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In der Schweiz muss sich ja auch keine ausländische Macht die Mühe machen, mit Trollen und Fake News die Wahlen zu beeinflussen: Bannon kann dieses Geld direkt (und legal?) an die SVP geben und wir werden es nie erfahren ohne Parteispendengesetz.

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Gesetze gegen Wahlbeeinflussung sind letztlich Symptombekämpfung. Die Schweiz ist dank direkter Demokratie, Milizparlament und Föderalismus systemimmanent resistenter als andere Länder. Dezentral organisierte Systeme sind zwar oft langsamer und weniger effizient, dafür aber auch robuster und weniger fehleranfällig.

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Guten Morgen Herr M.! Was die Dezentralität betrifft, das stimmt. Das "Kantonstargeting" ist sozusagen beste Prävention, weil die KandidatInnen ja für einen Kanton antreten und anonyme Hetzkampagnen erst einmal die "richtigen" WählerInnen erreichen müssten...dennoch: ich glaube nicht, dass unser ausgeprägte halbdirekte Demokratie angemessene Schutzmechanismen für Propaganda oder Botattacken darstellen. Was uns eher "schützt", ist wohl die weltpolitische Irrelevanz der Schweiz. Wir sind wohl für niemanden genügend "interessant". Bzw andere Länder sind eher Zielscheibe für strategische Beeinflussung zugunsten/gegen gewisse Kandidierende. Dennoch: werden die sozialen Medien an Bedeutung gewinnen und die Parteien ihre Ausgaben weiterhin auf diese Plattformen verlagern, werden wir uns gewisse Transparenzregeln für diesen Bereich früher oder später überlegen müssen. Ich rede da nicht nur von finanziellen Ausgaben, sondern auch von Urheberschaft (Impressumspflicht etc.).

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Die USA sind eigentlich ähnlich dezentral organisiert (bottom-up Bundesstaat mit direkt-demokratischen Mechanismen in vielen Staaten und Gemeinden). Trotzdem hat sich geographisches Hypertargeting bis auf Wahldistrikt, Ortschaft oder sogar ZIP-code/PLZ Auflösung sehr erfolgreich als Standardwerkzeug der Kampagnen durchgesetzt. Das Obama big-data Team waren in 2008/12 noch Pioniere und Cambridge Analytica hat diese Techniken in 2016 perfektioniert. Wegen dem "great sort" funktioniert politisches geo-Targeting vielleicht besser, aber auch in der Schweiz würde PLZ targeting in social-media als Proxy für politische Ausrichtung vermutlich auch gut genug funktionieren.

Ein Forschungsteam and der EPFL hat vor einiger Zeit Abstimmunsresultate nach Gemeinden analysisert, was als Inspiration für solches Targeting dienen könnte: http://archive.predikon.ch/en/votin…s/language

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Dennoch: werden die sozialen Medien an Bedeutung gewinnen und die Parteien ihre Ausgaben weiterhin auf diese Plattformen verlagern, werden wir uns gewisse Transparenzregeln für diesen Bereich früher oder später überlegen müssen. Ich rede da nicht nur von Ausgaben, sondern auch für Urheberschaft (Impressumspflicht etc.).

Ich hätte dazu zwei Fragen: Sie verfolgen das Thema ja bereits seit einigen Jahren aufmerksam. Sind Ihnen in kantonalen (oder vielleicht sogar kleineren) Wahlen und Abstimmungen bereits negative Beispiele aufgefallen? Und ist es möglich, dass man in der Bundesverwaltung die nationalen Wahlen abwarten möchte, um dann zu sehen, wie gross der Handlungsbedarf ist?

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Dieser Satz sorgte bei mir unmittelbar für Kopfschütteln:

"Wir können nicht proaktiv im luftleeren Raum reglementieren."

Was in zweifacher Hinsicht falsch ist. Denn Datenschutz sollte doch primär prä-ventiv sein. Und damit immer auch pro-aktiv. Zudem ist es vielleicht nur rein national ein "luftleerer Raum" - auch wenn ich das sehr bezweifle - doch global - und wir sind auch Teil des Globus - wohl sicher nicht.

Es ist, als geschähen rund um uns ständig Datenschutz-GAUs, während man hier bei der alten Sicherheits-Infrastruktur bleibt. Sorglosigkeit statt Vorsorge.

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"Wir können nicht proaktiv im luftleeren Raum reglementieren."

Du legst nachvollziehbar dar, wieso dich dieser Satz ärgert und beziehst dich auf den "national luftleeren Raum".

So "luftleer" ist dieser aber nicht: Hate-Speech in sozialen Medien ist ja in der CH ein grosses Thema, wobei ich auf die Verdienste von Jolanda Spiess-Hegglin verweisen möchte (Prävention, allg. Sensibiliserung, Schaffung von "Präzendenzfällen" basierend auf der optimalen Nutzung bereits bestehender juristischer Möglichkeiten).

Darum ging es aber beim Treffen ja nicht, die Rahmenbedingungen waren anders (wenn ich dies richtig verstehe). Und in diesem Kontext finde ich den Satz absolut nachvollziehbar. Man weiss, dass soziale Medien äusserst problematisch sind (vgl. US-amerikanischer Wahlkampf 2016, brasilianischer Wahlkampf 2018, der Genozid an den Rohingya).

Aber was sind die Konsequenzen für die Schweiz? Allein das Bewusstsein für eine Problematik in einem globalen Kontext (was ja auch falsch ist, weil es sich ja schlussendlich um lokale Probleme handelt) kann nur limitiert eine Grundlage für lokale Gesetzgebungen sein.

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Ja, dank der bewundernswerten Arbeit von Jolanda Spiess-Hegglin, aber auch Tamara Funiciello und #metoo - also vornehmlich durch Frauen! - ist Hate Speech Thema geworden. Sowie durch die toxischen Debatten in bestimmten Zeitungsforen (wobei die Republik glücklicherweise bis jetzt und meist eine löbliche Ausnahme bildet).

Aber eben, in der Schweiz können und müssen sich nur Direktbetroffene wehren, in dem sie jeden einzelnen Fall vor Gericht bringen müssen - eine Sisyphus-Arbeit. Humanrights.ch schreibt zur Schweizerischen Gesetzeslage:

Die Schweiz kennt keine allgemein gültige rechtliche Definition von «Hate speech». Per Gesetz verboten sind lediglich rassistisch motivierte Hassreden. Diese fallen unter die Anti-Rassismusstrafnorm in Art. 261bis Strafgesetzbuch (StGB) und sind von Amtes wegen zu ahnden. Geschützt ist sodann gemäss Art. 261 StGB die Glaubensfreiheit vor Störung und Verunglimpfung [...].

Keine entsprechenden Verbote bestehen bezüglich der diskriminierenden Herabsetzung von Frauen, von Homosexuellen und Transmenschen, von Menschen mit Behinderungen oder auch sozialen Minderheiten (Sozialhilfebezüger/innen, Asylsuchende etc.). [...] Verwiesen wurde auf die Bestimmungen im Strafrecht betreffend strafbare Handlungen gegen die Ehre (Ehrverletzung, Verleumdung, üble Nachrede in Art. 173 ff. StGB) oder deren Entsprechung im Zivilrecht (Persönlichkeitsschutz von Art. 28 ff. ZGB).

Nicht bewusst - und soweit ersichtlich jedenfalls nicht diskutiert - scheint dem Gesetzgeber das öffentliche Interesse an einer Bekämpfung von «hate speech» gegen jegliche verletzliche Minderheiten zu sein. Die zitierten straf- und zivilrechtlichen Bestimmungen gegen die Ehrverletzung erlauben es nämlich lediglich den Direktbetroffenen sich zu wehren, indem sie einen Strafantrag deponieren oder eine zivilrechtliche Klage erheben. Der Staat kann in solchen Fällen von sich aus nicht tätig werden und auch zivilgesellschaftliche Organisationen haben kaum die Möglichkeit, rechtliche Massnahmen zu ergreifen.

Wenn sich die diskriminierende Herabsetzung durch Hassreden nicht gegen bestimmte Individuen sondern gegen Minderheitengruppen als solche richtet, so besteht in der Schweiz keine effektive rechtliche Handhabe, wenn es sich nicht um eine «rassische», ethnische oder religiöse Gruppe handelt. Insbesondere fehlt eine strafrechtliche Bestimmung gegenüber gruppenbezogenen sexistischen oder homo- und transphoben Hassreden oder etwa auch gegenüber Hassreden gegen Menschen mit physischen oder psychischen Behinderungen oder weiteren sozialen Minderheiten. Bemerkenswert ist, dass sexistisch motivierte Hassreden (gegen Feministinnen, geschiedene Frauen, Sexarbeiterinnen etc.) und deren Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen in der Schweiz bislang offenbar kein Thema ist.

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Aber was sind die Konsequenzen für die Schweiz? Allein das Bewusstsein für eine Problematik in einem globalen Kontext (was ja auch falsch ist, weil es sich ja schlussendlich um lokale Probleme handelt) kann nur limitiert eine Grundlage für lokale Gesetzgebungen sein.

Da gebe ich dir bis zu einem gewissen Grad recht. Doch wie "limitiert" ist die Grundlage? Angesichts des World Wide Webs sind die die Grenzen zwischen lokal/global noch durchlässiger geworden.

Dieses wurde vom CERN 1993 der Öffentlichkeit freigegeben. Das Datenschutzgesetz stammt von 1992 und erhielt einmalig 2008 ein Update. 2016 dann wurde die zweite Revision in die Vernehmlassung geschickt. Heute haben wir bereits 2019. In einem Bereich, wo die Beschleunigung des technischen Fortschrittes am höchsten ist. Und damit wie in anderen Bereichen auch the commodification - Daten sind das neue Öl - und the weaponization.

Diese Weapons of Math Destruction sind nun nicht nur für Märkte "disruptiv", sondern auch für Demokratien. Sie treffen uns nicht nur als Konsument*innen, sondern auch als Bürger*innen.

Verfassung und Gesetzgeber*innen sind jedoch nicht zuletzt sondern zuallererst dazu da die Demokratie und Büger*innen zu schützen. Und Wahlen sind einer der kritischsten und sensibelsten Bereiche. Deshalb gälte es gerade hier die allergrösste Vor- und Voraussicht walten zu lassen. Prävention als Schutz vor dem Ernstfall.

Überspitzt gesagt, möchte ich nicht erst jemanden à la Trump, Bolsonaro oder Johnson als NR, SR oder BR haben (was dank Schweizer System nicht gleich wahrscheinlich ist), bevor man sich fragt, wie Wahlen in Zeiten von Social Media Propaganda funktionieren und zu regulieren wären.

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Ich bin etwas schockiert über diesen Absatz:

Fehlender Fall: Bis auf die berichteten Datenschutzverstösse ist der Schweiz kein gravierender Fall von Fake News oder einer Propaganda-Armee bekannt. Somit fehlt auch ein Präzedenzfall. Ein Vertreter der Bundes­kanzlei sagt: «Wir können nicht proaktiv im luftleeren Raum reglementieren.»

  1. Nur weil es nicht bekannt ist, heisst es nicht, dass es nicht existiert.

  2. Sämtliche Nachrichten zu diesem Thema aus den letzten Jahren sollten Grund genug sein, die Schweiz diesbezüglich abzusichern. Je nachdem wie gravierend eine Einmischung von «feindseligen Kräften» (was auch immer man darunter verstehen mag) in den politischen Prozess ist, ensteht ein Schaden, den man nicht rückgängig machen kann. Deswegen kann man auch nicht abwarten, bevor man sich absichert.

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Nicht bekannt? Oder einfach viel subtiler? Die Kommentar-Spalten bspw. beim Tagi wimmeln von Fakes. Und als Texter habe ich den Eindruck, dass es sich bei den Verfassenden nicht bloss um pensionierte Nerds handelt, sondern durchaus auch um Profis. Versucht man die Verfassenden ausfindig zu machen, landet man nicht selten im digitalen Nirvana.

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Nun. Kürzlich. Eine ausländische Firma stellt hochgiftige Produkte her, um für Profit Leute zu vergiften. Die schaffen es sich als die Guten hinzustellen, erschleichen das Vertrauen der lokalen Politiker, lassen diese etwas von Wirtschaftsfreiheit schwafeln, und dürfen sich sogar als Sponsor einer Botschaft/Ausstellung im Lichte der Schweiz sonnen. Alles ohne digitale Medien. Da sollen digitale Medien zur Ablenkung vorgeschoben werden.

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Guten Morgen! Ja, das seh ich, das sahen wir - mein Kollege Elia Blülle und ich - ähnlich. Hier unser Kommentar zum Thema ausländische Einmischung im Netz: https://www.republik.ch/2018/09/04/…bundesrats (Antwort des Bundesrats auf die Interpellation von CVP-Nationalrats Regazzi)

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Erstaunlich, dass die Einmischung der Tech-Konzerne für einen grossen Teil der WählerInnen kaum ein Thema ist. Das Fazit des verlinkten Artikels könnte auch unter "Wenn BigTech ..." stehen: Facebook würde einen aus der Türkei gesponserten Kandidaten Ataman noch eher verhindern als die Gesetzgebung der Schweiz.

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Diese Vertauschung der Rollen ist wirklich merk-würdig, wenn nicht verkehrt:

  • Big Tech ruft in Bern proaktiv nach Regulierung, um hier einem Präzedenzfall zuvorzukommen, der ihnen teuer zu stehen käme (obwohl: nulla poena sine lege, "Keine Strafe ohne Gesetz").

  • Bern wartet passiv ab, bis es bei den Big Techs hier zu einem Präzendenzfall kommt, um ex post zu überlegen, welche Regeln hätten da sein müssen, damit dieser verhindert hätte werden können (aber: wie kann ein Verstoss stattfinden, wenn keine Regeln da sind, gegen die verstossen werden könnte).

Ich meine, auch wenn in diesem Bereich juristisch, was die Gesetzeslage anbelangt, ein "luftleerer Raum" vorherrscht, müssten Gesetzes-Geber*innen und Verwaltung, speziell die Datenschutzbeauftragten, sich aufgrund allgemeiner oder international absehbaren Normen, von einem a priorischen bzw. kategorischen Standpunkt überlegen, welche Gesetze und Regulierungen man ex ante erlassen muss, um präventiv breaches und Missbräuche zu verhindern, gerade wenn sie sensible Bereiche wie demokratische Prozesse betrifft.

Zumal man im internationalen Vergleich schon weiss, dass es bereits Schäden und Beschädigte gab und welche Schäden vorkommen können. Von blindem Aktionismus dürfte also keine Rede sein. Aber vielleicht will man ja lieber sehenden Auges einen Unfall bauen.

Angesichts des "luftleeren Raumes" sollte man eigentlich einen horror vacui ("Angst vor der Leere") erwarten und ein Bedürfnis, diese leeren Stellen auszufüllen.

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Ihr Wort in Gottes Ohr. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen und die Übernahme von EU-Normen verlangen, weil es bei internationalen Netzwerken keinen Sinn mehr macht, selber zu legiferieren.

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(aber: wie kann ein Verstoss stattfinden, wenn keine Regeln da sind, gegen die verstossen werden könnte)

Ein Verstoss findet ja nicht nur auf der juristischen Ebene statt, oder? Extremes Beispiel: Dass ein Mord juristisch belangt wird kommt ja von daher, dass ein Mord auch ein Verstoss an den Moralvorstellungen einer Gesellschaft ist (und nicht "nur", weil es einen entsprechenden Paragraphen gibt).

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Na ja, bei so grundsätzlichen Normen wie Mord, haben Sie ja Recht, in den angelsächischen Staaten gab es (und gibt es zum Teil noch) common law-Delikte, die nicht positiv geregelt sind. Ob das gleiche aber auch für Datenschutz gelten kann.?Mich dünkt es schwierig, hier verbindliche gesellschaftliche Normen auf Grund allgemeiner ethischer Prinzipien ohne formelle Gesetze zu entwickeln. Rechtspositivismus ist nicht einfach Ignoranz, Herr Rebosura,er ist auch ein Mittel, den Bürgern Freiräume zu sichern (was nicht verboten ist, ist erlaubt).

Ich will mir es aber nicht zu einfach machen, die Idee von überpositiven Regeln, ist interessant und wichtig, nur wird sie meistens überschätzt. Die Sklaverei zum Beispiel wurde in den USA auch naturrechtich, also überpositiv, begründet, mit dem Recht auf Eigentum der Sklavenhalter, das die Staaten ohne Sklaverei zu beachten und deshalb entlaufene Sklaven zurückzusenden hatten.

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Genau, das ist das Problem! Deswegen auch mein Verweis auf Normen. In dieser Hinsicht ist die Rede vom "luftleerem Raum" Ausdruck einer legalistischen oder (vulgär-)rechtspositivistischen (oder ignoranten) Haltung. Anders wäre sie kaum nachvollziehbar.

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Big Tech ruft in Bern proaktiv nach Regulierung, um hier einem Präzedenzfall zuvorzukommen, der ihnen teuer zu stehen käme

Ist das so? Oder geht es bei diesem Vorstoss von 'Big Tech' vielleicht eher um den Versuch, sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber aktueller oder zukünftiger Konkurrenz zu verschaffen? Etwaige Bussen gleichen ja offenbar eher einem Griff in die Portokasse als einem wirklichen Denkzettel für die Datenkraken. Da leuchtet mir das Argument der BundesvertreterInnen mehr ein:

Reglementieren Politiker den Daten­konzern, verfügt Facebook immer über einen Wissens- und Wettbewerbs­vorteil gegenüber der Konkurrenz. Jedes neue Regelwerk erhöht die Kosten des Eintritts für neue Start-ups in den Markt.

Im Vergleich mit dem hier vertretenen Abstraktionsgrad sicher naiv möchte ich trotzdem fragen: könnte es nicht schon ein Teil der Miete sein, wenn man den Handel mit Adressen und anderen persönlichen Daten endlich sauber regeln würde unter der Prämisse: Persönliche Daten sind persönlicher Besitz und dürfen ohne explizite Einwilligung weder weitergegeben noch verkauft werden?
Das beträfe dann nicht nur die nicht deklarierte Verbindung einer Web-Site via Plug-In mit Facebook und ähnlichen Diensten, sondern schon viel grundlegender die Tatsache, dass Gemeinde oder Post oder spezialisierte Adresshändler am Verkauf meiner Adresse Geld verdienen. Vielleicht könnte man darauf ja aufbauen: Wenn nur schon meine Adresse nicht verkauft werden darf ohne meine Einwilligung, wie könnte dann das Wissen handelbar sein, welche Web-Site ich am häufigsten besuche, bei welcher Partei oder NGO ich Infomaterial bestelle etc?

Der andere Teil, den man aus meiner Sicht regeln könnte und müsste, wäre, die Bevölkerung im Umgang mit den neuen Medien besser zu schulen und im Gegenzug auch nutzerfreundlichere AGB zu gestalten.
Wer ausser ein paar speziell Interessierten weiss bspw., dass man mit der Registrierung auf Facebook, Instagram, Messenger, WhatsApp etc. einwilligt, dass die Krake das eigene Kontaktverzeichnis abgreifen und beliebig verknüpfen darf? Solche Fallstricke sind wohl nicht zufällig in zig Seiten juristischem Text versteckt. Wer macht sich schon die Mühe, das alles zu lesen?
Solche in Bezug auf Datenhohheit hoch relevanten Infos könnten und müssten m.M.n. auszugsweise in einfach verständlicher Form prominent aufbereitet vor der Registrierung präsentiert und akzeptiert werden, bspw. als Banner über die ganze Seite, bevor man einen Dienst nutzen kann. Das wäre wahrscheinlich relativ einfach durchzusetzen. Und weshalb nicht pragmatisch mit dem Einfachsten anfangen und dann von da aus aufbauen, statt einfach die Schultern zu zucken und abzuwarten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist?

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Oder geht es bei diesem Vorstoss von 'Big Tech' vielleicht eher um den Versuch, sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber aktueller oder zukünftiger Konkurrenz zu verschaffen?

Das kann gut sein. Jedoch: Wenn selbst eine Busse von 5 Mia. Dollar ein "Griff in die Portokasse" ist, so wäre wirklich teuer die Zerschlagung in Folge eines Anti-Trust-Prozesses. Ich denke, letzten Endes ist es das, was mit allen Mitteln - und sei es mit Kompromissen der compliance - präventiv verhindert werden soll. In dieser Hinsicht könnte sich ein unüberholbarer Wettbewerbvorteil sogar als Bumerang auswirken.

Ihre Vorschläge - die ich nicht als "naiv", vielleicht aber als "utopisch" (mit positiver Konnotation) bezeichnen würde - unterstütze ich sehr. Sie - wie auch die Zerschlagung und Demokratisierung der Plattformen - entsprechen übrigens u. a. den programmatischen Punkten von Paul Masons neuem Buch. Dazu nur einige Bemerkungen und Links:

Persönliche Daten sind persönlicher Besitz und dürfen ohne explizite Einwilligung weder weitergegeben noch verkauft werden?

Dies entspricht dem Konzept der sog. "Datensouveränität" (engl. data souvereignty), das im Grunde ein Update der "Informationellen Selbstbestimmung" (1971) ist.

Der andere Teil, den man aus meiner Sicht regeln könnte und müsste, wäre, die Bevölkerung im Umgang mit den neuen Medien besser zu schulen und im Gegenzug auch nutzerfreundlichere AGB zu gestalten.

Genau, es muss eine Bewegung von beiden Seiten her geschehen (ob durch Selbst-Verantwortung oder durch staatliche Regulation): Höhere Medienkompetenz bei den Individuen und einfachere AGB's bei den Unternehmen. Für Letzteres übrigens gibt es i. S. eines Ampelsystems die Website und das Tool "Terms of Service; Didn't Read" (tos;dr).

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Im Grundsatz sind Ihre Forderungen bereits in der DSGVO reglementiert, was das Einverständnis für die Datenweitergabe angeht und dem Recht auf der Kopie Ihrer Daten (Thema Besitz und Eigentum wurde ja bewusst ausgespart, weil dies auch - zu Recht- zwei heikle Konzepte sind im Kontext der Datenökonomie). Aber eben, es fehlt an der Konkretisierung ( gilt das für Browser, Websites?). Hier würde die ePrivacy-Richtlinie weiterhelfen, leider wurde die Verabschiedung und Beratung der Richtlinie aus politisch-taktischen Gründen seit über einem Jahr verschoben. Die Online-Werbeindustrie macht massiven Druck auf Brüssel, daher wird Datenhandel und -weitergabe leider noch für eine akute Zeit weiterhin Realität bleiben.

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Möglicherweise sind Manipulationen via Facebook in der Schweiz gar nicht so wichtig. Bei uns herrscht volle Intransparenz. Man kann sich den Goodwill der Politiker*innen direkt kaufen.

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Betreffend:

Überforderung: Einige geladene Partei­vertreter, die ebenfalls am Treffen teilnahmen, wollen bemerkt haben, dass die Lobbyisten den Bundes­behörden fachlich überlegen waren. Auch würden nicht alle das von Facebook verwendete technische Vokabular verstehen. Einer der Teilnehmer sagte zur Republik: «Es war kein Dialog auf Augenhöhe.»

Das sind wohl nicht die Behörden und das BIT welche mit dem Vokabular überfordert sind, sondern eher die Parteivertreter und Politiker.
Sie haben wohl bemerkt, dass sie selbst nur die Hälfte verstanden haben.

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Da habe ich andere Einschätzungen vernommen,:) Es gibt wohl auf beiden Seiten (Bundesbehörden und Parteien) überforderte und kompetente VertreterInnen.

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Nun. Um eine Regulierung zu definieren sollte man erst eine Ahnung haben, was denn schief laufen kann, resp was wie missbraucht werden kann. Im Nachhinein versteht man mehr, aber greifbare Grenzen hat man immer noch keine gezogen. Es geht ja nicht darum mit maximal schwammigen Formulierungen ein paar unterbelasteten Juristen Arbeit zu verschaffen. Es sollen Leitlinien sein, die auch Nichtinformierte Arbeitnehmer umsetzen koennen sollen. So ist es zB nicht offensichtlich klar, dass zB "Nagra : wir machen ihren Abfall weg" , oder "EWZ : Wir sind fuer Solar", Fakenews sind. Viele Politiker hier glauben ja sogar selbst dran. Wie sollen Leute in Kalifornien oder sonstwo das umsetzen koennen.
Bei uns ist es nicht so, dass Influencer auf Abstimmungen hin Hunderte neuer Accounts generieren. Denn diese Accounts existieren ja schon und wir haben immer irgendwelche Abstimmungen.
Facebook hat kuerzlich bei kommerziellen Seiten, also auch Vereinen usw das Aufschaltdatum hervorgehoben, und allfaellige Namensaenderungen auch. Und weist auch aus ob diese Seite Ads am Laufen hat.
Was haben die Europaer denn fuer brauchbare Forderungen ?

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