihren Beitrag. Ich finde der hebt sich ab, weil er das Unrecht, die Scheinheiligkeit, die Doppelmoral auf Kosten der Frauen/Prostituierten benennt. Viele andere Kommentarbeiträge hier verlieren sich in juristischen Kopfgeburten, in geistigen Konstruktionen und scheinen vom Unrecht nicht berührt zu sein.

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Danke für das Feedback! Bei einem Artikel über schweizerische Rechtssprechung finden sich halt Leute, die gerne Paragrafen auseinandernehmen, ist verständlich. Und ist auch nötig, denn in der Praxis bestehen Urteile aus solchen. Allerdings hat es auch etliche Kommentare, die sich zur Ungerechtigkeit äussern.

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Liebe Frau P.
haben Sie meinen herzlichen Dank für Ihren - für mich progressiven weil weiter-denkenden - Beitrag. Der einzige hier, der den Gedanken, ob Sex eine käufliche Dienstleistung wie jede andere sein soll, wagt. Andernorts auf der Welt sind frau und man(n) bereits etwas weiter.

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Danke auch Ihnen! Eigentlich ging es mir darum, dass gerade hier nicht darüber debattiert wird, was in zukunft sein soll, sondern erstmal eine bestehende auf Doppelmoral gegründete Ungerechtigkeit aus der Welt geschafft wird. Danach sehen wir weiter. Wir können noch nicht wissen, ob es Bedarf für käuflichen Sex in einer aufgeklärten, gleichgestellten Gesellschaft gibt. Allerdings sind wir auch noch weit davon entfernt, dies 100% zu sein. In der Zwischenzeit werden wir wohl mit "Krückenkonstrukten" leben müssen.

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Sehr geehrter Herr Vetterli,
Liebes Republik-Team,

Vielen Dank für diesen Artikel, er war in zweierlei Hinsicht sehr interessant. Einerseits Inhaltlich, das Thema ist wichtig und verdient noch viel mehr Aufmerksamkeit, andererseits Sprachlich und dies meine ich ehrlich und ohne Hohn. Ich habe meinem (passiven) Wortschatz zwei neue Ausdrücke hinzufügen dürfen: Katheder und obiter dictum.
Dank einer neuen Funktion in meinem Smartphone war es für mich kein Problem, die Bedeutung der Wörter in Erfahrung zu bringen. Wenn ich aber die Republik am grossen Bildschirm gelesen hätte, wären mir diese Preziosen* wohl entgangen, da es mir im Lesefluss üblicherweise zu mühsam ist, eine Erklärung mittels Google zu suchen, bzw. der Leidensdruck im Normalfall nicht hoch genug ist. Deshalb würde ich hier gerne einen Wunsch anbringen: Wäre es möglich, seltene Fremdwörter, Ausdrücke mit starkem fachlichen Bezug, selten verwendete Wendungen oder veraltete Ausdrücke usw., kurz zu erklären? Ein Verweis auf die Erklärung mittels Asterisk(*) oder der Ausdruck versehen mit einem Link zum Duden oder zur Wikipedia, würde mir schon reichen.

Herzlichen Dank schon im voraus fürs prüfen ;-)

Liebe Grüsse
André Giger

*Kostbarkeiten

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Lieber Herr Giger, danke für diese überaus prüfenswerte Idee. Und danke für den wunderschönen Begriff "Preziosen", den sollten wir vermehrt verwenden. Liebe Grüsse, Brigitte Hürlimann

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Das mit dem Nachschlagen ist schon jetzt möglich, zumindest auf dem iPhone: das Wort durch längeres Drücken markieren, dann erscheint eine Auswahl mit entweder Kopieren, Nachschlagen oder Teilen.

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Dies ist auch auf dem Mac bei Safari möglich. Stärkerer Druck auf das Wort und es wird direkt die Bedeutung angezeigt. Alternativ geht natürlich auch der längere Weg mit dem Doppelklick auf das Wort und mittels rechtem Mausklick erscheint ein kleines Auswahlmenu mit der Funktion "Nachschlagen"

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Prüde Welt
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Nicht das ich es wüsste, aber kann es sein, dass dies steuerliche Konsequenzen hätte? Dann könnte z.B. Herr CEO seinen erhaltenen Service als Spesen verrechnen?

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Falls das Spesenreglement seines Unternehmens dies so vorsieht, ja, könnte sein. Uns liegt allerdings mehr am fairen Umgang mit der Sexarbeiterin.

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Das Bezirksgericht Horgen hat vor einigen Jahren in einem viel beachteten Entscheid gesagt, eine sexuelle Dienstleistung sei nicht sittenwidrig. Das Urteil wurde soweit ich weiss rechtskräftig und wird seither in diversen Lehrbüchern zitiert...

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Liebe Frau H., ja, das stimmt, ich habe den Entscheid damals für die NZZ besprochen, leider kann ich das Urteil hier nicht verlinken, das ist eine allgemeine Problematik mit erstinstanzlichen Urteilen, sie sind kaum auffindbar; es gibt keine digitalen, öffentlich zugängliche Datenbanken. Und das Urteil von 2013 wurde tatsächlich rechtskräftig. Darum ist es so spannend, dass Rolf Vetterli ein zweitinstanzliches Urteil gefunden hat, mit der gleichen Frage, das vor Bundesgericht gezogen wurde. Höchste Zeit für einen höchstrichterlichen Entscheid!

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Vielen Dank für diesen lesenswerten Beitrag!

Über die juristischen Implikationen möchte ich hier nichts hinzu fügen, ausser vielleicht dem Wunsch, dass das BGer mit dieser Scheinheiligkeit und schreienden Ungerechtigkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht endlich aufräumt. Wir leben nicht mehr in Zeiten des Patriarchates (Gott sei Dank) sondern der Gleichwertigkeit auf Augenhöhe...

Was mir hingegen Angst macht, ist die charakterliche Insuffizienz dieses 'Studenten'! Undenkbar, wenn ein solcher Miesling dann auch noch in sog. 'gehobener' Position auf die Gesellschaft losgelassen wird....

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Ich fürchte derlei "Mieslinge" in gehobenen Positionen gibt es viele

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Mal abgesehen von der offensichtlichen dargelegten Problematik, gibt es andere Beispiele, wo es Sinn macht, dass die Justiz Verträge aus moralischen Gründen als nichtig erklären kann?

Welche akzeptabl(er)en Fälle, deckt Artikel 20, die nicht illegal wären (und theoretisch erfüllbar)?

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Lieber Herr K., mein Lehrbuch zum Obligationenrecht liegt irgendwo im Zivilschutzkeller, und einen Kommentar zu Artikel 20 OR habe ich auch grad nicht zur Hand, dort würden Sie einige Beispiele finden, auch aus der Rechtsprechung. Ein klassisches Beispiel für einen sittenwidrigen und nichtigen Vertrag wäre eine übermässige Bindung des einen Vertragspartners; übermässig kann übrigens auch die Dauer der Bindung sein.

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· editiert

Erstaunlich, dass es als Student moeglich sein soll, einen Fall bis zum Bundesgericht ziehen zu koennen. Normalerweise muss man dafuer richtig Geld in die Hand nehmen. Als Prozesskostenvorschuss. Oder war der Student ein Jurastudent ? Und diese Prozessserie sein Einstand ?

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