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Theologin/Seelsorgerin
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· editiert

Danke für diesen "mehrdimensionalen" (mit fällt kein passenderes Wort ein) ersten Teil. Ich schliesse mich Herrn M. an, ich hätte es befremdlich gefunden, hätte die Republik keine Berichterstattung zu Israel gemacht.

Dass es in Form dieser persönlichen Reportage von Herrn Strassberg geschieht, finde ich interessant und auch überraschend.

Edit: Klammer Bemerkung ergänzt.

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Kritiker
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Strassbergs Artikel ist ziemlich detailliert und auch einigermassen kritisch. Trotzdem fallen die Lücken in seiner Darstellung auf:
Die Balfour-Deklaration und das britische Völkerbunds-Mandat, das sich durch die Balfour-Deklaration gebunden fühlte, aber die arabische Bevölkerung Palästinas vor Ort nicht so wie die Zionisten einfach ignorieren konnte. Überhaupt die Verantwortung Grossbritanniens für das angerichtete Schlamassel, dem es sich 1947 mit der Übergabe an die UNO und seiner Stimmenthaltung bei der Abstimmung über die Aufteilung Palästinas entzog.
Die sehr einseitige Zusammensetzung der UNO bei der Annahme des Teilungsplans von 1947, der zudem sehr einseitig zugunsten der jüdischen Minderheit ausfiel.
Die Frage, ob sich die UNO, damals ein mehrheitlich westlicher Verband von Kolonialstaaten und zahlreichen südamerikanischen Zuzügern, nicht einer ungeliebten Volksgruppe, die (auch nach dem Holocaust und vielleicht auch gerade wegen ihm, "niemand haben wollte" (Zitat Strassberg)) zulasten irgendwelcher Araber entledigte, die damals als Kolonialsubjekte ohnehin nicht zählten. Dem schloss sich ja Israel mit der Erwartung an, dass sich die vertriebenen "Araber" über kurz oder lang in der Bevölkerung der Nachbarstaaten verlieren würden: In beiden Fällen ignorierte man geflissentlich Geschichte, Kultur und Rechte der Palästinenser.
Die Tatsache, dass Palästina kein "Land ohne Volk (für ein Volk ohne Land)" war, sondern eine dichte arabische Bevölkerung aufwies, und im Rahmen vormoderner Möglichkeiten, landwirtschaftlich intensiv genutzt wurde.
Die Nakba, d.h. die Vertreibung von 800'000 Arabern aus ihrer angestammten Heimat: Eine Vertreibung mittels zahlreicher Massaker und systematischem Terror, der die Zerstörung zahlreicher arabischer Dörfer und Städte folgte.
Der jüdische Terror gegen Araber wie Briten: Begin wird zwar erwähnt, aber als Ministerpräsident, nicht als der Terroristenführer der Irgun, der er vordem war. Auch Ariel Sharon war in seinen Anfängen an Terroraktionen gegen Palästinenser beteiligt, von seinen späteren Kriegsverbrechen zu schweigen.
Die Tatsache, dass Israel ein Siedler-Kolonial-Projekt war, und seit 1948 ein Siedler-Kolonialstaat, der den Siedlern alle Rechte zugestand, die er der angestammten Bevölkerung, soweit sie nicht vertrieben worden war, systematisch vorenthielt.

Die geschilderte innerisraelische Entwicklung ist nichts anderes als die logische Folge all der verdrängten Widersprüche, unter denen das Projekt Israel seit den Anfängen laborierte. Selbstverständlich fällt ein Teil der Verantwortung für diese unselige Geschichte auch Europa mit seiner langen Geschichte von Antisemitismus bis hin zum Holocaust vor die Füsse. Die bis heute kein Ende gefunden hat.

Der aus einer jüdischen Familie stammende Lyriker Erich Fried hat diese Widersprüche vor Jahrzehnten in dem Buch "Höre, Israel" angesprochen. Auf der Rückseite meiner Ausgabe, die ich von einer jüdischen Freundin erhalten habe, stehen die Verse:

"Als ihr verfolgt wurdet,
war ich einer von euch.
Wie kann ich das bleiben,
wenn ihr Verfolger seid?"

Und nein, um diesen routinemässig erhobenen Vorwurf gegen jeden Kritiker Israels gleich zu entkräften: Ich bin kein Antisemit und in meiner Familie gibt es Juden, Finnen und Schweizer.

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Vielen Dank für das Füllen der Lücken Herr B.

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Daniel Strassberg
Kolumnist@Republik
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Sehr geehrter Herr B., natürlich haben Sie recht: Nicht jeder Antizionismus und nicht jede Israelkritik ist antisemitisch. Aber: Das heisst nicht, dass es keinen Antisemitismus im Gewande des Antizionismus gäbe, nicht?

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Kritiker
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Die Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus wird typischerweise von den Freunden Israels erhoben, um jede Kritik am Zionismus in den Geruch des Antisemitismus zu bringen. Wobei Zionismus ja ein Mischwesen ist, weder Fisch noch Vogel. Einerseits ist er schlicht jüdischer Nationalismus, und hat als solcher, wie ausnahmslos jede Form von Nationalismus, etwas leicht lächerliches an sich. Anderseits war und ist er eine Kolonialideologie, die Millionen von Opfern und zehntausende von Toten gefordert hat und weiterhin fordern wird. Als solche ist er selbstverständlich, wie jede Form von Ideologie, legitimes Objekt von Kritik. Aber natürlich zwingt die fortlaufende Geschichte des Antisemitismus jedem Kritiker an Israel und dem Zionismus eine klare Abgrenzung zu antisemitischen Haltungen und Gruppierungen auf. Die Grenze ist überschritten, sobald Juden, sobald Israelis eine angebliche, sinistre Kollektividentität zugeschrieben wird.

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(durch User zurückgezogen)

Herzlichen Dank an U. B. und an J. Wunderle. Vielleicht schaffen die Demonstranten heute den palästinenserfreundlichen Aufbruch Israels, welche Ende der 1980er-Jahre abrupt endete mit der Zuwanderung aus der abgewirtschafteten DDR. Wir Europäer sind dazu leider unfähig, was gerade der neue Migrationspakt mit Tunesien erneut zeigt.

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Wow! Hätten nur alle einen so selbstkritischen, offenen Blick auf die Welt und ihr Tun, dann wären wir wohl in der Lage, tatsächlich über gerechte und nachhaltige Lösungen zu diskutieren.

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(von der Moderation verborgen)
Daniel Strassberg
Kolumnist@Republik
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Erstens ist diese Behauptung ausgesprochener Unsinn, und zwar dermassen, dass sich eine Erwiderung verbietet und zweitens ist jede Rechtfertigung des Antisemitismus in sich selbst antisemitisch. Bitte löschen Sie den Unsinn

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Die Behauptung eines Unsinns allein macht eine Ansicht noch nicht zum Unsinn.Die Darstellung des möglichen Zusammenhangs zwischen Öatriarchat, die etwas milder auch aufs Christentum bezogen werden kann enthält keine Spur einer Anklage. Die jüdische Religion war eine adäquate Reaktion auf die Lage des jüdischen Volkes die sich in der Fortsetzung als eine Kettenreaktion zum Antisemitismus wandelte. Mit Kettenreaktionen ging die Menschheit noch nie um. Auch das Patriarchat war funktional und erfolgreich, bloss wendet sich dessen Einfluss heute zur Belastung. Religionen sind mir Demokratie nicht wirklich vereinbar, denn entweder entscheidet Gott, oder die Menschen.

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Souri Thalong
Community-Support
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(Der obige Kommentar wurde verborgen. In seiner Verkürztheit liest er sich, wie bereits Daniel Strassberg korrekterweise angemerkt hat, als Rechtfertigung von Antisemitismus. Das können wir so nicht stehen lassen.)

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Privilegierter
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Schon der erste Teil ist stark geschrieben. Ich hatte gehofft, dass die Republik die aktuellen Ereignisse (und wie es zu ihnen kam) beleuchtet.

(Und nebenbei: Die Fotografie mit der pinken Israelischen Flagge passt gut zur Farbe der Überschrift.)

Edit: Rechtschreibung

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Hervorragende Erläuterungen zur Situation in/von Israel. Einleuchtend und sehr traurig. Umso entschiedener müssen wir in der Schweiz, in allen demokratischen Ländern gegen Antisemitismus, für Diversität und Demokratie kämpfen.

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Beobachter
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Werte Frau Dolder, ich verstehe Ihre Aussage nicht ganz. Der Kampf ist mir zuwider und per se negativ besetzt.
Für was wir uns einsetzen und nicht kämpfen sollten ist, gegen jegliche extreme Haltung, sei die von links oder rechts. Viele konservative religiöse Gemeinschaften aller Weltreligionen ausser vielleicht der Buddhismus sind traditionell machterhaltend oft rechts gelagert, darum plädiere ich, dass wir uns ALLE für eine sich dem Völkerrecht endsprechenden verhalten einsetzen, OHNE second Agenda!
Nun wünsche ich noch ein schöner Tag.

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Werter Beobachter, gleichfalls: ich verstehe Ihre Aussage auch nicht. Ich verstehe nicht, wo für Sie eine "extreme" Haltung beginnt. Und dann müsste ich mir noch vorstellen können, von wo aus Sie beobachten - aus dem Weltall wohl kaum... Sie fordern Völkerrechtskonformes Verhalten, ohne second Agenda - meinen Sie damit Israel?

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Sehr geehrte (r) Anonym 1,
ich schätze Ihren Beitrag. Er ist hellhörig auf die Sprache.

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Wie dies bereits andere Kommentatoren_innen erwähnt haben, habe auch ich mich gefragt, weshalb die Republik noch keinen Beitrag zur Lage in Israel (das Leid der palästinensischen Bevölkerung - Amnesty International und Human Rights Watch sprechen von Apartheid in Israel) geschrieben hat und ich danke Herrn B. für das Füllen der Lücken.
Mein Partner und ich waren heute am Wandern in den Golanhöhen, wo überall die Überreste (Steinhaufen, Ruinen) der arabischen, vertriebenen Bevölkerung zu sehen sind. Hier wurde eine ethnische Säuberung vollzogen. Von ehemals 120‘000 Menschen in 136 Dörfern sind 5 Dörfer mit 12‘000 Menschen übrig geblieben. Alle anderen wurden 1967 vertrieben ins umliegende Ausland (Syrien).
Was ich nicht verstehe: Wie konnte die UNO (internationales Recht?, UNO Charta?, Genfer Konvention?Menschenrechte? etc.) am 29.11.1947 die Teilung Palästinas beschliessen und sich über die Köpfe und die Rechte der indigenen, arabischstämmigen Bevölkerung des Landes Palästina (Martin Buber: „Die Braut ist verheiratet!“) hinwegsetzen?
Ich setze mich beruflich, sowie in Freiwilligenarbeit für diverse Minderheiten ein. Womit kann gerechtfertigt werden, einer zutiefst verletzten und verfolgten Minderheit (jüdisches Volk) ein bevölkertes, kultiviertes Land (palästinensisches Volk) „fullyfurnished“ zu „schenken“ und in Folge, dessen Bevölkerung auszulöschen, zu vertreiben, zu ermorden, zu Menschen 2. Klasse zu machen?
Wenn wir (Europa) den Angriffskrieg Russlands - die Besetzung ukrainischen Territoriums zu Recht verurteilen, weshalb verurteilen wir die ethnische Säuberung Palästinas (Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas) nicht? Wo soll Bitteschön da der Unterschied sein? So wie es keine Hierarchie von Leid gibt, gibt es auch kein rechtes oder linkes Unrecht. Unrecht ist und bleibt Unrecht.
…… und danke Herr Strassberg, dass sie kritisch schreiben.

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Kritiker
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Eine Erklärung, wenn auch keine Rechtfertigung, ist das historische Umfeld der Teilung Palästinas und der Gründung Israels. Der Zweite Weltkrieg hatte zwar 1945 geendet, ging aber dessen ungeachtet in anderer Form weiter. So hatte der Krieg in Europa Millionen von Flüchtlingen, Zwangsarbeitern, Verschleppten und Kriegsgefangenen hinterlassen. Damals wurden viele Staatsgrenzen neu gezogen, Abermillionen von Menschen vertrieben, die anderswo neu angesiedelt werden mussten. Vor allem in Osteuropa wurden ethnische Säuberungen im ganz grossen Stil durchgeführt. Da waren die jüdischen Überlebenden der Konzentrationslager nur eines unter vielen Problemen, die alle keinen Aufschub duldeten, weil Millionen von Menschen vor dem Nichts standen. Die Juden waren trotz allem Europäer, standen in der damaligen, ganz selbstverständlich rassistischen, Kolonialperspektive also über Kolonialsubjekten wie "Araber", die man routinemässig generisch betrachtete, deren sehr unterschiedliche Kulturen und Geschichte man ignorierte, insofern man das vorhandene Wissen über sie nicht als Herrschaftsinstrument nützen konnte. Bereits das britische Völkerbundsmandat war als Herrschaft über "politisch unmündige Völker" begründet worden. In dieser Konstellation sah sich die UNO, damals noch weit stärker westlich dominiert als heute, berechtigt, ein Land zu vergeben und aufzuteilen, das ihr nicht gehörte. Das ist aus heutiger Sicht eine Ungeheuerlichkeit, fiel aber in der damaligen Zeit nicht derart aus dem Rahmen, wie uns das heute erscheint. Nochmals: Das ist keine Rechtfertigung, aber ein Versuch, diesen Vorgang historisch zu verorten. Wahrscheinlich hätte sich keiner der führenden Beteiligten (praktisch ausnahmslos Männer) damals vorstellen können, dass sie damit die Grundlage eines Konfliktes geschaffen hatten, der auch 75 Jahre später weit entfernt davon ist, eine Lösung zu finden, die allen Beteiligten gerecht wird.
Vielleicht sollte man sich in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass ein Grossteil der heutigen Staaten und Staatsgrenzen das Ergebnis europäischer Kolonialherrschaft ist.

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Leserin
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Alles sehr richtig und klar, Herr B. Zum Schluss Ihres Kommentars jedoch:

Wahrscheinlich hätte sich keiner der führenden Beteiligten (praktisch ausnahmslos Männer) damals vorstellen können, dass sie damit die Grundlage eines Konfliktes geschaffen hatten, der auch 75 Jahre später weit entfernt davon ist, eine Lösung zu finden, die allen Beteiligten gerecht wird.

Dagegen halte ich meine Schlussfolgerung aus den globalen Entwicklungen während meiner Lebenszeit: Der koloniale und postkoloniale Imperialismus ist ein Kontinuum. Und die Minenleger von damals zeugten die nächste Generation, Die Eruptionen von heute sind davon die Folge. Wie es in der Bibel steht: bis ins dritte und vierte Glied. Krieg gebiert Krieg.

Auch wenn in (damals Gross-)Britannien nicht alles voraussehbar war: Die Absicht gab es, ohne jeden Zweifel. Bomben aus den Weltkriegen explodieren Jahrzehnte danach, mit Zeitzünder oder ohne.

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Bevor man der UNO allein die Schuld zuschiebt: Zu der Zeit als der Staat Israel offiziell entstand, waren ja bereits viele Juden in Palästina - und das war bekanntllich kein Zufall. Der Zionismus verstand Palästina als angestammt jüdische Heimat. Seit Anfang der 20er Jahre hatte die Bewegung Fahrt aufgenommen, in Palästina eine Heimat für alle Juden zu schaffen. Dabei gab es anfänglich zwei Strömungen: die eine sah nicht die Araber als Feinde, sondern die Briten, die auch mit Terror aus Palästina vertrieben werden mussten. Die andere Strömung wollte von Anfang an ein jüdisches Land, einen auf Religionzugehörigkweit begründeten Staat. Aber als die UNO entschied, stand sie nicht vor der Frage "Palästina oder eine andere Region", sondern nur vor der Aufgabe, Palästina so aufzuteilen, dass eine Zusammenleben beider Gruppen möglich würde. Die jüdischen Siedler wären keinesfalls wieder abgezogen.

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Multifunktional
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Vielen Dank für diesen sehr aufschlussreichen und interessanten Beitrag, aus dem ich sehr viel über die geschichtlichen Hintergründe gelernt habe.
Auf der einen Seite gibt der Widerstand der Zivilgesellschaft Anlass zur Hoffnung. Ein erster Sieg ist errungen. Die Gesellschaft macht es den Despoten nicht so einfach, wie sie es gerne hätten, um die Demokratie auszuhöhlen. Auf der anderen Seite stellt sich mir hier wie auch andernorts immer wieder dieselbe Frage: Warum wählen so viele Menschen immer und immer wieder die gleichen korrupten Politiker und lassen sich auch vom x-ten Skandal nicht beirren? Netanyahu, Berlusconi, Trump usw. usf. Überall auf der Welt kann das gleiche Phänomen beobachtet werden.

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Die Frage erledigt sich von selbst, wenn man die optimistische Auffassung über die Menschen aufgibt.

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Nun, sogar 'Candide', die bekannteste Kritik der Hoffnung auf Vernunft kommt zum Schluss, man müsse trotz allem den Garten bestellen...

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Vielen Dank, Herr Strassberg, für diesen interessamten Einblick auf die Vorgänge in Israel.
Mit machen die Neuigkeiten, die man aus Israel erfährt, ziemlich Sorgen.
Für mich - und das schmeckt vielen nicht, weil es eine Art tabubruch ist - drängt sich eine Ähnlichkeit aus der Zeit des Endes der Weimarer Republik auf. Wir erinnern uns (an den Geschichtsunterricht): ein schwacher Reichspräsident ernannte einen faschistischen und rechtsextremen Autokraten zum Reichskanzler, der mit Hilfe seiner Strumabteilung nach und nach die Demokratie, die ihm zum Amt verhalf, zerstörte. Etwas vereinfachend zwar, im Kern aber zutreffend.
Auch wenn die Umstände sich anders gestalten, so sind Parallelen sichtbar:

  • Netanyahu geht einen Pakt mit dem Teufel ein, um seine Macht zu erhalten und eine Verurteilung wegen Korruption und anderer Vergehen zu verhindern.

  • Die faschistischen und rechtsextremen Koalitionspartner nutzen die Gelegenheit, um die israelische Demokratie auszuhöhlen und nach iranischem Vorbild eine Theokratie zu installieren.

  • Gvir gründet, wohl als Reaktion auf die Verweigerungshaltung der Polizei, seine eigene Sturmabteilung, die sich ziemlich sicher aus rechtsextremen Schlägern zusammensetzen wird.

Wie man es dreht und wendet, es sieht nicht gut aus.

Mit Blick auf die Lage in der ganzen Welt gelange ich zur folgenden Erkenntis: Die Menschen sind nicht unfähig, aus der Geschichte zu lernen. Sie wenden das Gelernte falsch an.

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Ich hätte kaum gedacht, dass dieser Bericht mich noch trauriger stimmen könnte als alle die Nachrichten, die uns in den letzten Monaten (oder Jahren) aus Israel erreichen.
Es scheint noch auswegloser als je.

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Daniel Strassberg
Kolumnist@Republik
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Ihre erste Einschätzung teile ich, und wie die beiden Seiten damit umgegangen sind, darüber erfahren Sie morgen mehr. Und die zweite Frage macht mich ebenso ratlos wie Sie.

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(durch User zurückgezogen)
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Ein nachdenklicher Beitrag, der die Entwicklung des komplexen Verhältnis Strassbergs zu Israel gut wiedergibt. Ich kann das Hadern mit dem Land sehr gut nachvollziehen, insbesondere angesichts der jüdischen Geschichte in Europa. Das Problem Israels wird sehr gut auf den Punkt gebracht: Die Beibehaltung des Status-Quo als ein erfolgsversprechender Wahlslogan ist ein deutliches Symptom für die Realitätsverweigerung in Israel gegenüber den inhärenten Widersprüchen, die das Land und die Palästinenser:innen seit jeher prägen.

Einige Ergänzungen und Gedanken:

  • Die Mapai-Regierung war nach dem Sechstagekrieg kaum gewillt, sich aus der Westbank zurückzuziehen. Yigal Allon begann umgehend mit der Errichtung von Siedlungen im Jordantal und half 1968 auch mit, die jüdischen Siedlungen in Hebron und im Etzion-Block zu bauen. Bis 1977, also nach knapp 10 Jahren mit linkszionistischen Regierungen, wurden knapp 90 Siedlungen in den besetzten Gebieten (inkl. Sinai, Golanhöhen, Gazastreifen) gebaut nach Gershom Gorenberg (The accidental empire: Israel and the birth of settlements, 1967-1977; sehr gutes Buch zum Umgang mit den eroberten Territorien unmittelbar nach dem Krieg). Hinsichtlich des Siedlungsbaus würde ich die Begin-Regierung weniger als Bruch als viel mehr in einer Kontinuität mit den Linkszionisten (Mapai et al) sehen, wobei der Ausbau unter dem Likud stark ausgeweitet wurde.

  • Strassberg erwähnt zwar das Ziel der national(!)-religiösen Extremisten (Ben Gvir et al) der Annexion und der gewünschten Vertreibung von Palästinenser:innen, widmet sich aber dann in den weiteren Zeilen mehr der Gefahr eines theokratischen Staates, der durch die Religiösen (diese sind Wiederum in Abgrenzung zu den national-Religiösen zu sehen) umgesetzt werden soll. Ich glaube, die deutlich grössere Gefahr geht von den national-religiösen Extremisten aus – der orthodoxe Wunsch nach mehr staatlicher Umsetzung der Halacha ist nichts Neues und, wie ich glaube, einigermassen einhegbar. Deutlich problematischer ist die genozidale Sprache, die national-religiöse Menschen wie Ben Gvir pflegen und über die Jahre normalisiert haben. Sie lässt leider sehr Ungutes für die Zukunft vermuten. Vorfälle wie die Zusammenstösse zwischen arabischen und jüdischen Bewohnern in israelischen Städten 2021 und das durch radikale Siedler verübte Pogrom von Huwara vor knapp einem Monat sind ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte – Massengewalt. Mit Ben Gvirs Nationalgarde wäre eine rechtsextreme Miliz geschaffen, die zum Äussersten bereit ist – mit der realen Möglichkeit, die genozidale Sprache auch physisch umzusetzen. Die Folgen davon lassen sich kaum auszumalen.

  • Das erwähnte und kaum einlösbare zionistische Sicherheitsversprechen, das durch die permanenten Gewaltausbrüche nicht umgesetzt werden kann, ist eines der Kernprobleme. "Totale Sicherheit" ist nie umsetzbar – aber der Einsatz dafür heiligt seit 70 Jahren schlimme Mittel. Mit den extremistischen national-Religiösen, die politisch an Momentum gewinnen und Bezug auf den Sicherheits-Diskurs nehmen könnten (Ben Gvir tut es bereits als Polizeichef), steigert sich die oben beschriebene Gefahr von Massenverbrechen massiv, denn politische Interessen der Bevölkerung sind stark an Sicherheitsvorstellungen geknüpft. Es reicht, wenn eine beträchtliche Minderheit Vetreibung oder Massengewalt als legitimes Mittel für die Schaffung von Sicherheit sieht…

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Vielen Dank für diesen vielschichtigen Erlebnisbericht. Er drückt sehr gut aus wie es soweit kommen konnte. Diese Mischung aus einer traumatisierten Geschichte und inovativem pulsierenden im Hier und Jetzt leben, macht es aus. Dieses Land ist speziell, von der Ferne schwierig zu verstehen. Gerade darum ist der Bericht, formuliert von jemandem der verbunden ist mit Israel, wertvoll.
Ich habe Freunde in Israel die sich zur Zeit um eine andere Staatsbürgerschaft bemühen falls es für sie nicht mehr ginge. Sie müssten sehr viel aufgeben. Gehen schon lange samstäglich auf die Strasse um das abzuwenden was jetzt droht. Aber dass sie Vorsorgen für den Fall dass, finde ich passt auch in deren ganze Geschichte mit Holocaust.

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Wieder einmal bin ich sehr dankbar für einen Beitrag in der Republik. So wie Daniel Strassberg die Geschichte Israels erzählt, finde ich endlich die Erklärung für meine Verstörung Mitte der Siebzigerjahre während eines kurzen Besuchs in Israel, genauer: im kleinsten und linksten Kibbuz, zumindest so bezeichneten es meine Gastgeber, am Fuss der Golanhöhen gelegen, was die Bewohner im Turnus zum Wacheschieben zwang. Ich war hingereist, um meine damalige Lebenspartnerin zurückzuholen, die drei Monate zuvor alleine zu ihrer Schwester in den Kibbuz gereist war, nachdem ich mich aus dem gemeinsam geplanten Aufenthalt im letzten Moment wegen Arbeit herausgenommen hatte.

Die schwer bewachte Sicherheitskontrolle in einer Baracke draussen auf dem Zürcher Flugfeld hatte mich ein wenig eingestimmt auf das mir fremde Land, für das ich eine nicht näher reflektierte Sympathie empfand, vor allem wohl aufgrund der begeisterten Äusserungen meines Vaters über das, was die Juden in ihrem Land erreicht hatten, eine in bürgerlichen Kreisen verbreitete Haltung, lieber die Juden dort als im eigenen Haus; tatsächlich war meinem Vater meine Partnerin mit jüdischen Wurzeln nicht auf Anhieb genehm gewesen, weil «die sind irgendwie anders».

Auf der Reise stand für mich zwar die Frage im Vordergrund, was aus unserer Beziehung werde, die ich durch meine kurzfristige Absage belastet hatte. Natürlich war ich auch begierig, vom Land und seinen Menschen kennenzulernen, was in bloss zehn Tagen halt möglich war. Gleich auf der Fahrt vom Flughafen zum Kibbuz begann ich meinen Schwager, einen Kibbuzmitbegründer aus Osteuropa, mit allerlei Fragen zu löchern. Von der Fahrt bleibt mir in Erinnerung, wie mein Schwager mich auf ein hohes Betongebäude aufmerksam machte: «Hier sind unsere Terroristen eingesperrt», ein Hinweis, den er bei späteren Vorbeifahrten jedesmal wiederholte. Die Überlegung, dass die Eingesperrten vielleicht einen Grund für ihr Tun gehabt haben könnten, behielt ich für mich; ich wusste ja nicht, wie linke Kibbuznikim darüber denken.

Im Kibbuzalltag, mit dessen Arbeits- und Freizeitsituationen mich meine Partnerin bekannt machte, gefiel mir besonders, dass alle Bewohner dreimal täglich im grossen Speisesaal zusammenkommen und sich vom vielfältigen Buffet bedienen. Mit der Zeit bemerkte ich freilich, dass dies mehr auf praktischen Erwägungen als auf gelebter Einheit zu beruhen schien. Aus Gesprächen mit Schwägerin und Schwager entstand vor mir das Bild einer Gesellschaft mit drei Schichten: zuoberst die Gründer aus dem Osten, darunter die zweite Einwanderungsgeneration aus Nordafrika und zuunterst die letzten Ankömmlinge aus Lateinamerika. Dass Anciennität gerade in Pionierprojekten eine gewisse Berechtigung hat, war mir schon klar; aber hier schien es noch um etwas anderes zu gehen, das ich für mich nicht benennen konnte – denn Rassismus konnte es ja nicht sein, da alle Juden darunter gelitten hatten…

Den grössten Kratzer erhielt mein Bild vom guten sozialistischen Kollektiv eines Abends, als ich meinen Schwager fragte, wie im Kibbuz denn Beschlüsse zustande kämen. Seine Antwort klang nach Vollversammlung. Und da nehmen auch die Beduinen teil, nicht wahr? Ich werde seinen erstaunten Blick nie vergessen: Wie kommst du denn darauf? Die gehören doch nicht zu uns! Die wohnen auf dem Hügel da drüben und arbeiten einfach bei uns auf den Feldern und in den Ställen mit, wenn wir mehr Hände brauchen. Ja, und die braucht ihr ungefähr neun Monate im Jahr, und da haben die nichts zu sagen? Mein Schwager verstand mich nicht, auch nicht, als ich ihm sagte, dass ich in einem Land lebe, für dessen Umgang mit Saisonarbeitern ich mich sehr schäme.

Ich habe seither oft über meine paar Erfahrungen in Israel nachgedacht und mich auch immer wieder mit den Entwicklungen in und um Israel auseinandergesetzt, aber sie bisher nicht wirklich verstanden – bis ich Strassbergs Text gelesen habe, zweimal sogar.

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Als Psychoanalytiker sollte Herr Strassberg wissen, dass verdrängte Inhalte ausser Kontrolle sind.
Schon der Begriff Antisemitismus ist absurd, weil er sich auf die Teilung der Menschheit aus biblischer Zeit in Sems, Hams und Japhets Nachkommen stützt, als fernöstliche, amerikanische und australische Urvölker noch nicht bekannt waren.
Antisemitismus unterstellt Juden einen rassischen Unterschied, der gegeben und unveränderlich ist. Dabei handelt es sich nur um einen in extrem schwieriger Situation zur Eigenrettung erworbenen Glaubenscharakter, der uns auch die christliche Dominationstendenz brachte. Auch Putin stützt sich auf die Orthodoxie..
In der Jugend wurde und der Monotheismus als das Höchste gelobt, heute wird er abgelehnt, da er Auswüchse wie Kapitalismus gottgegeben sieht. Also, bitte bleiben Freud treu und machen unbewusste, schädliche Einflüsse bewusst und liquidieren sie, Herr Dr. Strassberg!

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Antisemitismus wurde als Begriff erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Judenfeinden um den Journalisten Wilhelm Marr populär. Er soll in deren Augen den Übergang vom primär religiös motivierten Antijudaismus zum "wissenschaftlichen" rassistischen Weltbild markieren: Und damit jüdischen Menschen den Ausweg der Konversion ein für allemal verstellen. Darum ist "Antisemitismus" als kritischer Begriff so wichtig. Weil er das letztlich eliminatorische Element betont (einen Ausweg gibt es nicht mehr, da das "jüdische" von der Religion getrennt und endgültig in die Objekte des Hasses verlagert wird). Ausgerechnet bei einem solchen – aus guten Gründen gängigen Begriff – über biblische Zeiten und rassistische Kategorien zu ventilieren, lässt tief blicken.

Vielleicht lesen Sie einmal diesen kurzen Text hier?
http://www.antisemitismus.net/gesch…aussen.htm

PS: Dieser Zweiteiler von Strassberg ist grossartig!

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Wirtschaftshistoriker
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Sehr informativer und erhellender Beitrag! Freue mich auf den zweiten Teil.
Frau D. stimme ich zu. Lassen wir uns nicht provozieren durch anonymes Wortgeklaube und semantische Sticheleien ohne Substanz.

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Herr Strassberg liess meinen Erklärungsversuch sperren mit der Unterstellung, er lese sich antisemitisch. Dabei war er deutlich lösungsorientiert ausgerichtet gemeint.

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Daniel Binswanger
Co-Chefredaktor
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Lieber R. L., Herr Strassberg lässt keine Beiträge sperren in diesem Dialog, das entscheiden die Community-Supporter. Auch Souri Thalong kam, wie er erklärend ausführte, zum Schluss, dass Ihr Kommentar in seiner Verkürzung mindestens als antisemitisch aufgefasst werden könnte, weshalb er ihn gelöscht hat. Aber wir schätzen es natürlich, das Sie immer wieder engagierte Beiträge zum Dialog beisteuern. Und noch mehr, dass es Ihnen um lösungsorientiertes Diskutieren geht. Herzlich, DB

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Lieber Daniel Strassberg. Dieser Artikel macht mich wütend, verstärkt meine Angst, beschämt mich rückblickend. Ja, warum konnten wir nicht früher ganz objektiv sehen, was dran war, sich zu entwickeln? Warum konnten wir die inneren Widersprüche nicht erfassen und einbeziehen? Vielleicht blieben wir in der EUphorie unserer Eltern, die teils Konzentrationslager überlebt hatten, oder sonstwie - durch Flucht, oder Verstecktwerden - dem Tod entronnen waren, oder auch ausserhalb der deutschen Grenzen dem Horror des Holocaust zuschauen mussten? — und die daher mit einem verständlichen Aufatmen der Gründung des Staates Israel zuschauten. Dass wir die gewisse "Euphorie", Erleichterung übernahmen, und übermütig nach Israel reisten, die Kibbuz-Demokratie erleben wollten, und was alles noch, dass du beschreibst, das ist fast ein wenig begreiflich…. und trotzdem nicht entschuldbar.

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ohjeh… das passt …. mein Geschreibe ist mir abgehauen, bevor ich es fertig hatte…..!!! ich wollte hinzufügen: relativ spät (vor ca 18 Jahren) trat ich der JVJP bei, worauf mich von der jüdischen Gemeinde viele nicht mehr grüssten…. und mir vorwarfen, dass man hier als Jüdin (es gab "hier" aber nur Juden..) nicht dabei sein sollte. Das Ziel war eine 'zweiseitge, mehrseitige' demokratische Politik. Vieles wird auch im relgiösen Konzept missverstanden. Der Terminus "auserwählt" wird vollkommen missverstanden und erhält einen arroganten Sinn, der nicht gemeint ist. Ein TEil der biblischen INhalte wird missverstanden, wenn man die mythologischen Teile nicht auf der symbolischen Ebene deutet und begreift, so wie wir alle Mythen lesen. Auch Märchen sind Mythen. Es käme und nicht in den Sinn, sie konkret umzusetzen. Mythen sind Modelle unseres psychischen Da-Seins. … Ich kann den zweiten Teil erst später lesen….

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(von der Moderation verborgen)

Guten Tag Herr B.
Ihr Kommentar verstösst gegen unsere Etikette (Grund: Rassistische Vorurteile (Kokettieren)/Islamophobie). Aufgrund dessen muss ich Ihren Dialogbeitrag verbergen.

Sie dürfen im Dialog mitdiskutieren, aber im Einklang mit unserer Etikette und basierend auf sachlichen, hinterlegten Fakten und Argumenten. Alles andere bleibt draussen.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Ostersonntag.

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Multifunktional
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Ihr Kommentar strotzt nur so von (rassistischen) Vorurteilen. Dass es auch palästinensische Christen gibt, die genauso unter der Besetzung leiden, unterschlagen Sie zudem komplett.

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Es zeigt sich immer klarer, dass das wichtigste Hindernis aller Problemlösungen, das als nächstes Auszuräumen ist die menschengemachte Patriarchatsstütze Gott ist. Sie prägt fatal noch immer das Denken auch nicht voll gläubiger Menschen und verhindert, dass Menschen für den Zustand der Welt allein volle Verantwortung übernehmen.

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Ein verwirrender Artikel, der in der Zeit hin- und herspringt wie in einem Albttraum. Vermutlich lässt sich das einfach nicht linear erzählen.
Eine ganz einfache Frage am Rand: Im Bild vom Grenzübergang ist ein Verkehrsschild, das ein Auto mit drei dunklen Wölkchen zeigt. Ist das ein Verbot, den Motor laufen zu lassen?

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