Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!

DatenschutzFAQErste-Hilfe-Team: kontakt@republik.ch.



introvertiert & nachdenklich
·

Mein Beitrag hat nur am Rande mit dem Thema des Artikels zu tun, aber es ist mir persönlich wichtig, darauf hinzuweisen. Es geht um folgenden Satz:
dass "Personen mit einem höheren Mass an Natur­verbundenheit dazu neigen, gewissen­hafter, extrovertierter, angenehmer und offener zu sein."
Auf der Tatsachenebene habe ich da nichts zu kritisieren. Aber hier scheint auch ein Werturteil durch, nämlich dass extrovertiert sein per se eine positive Eigenschaft sei - und introvertiert sein negativ?
Ich selbst bin ziemlich introvertiert (zumindest würde ich mich selbst so beschreiben, ich kenne mich in Psychologie aber nicht aus): Gerade bei grösseren Menschenansammlungen habe relativ bald das Bedürfnis, mich zurückzuziehen; und wenn ich allein bin, kann ich oft erst so richtig "auftanken". Das ist etwas anderes als mangelnde Sozialkompetenz oder gar Menschenhass. Meine Introversion empfinde ich keineswegs als Problem, sondern als Teil meiner Persönlichkeit.
Es gibt eine Tendenz, menschliche Charaktereigenschaften pauschal in "gut" und "schlecht" einzuteilen. In manchen Fällen ist das durchaus gerechtfertigt. Aber im Fällen wie diesem können wir doch einfach die Vielfalt der Menschheit lieben und bestaunen, wie wir auch die Vielfalt der Natur lieben und bestaunen!

55
/
1

@ introvertiert & nachdenklich. Genau über dieses introvertiert und extrovertiert bin auch ich gestolpert. Der ganze Bericht ist wunderschön und klar, nur hier ist der Verfasser das einzige Mal über 2 Wörter gefallen.
Introvertierte Menschen werden oft von Pädagogen wie Neurowissenschafter als schwierig oder krank eingestuft. Den Extrovertierten gehört die Welt und die Gesellschaft hört ihnen zu.
Der Zugang zu ihren Gedanken ist schwieriger und in unserer schnelllebigen Zeit, wo keiner altern will, halt mit Aufwand verbunden.
Introvertierte Menschen hören mir meist besser zu und kennen mich dadurch besser.
Ich persönlich mag die Introvertierten lieber. Bei ihnen gehen Diskussionen nicht einfach vorbei und werden abgehakt. Sie befassen sich danach und greifen die vorherige Diskussion wieder auf.
Jeder Mensch hat introvertiertes wie extrovertiertes an sich, aber meist nicht ausgewogen.
Ich hatte schon eine Diskussion mit einem Psychiater, der sagte, eine demenzbetroffene Person sei ab einem Stadium, wie nicht mehr abholbar. Meine Erfahrungen mit solchen war eine ganz andere. Er wurde von mir in diese Diskussion verwickelt. Demenzbetroffene spüren viel mehr. Sie spüren, wenn du gute Mine machst, es dir aber dreckig geht. Sie kennen dich auch, nicht über den Verstand. Jedenfalls habe ich diese Erfahrungen gemacht.
Introvertierte Kinder werden oft als anders, manchmal gar als krank abgestempelt.
Ich finde das keine gute Lösung. Vielleicht ist das Kind so introvertiert, weil es kein Gehör findet. Die Eltern sich wenig kümmern, warum es so "verstockt" ist.
Ich war schon als Kind eher als introvertiert einzustufen, habe aber gleichwegs viele extrovertierte Züge. Bei guten Freunden gelte ich eher als extrovertiert eingestuft. Trotz zeitweiliger Introvertiertheit reagiere ich extrovertiert :-). Das macht mich für den Gegenüber nicht so fassbar und damit haben vorwiegend extrovertierte Mitmenschen ihre liebe Mühe.
Darum bleiben Sie genau so wie Sie sind. Interessante Menschen sind tiefgründig und nachdenklich und für die Anderen nie ganz fassbar.

13
/
0

Einerseits denke ich, dass dieser Artikel uns auf einen sehr wichtiges Thema aufmerksam macht, weshalb ich dankbar bin, die Gelegenheit erhalten zu haben, ihn zu lesen. Andererseits hat mich der Artikel in zwei grundsätzlichen Punkten doch enttäuscht:

Erstens stimmt es nicht, dass Technologien neutral sind, dass sie bloss vermitteln, dass es nur darauf ankommt wie wir Menschen sie nutzen. Technologien, sobald sie da sind, verändern den Bereich des für uns Machbaren und damit früher oder später auch das tatsächliche Handeln der Menschen. Unser Handeln wiederum beeinflusst, wie wir uns zu unserer Umgebung in Beziehung setzen und über sie nachdenken. Ob diese Veränderungen nun gut oder schlecht sind, ist eine andere Frage, aber sie kommen mitunter durch die konkret entwickelten Technologien zustande. Das Unterlassen einer Entwicklung oder das Entwickeln einer anderen Technologie hätte jedenfalls zu anderen Veränderungen geführt.

Zweitens fehlt dem Artikel eine offensichtlich Konklusion und zwar, dass die Klimakatastrophe niemals allein durch technischen Fortschritt bewältigt werden kann. Nicht nur weil die Entwicklung neuer Technologien die Ausbeutung der Natur oft weitertreibt, sondern vor allem auch deshalb, weil die Technologisierung und Digitalisierung der menschlichen Gesellschaft uns in eine physische und psychische Lage versetzt, in der wir unfähig sind uns mit unserer natürlichen Mitwelt auseinanderzusetzen und uns für sie einzusetzen.

42
/
4

Sehr guter Kommentar A. W.. Die beiden Punkte sind ebenso wichtig in diesen Bericht hineinzunehmen. Dem Verfasser, wie mir als Leser, werden diese Punkte erst nach diesem Artikel für die Natur bewusst, danke.
Ich bin in der glücklichen Lage, den Wald und unbekämpfte Wildtiere vor der Haustüre zu haben. Zudem viel Technologie zu besitzen, die ich jedoch achtsam nutze und nicht dauernd mit hyperem ersetze.

6
/
1

Merci, das fand ich jetzt interessanter als der Hauptext selbst. Nur verstehe ich vermutlich Ihren letzten Satz nicht richtig.

Wieso macht Technologisierung uns unfähig uns mit unserer natürlichen Mitwelt auseinanderzusetzen? Ich würde salopp behaupten, ein Biologe kann unter anderem auch dank technischer Hilfsmittel heute das Lebendigsein eines Walds besser erfassen als ein Holzfäller bei den Wikingern. Letztere haben relativ unzimperlich zum Beispiel mal Island komplett abgeholzt, während sich heute Personal aus hochtechnologisierten Labors wie dem WSL genau für diese Wälder mit viel Verve einsetzen.

5
/
1

Herzlichen Dank für diese Nachfrage. Sie hat dazu beigetragen, dass ich mir meines eigenen Gedankens klarer geworden bin.

Wieso macht die Technologisierung uns unfähig, uns mit unserer natürlichen Mitwelt auseinanderzusetzen? Mit Verweis auf den Artikel bestünde eine einfache Antwort darin zu sagen, dass sie uns von der Natur entfremdet, was zu erhöhtem Stress und zu Ängsten führt, was uns ganz generell im Denken und Handeln beeinträchtigt. Obwohl es gemäss dem Artikel durchaus Studien gibt, die das belegen, möchte ich mich mit dieser insgesamt doch sehr kulturpessimistischen, romantisierenden Antwort nicht zufrieden geben. Vielmehr dachte ich, dass, insofern man annimmt, Technologien seien immer bloss neutrale Vermittlerinnen zwischen Mensch und Natur, man sich immer stärker mit den Technologien und immer weniger mit der Natur auseinandersetzt, bis uns letztere entgleitet.

Was aber ist, wenn wir Technologien nutzen, gerade um uns intensiver mit der Natur auseinanderzusetzen und diese letztlich zu schützen, wie Sie zu Recht einwenden? Und was ist, wenn man die Annahme, Technologien seien bloss neutrale Vermittlerinnen, als Illusion entlarvt, wie ich selbst in meinem ersten Punkt nahegelegt habe?

Dies könnte dazu führen, dass wir die natürliche Mitwelt, die Technik und selbst uns Menschen auf derselben Stufe betrachten und behandeln und eben nicht der Idee verfallen, wir könnten der Natur durch die Technik unmittelbar begegnen und sie damit ganz nach unserem eigenen Gutdünken gestalten. Dies wiederum hätte hoffentlich zur Folge, dass nicht jeder technologische Fortschritt pauschal als gut befunden wird, sondern dass die Menschen besser überlegen, welche Technologien sie wollen, mit dem Zweck, diese für das eigene Wohlbefinden und dem Wohlbefinden der natürlichen Mitwelt zu nutzen – und, dass wir uns vermehrt auch ohne Technik der Natur und ihren Bedürfnissen zuwenden.

3
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

Wow, selbst für amerikanische Verhältnisse, in denen – Vorsicht (sich bestätigende) Klischees – alles awe-some und acht-sam sein muss, empfinde ich dieses Stück Nature Writing mit den besten – und schlimmsten – Mitteln des Storytelling als ganz hart am Kitsch segelnd. Als Beispiele seien hier nur Anfang und Ende angeführt:

Empfindet er diesen blassen Klecks als Teil der Natur, wie Dichter wie Keats, Goethe und Emerson sie beschreiben?

Einen Moment lang war sie wie erstarrt. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.

Hallelujah & Kumbaya! – Würg!

Kitsch, schreibt Kundera:

Wenn das Herz spricht, ziemt es sich nicht, daß der Verstand etwas dagegen einwendet.[…] Im Reich des Kitsches herrscht die Diktatur des Herzens. […] Die Verbrüderung aller Menschen dieser Welt wird nur durch den Kitsch zu begründen sein. […] Der Kitsch ist eine spanische Wand, hinter der sich der Tod verbirgt. Noch bevor man uns vergessen wird, werden wir in Kitsch verwandelt. Der Kitsch ist die Umsteigestation zwischen dem Sein und dem Vergessen.

Kurz: «Der Kitsch ist die absolute Negation der Scheiße.»

Und dann ist der Autor – dessen Buch «Und immer wieder die Zeit. Einsteins Dreams» ich toll fand – auch noch so unehrlich. Er schreibt zwar:

Ich kann es mir nicht verkneifen, auf die Ironie hinzuweisen, die darin liegt, mittels moderner Technologie die unerfreulicheren Aspekte der Technologie zu dokumentieren.

Ich wiederum kann es mir nicht verkneifen, auf die Ironie hinzuweisen, die darin liegt, mittels moderner Wissenschaft und Technologie die unerfreulicheren Aspekte der modernen Wissenschaft und Technologie zu dokumentieren.

Ist doch moderne Technologie nicht von der modernen Wissenschaft zu trennen. Also vom Experimentieren, Messen, Analysieren, Deduzieren und Nachkonstruieren. Exemplarisch hierfür kann wohl Galileo mit dem Fernrohr und der mathematisch-experimentellen Methode stehen.

Lightman will uns also vermittelst Studien, Experimenten und Zahlen, also vermittelst Wissenschaft und Technologie, den unmittelbaren Kontakt mit der Natur schmackhaft machen.

Das erinnert mich an die Neurowissenschaftler, die Buddhistische Mönche in die Röhre eines Kernspintomographen schickten, um über Messungen mehr über den Zustand der Meditation, ja der Erleuchtung zu erfahren – während die Mönche vorher und danach nur lachten und sagten: «Warum meditiert ihr nicht einfach selbst?»

Ich hätte mir also ein etwas weniger simplifizierendes romantisch-kitschiges und transzendental-naturalistisches «Hallelujah! Kumbaya! Nirwana!» gewünscht, als vielmehr eine (selbst-)kritische, komplex-differenzierende Analyse unserer conditio humana – die auch die unbequeme, ja unbehagliche philosophisch-anthropologische Frage ins Auge fasst, ob wir als «exzentrische Mängelwesen» zur technologischen Vermittlung, ja kulturellen Entfremdung «verdammt» sind.

Klingt scheisse, ich weiss. Doch alles andere ist Kitsch.

P.S. Ich schaue gerade Adam Curtis neusten Filmdoku-Essay «Can't Get You Out of My Head» (2021), was vielleicht z. T. meine zynisch klingende Kitsch-Aversion erklärt.

37
/
9

Lieber Michel Rebosura
Natur ist für mich etwas vom Wenigen, das niemals kitschig ist (mir fehlt der theoretische Hintergrund, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie gar nicht kitschig sein kann (?)) Gleichzeitig ist sie in der Lage, bei mir überwältigende Gefühle auszulösen.
Dass der Versuch, diese zu beschreiben fast zwangsläufig scheitern muss, liegt vielleicht darin, dass sie in Situationen auftreten können, die nichts bahnbrechendes darstellen, sogar banal, abgedroschen und unspektakulär wirken können und trotzdem plötzlich ein Gefühl unbeschreiblicher Schönheit und Verbundenheit auslösen können.
Ich finde den Versuch, diese Gefühle zu beschreiben, recht gut gelungen, sogar in der übersetzten Variante, und ich schätze es sehr, dass sich jemand wagt, dies auf eine fast schon naive Weise zu tun.

11
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Lieber Samuel Blatter, da hast Du – und mit Dir, glaub ich, manch andere:r – mich falsch verstanden. Ich sage nicht, dass die Natur und ihre Erscheinungen kitschig sind, sondern ihre Darstellung und ihre Darstellungsweise.

Und gestört hat mich eigentlich mehr Lightmans inkonsequente Ironie, die zwar die algorithmisch unterstützte Korpus-Untersuchung von Social Media belächelt, aber nicht sieht, dass all die anderen ovn zitierten Forschungen, ja das Zählen, Messen, Analysieren (z. T. wortwörtlich i. S. v. «auseinandernehmen») usw., also die moderne Wissenschaft und Mathematik an sich, Technologie ist und eng mit Technik verbunden ist.

Das ist sein Blinder Fleck, hier fehlte es mir bei ihm an Selbst-Kritik. Auch fehlte es an fundamentaler Analyse unserer anthropologischen Verfassung als «protheische exzentrische Mängelwesen» (Anders, Plessner, Gehlen).

Und selbst Schopenhauer, der – vom Hinduismus und Buddhismus inspiriert – erkennt, dass alles Eins ist, wir jedoch im «Schleier der Maja» der Illusion der Individualität und Getrenntheit leidvoll verfallen sind, ist ehrlich genug, um die Realität zu akzeptieren, dass die Natur und «Welt als Wille» nicht etwas harmonisches, glückliches, gerechtes – oder kitschiges – ist.

Und auch wenn man seinem Pessimismus nicht in aller Konsequenz mitgehen will, so muss man sich beim achtsamen «Waldbaden» nur mal vergegenwärtigen, dass in dieser Biosphäre gerade alles entweder ihrem Geschlechtstrieb folgt oder sich im Überlebenskampf befindet (Vogelgezwitscher, Blüten, Licht, …).

2
/
0
Anderer 60
·

Ich hoffte den ganzen Tag, dass Sie etwas schreiben würden. Merci viumau.

7
/
1
Theologe & Religionspädagoge
·

Mönche in der Röhre: Da finde ich Ken Wilber interessant. Der meditiert und analysiert gleich selber.

4
/
1
· editiert

Auch Scheisse kann Kitsch sein. (Die Belegstelle für das Kundera-Zitat liefern Sie sicher noch nach).
Philosophieren über das Wesen einer Landkarte ersetzt keine Streifzüge durch eine echte Landschaft.
Galileos Fernrohr ist ein Werkzeug, mehr nicht. Als solches leistet es Grossartiges, (genau wie moderne Technologie), aber es kann weder das Staunen über den nächtlichen Sternenhimmel weit entfernt von den Lichtern einer Siedlung erfassen, noch ersetzt es die Denkarbeit, die hinter Galileos Erkenntnissen steht.

1
/
0
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·

Gerne. Nichts Geringeres als Milan Kunderas Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins (1984/88).

3
/
0
8sam
·
· editiert

Auf Kitsch fliegen viele, schauen Sie nur wieviele sich Rosamunde Pilcher anschauen. Das einzig natürliche dort ;-), die Landschaften. Schaue diese jedoch nicht wegen den Landschaften, da gibt es bessere Dokus.
Aber, wie so oft, Ihre Kritik Michel Rebosura, erquicklicher als manch Aufenthalt draussen :-).
edit, wegen Frage ;/

3
/
2
Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
·
· editiert

Und wie Antje Stahl vielleicht auch hier schreiben würde:

Wenn es allerdings tatsächlich um die «kulturelle Produktion einer Landschaft» und um unser selbst­kritisches Bewusstsein gehen soll, hätte man dann nicht auch einfach ein Schild im Ausstellungs­raum aufhängen können, das nach draussen zeigt?

Ob nun richtige oder übertragene, analoge oder digitale, natürliche oder artifizielle: Danke für die Blumen, 8sam & F. S.. Und danke auch, lieber S. P., für die Erinnerung an Ken Wilber, den ich seit dem Studium nicht mehr gelesen habe (und den ich damals etwas gar zu, nun, «metaphysisch» empfand. Aber das ist eine andere Geschichte).

3
/
0
Entzauberte
·

Danke Hr. Rebosura! Mit romantischen sentimentalen und kitschigen Narrativen können wir Menschen das Zusammenleben nur egozentrisch erfassen und gestalten. Als (V)erklären und Projezieren von Flowgefühlen! Für mein Empfinden ist eine solche Sichtweise eine überstülpende. Sie respektiert das „Andere“ nicht als etwas „Eigen“artiges. Um zu verstehen hilft mir das Wissen. So kann ich meine eigenen Bilder, Narrative, Märchen analysieren, prüfen, reflektieren. Was für ein Riesenschritt, dass ich jederzeit und an jedem Ort dafür auf das ganze Wissen zugreifen kann auf meinem Handy! Dass und wie dies möglich bleiben kann, sind für mich wesentliche Fragen bei einem „unkitschigen“ „zurück zu Natur“. 😉

1
/
0

Sehr anregender Text. Ich als Informatiker sitze noch mehr am Bildschirm. Aber ich hatte das Glück zu einer Zeit aufzuwachsen, wo Bildschirme noch nicht omnipräsent waren - in meinem Kindheitshaushalt hatte es noch keinen Fernseher - aber schon bei den Nachbarn.

Auch bei meinen Kindern dann habe ich die Bildschirmzeit begrenzt.

Persönlich bin ich überzeugt, dass es kaum der Inhalt auf den Bildschirmen ist, der uns so entfremdet. Sondern dass man vor dem Bildschirm sitzend quasi körperlich eingefroren ist und nur noch eine 2D Simulation konsumiert statt das 'echte Leben' mitgestaltet. Die Bewegung des Körpers ist das, was unseren Geist mit dem Körper verbindet (quasi die Software mit der Hardware), und insbesondere Gleichgewichts-Sachen (Skifahren, Rollschuh fahren, Klettern, Balancieren auf einem Baumstamm, Velofahren, Tanzen, Gleitschirm fliegen... ) machen diese Verbindung stark. Gleich eingefroren wie vor einem Bildschirm ist man übrigens am Steuer eines Autos - ausser man fährt Formel 1...

Aus dieser Verbindung kann auch die Erkenntnis wachsen, dass so wie unser Geist im Körper wohnt, unser Körper auf der Erde 'wohnt'. Erst ein (einigermassen) gesunder Körper gibt dem Geist die notwendige Entfaltungsplattform. Nur auf einer einigermassen gesunden Erde kann es dem Körper gut gehen.

Weiter gehts (zumindest für mich) mit der Frage wo - bzw worin - die Erde, das Sonnensystem, die Milchstrasse 'wohnen".

Was mich dann wieder zum 'Fan' von Steven Hawkins oder vom James Webb Space Telescope macht, welche die ultimative Frage nach der Herkunft unserer 'äussersten' Wohnung (dem Weltall) zu beantworten versuchen.

Was meinen die anderen VerlegerInnen zu meiner Körper/Geist/Gleichgewichts-'Küchen'-Philosophie/Psychologie/Physik? Würde mich auf eine Diskussion freuen!

24
/
0

Uff... da Sie schon so offen Fragen, hier mal meine Antwort. Ich befürchte aber, dass sie Ihnen keine Freude bereiten wird.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Verbundenheit zum Universum abnimmt, je länger man sich damit beschäftigt und je mehr man darüber weiss. Vielleicht können andere Menschen einen roten Faden zwischen sich un dem Grossen Ganzen ziehen, vorbei an wütenden kleinen Neutronensternen und dann sehr lange durch sehr leeren Raum. Ich, jedenfalls, kann es nicht. Wenn überhaupt hilft das Verständnis von Physik m.E.n. nur dabei, aus allem die Bedeutung herauszusaugen, bis nichts bleibt als die kalte, ungerührte Erkenntnis, dass wir dem Universum egal sind, dass der Kreislauf des Lebens weder magisch noch bemerkenswert ist, und dass nach dem Tod nichts bleibt, schon gar nichts tröstliches, ausser einem grossen Haufen lebloser Atome. Naturverbundenheit sollte sich genau so wenig ins All erstrecken, wie in einen aktiven Vulkan.
Daher wünsche ich mir auch, dass die Leute aufhören würden, Physik, bzw. meistens Astronomie, mit Esoterik und Metaphysik zu vermischen. Wer nach spiritueller Festigung sucht, soll in den Tempel gehen. Oder Sterne gucken... Aber nicht darauf hoffen, dass Physiker den (drohenden) Verlust der Religion durch etwas anderes ersetzen, an das man sich klammern kann.
Andererseits ist die Astronomie natürlich weiterhin darauf angewiesen, dass die Gesellschaft Geld in ihre Forschung steckt, und Fragen nach dem Leben, dem Universum, und dem ganzen Rest interessieren natürlich. Schätze, wir sind Hawking nicht nur wegen seiner Forschung, sondern auch für die ganze PR zu Dank verpflichtet.

Gleich eingefroren wie vor einem Bildschirm ist man übrigens auch in der Schule. Integrale lösen und auf Bäume klettern geht halt nicht gleichzeitig.

1
/
0
Organtransplantierte/Sozialpädagogin
·

Sehr interessant, dieser Artikel. Für mich nichts Neues. Vor Jahren besuchte ich eine Weiterbildung zum Thema „Erlebnispädagogik“. Das Erlebnis mit und in der Natur als Pädagogische Grundlage, um Kindern und Erwachsenen zu helfen zu sich zu finden, eigene Fähigkeiten zu stärken, Probleme anzugehen. Einem Jugendlichen, der sich in allem verweigert, durch die Natur aufzuzeigen, dass es ohne Holzhacken kein Feuer gibt, ohne Feuer nichts gekocht werden kann, ohne Kochen der Hunger nicht gestillt werden kann und es keine Alternative gibt, da er sich in einer Alphütte weit weg von allem befindet, hat schon vielen jungen Menschen aufgezeigt, was am Schluss Wesentlich ist. Und genau das geht für mich verloren durch die digitale Welt, in der sich bereits Kleinkinder bewegen. Der Bezug zum Wesentlichen. Zu der persönlich fühlbaren und erlebbaren Natur. Dieses Erleben tut uns allen gut und verhilft dazu Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Doch das Rad zurückdrehen geht nicht. Offen sein für Neues und das andere zu bewahren ist für mich der gangbarste Weg.

21
/
0
Wissenschaftler
·

Danke für diesen schön geschriebenen Beitrag. Das shinrin-yoku werde ich mir merken. Es kommt ja immer auf das Narrativ an, wenn man sich selbst und andere von etwas überzeugen will. Reine Fakten beeindrucken nicht. Ich mache das ja selber, aber jetzt kann ich ihm noch einen schönen Namen geben. Und übrigens haben wir in Bern den Schulraum Wald für Kinder, die in den ummauerten Klassenzimmern untragbar geworden sind. --- Am Artikel stört mich das Wir, dem ich mich nicht zugehörig fühle, das ich als fast ein wenig übergriffig empfinde:

Wir leben vermittelte Leben. Wir haben eine naturlose Welt geschaffen. ... Was aber haben wir in dieser natur­fernen, digitalisierten Welt, die wir geschaffen haben, verloren, ...

Nein, diese entfremdete Welt habe ich nicht geschaffen. Und einen Teil der aufgezählten "Errungenschaften" benutze ich so wenig wie möglich. Aber ich habe oft nicht die Wahl. Die Ursache der Zerstörung der biologischen Welt sehe ich in der Unterordnung der Arbeit, des Wirtschaftens unter die Finanzwirtschaft und deren Egoismus. (Klaus Schwab sagt im Film von Marcus Vetter Das Forum auf die Frage eines CNN-Journalisten, was das grösste Problem auf dieser Welt sei, es sei der Egoismus.)
Unsere Wirtschaftswissenschafter sind abhängig von der Finanzoligarchie, die meint, über alles bestimmen zu können und unsere demokratischen Rechte missachtet, indem sie die Kraft des Geldes missbraucht, uns zu ihrem Nutzen zu beeinflussen. Warum wird Subsistenzwirtschaft systematisch schlecht gemacht? Wenn Menschen für sich selbst sorgen können, brauchen sie keinen Arbeitsplatz und können nicht so gut ausgebeutet werden. Wenn Menschen für sich selbst entscheiden könnten, würden sie alles tun, ihre Lebensumstände mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verbessern. Das ist in den allermeisten Fällen Bildung, Mitmenschlichkeit und Low-Tech, nicht High-Tech. Unsere Wissenschaft produiziert viele Dinge, die für die meisten Menschen nicht wichtig sind, und wichtige Dinge ignoriert sie.
Danke für die Anregung

21
/
0
8sam
·
· editiert

Herr Junker auch das WIR ist mir beim Lesen entgangen. Danke, dass Sie darauf hinweisen, und für Ihren guten Beitrag. Zu diesem Wir gehöre ich definitiv auch nicht.
Ohne Subsistenzwirtschaft gingen viele "vor die Hunde". Ich kenne viele, die es in kleinem Rahmen betreiben. Es sind zufriedenere Menschen.
Schulraum Wald – wunderbar – hoffentlich bieten auch alle anderen Kantone solche Schulräume an.
Ich denke, vielen Kindern, die am ADS Syndrom leiden, wäre mit solchen Angeboten gut geholfen. Mit ADS Syndrom wurden viele Kinder und Jugendliche zuerst mit Medikamenten ruhig gestellt, wenn die Familie über wenig Mittel (Geld) verfügte. Als die Familie dann bei der Psychologin aufbegehrte, wurde der Jugendliche aus der Schule genommen und von einer Bauernfamilie aufgenommen und auch schulisch betreut (2006). Er hat danach eine handwerkliche Lehre gemacht. Meist wurde er in Innenräumen hyperaktiv und gar aggressiv. Bei Aktivitäten draussen war er nie auffällig.

2
/
0
Entzauberte
·
· editiert

Liebe/r Anonym 4, genau solche Räume sind wichtig. Schule muss vielfältig gestaltet werden können. Den Pädagogen müssen endlich wieder die Mittel gegeben werden, dies auch realisieren zu können. Sie können das, sind Expert*innen in dieser Sache, sofern sie auf dem aktuellen Wissensstand sind!
Auch der Archetyp des „guten“ Bauern ist leider ein Mythos. Es gibt ihn/sie, ja!
Aber die Verdingkinder erzählen auch von einer anderen Seite der Medaille! Ich kenne einen jungen Menschen, der gerade seine demütigenden Erfahrungen am aufarbeiten ist, die er in Ferienaufenthalten im Alter von 9 Jahren in einer ganz normalen Bauernfamilie gemacht hatte.
Das Wahre und Gute ist nicht so einfach - und schon gar nicht allein aus Anekdoten abzuleiten - es braucht die Kunst der Unterscheidung!
(Edit: Anonymisierung)

2
/
0
Leserin
·

Wir werden keine Wahl haben, das WIR neu zu denken.

3
/
2

Eine Studie, die herausfindet, dass Menschen in der Natur weniger Stress haben als am Bildschirm, wirkt für mich wenig seriös. Kausalität oder Korrelation? Die meisten von uns verbringen doch die Freizeit in der Natur und arbeiten am Computer. Rousseau’sche Naturverklärung neu aufgelegt? Zudem, Natur gibt es nicht mehr. Das haben wir längst alles in Landschaft verwandelt.

19
/
16

Es muss nicht unbedingt immer schwarz-weiss eine Trennung in Arbeit/Freizeit sein. Ein zugegeben persönliches Beispiel: An meiner normalen Arbeitsstätte bin ich im städtischen Umfeld und einem eher grauen Büro, die Cafeteria wenig ansprechend. Im Home Office habe ich ein Wohlfühlumfeld und die Möglichkeit, die Mittagspause im Grünen zu verbringen oder statt dem Pendeln (im Zug) zur Arbeit in derselben Zeit einen Spaziergang am Fluss zu machen. Der Anteil Arbeit und Freizeit in beiden Fällen gleich, aber ich kann mich im zweiteren deutlich besser vom Arbeitsstress entspannen.

18
/
0

Genau Frau M. und den Laptop könnte man gar im Wald nutzen, wenn man sein Smartphone als Hotspot nutzt :-).
Homeoffice ist eh viel entspannender, aus ihren aufgezählten Gründen. Work-Live- Balance ein Schlagwort, das die meisten Arbeitnehmer gar nie einbezieht und nur auf dem Papier besteht. Immer höre ich von Homeofficegegner das alte Lied. Keine sozialen Kontakte, keine Struktur. Diese sollten einmal ihre Grundbedürfnisse überdenken und einsehen, dass jeder Mensch andere Erfahrung hat. Dies keine Killerkriterien gegen Homeoffice sind. Wenn ich meinen Chef und die Arbeitskollegen so vermisse, kann ich diese in mein Daheim einladen.
Nicht jeder Arbeitnehmer wünscht in seiner Freizeit Kontakt mit Vorgesetzten, Kontrolleuren und Arbeitskollegen.
Mehrheitlich geht es eh um die Kontrolle des Arbeitnehmers. Was solche pädogogischen Massnahmen in einem Arbeitsverhältnis zu suchen haben, ist mir schleierhaft.

3
/
1
Freischweber:in
·

Eine Studie, die herausfindet, dass Menschen in der Natur weniger Stress haben als am Bildschirm, wirkt für mich wenig seriös. Kausalität oder Korrelation?

Gibt schon auch naturwissenschaftliche Erklärungen dafür, die eine stoffliche Kausalkette zeichnen.

Trotzdem: Der Beitrag wirkt sehr "spirituell" und streckenweise undifferenziert, auch nicht so ganz mein Geschmack.

9
/
3

Geht mir auch so. Insgesamt auch zuwenig tiefgang für meinen Geschmack. Ein interessantes Thema aus dem Blickwinkel der Evolution. Spiritualität fügt dem Thema nur ein Rauschen bei.

4
/
1

Wenn ihn denn nicht gerade ein Säbelzahntiger bedroht...eigentlich eine Binsenwahrheit.

2
/
0
introvertiert & nachdenklich
·

Zuerst mal: Die Studien haben ja nicht alle mit Arbeit und Freizeit zu tun - es gab ja auch das Beispiel mit dem Blick aus dem Krankenzimmer.

Zur Aussage "Natur gibt es nicht mehr, das haben wir längst alles in Landschaft verwandelt": Da ist was dran. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass Naturschutzgebiete aufwändig gepflegt werden. Selbst der sogenannte "Urwald" im Amazonasgebiet sollte nach Ansicht mancher eher als ein grosser Garten bezeichnet werden, da die vielen dort lebenden indigenen Völker ihn je auf ihre Art geprägt haben und heute noch prägen (wo der Wald nicht schon durch Sojaplantagen ersetzt wurde). (Die Behauptung habe ich aus einem - sehr linken - Video, das dazu folgendes Buch zitiert: Mann, C. (2006). 1491: New Revelations of the Americas Before Columbus. Vintage.)
Aber es gibt doch grosse Unterschiede zwischen Landschaften. Am Zürcher HB ist jedes Detail von Menschen kontrolliert. In einem Garten wird zumindest am Anfang entschieden, welche Pflanze wohin kommt, aber immerhin sind es Pflanzen. Gänseblümchen auf dem Rasen werden je nach Geschmack des Gärtners toleriert, und vielleicht kommt ja eine Amsel und baut sich ein Nest in der Hecke (eine quaderförmig geschnittene Thujahecke ist dazu aber nicht so geeignet). Auf der Alm grasen von Menschen mitgebrachte Kühe und beeinflussen damit, welche Pflanzen wachsen, aber keine dieser Pflanzen wurde von Menschen gesetzt. In den hiesigen Wäldern wird ab und zu ein Baum gefällt - aber damit wird auch Platz und Licht für neues Leben gemacht. Und schliesslich die Menschen im Amazonaswald: sie jagen und sammeln, sie schaffen oder bewahren gute Bedingungen für jene Pflanzen und Tiere, die sie für ihr Leben brauchen - aber um sie herum wimmelt es von Leben, das sie nicht selbst geschaffen haben.

4
/
0

Genau Anonym 2. Ich werde jetzt den Bildschirm streichen. Mich etwas wärmer kleiden und in die noch gut besonnte Natur entschwinden. Meine Umgebung ist ungedüngt, ungezupft, mit Herbstblättern "verschandelt". Die vielen Wildtiere danken es mit Gesang und Aufenthalt in dieser nachhaltigen Wildnis. Hoffentlich fängt kein Laubsaugergesang an.
Schönes Wochenende und die Zeit draussen ersetzt oft einen guten Psychologen.
Gar Baumumarmungen können 2 Meter vom Computer vollzogen werden.
En gueti Zyt.

1
/
2

Nicht nur das. Häufig wird auch gar nicht so genau gesagt, was die Leute am Bildschirm machen. Das kann alles mögliche sein: Videospiele, Pornhub, Rapsberry Pis programmieren, lernen/arbeiten, Social Media, etc. Wenn man halt den ganzen Tag auf Facebook verbringt, hat das vielleicht einen anderen Effekt, als wenn man in Ruhe zockt. Ich zähle ja auf der Mülldeponie spielen auch nicht zu "Zeit, die ich in der Natur verbracht habe", bloss weil beides an der frischen Luft ist.
Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass mittlerweile die überwiegende Mehrheit der Studenten nicht mehr auf Papier, sondern auf Tablets schriebt. Bin ja mal gespannt, ob die jetzt auch gestresster sind.

1
/
0
Musiker / Schauspieler
·

Dieser Artikel ist fast so wohltuend wie ein Waldbad. Danke!

18
/
0

Ich mag die Wälder von Kingdome Come, die Gebirge von Skyrim, das Wetter von Witcher 3.

19
/
2
Theologe & Religionspädagoge
·
· editiert

Sich als Teil von etwas Übergreifendem, Ganzem zu fühlen ist wohl wesentlich fürs Menschsein oder für Leben überhaupt. Angst, etwa vor dem eigenen Tod, ist in den eigenen vier Wänden am stärksten. Bezeichnenderweise haben dominante Religionsgemeinschaften schon vor Jahrhunderten begonnen, in abgeschlossenen und extra dafür gebauten Gebäuden mit Dach, Tür und Fenster „Gottesdienst“ zu feiern. Menschen, die sich im Freien trafen und eher Freiheit mit Gott feierten, wurden verfolgt und zum Auswandern gezwungen.
Das aktuell stark spürbare Bedürfnis von vielen Menschen nach Ganzheit, nach Verbundenheit und Einklang mit dem Leben um uns herum wird auch von einer anwachsenden Literatur voller spannender Ansätze aufgenommen.
Noch bestehende gemauerte Institutionen wie die Kirchen, aber auch Firmen und sogar Nationalstaaten können das aufnehmen oder sich in ihre Schale zurückziehen.
Ich denke, es wäre an der Zeit für einen neuen Exodus, einen Aufbruch weg von Knechtschaft und Unterwerfung ins Freie. Die Bildschirme können wir nutzen als Panzerglas, hinter dem wir uns verschanzen, oder als Fenster, durch das wir uns mit anderen Menschen verbinden.

17
/
0
Freischweber:in
·
· editiert

Sich als Teil von etwas Übergreifendem, Ganzem zu fühlen ist wohl wesentlich fürs Menschsein oder für Leben überhaupt.

Und – soweit ich weiss – vor allen Dingen auch wesentlich fürs menschliche Wohlbefinden.

Und genau hier wird die im Artikel erwähnte Connectedness to Nature Scale m.E. leicht angreifbar: Die erwähnten Aussagen zur Naturverbundenheit, die den zugrundeliegenden Index bilden, scheinen mir hardcore biased – sie dürften für die meisten Menschen auf dem Naturverbundenheitspol eine stark positive Konnotation haben, welche natur-unabhängig gilt ("eins sein", "Teil einer Gemeinschaft sein", "zusammengehören", "gemeinsame Lebenskraft besitzen").

Daher meine Skepsis: Wird hier nicht in erster Linie gemessen, wie glücklich und zufrieden jemand ist?

Der daraus folgende Einwand: Glück und Zufriedenheit dank Zugehörigkeits- bzw. Gemeinschaftsgefühlen kann sich auch naturunabhängig einstellen. Bei den meisten Menschen am stärksten wirken dürfte der Kontakt mit anderen Menschen – stärker als mit Steinen, Bäumen und Fischen.

Die Alternativinterpretation: Glückliche/zufriedene Menschen fühlen sich stärker verbunden – und zwar mit allem.

Wer bereits einmal Erfahrungen mit LSD, Psilocybin und vielen anderen psychoaktiven Substanzen, welche einen in einem Serotonin-Meer baden lassen, sammeln durfte, wird mir womöglich zustimmen. Das Verbundenheitsgefühl kann ins unermessliche steigen – auch jenes zu einem Sofa.

10
/
0
Theologe & Religionspädagoge
·

Schöne Ergänzung. Die magic mushrooms bringen mich nun auf eine neue Fährte: Vielleicht werden es Pilze mit ihrem schier unerschöpflichen Potential sein, die uns zu neuer Verbundenheit dressieren und nicht die wieauchimmer verstanden-unverstandene Natur.
Die Verbundenheit mit dem Sofa geht mir noch ab. Auch die mit dem Auto. Werde wohl mal den Schamanen aufsuchen müssen.

4
/
0

Mich hat das Lesen des Textes überwiegend genervt. Und dies, obwohl ich mich für ausgesprochen naturverbunden und ökologisch orientiert halte. Aber auch für politisch. Und diese in der Tat kitschige Schreibe, die naive Bezugnahme auf "Natur", deren Wahrnehmung bzw. Vorstellung ja durch und durch geprägt ist von unserer Kultur und nie unmittelbar ist, die sonderbare, latent anklingende Vorstellung einer Harmonie zwischen "Natur" und "Mensch", so als habe der Mensch nicht seit eh und je allen Grund dazu gehabt, sich mittels Techniken und Technologien GEGEN die "Natur" zu behaupten (grotesk, daran in Zeiten einer Pandemie erinnern zu müssen), und die Suggestion, es sei vornehmlich der Technik/Technologie/dem "Mittelbaren" geschuldet, dass unsere Welt so (schlecht dran) ist, wie es nun der Fall ist, das alles und noch mehr lässt bei mir keine Freude aufkommen und mich fragen, was die REPUBLIK eigentlich veranlasst hat, diesen Text zu übernehmen?

22
/
6
Entzauberte
·
· editiert

Lieber Hr. Ullrich, vielen Dank! Sie sprechen mir aus dem Herzen! Staunen lernen, demütig werden, in Kontakt kommen, sich zuneigen, sich überwältigen lassen und das Glücksgefühl im dankbar Werden sind Gefühle, die uns „guttun“. Mythen a la „zurück zur Natur“ sind Geschichten/Narrative, manchmal gute, inspirierende, manchmal sentimentale, manchmal einfach nur kitschige. Sie drücken allesamt eine Sehnsucht nach „Einswerden mit allem“ aus. Mir gefallen auch die Natur-Erzählungen am besten, die beobachtend und beschreibend eintauchen, die versuchen, genau zu „verstehen“, wie alles zusammenwirkt. Deshalb lese ich gerade mit wachsender Begeisterung Bücher über Mikroben oder über unser Immunsystem (alles ohne Technologie nicht zu erkunden) und ich staune und bin überwältigt und werde demütig und glücklich… 🙏

4
/
1

Ich habe zu danken, denn in meinen Zeilen ist das schroffe Ablehnen über Gebühr zu spüren, während ich mich sehr gut dem anschließen kann, was Sie auch anklingen lassen, nämlich dieses (positive) Gefühl des Kleinseins als Teil eines großen Ganzen, zu dem man auch ALS Natur gehört, aber NICHT Eins mit ihr wird, weil wir eben auch Kultur und getrennt von ihr sind. Daher sind die Ausführungen in dem Text zur "Verbundenheit", gar eine "Verwandtschaft mit der Natur suchen" usw. mir alle überhöht und - sentimental verkitscht.
Ich habe mit etwas Abstand noch einmal über den kritisierten Text nachgedacht und mich dann gefragt, ob er vor allem als eine Art Warnung gelesen werden will vor der Welt, die im Silicon Valley immer mehr im Entstehen begriffen ist - und die der Autor womöglich deutlicher vor Augen sieht als unsereiner (der ohnehin auf viel Abstand zu digitaler Daueraktivität achtet). Also letztlich die Gefahr, dass die virtuelle Welt uns immer attraktiver erscheint bzw. der natürlichen Welt den Rang abläuft. Dass immer mehr Menschen schon mangels Kontakt einen Zugang zur Natur (einschließlich einer Basis-Sensibilität für deren Schutz) verlieren. Aber auch hier wäre es dann nicht einfach nur als ein Problem des Vermittelten zu thematisieren, sondern als die darin eingewobene List (=Interesse).
Da das in diesem Text partout nicht aufscheint, entspricht dieser ganz der rhetorischen Struktur jener Sprech- und Denkweisen, die der Klimaforscher Michael E. Mann als gefährliche Augenwischerei im Kampf um das Klima beschrieben hat, wenn nämlich die globalen Probleme mir nichts dir nichts auf das Individuelle (Fehlverhalten) heruntergebrochen werden, so dass am Ende die Bürger sich gegenseitig in die Wäsche springen, weil dieser zu oft geflogen, jener den Müll nicht ordentlich getrennt hat usw., anstatt zu schauen, was eigentlich die großen Entscheidungen sind, und wer sie fällt (oder verhindert).

3
/
1
· editiert

Danke für den Beitrag.
Ich mag Menschen. Mit der Menschheit habe ich meine Mühe.
Es kommt mir vor, als ob wir unsere eigene Vergänglichkeit beschleunigen würden, und doch niemand daran sterben möchte…

15
/
0

S. A. Sie haben das Dasein treffend und kurz beschrieben, danke.

2
/
0

Wahre Worte!

Hoch in den Bergen eine Linie in den stillen unberührten Tiefschnee zeichnen wie ein Kalligraph,
auf dem Meer in den endlosen Wellen paddeln bis die Sonne im Horizont versinkt,
ein Feuer am Fluss machen, Rauch riechen und dem Essen beim Braten zuschauen,
die erste Amsel des Frühlings der Abendsonne nachsingen hören,

das erdet..

18
/
3

Welch Ironie. Beim Lesen des Artikels schauen wir schon wieder auf einen Bildschirm. Statt aus dem Fenster zu schauen und sich z.B. an den Bäumen zu erfreuen, die nun noch nackt sind, aber bald schon wieder Blätter spriessen lassen.

14
/
1

Auch das Hinausgehen in die Natur ist bei vielen Menschen letztlich Ironie respektive reinste Realsatire. Schwer bewaffnet mich Hi-Tech-Equipement wie E-Bike, Drohne, Bluetooth-Box, Herzfrequenzgurt, Fitness-Tracker, GPS und und neongrün fluoreszierender Funktionswäsche, zieht der Kampfnaturgeniesser in die hintersten Ecken der Alpen, um daselbst mit gestressten Gesprächen über das letzte Team-Meeting die Ruhe zu stören, statt sie zu geniessen. Ich vermute, dass diese Menschen gerne aus der Alltagshektik ausbrechen würden, diese aber einfach an einem anderen Schauplatz weiterführen. Schade. Auch für diejenigen, die dort tatsächlich die Ruhe geniessen könnten.

11
/
0

in der Schweiz ein ruhiges Fleckchen zu finden ist nahezu ausgeschlossen .... alles verkehrstechnisch erschlossen, dauernd Lärm in hörweite ... nicht das geringste Funkloch ....

4
/
1
Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
·

"Technologie an sich hat keinen Verstand. Technologie an sich hat keine Werte. Wir Menschen sind es, die Verstand und Werte haben und die Technologie zum Guten oder zum Schlechten nutzen können."

3 x Nein dazu.

Das ist ein Narrativ welches von Digitalisierungs­euphoriker, der Tech-Industrie und Wunder­kinder wie Mark Zucker­berg seit Jahren eingebläut wird. Es liege an uns Menschen, sie richtig zu nutzen. «Richtig» bedeutet demzufolge: im Sinne des Plattform­betreibers.

Also ist das Gegenteil der Fall: Das Digitale ist immer politisch. Technik­gestaltung, die Art und Weise, wie Software aufgebaut, konstruiert wird, ist nie neutral. Genau mit dieser Haltung analysieren wir bei der Republik technologische Phänomene unserer Zeit.

Ich verweise dazu gerne auf unser Digitalisierungsdossier: https://www.republik.ch/dossier/digitalisierung

13
/
1

„Technik­gestaltung, die Art und Weise, wie Software aufgebaut, konstruiert wird, ist nie neutral.“ Das ist korrekt. Darin widerspiegelt sich stets die menschliche Intention, Absicht und Praxis. Was aber überhaupt nichts daran ändert, dass die dazu verwendeten technischen Komponenten und Methoden an sich weder Werte verkörpern noch über (eigenen) Verstand verfügen.

10
/
0
Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
·

d'accord. OK ich korrigiere: 2x Nein, 1x Ja
:-)

1
/
0

Vor ein paar Jahren fuhr ich trotz beginnender Grippesymptome im Dezember mit Zelt und Schlafsack für ein paar Tage in den Hambacher Forst. Da wohnten Aktivisten seit Jahren in Baumhäusern, um die restlichen 20% eines 12 000 Jahre alten Waldes vor der Rodung zu retten (was ihnen am Ende übrigens auch gelungen war!)
Mir war aufgefallen, dass das Überleben dieser Gemeinschaft im Wald (ohne Strom, fliessendes Wasser, Internet etc) eigentlich nach einem ganz ähnlich sensiblen System funktionierte, wie der Wald selbst, der ja auch nur als sensibel vernetztes System überleben od überhaupt existieren kann. ( Ich fragte mich, ob diese Parallele zwischen Menschen und Natur nicht sowieso immer existierte, egal für wie abgekoppelt von der Natur wir uns eigentlich halten). Die einen waren zuständig für das Wasser, andere für das Feuer und Nahrung, wieder andere, dass die Information floss. Im Unterschied zu unserem sonstigen Leben, wo das ja auch so ist, war man sich der gegenseitigen Abhängigkeit im Wald jedoch viel bewusster, da sie das Überleben natütlich viel direkter betraf. Das machte die Gemeinschaft insgesamt einiges stärker und sozialer. Mich hatte die Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft insbesondere jener Waldbewohner, die schon länger dort leben, ziemlich berührt. Ich finde, diese Lebensform hat als Anschaungsmodell trotz super technologischem Fortschritt nichts an Aktualität eingebüsst. Fortschritt und Technologie lehren uns kein soziales Bewusstsein. Ich störe mich an der Arroganz, mit der behauptet wird, dass es sich bei unserem heutigen Betrachten der Natur, oder den Versuchen, sich als Teil von ihr , oder etwas Grösserem zu fühlen, um reine Verklärung, Kitsch oder Romantisierung handle.
p.s. Meine beginnenden Grippesymptome waren übrigens nach 3 Tagen Wald trotz Kälte und Dauerregen völlig abgeklungen.

11
/
1
Leserin
·

Liebe Franziska, danke für diesen schönen Bericht. Ich wollte daraufhin Ihre Website anklixen, leider ist der Link ungültig. Haben Sie Lust, ihn zu aktualisieren?

3
/
0

Liebe Elvira, danke, ich weiss aber grad nichr welche Website Sie meinen. Da gab's mal eine zu einem Film: Ist jetzt aber abgelaufen und etwas off topic.

1
/
0
Theologe & Religionspädagoge
·

Eindrückliches Beispiel. Bloss, wie organisieren wir solche Erdverbundenheit für die breite Masse? Filmen? Dann füttern wir die Bildschirme. Aus den Häusern in Zelte und Baumhütten statt Wohnmobile, wenigstens für die Ferien? Dann befürchte ich Schäden und Verschandelung.
Oder reicht ein verwildernder Garten oder Balkon, in dem Organismen staunend toleriert werden, die keinen unmittelbar sichtbaren und auch keinen ästhetischen Nutzen haben?

2
/
0
Softwareentwickler
·

Je mehr Bildschirmzeit, desto schlechter geht es mir. Ich merke das ziemlich stark. Ich habe deshalb mein Arbeitspensum auf 40% reduziert. Das heisst für mich zwei Tage in der Woche mit 6-8h Bildschirmzeit. Den Rest der Woche erhole ich mich davon.

10
/
1

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als die "entfremdete" Wohnform der Blocksiedlungen aufkamen, dachte ich, so zu wohnen, ist doch sehr Menschen feindlich und unnatürlich. Die Menschen, die Kinder verlieren den Bezug zur Natur. Im 5. Stock eingepfercht in Schachteln zum Kochen und sich lieben und vielleicht vorher fernsehen. Könnte sein. Aber den Menschen war das egal. Sie zogen in die Blöcke. Also diejenigen, die sich kein Einfamilienhaus leisten konnten.
Hat das dazu beigetragen, dass der Bezug zur Natur immer weniger wurde und deren Ausbeutung immer grössere Kreise zog? Eher ist doch, dass eben der Unternehmer im Einfamilienhaus die Natur wenig beachtete, sondern eher den Profit bevorzugte. Natur hin oder her. Oder gibt es eine Immobilienfirma, die wegen der Natur auf ein Projekt verzichtet? Oder sich wirklich Gedanken macht zum Sich-Einfügen in die Umgebung? Siehe auch Skigebiete. Oder Küsten mit Sandstränden. Oder Kletterberge im Himalaya. Oder die Baugruben in Huttwil. Oder die Verdichtungen in Zürich. Reine Vergewaltigung der ursprünglich gewachsenen Strukturen. Mit den Verschränkungen der Politiker mit der Baulobby. Und dem Zwang zum Wachstum.

12
/
3
Neugierig, Digital.
·
· editiert

Gute Betonung auf die Profitmaximierte Bauwirtschaft. Man kann die Natur in städtische Lebensräume mehr einbeziehen. Und da muss sehr viel Weiterentwicklung geschehen. Einen englischen Rasen & 2 Buchsbüsche sind keine Natur, sondern ein feingliedrig geplante Verhübschung.

Es heißt ja auch Waldbaden und nicht Vorgartenbaden. Wie man kleine Natur-Oasen gestaltet und sie nicht dem Kulturlandschaftszwang unterwirft. Darauf kommts an.

10
/
1
Statist
·

gefällt, danke dafür.

7
/
0
Leserin
·

Draussen in der Natur zu sein, ob natürlich oder durch den Menschen geformte Natur, tut grundsätzlich gut. Wenn da nicht dieser Lärm (Fluglärm, Strassenverkehr, Land- und andere Maschinen , Drohnen usw.) wäre! Ironie. Der Autor fuhr mit dem Auto ans Meer. Da dort wohl kein ÖV existiert, bin ich jedoch etwas milde gestimmt.

6
/
1
Multifunktional
·

Da stellt sich auch die Frage "was ist Lärm?" und "wer hat wann/wo Anspruch auf Ruhe"? Anekdote, welche uns diesem Winter auf dem Land, beim Hundespaziergang in der Umgebung unseres kleinen Dorfes im Wald passierte: Unser Hund liebt das Apportieren von Stöckchen. Also gehen wir etwas ab des Weges in den Wald um mit ihm ein paar Minuten zu spielen. Vor lauter Freude und Aufregung bellt unser Hund laut. Plötzlich hören wir vom Weg her noch aus relativ weiter Entfernung jemanden etwas rufen. Als die Person näher kommen, sehen wir dass dies ein alleine spazierender Mann ist und verstehen auch, was er ruft: "RUHE!", "Habt ihr euren Hund nicht im Griff?!", "RUHE!". Grosse Augen, staunen, schmunzeln unsererseits. Dürfen nun nicht einmal mehr im Wald fröhlicher Kinder- und Hundelärm ertönen? Ist eine so erzwungene Stille noch "Natur" oder fehlt da nicht ein wichtiger Teil, dieser Natur?

6
/
0

Auch können nicht alle das ÖV nutzen ;-). Stellen Sie sich einmal vor, Montagmorgen warteten alle Motorisierten auf das ÖV.

3
/
8
Theologe & Religionspädagoge
·
· editiert

Als Teenie habe ich - im Freien - meterweise Karl May verschlungen ohne viel von Natur mitzubekommen, das europäische Mittelalter war eine Buch- und Gelehrtenkultur, die mit dem Buchdruck später in der Aufklärung kulminierte. Auch das Buch ist ein Filter, den wir zwischen uns und „die Natur“ legen.
Ich bin immer wieder erstaunt, was heutige Jungs in Minecraft alles hinkriegen und wie komplex mittlerweile aktuelle Computerspiele geworden sind, bei denen es nicht um rein mechanisches Geballere oder Klötzeeinordnen geht.
Versunkenheit und ästhetische Erlebnisse sind heute auch am Bildschirm (und in Büchern schon längst) möglich.
Entscheidend ist das Wie und Wozu.

10
/
4

Vielen Dank für diesen für mich aufrüttelten Artikel. Natur und Mensch sind aus dem gleichen Stoff. Wenn wir die äussere Natur nicht mehr physisch Wahrnehmen, nehmen wir nur noch unseren Leib als lebendiges wahr. Wachsen und Vergehen gehören aber auf der Welt zusammen. Kann es sein das mit der Zeit nur noch am eigenen Körper Wachsen und Vergehen wahrgenommen wird und die Welt nur noch unbelebte Materie?

6
/
0
Leserin
·

Nun, fünfzig Prozent der Oberfläche, der Erdkuste, bestehen bereits aus menschengemachten Materialien. Am eigenen Körper auch das Vergehen nehmen längst nicht alle Menschen wahr...

2
/
0
(durch User zurückgezogen)
Florian Fisch
Mitbürger
·

Ich bin auch irritiert, dass der Autor (wie offenbar auch gewisse Studien) Naturvernundenheit und Naturspiritualität gleichsetzt.

3
/
0
Entzauberte
·

Lieber Hr. Fisch, inspirierende Begriffe! Um besser verstehen zu können, was sie genau meinen, habe ich folgende Fragen:
Wie würden SIE die Unterschiede zwischen Naturverbundenheit und Naturspiritualität erklären?
Und
Weshalb ist für sie dieser Unterschied bedeutsam?

0
/
0
(durch User zurückgezogen)
Entzauberte
·

Danke!

1
/
0
(durch User zurückgezogen)
Mensch - wie alle anderen
·

Danke. Erst jetzt wird mir wirklich klar, warum ich meinen Garten so sehr vermisse. Und warum meine Weitwanderungen jeweils die schönsten und erholsamsten Ferien von allen waren. Und warum ich mich nach der Heimkehr aus Indonesien beim Kreuzen des Zürcher HB gefragt habe, warum hier alles so glatt poliert, dunkel und menschenfeindlich sei (es hat ja kaum noch Bänke, wo man sich hinsetzen und ausruhen kann).

Womit ich nicht ganz einverstanden bin: dass Technik wertneutral ist. Wie kann etwas, das von Menschen mit Werten erschaffen ist, wertneutral sein? Eine Waschmaschine ist eine tolle Sache, klar, aber sie trägt in sich das Bild, dass die körperliche Arbeit des Waschens hart oder mühselig sei. Andere Kulturen könnten dies jedoch anders sehen, oder?

6
/
1
Janik von Rotz
Denkt mit.
·
· editiert

Das mit Urpsrung und Verbundenheit macht mir wenig Sinn. Ich sehe das viel mehr als eine angenehme Verlorenheit oder eine Gedanke der Vertrautheit.

In der Natur findet keine Selbstfindung statt, vielmehr findet man sich in der Natur wieder.

6
/
1
Beobachterin
·

Wir stellen Bildschirme zwischen uns und die Natur. So wie ich verstanden habe, kümmert sich die Natur nicht gross um uns, sondern sie ist und erreicht uns mit Sturmfluten, Schlammlawinen, Dürren und Viren, um nur einige Aspekte der Natur zu nennen. Wovor müssen wir jetzt Angst haben: vor den Bildschirmen oder der Natur? Sind die Bildschirme so tröstend wie ein Fetzen Stoff für ein kleines Kind?

7
/
3
Entzauberte
·
· editiert

Gefühle entstehen IN UNS auf Grundlage von „automatischen“, kulturabhängigen und persönlichen „Bewertungen“. Staunen lernen, demütig werden, in Kontakt kommen, sich zuneigen, sich überwältigen lassen und das Glücksgefühl im dankbar Werden sind Gefühle, die uns „guttun“. Wir unterscheiden in Kategorien von „guten/angenehmen“ Gefühlen und „unangenehmen“ Gefühlen. Diese sind weder „wahr,“ weil sie ein flow erzeugen, noch „gut“ weil sie irgend ein Bild/eine Erfahrung von „natürlich?“ bedienen. Vielmehr ist es die Bewertung zu der es gilt vorzudringen, die wir reflektieren und prüfen sollten!
Mythen a la „zurück zur Natur“ sind Geschichten/Narrative, manchmal gute, inspirierende, manchmal sentimentale, manchmal einfach nur kitschige. Sie drücken allesamt eine Sehnsucht nach „Einssein“ aus. Vielleicht wird diese Sehnsucht erst im Tod erfüllt: wir lösen uns im Ganzen auf, nachdem unsere Lebenskraft/Existenzangst uns ein letztes Mal hat gegen diese Auflösung ankämpfen lassen!
Auch für mich sind die „romantischen“ Bilder platt geworden. Zu sehr wird „Leben“ verkitscht. Weshalb Adler und Meer und nicht Mikroben und Viren? Nur weil ich es nicht „automatisch“ sehen kann? In den letzten beiden Pandemie-Jahren hat sich mein „Erfahrungsraum“ geweitet in Mikrouniversen, die mir nur über die Erkenntnisse von Expert*innen zugänglich werden, die diese mit modernsten Technologien erforschen und mir dann darüber erzählen. Nun kann sich mein Geist „neue Bilder“ machen - und - ich staune, werde still und demütig, bin überwältigt -und -
lächle

4
/
0
Theologe & Religionspädagoge
·

Nicht zu vergessen die Pilze, ohne die Leben an Land gar nicht möglich wäre…

1
/
0
Entzauberte
·

🤓 ja! Genau!

0
/
0
Leserin
·

„Leider ist unsere Spezies gerade daran,…“, sagt der Autor. Und: er sei nicht so naiv zu glauben….
Was aber, wenn wir bemerken, wenn wir zu fühlen beginnen oder fragen, wie viele wir eigentlich sind, die diese Gedanken teilen oder gern teilen würden…. Warum nur kommt dieser Essay so überraschend auf DIESER Plattform. Anderenorts ist es hingegen selbstverständlich…

4
/
1
Leserin
·
· editiert

Herr Ullrich, Sie meinen, die Menschheit habe

seit eh und je allen Grund dazu gehabt, sich mittels Techniken und Technologien GEGEN die "Natur" zu behaupten.

Sich behaupten, um zu überleben? Oder um die Natur zu beherrschen?

Ihre Frage nach dem Warum der Publikation muss jemand von der Redaktion beantworten. Aber ich kann mich gut einfühlen in die Person(en), die hier entschieden hat oder haben. Wir sind in einer Situation, in der die weitere, auch technisch vermittelte Entfernung der Menschheit von der Natur fatal wird. Ja, genau, die Pandemie. Der drohende Nuklarkrieg. Die anderen Umweltkatastrophe(n).

Ich wehre mich dagegen, wenn Menschen (denen Sie sich vielleicht nahe fühlen), eine feindselige Haltung gegenüber der Natur einnehmen, bewusst manche, aber viele mehr von uns unbewusst, nachlässig, unachtsam, zivilisationsgeschädigt naturschädigend und selbstzerstörerisch. Sogar hörte ich von Menschen Sätze wie "Die Natur hat blutige Klauen". Und: "Ich lehne die Natur ab". Der Menschen "Willensfreiheit" wurde im Gegensatz dazu wie eine Trophäe hochgehalten.

Segnungen der Technik werden allenthalben gepriesen, und einige (?) von uns haben genug -- genau davon. Es ist Zeit, die andere Seite anzuschauen. Noch sind wir keine Roboter. Noch sind wir natürlich entstandene Organismen mit grosser Ähnlichkeit zu den meisten Säugetieren, evolviert in ökologischen Nischen. Noch ist es Zeit, uns als Teil der Schöpfung zu begreifen, bevor die Hybris uns zerstört.

Menschen, die sich instinktiv, "dumm" und naiv gegen weitere und übermächtige Technisierung wehren, aber auch solche, die für Frieden, Toleranz und Miteinander eintreten und ein Umdenken in allen gesellschaftlichen Bereichen fordern, werden als Freaks, grüne Spinner, Sektierer und Steinzeitmenschen, Verschwörungstheoretiker, Utopisten oder halt dumme Frauen etikettiert. Mir wird immer klarer, warum so viel von männlichem und weiblichem Denken gesprochen wird. Ich werde deshalb nicht zur Feministin oder Amish. Ich mag überhaupt weder -ismen noch Spaltung. Aber dieser Strang der Menschheitsentwicklung (siehe auch Harari) ist dicht an der Wurzel von allem. Danke allen, die uns auf vergessene Verbindungen hinweisen, auch diesem Autor.

PS: Schreiben Sie uns einen besseren Essay zu diesem Thema, Herr Ullrich

5
/
6

Beherrschen, um zu überleben. Aber beherrschen lässt sich immer nur ein kleiner Ausschnitt. Und dass wir Menschen immer noch und immer wieder ganz schlecht sind mit dem Erkennen und Kontrollieren von Nebenfolgen unseres Tuns, dass also unser Beherrschen sehr enge Grenzen hat, das merken wir allenthalben und in immer größerem Maßstab. Dass dieser Maßstab immer größer wird, inzwischen global ist, es also um die globale Welt geht (die natürlich nicht untergeht, aber wir und mit uns bzw. vor uns viele andere Geschöpfe), hat sehr wohl etwas mit den Techniken und Technologien zu tun, primär - und immer noch - aber mit ABSICHTEN und INTERESSEN. Wenn die nicht vorkommen in einem solchen Text, fehlt etwas Wesentliches.

3
/
0
Entzauberte
·
· editiert

Liebe Fr. H.,
ich habe den Eindruck, sie sind wütend und verletzt. Ihnen (wie auch mir!) ist der momentane Zustand unserer so wunderbaren Erde Grund zu grosser Besorgnis. Und ihnen wie mir ist bewusst, dass in den letzten 50 Jahren UNSERE Generation massgeblich dazu beigetragen hat, dass das Leben auf der Erde so in Bedrängnis geraten ist!
Es ist unsere Schuld!
Wir haben mitgemacht! Und es geht uns gut. Sehr gut. Ich wie, so nehme ich an, auch Sie waren kritisch! Ja! Waren an dieser und jener Demo! Haben „das richtige“ abgestimmt. Haben uns in Beruf, Familie und Freizeit engagiert. Ja und die Kritik war schon 1970 berechtigt und wurde immer berechtigter. Das schläckt ke Geiss wäg!
Nur! Wir haben uns nicht durchgesetzt, nicht so, wie wir es angegangen sind.
Wie lassen sich die Problene lösen? Einfach alle, die zuviel sind, verhungern lassen, oder an Seuchen sterben lassen? Wer bestimmt, wer zuviel ist? Oder Krieg? Parallelwelt? Totalitäre Systeme, in denen das vermeintlich richtige regiert? Wer entscheidet, was richtig ist? …
Es war noch nie in der Geschichte ein „instinktiver“ Mob der aus dem Bauchgefühl heraus irgendetwas zu einer Problemlösung beigetragen hätte nur, weil er „Widerstand“ oder „Liberté“ skandierte.
Und trotzdem -ja- ich teile das Unbehagen -ja - es IST Ernst!
Am Punkt, wo wir sind, werden wir die „Segnungen der Technik“ brauchen. Nicht irgendwelche profitgetriebenen Märchen und Lügen - und vorgestern schon als unzureichend erkannte Problemlösungen! Fürwahr!
Wir brauchen nun die besten ihres Fachs, mit der reflektiertesten ethischen Haltung, den altruistischsten Motiven und der integersten Persönlichkeit. Teamplayer, die den Dialog verstehen, die Kompetenzen der andern Expert*innen respektieren und einbeziehen und die die Massen inspirieren und sich durchsetzen. Sonst schaffen wir das nimmer!
Ich wünsche mir nichts so sehr, als dass all die Menschen, die dieses Unbehagen spüren, ihre Energie so einsetzen, gemeinsam mit den Expert*innen gute Problemlösungen zu suchen, im Respekt voreinander und endlich auch im Respekt vor dem Leben an sich, würdig, vernünftig und wissensbasiert.
Dies mitzutragen und dafür zu werben, dafür ist es nicht zu spät…
Wir können das!

1
/
0
Leserin
·
· editiert

Ich danke Ihnen. Aber ich verstehe noch nicht. Was oder wer gibt Ihnen Hoffnung? Was tragen Sie mit?
Alles Gute!

0
/
0
hat ein Buch gelesen
·

Eine weiterführung und Vertiefung der Entfremdung der Menschen und Natur ist schön beschrieben in dem Buch "Braiding Sweetgrass" von Robin Wall Kimmerer.
Sie beschreibt darin wie die Weltanschauung (oder das Verhalten) der Kolonisierer die "Natur", (das nicht-menschliche, aber auch andere Menschen) nicht als etwas sieht mit dem man in eine Beziehung tritt und man sich gegenseitig beschenkt, sondern als etwas das man (aus)"nutzen" kann, um Rohstoffe etc. zu extrahieren.
Das führt auch dazu, dass man sich nicht mehr eingebettet sieht in die Natur.

Das ist eine Buchempfehlung - und auch eine Meinung, dass der Artikel, der das auf "Technologie mehr oder weniger" reduziert etwas zu kurz greifft.
Technologie ist oft im Einklang mit dem Gedankengut (z.B. Fracking-Maschinen), muss es aber nicht sein - siehe das Stichwort Solarpunk.

2
/
0