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Mir ist das Argument betr. der Kleiderordnung im Salafismus nicht ganz klar. Ja, Männer müssen auch eine Kleiderordnung folgen (den Kamiz tragen und eine gewisse Bartrasur haben), aber verglichen zur Vollverschleierung des weiblichen Körpers, lässt sich hier trotzdem ein grosser Unterschied zwischen Männer und Frauen zeigen? Dass der Salafismus eben doch eher „frauenverachtend“ ist?
Agnes de Feo argumentiert, dass beide Geschlechter durch dieser Kleiderordnung auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden, aber mir geht‘s mehr darum, dass es doch beträchtliche Unterschiede gibt, zwischen den Vorschriften (und körperliche Freiheit) von Frauen und Männern im Salafismus betr. der Kleiderordnung.
Kann mir da jemand weiterhelfen? Inputs?

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Das Argument bei den Männern ist eine Entgegnung zu einem anderen Argument: Das Verbot der Gesichtsverhüllung soll den Islamismus in die Schranken weisen. Der Salafismus wird jedoch nicht nur durch ein Niqab symbolisiert sondern auch durch die männliche Kleiderordnung. Wenn also das Tragen von Symbolen für den Salafismus untersagt werden soll, müssten konsequenterweise auch die öffentliche Kleiderordnung der Männer verboten werden: „ Warum verbietet man nicht diese Bartrasur oder die entsprechenden Kleidungs­stücke für die Männer, wenn man findet, die Symbole des Salafismus seien so unerträglich, dass sie im öffentlichen Raum nicht auftauchen dürfen?“

Das zweite Argument, das Sie womöglich sehen, ist, dass die Kleiderordnung das bestimmte Kleid der Frau aufzwingt. Hier scheint Agnes de Feo zu entgegnen, dass in Europa nicht ein Zwang herrscht, sondern, dass es selbstgewählt ist. „ Aber es sitzt ihnen niemand im Nacken, der Druck ausüben würde und sie kontrollieren könnte.“

Ein drittes Argument könnten Sie darin sehen, dass die Verhüllung schlimmer ist, als die männliche Vorschrift. Dort scheint mir die Entgegnung zu sein, dass Sie den Blickwinkel wechseln sollten: „ Nikab-Trägerinnen machen etwas Ähnliches: Sie hungern den Körper nicht weg, sie verstecken ihn vollständig hinter Tuch. Hier müsste eine echte feministische Reflexion über den Nikab ansetzen. (...) Die interessante Frage ist doch: Weshalb entwickeln diese Frauen, die in Frankreich sozialisiert worden und unter unseren scheinbar so aufgeklärten, gleich­berechtigten Bedingungen aufgewachsen sind, das Bedürfnis, ihren eigenen Körper zum Verschwinden zu bringen?“ Also sich zu Fragen, was steckt dahinter und dort mit Massnahmen anzusetzen, statt einfach die Ausdrucksmöglichkeit zu nehmen.

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Vielen Dank für dein Input! Das erste und zweite Argument habe ich verstanden. Besonders spannend finde ich auch dein drittes Argument und gehört eben zu meiner Frage: ist es eben nicht „frauenverachtend“, wenn eine Religion bestimmt, dass die Frau (fast) ihren ganzen Körper verhüllen muss, hingegen der Mann sich weniger verhüllen muss?
Natürlich wie wir lesen konnten, trägt die Frau in den allermeisten Fällen freiwillig den Nikab, was ja völlig zu befürworten ist! Aber der Aspekt, dass sich die Frau (auch wenn freiwillig) aufgrund der Religion(!), ihren Körper verhüllen möchte/muss, macht mich kritisch ggb. der Religion.

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Lieber Herr oder Frau A.
Oops da bin ich ja schön ins Fettnäpfchen getreten. Auch ich finde Ihren Beitrag gut und schätze die Möglichkeit ein positives Feedback zu geben und freue mich über Emotionen. Ich sehe das einfach etwas distanzierter und vielleicht sogar noch ganzheitlicher. Wenn wir in unserer Gesellschaft schon unseren Kindern, Jugendlichen aber auch uns als Eltern und Vorgesetzten, Idealisten und allen verantwortungsbewussten Menschen, die eine Vorbildfunktion haben, primär mitgeben, dass wir dies über Likes und Dislikes in Social- und feedback Plattformen mit Herzchen usw. machen, birgt es die Gefahr, dass wir diesen Herzchen nacheifern und weniger offen kritisch und natürlich auch positiv miteinander SPRECHEN. Das erlebe ich (leider) immer öfter. Auch ich finde Ihren Beitrag positiv - von ganzem Herzen aber trotzdem ohne ein Herzchen-Click !

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Ich stimme ja, weil ich sonst das Gefühl habe, manchen islamischen Frauen, die froh wären, keine Burka oder keinen Nikab zu tragen, eins auszuwischen.
Tatsächlich bleibt ein ungutes Gefühl sich in Religionsfragen ein zu mischen.
Für mich ist gar nicht klar, wieso man überhaupt darüber abstimmen kann!
Selbstverständlich würde ich bei einer Abstimmung über "Kopftücher", "nein" stimmen. Das wäre ein Eingriff in persönliche Rechte und Freiheiten. Auch gegen Religionsfreiheit!
Je mehr man darüber nachdenkt
scheint einem diese Abstimmung überhaupt regelrecht gefährlich.
Fast perfide,
.
_. warum hat niemand früh genug eingegriffen und erklärt, dass so wie die Abstimmung läuft, dass wir damit Grundrechte zumindest etwas nah tangieren.
Das verstehe ich nicht.
Falls man möchte, dass in unserer Gesellschaft j e d e r mit seinem Glauben nebeneinander leben kann, sind solche Abstimmungen schrecklich.

Deshalb "nein " zu stimmen ist trotzdem eine fadenscheinige Lösung.....

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Sie bringen das Abstimmungsdilemma zwischen der wünschbaren Toleranz gegenüber den wenigen Niqab-Trägerinnen (individuelle Freiheit) einerseits und der falschen Toleranz gegenüber archaisch-patriarchalischen bis fundamentalistischen politischen Botschaften (Repräsentation einer antiliberalen Gesinnung) andererseits genau auf den Punkt, Frau A.! Vielleicht sollte man jenen, die einseitig einer individualistischen, identitätspolitischen und kulturrelativistischen Sichtweise zuneigen, einmal den kompetenten Diskussionsbeitrag von Amira Hafner aus dem Jahr 2013 (auf InfoSperber) in Erinnerung rufen. Sie zeigt in m.E. ausgewogener Weise den ethnologischen Hintergrund dessen auf, was da als „Kleidermode“ familiär revoltierender Konvertitinnen (mit einem offenkundigen Identitätsproblem zwischen islamischer und europäischer Kultur) verharmlost wird, jedoch gewollt oder ungewollt den problematischen Anspruch der einzig richtigen Auslegung des Islam transportiert:

https://www.infosperber.ch/politik/…he-tracht/

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stimmt,
vielen Dank

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Vielen Dank Peter Ulrich

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Ach wie gut,, Sie sprechen mir aus dem Herzen, Da ich jahrelang mit diesem Fakt konfrontiert war, als Lehrerin, auch familiär, kann ich trotz aller Toleranz nicht umhin, zu bestätigen, dass es auch als aussenstehende Frau manchmal echt schwierig ist, sich mit der Dominanz der islamischen Männer auseinander zu setzen.
Darum stört es mich, dass nun durch dieses Burka Verhüllungs Thema wieder Rückfälle provoziert werden.
Sorry für mich geht es hier nicht um religiöse Praktiken. Einfach ruhig und selbstverständlich seinen Glauben aus üben zu können,irgenwie ist das eine Art Machdemonstratin muslimischer moderner Frauen.
Seit längerem kannman in unserer Kultur und multi kulti Gesellschaft, nach seiner Facon leben.
Sehr ärgerlich, dass die SVP wieder Störungsmanöver organisiert, doch genauso ärgerlich, dass diese konvertierten Damen nun selber Schuld sind, weil sie diese Situation heraus forderten. D. H. es ist ein vermeidbarer Rückfall für alle. Sehr bedauerlich,richtig ärgerlich sogar.

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Bei diesen vielen Kommentaren kann man wirklich überrascht feststellen, dass eigentlich "Religion" ziemlich tief in den Seelen der Menschen sitzt, tiefer als man meint.

  • wird es aktuell, auch in dieser Hinsicht Massstäbe beim Zusammenleben zu finden:

  • was stört, was erfreut, was ist gut und nützlich.

  • Für "Fetische", die die einen offenbar motivieren, die anderen jedoch stören, muss
    man neue Zulässigkeiten finden.

  • Meiner Meinung geht es weniger darum warum oder wie grundsätzlich spezifisch
    wichtig so ein "Fetisch" für die jeweilige Religion ist,

  • sondern wieweit damit für Aufregung, Unruhe , Barrieren in unserem Alltags-
    und Zusammenleben auftauchen..

Wie viele Religionskriege gab es!
Religion ist und bleibt Privatsache. Was gut und nützlich für alle ist, muss man tatsächlich zwischendurch untersuchen. Punkto Religionen finde ich in dieser Hinsicht kaum Statistiken.
Das "Kreuz" haben wir an den Platz zurück gesetzt an den es gehört. Das war gut so.

Ob man das mit dem Niqab nun auch so machen soll, konkret, ihn aus dem öffentlichen Alltagsleben entfernen soll weiss ich jetzt immer noch nicht!

Ich sehe nur, dass es ausnahmsweise sogar in den Kommentaren der Republik doch teils etwas gereizte und geteilte Meinungen gibt! Es muss also wichtig sein. Wie gut, dass es sich so ergab, weiter zu fragen.

  • Wie viel verträgt unsere säkulare Gesellschaft an "Fetischen", ist meine Frage?

  • Was gehört in die jeweiligen Gotteshäuser und Privatsphären und was gehört

  • nicht in das öffentliche Leben?

  • wie weit gilt Akzeptanz?

  • was verursacht mehr Unruhe, Leid, als nötig!

Das ist noch offen.

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Ich habe Jahrzehnte an einer Stadtzürcher Schule im Kreis 4 gearbeitet. Muslimische Familien, auch solche, die sich gegen die Mehrheitsgesellschaft abgrenzten, waren immer Teil der Familien, mit denen ich zu tun hatte. Auf der Strasse waren orthodoxe Juden, die sich im Habit deutlich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden, sehr präsent. Deren Kinder besuchen Privatschulen, nehmen also im Gegensatz zu den muslimischen Kindern nicht am gemischten Schwimmunterricht teil, allfällige Anpassungsprobleme kämen den Schulsozialarbeiterinnen nie zu Ohren. Ebenfalls waren Kinder von Prostituierten vertreten. Auch das führt zu teils massiven Verwerfungen innerhalb der Familie, sobald das Kind alt genug ist, um die Situation zu realisieren. Wieso ist das Problem muslimischer Kinder ein anderes? Was denken sich Vertreterinnen der Mehrheitsgesellschaft, wenn sie kopftuchtragende Mütter im Beisein von deren Kindern anpöbeln, anspucken und vom Trottoir schubsen? (Es waren ausschliesslich Frauen, die gemäss der Erzählung betroffener Kinder derart übergriffig wurden) Wäre nicht Respekt gegenüber anderer Lebensweisen, gepaart mit einem offenen Ohr für die Nöte von Kindern und Jugendlichen, die ihren eigenen Weg gehen wollen, zielführender als pauschale Verunglimpfung, die dem Kind vermittelt „die hassen uns!“? Diese Haltung vergrössert doch die Distanz, die überwunden werden muss, und macht einen Hilferuf zum Verrat an der Familie.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Liebe Frau L., Respekt und Verständnis ist die Antwort. Ich danke Ihnen für Ihre hilfreichen Beiträgen. Es tut gut diese zu lesen.

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das einzigwichtige sind die Kinder, gut, dass wir das endlich erwähnen!

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Gewohnt deutliche Worte von Mely Kiyak in ihrer «Deutschstunde» zum Burkaverbot: «Die Arroganz der Beleidigten» (Die Zeit, 24.8.2016!). Einige Passagen daraus:

In den vergangenen Jahrzehnten ist der Ausländer stets auf der Grundlage von Verboten verhandelt worden. Dabei war der Ausländer genau genommen nie ein Ausländer. Er wurde bloß als Fremder wahrgenommen. Und darum geht es in dem ganzen Dilemma. Immer kommt irgendwer und nimmt etwas wahr, das ihn stört.

Das Kopftuchverbot wird oft wie ein Angebot zur Befreiung behandelt. Was aber will die Trägerin? Man weiß es nicht. Will sie befreit werden? Will sie eine Gruppe von Fürsprechern haben, die immer abfällig über ihre vermeintliche Kultur redet, die ihre Väter und Brüder degradiert? Und muss der Kampf um Freiheit nicht immer angeführt werden von denjenigen, um die es geht? Emanzipation ist ein Vorgang des Sich-selbst-Befreiens.

Man muss lieben, was man befreien will. Und jeder, der mit einem Kopftuchverbot gemeint ist, spürt, dass er nicht respektiert wird. Der deutsche öffentliche Diskurs ist geprägt von Arroganz und Verachtung. Und von Beleidigtsein. Sagt die Kopftuchträgerin: «Danke, nein, von Ihnen will ich nicht befreit werden», reagiert der Befreier beleidigt und aggressiv und mit Verboten. Denn er ist mit seinem Latein am Ende.

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Dieses Thema beschäftigt nicht nur die Schweiz:

Verhüllungsverbote in Europa

Generelles Verbot

Belgien
Bulgarien
Dänemark
Frankreich
Lettland
Österreich

Teilweises Verbot, das an gewissen öffentlichen Orten gilt

Albanien
Bosnien
Deutschland
Kosovo
Luxemburg
Niederlande
Norwegen
Türkei

Regionale und lokale Verbote

Deutschland
Italien
Schweden
Schweiz
Spanien

*In Deutschland gibt es regionale Verbote und solche, die allgemein gelten: im Strassenverkehr, im Militär und in der Justiz.
Tabelle: db Quelle: eigene Recherche Daten herunterladen

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Da ich jahrelang mit diesem Fakt konfrontiert war, als Lehrerin, auch familiär, kann ich trotz aller Toleranz nicht umhin, zu bestätigen, dass es auch als aussenstehende Frau manchmal echt schwierig ist, sich mit der Dominanz der islamischen Männer auseinander zu setzen.
Darum stört es mich, dass nun durch dieses Burka Verhüllungs Thema wieder Rückfälle provoziert werden.
Sorry für mich geht es hier nicht um religiöse Praktiken. Einfach ruhig und selbstverständlich seinen Glauben aus üben zu können,irgenwie ist das eine Art Machdemonstratin muslimischer moderner Frauen.
Seit längerem kannman in unserer Kultur und multi kulti Gesellschaft, nach seiner Facon leben.
Sehr ärgerlich, dass die SVP wieder Störungsmanöver organisiert, doch genauso ärgerlich, dass diese konvertierten Damen nun selber Schuld sind, weil sie diese Situation heraus forderten. D. H. es ist ein vermeidbarer Rückfall für alle. Sehr bedauerlich,richtig ärgerlich sogar.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Liebe Frau A., in den Niederlanden war Amnesty International gegen das Einführen eines Nikabverbots.
So wie ich Sie verstehe, sind die Nikabträgerinnen (mit)verantwortlich dafür, dass es eine Abstimmung gibt. Können Sie absolut sicher sein, dass das stimmt?

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Theologe
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Damit bereichern Sie meinen Horizont um das für mich neue Element „Terre des femmes“. Vielen Dank!

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Da ich vorher schon Studien und Interviews mit Agnès de Féo und über ihre Forschung gelesen und gesehen hatte, war das alles nichts Neues.
Ich hätte mir jedoch bei einem Binswanger Interview etwas mehr kritisches Hinterfragen gewünscht.
Agnès de Féo hat die Nikab-Trägerinnen im Salafistischen Umfeld gefunden, gleichzeitig hat aber die Revolte den Nikab zu tragen nichts mit Unterwerfung und Salafismus zu tun? Und ist alleine wegen Sarkozy? Und Sie lassen das einfach so stehen?

Es braucht noch sehr sehr viel Aufklärung über Islamismus und Salafismus in der Schweiz!

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Ich habe heute sehr viel dazu gelernt. Wir sprachen von Salafismus und Islamismus in der Schweiz.
Zwar arbeite ich nun 5 Jahre nicht mehr, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Wesentliches änderte.
Bei der Diskussion um die Verhüllung sollte unbedingt auch die Erziehung der Kinder im Vordergrund stehen.
Wie fühlen die sich dabei.
Das sollte vor lauter Verhüllung wichtig bleiben.
Schrecklich, wenn Mädchen mit 14 Jahren plötzlich bei der Grossmutter in der Türkei oder im Kosovo verschwinden..... nachdem sie zumindest in der Schulzeit in unserer Kultur integriert waren.....

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Haben Sie das Interview gelesen? Bei diesen Punkten habe ich sehr bewusst insistiert. Und Frau De Feo sagt in dem Interview ganz explizit, dass es einen Zusammenhang zwischen Vollverschleierung und Salafismus und Radikalismus gibt. Wenn Sie nicht zur Kenntnis nehmen, was da steht, wird die Debatte schwierig. Herzlich, DB

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Die Politikwissenschaftlerin und Islamismus-Expertin Elham Manea hat mittlerweile etwas dazu veröffentlicht, sehr lesenswert:

https://www.defacto.expert/2021/02/…eim-nikab/

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Danke! Ja, das habe ich gelesen. Es klingt jedoch sehr beiläufig. Als wäre es ein loser unwichtiger Zusammenhang und das ist es ja nicht. Es ist der Rahmen in dem all diese sozialpsychologischen Faktoren ablaufen. Da hätte ich es wichtig gefunden hier etwas intensiver nachzuhaken.

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Ich habe das erste mal ein Interview mit Agnès de Féo gelesen und finde Ihre Fragen verwirrend. Möglicherweise stammen diese Fragen von anderen Interviews. Mir erscheint das Interview durchaus differenziert zu sein und kritische Nachfragen zu enthalten. Möglicherweise wollen Sie Niqab mit Salafismus vollständig gleich setzen und alles andere ausblenden. Dann sollten Sie nochmals das Interview lesen, dass es durchaus differenzierter betrachtet werden kann:

„Es stimmt: Es ist der Salafismus, der den Nikab in Europa in Mode brachte. (...) “

„ In meinen Interviews höre ich häufig den Satz: Ich verdanke es Sarkozy, dass ich den Nikab trage. Es war ja unter Präsident Sarkozy, dass das Vollverschleierungs­verbot beschlossen wurde. Einige Nikab-Trägerinnen sagen bis heute: Merci, Sarkozy! Sie bekennen sich dazu, dass die Vollverschleierung für sie erst als Reaktion auf das Verbot ein Thema wurde. Das Verbot hat einen Anreiz­effekt geschaffen. Die Widerstands­geste führte dann auch zur definitiven Identifikation mit dem Salafismus. Dank Sarkozy entdeckten diese Frauen ihre religiöse Berufung.“

„ Es gibt aber auch junge Frauen aus muslimischen Einwanderer­familien, die den Nikab tragen.
Sie machen die andere Hälfte der Nikab-Trägerinnen aus. Allerdings haben sie mit den Konvertitinnen etwas gemeinsam: Sie kommen fast ausnahmslos aus nicht religiösen Familien und sind nicht religiös erzogen worden. Der Nikab ist nicht das Zeichen der Unterwerfung unter eine Familien­tradition, schon gar nicht einer erzwungenen Unterwerfung, sondern eine Revolte gegen die Eltern und das Herkunfts­milieu.“

„ Der Grund, weshalb man zwischen Männern und Frauen diesen seltsamen Unterschied machen will, kann nur darin liegen, dass die Salafisten­tracht des Mannes als selbstbestimmt, die Burka aber als Unterwerfungs­geste betrachtet wird.“

„Aber diese Moral, mit der die Männer unter Druck gesetzt werden sollen, ist extrem patriarchalisch. Sie postuliert die Ungleichheit zwischen Mann und Frau und autorisiert zum Beispiel die Männer, ihre Frauen zu schlagen.
Dieses Argument hat eine gewisse Berechtigung, sofern wir vom Tabligh reden. Das sind wie gesagt, sehr fromme, orthodoxe Gemeinden, in denen ein hohes Mass an sozialer Kontrolle über die Mitglieder ausgeübt wird und in denen in der Tat ein grosser Gehorsam verlangt wird. Allerdings unterliegen die Männer diesem Zwang nicht weniger als die Frauen. Dass die Männer über den Frauen stehen sollen, befreit sie nicht von der Regeltreue. Auch das ist eine Seltsamkeit der Debatte: Es wird immer so argumentiert, als würde die Unterwerfung nur die Frauen betreffen. Aber einer fundamentalistischen Religions­gemeinschaft anzugehören, sperrt Männer wie Frauen in ein Zwangs­korsett ein. Die soziale Kontrolle innerhalb solcher Gemeinden ist erdrückend, ganz unabhängig vom Geschlecht. Allerdings gilt das genau für den Salafismus, um den es hier primär geht, überhaupt nicht.“

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Sehr interessantes Interview!
Was ich nicht verstehe: wie kann Agnès de Féo sagen „Konvertiten machen etwa 1 Prozent der muslimischen Gesamt­population in Frankreich aus. Bei den Nikab-Trägerinnen jedoch sind es 50 Prozent“, wenn Sie die gesamte Anzahl der Nikabträgerinnen in Frankreich nicht kennt?

Um den Anteil (der Konvertiten) einer Grundgesamtheit (der Nikabträgerinnen) angeben zu können, muss man diese Grundgesamtheit kennen. Aber sie sagt ja selbst, dass diese nicht richtig erfasst ist und vom französischen Inlandsgeheimdienst nur grob geschätzt wird. Wie kommt sie also zu dieser Aussage?

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Aus München, das diesbezüglich ziemlich überschaubar ist, kann ich Ihnen sagen, dass von den 5 ortsansässigen Niqabträgerinnen 4 Konvertitinnen sind. Ansonsten sind es Touristinnen aus der Golfregion, die man auch leicht unterscheiden kann, wenn man sich ein bisschen auskennt. Von daher halte ich 50% für Frankreich sogar für konservativ geschätzt.

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Vielen Dank für Ihren Kommentar. Wenn man, wie offensichtlich in München, die genaue Anzahl bzw. sogar die Nikabträgerinnen selbst kennt, dann kann man natürlich völlig eindeutig den Anteil der Konvertitinnen bestimmen. In diesem Fall eben 80%.

Im Falle Frankreichs nehme ich mal an, dass zumindest vor dem Nikabverbot die meisten Trägerinnen aus den ehemaligen französischen Kolonien, den Maghrebstaaten Algerien, Tunesien und Marokko stammten. Das werden eher keine Konvertitinnen gewesen sein. Daher kann man von den 80% in München auf Frankreich keine Rückschlüsse ziehen.

Es geht mir aber gar nicht um die konkrete Prozentzahl 50%. Die mag stimmen oder sogar höher liegen. Aber wie ich bereits klar zu machen versuchte, erstaunt mich, dass zu Anfang des Interviews klar wird, dass man die Anzahl der Nikabträgerinnen in Frankreich einfach nicht verlässlich kennt und Frau de Féo dann später sagt, der Anteil der Konvertitinnen unter ihnen sei 50%. Vielleicht gibt es ja gewisse Schätzungen oder Annahmen, auf denen diese Aussage beruht. Im Interview wird es jedenfalls nicht erwähnt.

Herr Binswanger hat dann ja geantwortet, dass Frau de Féo von ihren 200 Interviewten extrapoliert. Das wiederum führte zu meinem Hinweis, dass die Art und Weise der Rekrutierung der Frauen (jedenfalls so, wie sie im Interview beschrieben wird) für Verzerrungen anfällig ist. So könnte ich mir zum Beispiel vorstellen, dass Frauen aus traditionellen islamischen Familien, die den Nikab nicht aus freien Stücken tragen, eher nicht mit Frau de Féo ins Gespräch kommen. Aber klar, das ist Spekulation, das kann man einfach nicht wissen.

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Lieber Herr Heningsen, die 50 Prozent extrapoliert sie auf dem ihr zur Verfügung stehenden Sampel von etwa 200. Natürlich könnte das einen verzerrenden Effekt haben. Aber so schmal ist diese Basis nicht. Grosso modo wird das hinkommen. Herzlich, DB

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Sie haben recht, Herr Binswanger, sie könnte grosso modo richtig liegen... oder auch daneben. Sie antwortet ja auf Ihre Frage, wie sie zu ihren Interviews kommt:

Wo finden Sie die Nikab-Trägerinnen, die Sie befragen?
In den salafistischen Moscheen oder in den Quartieren im Norden von Paris, in denen viele Salafistinnen leben. Da war es relativ einfach, Frauen im Nikab zu finden und anzusprechen. Es gibt im Umfeld von salafistischen Moscheen auch Läden, die Nikabs und andere Artikel für eine ultrareligiöse Klientel verkaufen, zum Beispiel salafistische Ratgeber­literatur. Auch in solchen Geschäften waren Nikab-Trägerinnen anzutreffen.

Das ist nun nicht grad die Methode, um eine repräsentative Stichprobe zu erheben. Es werden wohl grad Frauen mit ihr ins Gespräch kommen, die sich „präsentieren“ bzw. ihre Geschichte erzählen wollen. Sie sagt ja auch selbst, dass sie qualitative und nicht quantitative Forschung betreibt. Deswegen hat mich die von mir zitierte Aussage über die Häufigkeit der Konvertitinnen unter der Nikabträgerinnen erstaunt.

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Peter Hirzel
Begeisteter Mitverleger/Leser
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Dieser Artikel war für mich das entscheidende Totschlag Argument und überzeugte mich nach einer längeren schwankenden Auseinandersetzung nun definitiv Nein zu stimmen.
Die einzige wirklich konstruktive Stimme im ganzen Palaver. Danke.

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Die Interviewerin habe die interviewten Nikab-Trägerinnen in salafistischen Moscheen getroffen und in Quartieren, wo viele Salafisten leben, ist zu lesen. Nach bundesdeutscher Rechtsauffassung ist der Salafismus unvereinbar mit den Prinzipien des Grundgesetzes, „insbesondere der Demokratie, des Rechtsstaats und einer auf der Menschenwürde basierenden politischen Ordnung“. Ob es in der Schweiz ähnlich ist, weiß ich nicht. Dass, wie von den Interviewten behauptet, Sarkozy und das Nikab-Verbot die Ursache dafür sind, dass sie jetzt mit ihrer Kleidung für eine Ideologie demonstrieren, die frühislamische Herrschafts- und Gesellschaftsformen einführen will (Einschätzung Verfassungsschutz), das halte ich für eine Schutzbehauptung.

Ich hätte es für informativer gefunden, wenn die Republik statt ein Interview zu führen ein Streitgespräch moderiert hätte, in der auch die Gegenposition zu de Féo ihren Platz gefunden hätte. Die im Interview erwähnten Sozialwissenschaftler werden ja wohl nicht alle tumbe Ignoranten sein. Auch die französische Regierung wird nicht aus reinen Wahlinteressen oder purer Böswilligkeit eine offenbare Minderheitsmeinung ignorieren.

So überlässt es die Republik ihren Lesern, das Streitgespräch in den Kommentaren zu führen. Was wie dankenswerterweise üblich ohne grobe Unhöflichkeiten auch passiert, selbst wenn Frau P. sich für ihren mit persönlichem Erleben fundiert angereicherten Kommentar Unwissenheit unterstellen lassen muss. (Während persönliche Erlebnisse bei Agnès de Féo eher als Qualitätsmerkmal durchgehen.)

Informativer fände ich's, die Redaktion würde bei kontroversen Themen selbst für mehr Rundblick sorgen. Es muss ja nicht gleich eine zehnteilige Serie sein.

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Das ist der Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz. In der Schweiz sind auch Nazi Parolen, Hitler Gruss, Swastika etc. (noch) nicht verboten. (Es gibt auch neuere Bestrebungen dafür).
Allerdings stimme ich Ihnen ansonsten zu. Das Interview hätte ruhig ein bisschen kritischer geführt werden können.

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Frau Foé beschäftigt sich wissenschaftlich seit 15 Jahren mit dem Thema „Verschleierung“. Sie auf eine Stufe mit Frau P. zu stellen, welche zwar negative Erfahrungen mit muslimischen Familien gemacht hat, darunter aber soweit ich dies verstanden habe, mit KEINER Niqab-Trägerin, ist eine extreme Herabwürdigung der Arbeit und der Erkenntnisse von Frau Foé!

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Anderer Meinung zu sein und diese höflich zu formulieren sehe ich nicht als "extreme Herabwürdigung".
Das Feuilleton, die Wissenschaftsseiten und Medien allgemein neigen dazu, Wissenschaftler zu hypen: Wer es einmal ins Medium X geschafft hat, wird auch vom Medium Y bemerkt. Was oft sehr berechtigt ist, mitunter aber eine Einhelligkeit des Forschungsstandes suggeriert, die nicht gegeben ist. Offenbar ist eine Mehrzahl renommierter Soziologen in Frankreich einer anderen Auffassung als Agnès de Féo. Ob die bei ihnen fehlenden Interviews mit Nikab-Verhüllten tatsächlich negativ zu werten sind, kann ich nicht einschätzen. Das hängt sicherlich davon ab, in welchem Maße de Féo die biografischen Selbstauskünfte überprüft hat. Valide wissenschaftliche Erkenntnisse sind auch ohne persönliche Befragung von Zeitzeugen möglich.

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Marco Zaugg
Coach und Prozessbegleiter
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Dieses Interview allein genügt schon als Gegenleistung für mein Dabeisein bei der Republik.

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genau das dachte ich heute auch! Ein Knüllerinterview.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Ich werde entschieden gegen die Initiative stimmen.
Sie beruht nicht auf Wahrheit und schürt Hass und Zwietracht.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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P.S. Im Nachhinein scheint mir, dass die Beweggründe vieler Frauen, die im Interview beschrieben werden , tragisch sind. Mitgefühl und Respekt scheinen mir da eher angebracht. Sogar wohlmeinende Ja Stimmen könnten mE das Leiden der Nikab Trägerinnen vergrössern.

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Vor allem vergrssen wir die oft merkenswerten Belastungen der Kinder dieser Ehen.
Das wird hier völlig ausgelassen..

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Ich störe mich an Dogmatikern und Fundamentalisten, egal ob Salafisten, Täufer, jüdisch-orthodoxe, Verschwörungstheoretiker oder Fanatiker jedweder Couleur. Ein Loblied auf Salafistinnen werde ich nicht pfeifen. Aber:

  1. Ist die Verfassung nicht dazu da, missliebige Zeitgenossen auszugrenzen, sonst wäre ich wahrscheinlich schon in der Präambel namentlich erwähnt ;)

  2. Geniesse ich die Vielfalt, auch wenn sie manchmal nervt. Ohne sie wäre die Schweiz eine Ödnis - und mein Geist bald auch.

  3. Macht es die Welt nicht einen Deut besser oder sicherer, wenn man Aylin Meyer (aufgrund der Seltenheit von Nikabträgerinnen musste ich eine erfinden) ihren Schleier verbietet.

  4. Will ich keine Ausgeburten der Fremdenfeindlichkeit, des Hasses oder der Angst in unserer Verfassung stehen haben.

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Warum kann man bei der Republik keine „Herzchen“ vergeben? Es gibt nur „like“ und „dislike“... Ich habe Ihren Beitrag geliked. Gerne hätte ich aber ein like + Herzchen vergeben.

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Liebe Frau oder Herr Z. und Redaktion
Ich finde es ausgesprochen entspannend und beruhigend, dass wir in der Republik keine Herzchen, Thumbs up usw. vergeben können. Es hält uns im Wesentlichen und hilft uns auch an realen, aussagefähigen, manchmal sogar etwas emotionsärmeren, aber vielleicht gerade deshalb, (meist) respektvollen Diskussionen teilzunehmen. Ich schätze es deshalb sehr, auf Herzchen zu verzichten und diese anderen digitalen Plattformen zu überlassen. Mein Herz und mein Verstand schlagen, auch gerade deshalb, weiterhin für die Republik ;-) !

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Spitzig spritzig, frisch geimpft
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Endlich mal ein erheiternder Beitrag von D. Binswanger. Ich fasse zusammen:

Da gibt es den Nikab, eine in Europa unbedeutende religiöse Spinnerei. Aus Ignoranz und purem Aktionismus wird dieser zu einem Symbol des islamischen Extremismus wie auch des Patriarchats hochstilisiert, und deshalb verboten.

Wie meistens ziehen dumme Aktionen dumme Reaktionen nach sich - was macht also die rebellische weibliche Jugend? Sie steckt sich selbst in einen Sack, weil sie ja sowieso noch nie mit ihrem Aussehen zufrieden war.

Daneben üben sich die Stammtisch-, die Altfeministische und die Intello-Fraktion in zahlreichen Symbolgefechten im politischen Schattenboxen: Ring frei für die Minarettinitiative 2.0!

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Guten Abend Herr W., so wie ich Agnès de Féo verstehe (und um ihre Aussagen geht es ja in diesem Interview, das Daniel Binswanger mit ihr geführt hat) handelt es sich beim Nikab eben nicht einfach um eine «religiöse Spinnerei», sondern um ein ziemlich vielschichtiges Phänomen. Finden Sie nicht?

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Spitzig spritzig, frisch geimpft
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Guten Abend Frau Herrmann, ich nehme die Nikabträgerinnen durchaus ernst in ihren Beweggründen - und diese sind vielschichig, wie Sie richtig bemerken: Wünsche, Ängste, Sehnsüchte, soziale Vorlieben. Darin unterscheiden sie sich nicht gross von anderen religiösen Menschen.

Trotzdem bleibt der Nikab ein absurdes Kleidungsstück, auch wenn man freiwillig darin Zuflucht sucht. Oder sehen Sie das anders?

Ohne Zwang ist er aber harmlos, deswegen bezeichne ich ihn hier wohlwollend als Spinnerei. Nicht sehr differenziert, aber das war nicht unbedingt Ziel des obigen Kommentars...

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Ich verstehe was Sie meinen, Frau W., es sei kontra produktiv, dagegen zu stimmen. Darum geht es gar nicht!

In der Tat ist es so, dass inzwischen nur in Ausnahmefällen religiöser Zwang auch in islamischen Familien herrscht. Trotzdem herrscht wesentlich mehr Zwang als Sie meinen!
Einerseits.
Andererseits leben wir in einer ökumenisch aufgeschlossenen Gesellschaft.
Besonders auch unsere Kirchen und Religionsgemeinschaften
haben viele neue Begegnungen und gemeinsame Anlässe organisiert.
Wie sie sagen, sind es die Töchter aus fortschrittlichen Familien, die "Besseren" die diese Verhüllungen neu propagieren.
So dumm bin ich nicht, um das zu verstehen.
Auch macht die SVP offensichtlich gegen "Islam" und "Islamisierung". Man nimmt die Verhüllungen als Anlass.

Doch auch mich als tatsächlich "linke" alte Frau nervt das Verhalten dieser "Verhüllungsdemonstration".
Die Kultur unseres Landes ist nun mal nicht islamisch. Es werden hier a l l e Kulturen gelebt.
Das "Kreuz" haben wir schon lange mit Recht aus der öffentlichen Gesrllschaft verbannt.
Es ist eigentlich arrogant und anmassend von diesen "modernen Islamistinnen" jetzt plötzlich so ein Theater zu provozieren.
Damit erschrecken sie zum einen einfache, echte konservative Frauen, die im Islam leben.
Als weiteres ist das Ganze ein unnötiges Theater, das gar nicht so wichtig im Schweizerischen Alltag ist.
Kein Wunder, dass die SVP diese Gelehenheit beim Schopf nimmt, um dagegen zu organisieren.
Ich werde gegen die Verhüllung stimmen, weil es kein Thema ist!

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Liebe Frau A., dass Sie die Vollverschleierung als demonstrativ empfinden und dass Sie das nervt, kann ich sehr gut verstehen. Andererseits schreiben Sie ja selber: Es werden hier alle Kulturen gelebt. Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer Genervtheit. Und was ich sehr gerne von Ihnen wissen wollte: Sind Sie (als sehr erfahrene Lehrerin) schon einmal negativ mit dem Nikab konfrontiert worden? Ich persönlich habe nur einmal in meinem Leben auf der Bahnhofstrasse zwei Frauen im Nikab gesehen, offensichtlich Touristinnen. Das fand ich dann wirklich nicht sehr tragisch, da die da entlang liefen. Und aus meiner Sicht ist das ein ganz zentraler Aspekt: Wir sollten keine Gespenster jagen. Wir sollte keine Probleme lösen, die eigentlich nicht existieren (falls dem denn so ist). Sonst schaffen wir nur neue. Herzlich, DB

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Saïda K.-Messahli, Präsidentin «Forum für einen fortschrittlichen Islam».

sie ist froh, wenn die Burka und der Niqab verboten werden.
Man machte ihr in der Arena Sendung den Vorwurf, Daniel Binswanger, sie habe sich mit der SVP zusammen getan.
Es entspricht auch meinen Erfahrungen, dass sich einfache gläubige Frauen im Islam freuen, wenn sie keine Burka und keinen Niqab mehr tragen müssen.
Also ist das Ganze nicht so tragisch.
Schade, dass es nun so eine törichte Kleiderordnung im Gesetz geben könnte.

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, es gehe um Kleiderordnung?

Das ist so nicht korrekt. Eine Kleiderordnung darf man vielleicht in der Verfassung festlegen, aber kein Verbot "religiöser Praktiken" nehme ich mal an, wenn sie nicht gegen die Menschenrechte verstossen. Geht es nicht um Religionsfreiheit.
Eigentlich mischt sich die SVP in Glaubensregeln des Islam ein.

Durfte man so eine Initiative überhaupt starten, bzw, die Erlaubnis dazu geben?

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Ich erlebte einfach viele Jahre lang, wie Kinder in ihrem Alltag, sei es Schule oder Elternhaus,

  • Ständig zumindest in Unruhe versetzt waren, weil „Werte“ sich zum Teil
    widersprachen.

  • Andauernd heraus gefordert waren, eigene Massstäbe zu finden, sich ab zu grenzen
    oder zu identifizieren.

  • Dabei oft scheiterten

  • Tatsächlich Gewalt, sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren

  • Selbstverständlich auch in ihrer Schweizer Umgebung diskriminiert waren

  • Im Grossen und Ganzen oft nicht fähig waren, wirklich selber zu entscheiden, was
    ihnen gut tat

  • Oft von Anfang an mit weniger „Chancen“ ihr eigenes Leben mit fairen Aussichten
    starten konnten….
    Unser bürgerlicher Alltag wird grundsätzlich durch kulturelle Vielfalt bereichert. Es sollte jeder daran teilnehmen können, wie es seinen Werten entspricht. Es geht um Menschenrechte. Natürlich kann unsere Gesellschaft den Nikab nicht verbieten.
    Wenn Touristen den Nikab tragen, frage ich mich besonders an heissen Tagen, wie man sich dabei so fühlt.
    Bei all den Fakes in dieser Zeit, fürchtet man sich als alter Mensch tatsächlich manchmal, wenn ein paar Frauen mit Nikab vorbei gehen. Allerdings vermute ich kaum IS Kämpferinnen darunter.
    Da ich im Freundeskreis eines nahe gelegenen Klosters mitmache und hin und wieder die Kapelle putzen darf, begegne ich den Ordensfrauen öfter mal. Kann sein, dass einem der Nikab einfach fremd ist, doch im Gegenteil dazu blickt einem im Kloster ein freundliches Gesicht an. Der viel zitierte Vergleich von Ordensleuten und dem Nikab liegt zwar nahe, doch ich kann ihn nicht richtig mitmachen.
    In der Schule redete ich meistens mit den Vätern, wenn es um „streng gläubige Familien“ ging. ( ein Vater beschwerte sich übrigens, dass der Sohn nur noch Deutsch rede und fast nicht mehr türkisch könne, obwohl er ja in „Heimat Sprache und Kultur“ mitmachte, d.h. selbstverständlich auch Unterricht im Türkisch hatte)
    Sonst gab es kaum Probleme, bei moderaten islamischen Familien. Im Gegenteil, menschlich empfand ich es stets bereichernd, neue Begegnungen zu machen.
    Auch deshalb empfinde ich diese Nikab Konfrontation jetzt gerade bei dieser Abstimmung einfach nur bedauerlich. Es wird viel mehr zerstört als dazu gewonnen.

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lieber Herr Binswanger, es sind wie gesagt nicht die wirklich gläubigen einfachen Musliminnen, die plötzlich vermehrt den Nikab tragen wollen.
Irgendjemand erwähnte es in den Antworten, - "missionarischer Eifer" ist eher weniger mit diesem "neuen Modetrend" Nikab verbunden, scheint mir.
Wäre auch gar nicht nötig, soweit ich die offenen islamischen Familien heute sehe.

Manchmal herrscht trotzdem in den in unseren Vorstellungen eher "befürchteten hierarchischen Familien Clans" ein doch recht strenges System. Wenigstens beobachtete ich das bei meinen Schülerinnen in den Kleinklassen so...und "erfuhr" es bei Diskussionen mit dem Familienoberhaupt wie beim "Schwimmverbot für Töchter" bei Diskussionen über Turnkleidung, Teilnahme an Schulausflügen etc. - ( oft bei offener Tür, aus begründeter Angst, "ein paar um die Ohren zu bekommen") Kaum hätten sich die Mütter um diese Probleme kümmern dürfen. Schon gar nicht jene mit Nikab.
Darum meine ich doch, in wirklich gläubigen muslimischen Familien wird es kaum Frauen geben, die froh wären, wenn sie den Nikab wieder tragen sollen.

Mich nerven diese durchaus aufgeklärten Frauen, weniger schlicht und innig gläubig aufgewachsen, die jetzt plötzlich so verhüllt herum laufen wollen - einfach um zu provozieren. Dabei gelingt es ja offenbar, dass man sie wahr nimmt und sich damit mehr als angebracht auseinander setzt.
Mit diesem neuen religiösen Eifer- befürchte ich zumindest - löst man möglicherweise Reaktionen aus, die wieder zu strengeren islamischen Bräuchen auch sonst im Alltagsleben der Familien führen könnten - d.h. auch gegen die doch erfreuliche Emanzipierung der muslimischen Frauen führen könnten. ( wie das Verheiraten minderjähriger Töchter, was ich selber mit erlebte)
Das mit den IS Projektionen kommt tatsächlich eher von der SVP.

Um es deutlich zu sagen...all diese Gedanken machten sich die Initianten der Initiative kaum. Denen ging es einfach wieder mal darum, zwischendurch einen neuen Wink gegen den Islam in unserem Land zu starten.

Deshalb mag ich mich nicht mit diesen "fortschrittlichen Nikab Trägerinnen" identifizieren, denn sie wissen ganz genau, was sie damit auslösen. Oder hätten sich Gedanken machen müssen, was sie damit für neue Rückfälle und Probleme auslösen könnten.
Ein Selbstverständnis vom vielfältigen Nebeneinander der Kulturen in unserem Alltag bleibt für mich Priorität.
Was das "farbige Strassenbild" in unserer Umgebung betrifft, mag ich all die bunten Eigenheiten, denen man vor allem auch in den Städten begegnet. Auch den Nikab. Wuchs ich doch in den 60 ziger Jahren in der Uni Gegend in Köln auf. Ich vermisse diese Vielfalt hier auf dem Land sogar oft. Sorry, das ist aber nicht wirklich ein Thema bei den neuen Nikab Trägerinnen.-

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Es gibt das Phänomen der kognitiven Dissonanz, von dem Sie sicher schon gehört haben. Wenn also eine gegebene Situation der eigenen Grundhaltung widerspricht, bzw. wenn die Grundhaltung erfordern würde, dass man diese Situation ändern helfen soll, erzeugt dies Stress. Es kommen Abwägungen ins Spiel über Wichtigkeit, eigene Möglichkeiten, Folgen,... Menschen schätzen sich leider fast immer falsch ein und denken, sie helfen dann meistens, die Situation zu ändern. Doch die Forschung zeigt vielmehr, dass die meisten Menschen unbewusst beginnen, die gegebene Situation anders zu interpretieren, um sich zu entlasten, ohne etwas tun oder gar riskieren zu müssen.
Die kognitive Dissonanz, dass eigentlich ALLEN Frauen eine Hilfe zur Emanzipation in Form von gleichen Rechten zustehen würde, aber dies eine Veränderung des eigenen Handelns bezüglich bisheriger Praxis und Framing erfordern würde - nämlich das offene Kritisieren von "anderen Kulturen" in bestimmten Praktiken gegenüber Frauen und in der diesbezüglichen Rechtslage - wird als umso stressauslösender empfunden, je mehr man/frau in einem ideologischen Umfeld eingebunden ist. Neudeutsch "Bubble". Wenn also der urbane gebildete Mittelschichtsmensch die mehr oder weniger expliziten und impliziten Normen "verletzen" müsste. Sich exponieren und Schimpf in Kauf nehmen müsste von Freund und Familie und KollegInnen.
99% passen dann ihre Meinung - manchmal halsbrecherisch unlogisch bis widersprüchlich - so an, dass die Dissonanz zu verschwinden oder zumindest erträglich scheint. Hier: "Das Problem gibt es bei uns nicht". "Ins Ausland hin können wir eh nichts bewirken". " Es löst die falschen Zeichen aus". Erst recht, wenn die Kritik von Gruppen kommt, die die Bubble als feindlich kategorisiert hat.
Wenn die Grundhaltung aber eine ist, die grundsätzlich Menschenrechte als sehr hoch gewichtet und Moral wichtig ist, muss man dem bei vielen Situationen höchste Priorität geben und sich stark dafür einsetzen, sonst hält man kognitive Dissonanz auf Dauer nicht aus, der Stress kann krank machen. Deshalb tun das Linke, Urbane Weltläufige, natürlich auch Religiöse, ,...ständig. Das ist gut. Es dient ja der Gesellschaft und den Menschen.
Nur bei FRauenrechten dauert alles immer etwas länger. Die Arbeiter waren lange Zeit viel wichtiger als ihre Frauen anfangs/Mitte 20. Jh. . Die Studentenführer waren viel wichtiger als deren Frauen und Freundinnen, oder Studentinnen ,die lieber ihre Kinder hüten und Tee kochen sollten. Und in den letzten Jahrzehnten: Die Migranten und "politischen" Flüchtlinge waren viel wichtiger als deren in ihrer Kultur oft untergeordneten bis rechtlosen Frauen. Der "Opferstatus" der Männer wurde unterstrichen, derjenige viel krassere der Frauen möglichst übersehen. Denn nun war "rassistisch" der Begriff der Stunde. Mit der Zeit war das nicht mehr gut möglich, denn die linken Frauen sahen diese Frauen und stellten sie zunehmend auch ins Zentrum. So gingen die internationalen Frauenrechte und auch Gewalt gegen Frauen prominent in den Kanon der Linken ein, später auch in den der Mitte. Ganz zuletzt in den der eher Rechten, aber vor allem, um die ausländischen Männer grundsätzlich zu diskreditieren.
Das ist hässlich, das will niemand. Aber es war ein Tabu und stillschweigend eingehalten, dass das Thema nie so auf die Agenda kommen darf, dass es zwingend den Widerspruch zeigt, dass letztlich der Einsatz für "ausländische Frauen" immer eine Kritik an gewissen Praxen und Traditionen der "ausländischen Männern" ist. Es gab also Kampagnen zu Gewalt an Frauen, wo keinesfalls erwähnt werden durfte, dass Frauenhäuser markant von Frauen aus anderen Kulturen belegt sind. Diese Frage wurde sofort als 100% sozioökonomische Problematik zurechtgelegt, da ja viel mehr ausländische Familien in prekärer Lage lebten. Das stimmt zwar, aber vielleicht zu 50, 60%. Usw. der Beispiele gibt es viele. Ich hab darin ja sehr lange gearbeitet.
DAfür hat man/frau nun ja mit der "MeToo"-Debatte bewiesen, wie sehr sie für Frauen einstehen. Das war natürlich Zeit, dem übergriffigen Verhalten "westlicher" Männer wurde auch viel zu lnge der Stempel "Kavaliersdelikt" gegeben, damit die kognitive Dissonanz reduziert werden konnte. Es wurde einfach "unwichtig" gemacht. Natürlich gibt es auch historischer Wandel und neue Normen, wo altes Verhalten neu zu Unrech wird, doch Übergriffe an Frauen sind eigentlich schon etliche Jahrzehnte als Übergriffe erkannt. Nur wollte man sie nciht sehen. Und es ist sozialpsychologisch schwierig, sich gegen sein Umfeld zu stellen, das löst meist eben ncoh grösseren Stress aus als das ursprüngliche Problem. Auch bei sich als progressiv sehenden Menschen.

Diese "Burka-Initiative" hat die Dissonanz nun gnadenlos und sehr subversiv ausgenutzt. Man könnte subversiv darauf reagieren und demonstrieren: "Ha, ihr Scheinheiligen, ihr wollt uns demaskieren! Wir werden das aber nutzen, um einen Schritt vorwärts zu tun und zu zeigen, dass uns Frauenrechte wirklich zentral wichtig sind und egal von welcher Seite etwas kommt! Es ist tatsächlich Zeit, leider haben wir frühere Gelegenheiten verpasst, weil wir zu feige waren, auch mal auf die problematischen Seiten anderer Kulturen hinzuweisen, nämlich die Lage der Frauen. Aber ihr erwischt uns nicht, wir können auch dazulernen! Wir geben dieses Zeichen vor allem in die Welt hinaus - und die Welt schaut stets interessiert, was die direktdemokratische Schweiz entscheidet. Innerhalb der Schweiz gibt es diesbezüglich zwar kaum ein konkretes Problem, aber es kann auch präventiv wirken".
Das wäre erwachsen und persönliche Reife, zeugte von Entwicklung und Intelligenz. Sollte das zu weit weg hergeholt sein, kann auch so argumentiert werden: "Wir finden diese Initiative zu künstlich, aber wir werden unsere Hausaufgaben machen und sofort das Kopftuchproblem angehen, das immer noch unbefriedigend gelöst ist". Oder ähnliches, was die Schule anbelangt, zB. . Kopftuch ist zwar tatsächlich seltener geworden an Schulen, aber nur, weil es harte Debatten gab, also die Rechten diese Funktion übernommen hatten. Wir haben halt so die Zeichen gegen Fundamentalisten gegeben. Das ist ein riskanter Weg, es ginge sauberer.
Ich denke, diese Abstimmung wird den "Progressiven" die Quittung geben für das Verpasste und Vermiedene. "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Auch die Kommunisten dachten mal, sie seien progressiv, bis sie erstarrten und nur noch um ihr Selbstbild bemüht waren. Ich wäre vielleicht oder gar wahrscheinlich auch so, wenn mir das Leben es erlaubt hätte, da bin ich ehrlich.
Langer Essay, persönlich für Sie geschrieben.

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Ich bin mit Ihnen mehrheitlich einverstanden. Nur was das „Theater“ der verhüllten Frauen angeht, kann ich Ihnen nicht zustimmen. Mir wäre nicht bekannt, dass nur eine von ihnen missionarisch verlangt, dass sich mehr Frauen verhüllen. Auch hätte ich noch nie mitbekommen, dass eine von ihnen (mit Ausnahme der verstorbenen Nora Illi) überhaupt das Rampenlicht sucht. Aus meiner Sicht leben die Frauen einfach ihr Leben auf ihre Art. Das Theater kommt vielmehr von der SVP resp. dem Egerkinger Komitee, das sich an dieser Handvoll Frauen so enorm in ihrer Freiheit gestört zu fühlen scheinen, dass sie sogar eine Initiative lancieren! Lassen wir sie ins Leere laufen und spielen das Theater nicht auch noch mit!
Bezüglich Nora Illi ist noch spannend, dass der IZRS explizit als Reaktion auf die Minarettinitiative gegründet wurde. Da hat es ja für die SVP schon mal geklappt, mit einer anti-muslimischen Initiative den Extremismus anzukurbeln und somit das Thema des „Kulturkampfes“ nicht einschlafen zu lassen.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Wie die «Rollenumkehr» zur Sensibilisierung und Hinterfragung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten und eigener Vorurteile hinsichtlich des sozialen Geschlechts gebraucht wird, kann man sich auch im Falle des Kleiderverbots fragen, wie man selbst und «die Schweizer*innen» reagieren würden,

Warum würde man das eine ablehnen und das andere befürworten? Und was sagt die jeweilige Antwort über einen selbst aus?

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Danke, Sie sprechen mir aus dem Herzen!
Genauso denke ich , wollte diese Uniformität , welcher Religion oder Gesinnung auch immer , sowieso nie unterstützen , und kann sie nicht verstehen.
Warum nur muss man gegen aussen seine Meinung in der Kleidung ausdrücken, wozu?
Darum bleibe ich "neutral", sehe keine Möglichkeit daran etwas ändern zu können.

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Jüdisch-orthodoxe Frauen und Männer sind meines Wissens nicht verhüllt. Und es ist nicht so, dass sich der jüdisch-orthodoxe Mann neben der jüdisch-orthodoxen Frau wie ein Gigolo präsentieren kann. Zumindest habe ich das noch nie gesehen. Ich wiederhole mich: Die einseitige Verhüllung löst bei mir schiere physische Schmerzen aus. Bemerkenswert finde ich die weit verbreitete Meinung, dass sich in unseren Breitengraden alle davon betroffenen Frauen aus Selbstbestimmung verhüllen. Da fehlt mir der Glaube.

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alte Frauen machen das nicht mit, P. B., denn die haben wirklich noch für ihre Rechte kämpfen m ü s s e n.
Sich teilweise zu verhüllen, ist doch auch irgendwie " behutsam charmant." Es ist eine Geste von Achtsamkeit.

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Die einseitige Verhüllung löst bei mir schiere physische Schmerzen aus.

Wenn‘s so schlimm ist, gäbe es da noch medizinische Abhilfe; es muss ja nicht gleich eine Verfassungsänderung sein, oder?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Was meinen Sie mit «Gigolo»?

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Liebe Frau W., ich unterrichtete 30 Jahre in Kleinklassen. In städtischen Agglomerationen. Zwar bin ich seit sechs Jahren pensioniert. Kann sich einiges ändern..
so erlebten wir, dass ein Vater in den Sommerferien seine minderjährige Tochter, die auf Besuch war, verheiratete. Zunächst kam sie nicht zurück, bis die Familie einer guten Freundin sie beim nächsten Ferienaufenthalt wieder mit zurück nahm. Inzwischen hat sie hier eine Lehre abgeschlossen und einen Freund.
Es gab weitaus ärgere Fälle!
Ganz so rosig ist das Bild,das wir alle gerne hätten, kaum.
Rückfälle in alte Muster sind viel näher als man meint.
Ich bedaure einfach sehr, dass man in unserer Wohlstandsgesellschaft eher nicht mehr richtig Distanz auch zu der "Verhüllungsmode" hat...Wie gesagt, hat die SVP ein Thema herauf projiziert, das eher Unheil anrichtet!

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Liebe Frau A.
Das sind natürlich schlimme Geschichten, welche aber nicht speziell die muslimische Gemeinschaft betrifft sondern auch andere Religionsgemeinschaften (z.B. Tamilen). Zum Glück hat der Fall, den Sie kennen, ja ein gutes Ende genommen.
Trotzdem ändert sich mit dem Vermummungsverbot überhaupt nichts an der Situation. Sie meinen den Esel aber schlagen den Sack. Kein Vater, der seine minderjährige Tochter im Ausland verheiraten will, wird durch das Vermummungsverbot daran gehindert. Abgesehen davon, dass dies schon heute wohl illegal wäre (ist dies so? Bei der Mädchenbeschneidung wäre es der Fall) hat eine Zwangsheirat absolut rein gar nichts mit einem Niqab zu tun. Wenn Sie das Interview mit Frau Foé aufmerksam gelesen haben, haben Sie ja erfahren, dass die meisten Niqab-Trägerinnen ja gerade NICHT aus konservativen Familien kommen. Wenn Sie gegen Zwangsheiraten kämpfen wollen, dann tun Sie dies - meine Unterstützung haben Sie! Aber dann tun Sie dies explizit, durch Aufklärungskampagnen bei "Risikokindern" (es betrifft ja nicht nur Mädchen) und nicht indem Sie aus allgemeinem Unwohlsein für etwas stimmen, das mir ihrem Anliegen nichts zu tun hat und vermutlich sogar das Gegenteil bewirkt und aus einem Gefühl des "abgelehnt werdens" zu vermehrter Radikalisierung führt. Damit wäre dann wohl das Ziel der Initianten der Initiative erreicht: Unfrieden zwischen den Religionen stiften und somit weiterhin Ängste bewirtschaften können...

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Verlegerin
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Wenn jetzt die Forscherin Frau de Foé die einzige ist, die die Motive der jungen Frauen versteht: Was erwartet uns im gesellschaftlichen Zusammenleben: Dass wir uns ohne Forscherin nicht begegnen können? Bzw. findet Begegnung nur in der Familie und für einen Mann (muss es ein Mann sein?), der Interesse an einer Paarbeziehung hat? - Das ist mir alles weit weg von den Anforderungen an ein selbständiges Leben. Hier bin ich auch nur geprägt von meinen selbständigen kleinlandwirtschaftlichen Vorfahrinnen.

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Überhaupt nicht. Genau wie Frau Foé (oder der Luzerner Forscher, heisst er Zanetti?) können Sie den Kontakt zu einer verschleierten Frau suchen wenn Sie ihr irgendwo begegnen. Nur gibt es solche Frauen so wenige in der Schweiz (und auch Frankreich) dass ein solcher Kontakt praktisch nicht spontan entstehen kann und/oder, falls doch, die meisten Menschen sich nicht getrauen, mit der verschleierten Frau zu sprechen. Falls sie es doch tun würden, würden sie feststellen, dass hinter dem Niqab eine stinknormale Frau steckt, die sich aus einem für sie stimmigen Grund entschieden hat, sich zu verschleiern. Das Problem an der ganzen Burka-Diskussion ist doch genau, dass alle Menschen eine Meinung dazu zu haben scheinen, aber niemand eine Niqab-tragende Frau persönlich kennt. Die sogenannten Meinungen sind also nichts anderes als Vorurteile. Genau deshalb ist es wichtig, zu hören, was eine Person zu sagen hat, welche eben nicht nur vom "Hörensagen" und "sich vorstellen" und "jeder weiss doch" untersucht hat, wer/was hinter den Niqabs steckt.

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Verlegerin
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Dann soll es darauf hinauslaufen, dass es an mir liegt, und das ist so mit einer Meinung. Meine Aussage war aber, dass die Anforderungen an ein selbständiges Leben in unserer Gesellschaft nicht auf diese Verhüllung passen. Nicht mal für die Pandemie passen sie. Schon eher können wir mit Verhüllung der digitalen Gesichtskerkennung entgehen. Aber ich will hier nicht ablenken.

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Den Nagel auf den Kopf getroffen: Bei dieser Diskussion wünschte ich mir erst recht ein Stimmrecht für diejenigen über die entschieden wird, ohne dass sie sich zum Problem, das wir daraus konstruieren (bzw der Egerkinger Stammtischverein und die Getreuen) äussern dürfen / können.

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Vielen vielen Dank für diesen Artikel, in dem endlich über die Realität der Nikabträgerinnen aufgeklärt wird. Er ist wirklich sehr aufschlussreich und bestätigt mein Gefühl, dass es in der ganzen Diskussion um etwas ganz anderes geht als den Nikab selbst. Sehr aufschlussreich ist auch, dass sich niemand für die Forschungsergebnisse von Frau de Féo interessiert hat.

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Theologe
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Wenn es bei der Verhüllungsinitiative um rechts-linke Symbolpolitik zulasten sich im Zeichen des Salafismus verschleiernder Frauen geht, aber nicht zulasten sich bärtig-langhemdig-dreiviertelhosig als Salafisten auszeichnender Männer, wird es spannend, um ein paar weitere Ecken herum gerade zu denken: Wenn dreissig Frauen hierzulande das Tuch vor dem Mund verboten wird, was diese möglicherweise gar nicht als Befreiung von Beherrschung sondern als Steilpass für Vermehrung öffentlich sichtbarer und anstössiger selbstgewählter Verschleierung betrachten, ist auch zu fragen, was die Auswirkungen im Ausland auf nicht freiwillig Verschleierte, aber auch überhaupt auf die Gesellschaften dort wären, vielleicht abgesehen von den Männern. Und falls eine Auswirkung da ist, ist ebenfalls zu fragen, wie Ohnmachtsgefühle hier mit Machtausübung dort zusammenhängen und umgekehrt. Oder generell, was der Islamismus den Muslimen und der Feminismus den Frauen bringt. Gibt es da Parallelen? Und wenn Abstimmungen symbolische Akte oder Zeichenhandlungen sind, was ich bisher eher mit Religionsgründern, meist bärtigen Gesellen, in Verbindung brachte, wird dann die zentrale Handlung unserer säkularen Volksherrschaft zu einer religiösen Handlung, zu einer Art Gottesdienst? Das müsste wiederum doch gerade Menschen, die sich dem Salafismus verschrieben haben gefallen...
Ich gebe übermütig zu, mich reitet vielleicht der Teufel.
Mit Maske vor dem Mund mache ich mich auf den Weg zur Arbeit, froh, dass mich dieses angeordnete Stück Tuch vor dem Mund bisher vor Krankheit geschützt hat.

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Verlegerin
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Ein Interview, das bewegt. Besonders der Schluss hat mich schockiert, weil Leute gegen junge Niqabträgerinnen tätlich geworden sind. Das ist heute schon strafrechtlich relevant und geht gar nicht.

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Leute werden auch gegen Kopftuchträgerinnen tätlich. Das ist nicht selten.

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.. aber leider funktionieren bei vielen Leuten nach wie vor Gerechtigkeitsvorstellungen wie im Kindergarten: "Sie hat ja angefangen!"
Man sieht die primitive Argumentation immer wieder, dass Kriminellen jegliche Rechte verlieren und sich plötzlich gar niemand mehr an Gesetze zu halten hat. Zum Beispiel Autofahrer, die Velofahrer abdrängen, welche vorher die rote Ampel überfahren haben und sie so erst recht in Gefahr bringen.
Ist das Schleiertragen erst mal verboten, werden sich Leute, die sich bereits vorher davon gestört gefühlt haben den Mut aufbringen auch was dagegen zu tun.

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Danke für das Interview. Sehr lehrreich, auch wenn mir selbst das eine oder andere bekannt war.
Beängstigend aber, dass wir soviel Differenziertheit zu einem Thema im Grunde genommen gar nicht wollen oder ertragen. Denn wenn wir wollen würden und es ertrügen, dann müssten wir in vielen Bereichen einen Gang zurück schalten und uns hinsetzen und darüber nachdenken. Diese Zeit haben wir nicht und nehmen wir uns nicht. Denn wir wären permanent damit beschäftigt, einiges an Eigenwahrnehmung und eigenen Lebenshaltungen in Frage stellen. Das erträgt kein Mensch, und das meine ich durchaus nicht böse, ich schliesse mich ja selbst mit ein.
Beängstigend im Weiteren, dass es überhaupt möglich ist, auf so dünnem Eis eine Initiative durchzubringen. Und dies, obwohl vermutlich die wenigsten Unterschreibenden je einmal mit einer verhüllten Frau gesprochen haben, geschweige dann eine kennen.
Seit mehr als zehn Jahren leben wir mit muslimischen Kinder/Jugendlichen in einer Pflegefamilie. Und wir haben immer über vieles diskutiert. Es wäre mir aber bis heute nicht annähernd in den Sinn gekommen, alles über eine Leiste zu brechen. Im Gegenteil. Je mehr Gespräche stattfanden, desto mehr distanzierte ich mich von meinem Festgefahrenen. Gerade eben, weil es nichts Festgefahrenes gibt.

Nun lege ich meine Stimme unbeholfen im vollsten Vertrauen in die Hände von Andreas Tunger-Zanetti und Agnès de Féo. Nicht dass ich alles verstanden hätte, was sie gesagt haben. Recht muss ich Ihnen auch nicht geben, weil ich sonst mein Wissen über ihr Wissen stellen würde und das wäre unanständig und würde der Wahrheit nicht entsprechen. Und hätte ich dann noch die letzten Zweifel, dann würde ich mich für einmal wieder auf meine anektodische Evidenz verlassen - wenn auch ungern aus Prinzip - dass ich einfach stille Schaffer und Denkende mehr mag als Lauthalsige.

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Lieber Samuel Amsel, vielen Dank für diesen Kommentar, da kann ich Ihnen nur recht geben. Einer der frappierenden Züge dieser ganzen Debatte ist tatsächlich, dass sie so uniformiert verläuft und dass die Leute sich so schnell mit ihren Vorurteilen zufrieden geben - und die Experten gar nicht hören. Insofern kann ich Ihren Grundaffekt sehr gut verstehen: Dass man sich von denen leiten lässt, die offensichtlich viele Kenntnisse mitbringen und eine differenzierte Beurteilung anstellen. Herzlich, DB

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Danke für dieses fantastische Interview.

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Wenn es also vorallem Konvertitinnen, die dann auch noch in den Heiligen Krieg des IS ziehen, und Kinder die sich gegen den „Verrat“ der Eltern wenden kann man schon sagen: Nikab = Extremismus

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Lieber Herr Güntensperger, wie es Frau De Féo im Interview sagt: Ja, es gibt eine Verbindung zwischen Nikab und Terrorismus. Allerdings ist es nur ein kleiner Teil der Nikab-Trägerinnen, die dann tatsächlich nach Syrien gegangen sind, aber da ist natürlich jede einzelne eine zu viel. Das Argument dass De Féo hier geltend macht gegen das Verbot: Das Verbot hat den Nikab eindeutig attraktiver gemacht, gerade für die politisierten Trägerinnen. Das Verbot hat terroristische Berufungen gefördert nicht verhindert. Herzlich, DB

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Mit Überzeugung werde ich ein NEIN einlegen. Was hat eine Kleidervorschrift nur für FRAUEN in unserer Verfassung verloren? Wo sind wir denn da? In Saudi Arabien?

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Die Vorlage an sich ist allgemein genug geschrieben, dass sie nicht nur Frauen, sondern uns alle betrifft.
Dass aber Verbote, die Rechte von Frauen fördern soll, scheint mir relativ einfach widerlegbar. Auch, dass wir uns mit voller Brust einen liberalen Staat nennen und dann schulterklopfend eine Kleidervorschrift in die Verfassung schreiben, ist doch total absurd.

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Verlegerin
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Verbote in der Verkehrsregelung etwa fördern das Lebensrecht der Verkehrsteilnehmenden sehr wohl. - Eine Verhüllung ist eine spezielle Kleidung für spezielle Zwecke. Der Zweck einer permanenten Verhüllung ist, wie das Interview zeigt, frei gewählt. Das heisst aber nicht, dass die Verhüllung zur Freiheit führt. Es ist einfach der Wunsch nach persönlicher Freiheit. Wie viele Generationen Erfahrung in unserem Land wird es denn brauchen, bis klar wird, dass die permanente Verhüllung in die Freiheit und politische Handlungsfähigkeit führt? So lange wie zur Lohngleichheit? Oder so lange wie zur Einführung des reformierten Pfarramts für Frauen bei uns? Oder des katholischen Priestertums für Frauen?

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eigentlich ist es richtig nervend, dass es der SVP gelang ein Phänomen zu thematisieren, welches nun dermassen Aufmerksamkeit gewinnt, dass man sich damit auseinandersetzen soll und vernünftigerweise gegen den Islam in unserem Land wählen sollte,( P.S. das wollte ich noch anfügen...)

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In einem Kloster kann man seinen religiösen Eifer voll ausleben, man ist frei, sich nach Wahl für ein soziales Engagement immer wieder neu ein zu setzen. (im Idealfall)

Ebenso sollte man sein Familienleben ernst nehmen und frei bleiben für jegliche kommenden Entscheidungen. Mitsamt der "Religion", seinem Glauben ist es möglich offen und liberal zu bleiben und die Meinung der anderen zu akzeptieren, auch wenn sie gegen eigene religiöse Grundsätze verstösst. - Kinder und Ehepartner unabhängig bei wichtigen Entscheiden selber wählen lassen, bleibt Priorität.

Tatsache ist, dass auch heute immer noch schreckliche "Blutrache" oder fast so arge religiös verursachte Regeln praktiziert werden. Siehe all die Probleme, die man immer noch bei muslimischen Mädchen im Schulunterricht feststellen kann.

Das ist ein Grund für mich persönlich, solch einen übertriebenen Drang, urkonservative Regeln des Islam wieder neu begehrenswert zu machen, schlicht ab zu lehnen. Ich denke auch daran, dass Beschneidungsrituale wieder zunehmen könnten Es ist doch regelrecht kindisch, Vollverschleierung aus Trotz eigentlich aufmüpfig zur Lebensorientierung zu machen. Sind sich diese modernen Frauen der Folgen ihrer Taten umfänglich bewusst?

Natürlich wollen wir keine Kleider Regeln in unserer Verfassung manifestieren. Trotzdem ist das eine bewusste Herausforderung, deren Konsequenzen sämtlichen Urhebern dieser Initiative, seien es die jungen Frauen oder die SVP offenbar gar nicht bewusst sind. (siehe zunehmende Zahlen bei Verhüllungen).
Sorry, das sollte man nun in den Anfängen verhindern.

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Entschuldigung, als jemand, der jahrzehntelang in einem Schulhaus arbeitete, wo (damals) Schweizer Familien rund 20% der Schüler und Schülerinnen stellten - von welchen Problemen mit muslimischen Mädchen schreiben Sie? Die Beteiligung am Schwimmunterricht ist Pflicht, und es gab schon vorher kaum Gesuche um Dispens. Ausflüge und Feiern konnten immer zur gegenseitigen Zufriedenheit geregelt werden. Einzelne, vor allem afrikanische Mädchen trugen Kopftuch. So what? Erlebt habe ich allenfalls, dass beim Singen von Weihnachtsliedern einzelne Strophen nicht mitgesungen wurden. Das ist doch in Ordnung, und beweist das gute Sprachverständnis der Schüler und Schülerinnen. Übrigens ist die Genitalverstümmelung verboten. Nicht nur hier, auch z. B. in Ägypten, wo sie nicht nur von Muslimen gemacht wurde, sondern auch von den Kopten. Und verboten auch seitens der Al-Azhar, die viele Muslime weltweit als richtungsweisend betrachten. Das war nie eine muslimische Pflicht, sondern Brauch in gewissen afrikanischen Ländern, in den Golfstaaten aber völlig unbekannt

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Sie sprechen Blutrache und Mädchbeschneidungen an. Beides sind KEINE islamischen Phänomene. Die Mädchenbeschneidung wird nirgends vom Koran verlangt und von sämtlichen Gelehrten abgelehnt. In Afrika wird sie auch mehrheitlich in Nicht-Muslimischen Gegenden praktiziert.
Auch die Blutrache ist kein muslimisches sondern patriarchales Problem, welches in Gegenden wie dem Libanon oder Syrien genauso von Christen wie Muslimen ausgeführt wird.
Wollen Sie solche Probleme bekämpfen, schiessen Sie mit der Verhüllungsinitiative komplett am Ziel vorbei...

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ist ja super, dass Sie sich für Ihren Glauben so einsetzen ,Frau W., auch wenn es nicht expressis Verbis im Koran steht, wird es trotzdem durch viele islamische Männer praktiziert. Sogar in der Schweiz werden immer noch Mädchen beschnitten, obwohl es verboten ist. Zwar moderater unter besserer medizinischer Hygiene, dennoch verbotenerweise.

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Woher haben Sie die Information, dass es bei orientalischen Christen die Blutrache gibt und Frauenbechneidung im afrikanischen christlichen Kontext?
Ich kenne mich etwas aus, was Ägypten und Äthiopien betrifft.
Ich meine, dass die Leitung der dortigen Kirche solche Praktiken klar ablehnen.
Was sie uns sagen, ist, dass sie in ihrer Diskrimierung als christliche Minderheit mit vorislamischet Herkunft keine Solidarität im Westen finden. Bedingt durch den islamistischen Druck ist bereits die große Mehrheit dieser Christen in Irak und Syrien geflüchtet.
Klar, das Nikab Verbot bringt nichts wirklich.
Sehr wohl aber der Einsatz für elementare Menschenrechte für religiöse Minderheiten in islamischen Staaten und ebenso für liberale islamische Minderheiten dort, die den Nikab ablegen wollen und deren Stimmen vor Gericht gleichwertig gelten.
Auch Apostasie sollte erlaubt sein, ebenso wie Homosexualität oder Atheismus.

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Ich habe mich für ein Ja entschieden und stehe dazu, auch wenn das an dieser Stelle etwas Mut braucht. Aus folgenden Gründen:

  1. Weil die Gesichtsverschleierung laut Koran keine religiöse Vorschrift ist. Vielmehr ist die Burka ein politisches Symbol für den frauen- und letztlich menschenfeindlichen Salafismus.

  2. Weil die Burka ein Kleidungsstück ist, das aus einer patriarchalen Gesellschaft stammt und diese versinnbildlicht.

  3. Weil auch die Expertin Agnès de Feo ein einseitiges Bild entwirft, indem sie nur von den 200 BurkaträgerInnen spricht und nicht von den Musliminnen, die ein Burkaverbot begrüssen, aber dies nicht öffentlich sagen können, weil sie innerhalb ihrer Gemeinschaft mit Repressionen zu rechnen hätten.

  4. Weil es genauso politisch und ausserdem arrogant ist, wenn – von welcher Seite auch immer – behauptet wird, wer gegen die Burka sei, müsse zwangsläufig auch gegen das Kopftuch, also islamophob sein.
    Und schliesslich:

  5. Weil ich es als Feministin satt habe, in die islamophobe Ecke gedrängt zu werden, nur weil ich finde, eine Burka habe in einer aufgeklärten, liberalen Gesellschaft nichts zu suchen.
    Ausserdem:
    Auch wenn die Hälfte der 200 Burkaträgerinnen in Frankreich religiöse Schwärmerinnen oder fanatisierte Konvertitinnen oder lediglich pubertäre Teenager sind, die sich gegen das bürgerliche Elternhaus mit Eigenheim auflehnen, auch wenn die andere Hälfte mit der Burka einen Mann sucht (sic!) oder unsichere Mädchen ihre Pickel dahinter verstecken wollen (vermutlich, um ebenfalls einen Mann zu bekommen), dann ist die Burka noch immer kein religiöses, sondern ein politisches Symbol für den frauen- und letztlich menschenfeindlichen Salafismus.

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Liebe Frau F., herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Ich finde alle von Ihnen genannten Argumente nachvollziehbar. Lassen Sie mich kurz replizieren, weshalb mir ein Burka-Verbot trotzdem nicht sinnvoll erscheint:
ad 1) Die Gesichtsverschleierung wird nicht im Koran vorgeschrieben, aber ich finde das letztlich unerheblich. In bestimmten Weltregionen gehört die Vollverschleierung zum Traditionsgut und vor allem, es gibt fundamentalistische Lesarten des Islam, welche die Gesichtsverschleierung zur Praxis erhoben haben. Ich finde das genauso fürchterlich wie Sie. Der Punkt, den ich machen will: Es ist nicht an uns einen echten von einem unechten Fundamentalismus zu unterscheiden. Vollverschleierung ist fürchterlich: Ganz egal, ob sie im Koran steht oder nicht.
ad 2) Es geht zwar nicht um die Burka sondern um den Nikab, aber da gebe ich Ihnen vollständig recht. Das ist reines Patriarchat. Die Frage ist, ob wir es den Frauen verbieten sollen, sich zu patriarchalischen Praktiken zu bekennen, wenn sichergestellt ist, dass sie das freiwillig tun. Ich sehe dazu keine Handhabe. Wie sollten vielmehr schauen, dass sich unsere Gesellschaft so entwickelt, dass Frauen das nicht mehr wollen.
ad 3) Ich glaube, hier irren Sie sich. Agnès De Feo hat sehr sehr breite Recherchen angestellt, mit sehr vielen Frauen gesprochen und nie einen Hinweis darauf erhalten, dass die Frauen den Nikab unter Druck tragen. Sie hat im Übrigen auch die familiäre Situation dieser Frauen genau angeschaut und feststellen können, dass es da meistens gar keine Männer gibt, die Druck ausüben könnten. Natürlich könnten Sie immer behaupten: Ja, aber es gibt da ganz viele Fälle, die Frau De Féo aus irgendeinem Grund verpasst hat und ich bin trotzdem überzeugt, dass ganz viele Frauen gezwungen werden. Aber das ist nicht sehr seriös. Frau De Féo hat die empirische Forschung so weit getrieben wie irgend möglich und ist zum Schluss gekommen: Für den Nikab ist Zwang kein Problem. Das sollten wir nicht einfach vom Tisch wischen, weil es uns vielleicht nicht ins Bild passt.
4) Man kann sicher gegen den Nikab und nicht gegen das Kopftuch sein. Aber dass es da eine Verbindung gibt, trifft leider schon zu. In Frankreich wird jetzt sehr intensiv über weitere Einschränkungen des Kopftuchs diskutiert. Ich bin mir sehr sicher, dass das Egerkinger Komitee nach einem allfälligen Sieg am 7. März ebenfalls in die Richtung voranschreiten wird. Dass Sie persönlich diese Fragen trennen wollen, will ich Ihnen aber gerne glauben.
5) Ich verstehe es, dass Sie die frauenfeindlichen Seiten des Islams ablehnen und deshalb nicht in die islamophobe Ecke gedrängt werden wollen. Das ist völlig legitim. Und Sie haben recht: Der Salafismus ist eine frauenverachtende religiöse Doktrin und der Nikab ist das Symbol des Salafismus. Allerdings scheint mir das Argument von Agnès De Féo schon einige Berechtigung zu haben: Dann müsste man auf den Dresscode der salafistischen Männer losgehen. Sie sind auch klar identifizierbar, sie machen auch ein politisches Statement, das uns nicht gefallen kann. Wenn man sagt: Wir sind zwar für Meinungsfreiheit, aber diese Ideologie ist so extrem, dass wir diese Symbole verbieten wollen (mir ginge das zu weit, aber wenn ich Sie richtig verstehe, ist das Ihr Standpunkt), dann sollte man doch sagen: Die Männer dürfen diese Tracht nicht mehr tragen. Wir gehen primär auf die Männer los und nicht schon wieder auf die Frauen!

Fänden Sie das nicht auch besser? Herzlich, DB

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Lieber Herr Binswanger, ihre rationalen Überlegungen sind selbstverständlich alle richtig. Und eigentlich müsste ich als sehr pragmatischer Mensch gegen das Verhüllungsverbot stimmen. Da gebe ich Ihnen Recht. Auch stimmt zweifellos, was Frau de Féo in ihren Recherchen über die rebellischen Nikab-Trägerinnen herausgefunden hat, aber dann denke ich an die vielen Frauen, die unter Lebensgefahr für ihre Rechte und ihre Freiheit kämpfen und sehe eine ganz andere Relation. Und ja, in der Schweiz sind Nikab und Burka kein Thema. Aber dann erinnere ich mich zum Beispiel an die ausserordentlich begabte Schülerin meines Mannes, die weitergehende Schulen hätte besuchen können, und der vom Vater (mit der duldenden Unterstützung der Mutter) sogar verweigert wurde, eine Lehre zu beginnen, obwohl sie sich das unbedingt gewünscht hat. Das hat zwar nichts mit Nikab oder Burka zu tun, ich weiss, aber mit einer frauenverachtenden Kultur. Mein Anliegen: Ich möchte nicht, dass aus falsch verstandener Toleranz eine Parallelgesellschaft entstehen kann, welche die Werte einer liberalen Gesellschaft verhöhnt. Das ist für mich der entscheidende Ansatz. Ich nehme an, Sie kennen Michael Schmidt-Salomon und sein Buch "Die Grenzen der Toleranz. Warum wir die offene Gesellschaft verteidigen müssen". Es ist länger her, dass ich es gelesen habe, deshalb weiss ich nicht mehr, ob und wenn ja, er darin über die Burka geschrieben hat. Aber ich weiss, dass er für eine Streitkultur plädiert, die zulässt, die Dinge auszusprechen ohne gleich mit der moralistischen Keule mundtot gemacht zu werden. In diesem Sinne danke ich Ihnen herzlich für Ihre diskursive Antwort. Ich bleibe bei meinem Ja, aber ich verstehe alle, die Nein stimmen.
Herzlich, Ihre treue Leserin C. F.

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Frau F., ich habe mit Überzeugung mit Nein gestimmt. Und sage Ihnen auch gerne warum.
Ich lasse mich nicht als dankbarer Idiot vor den Karren der fremdenfeindlichen und gesellschaftsspaltenden SVP spannen, die zuerst ein „Problem“ auftreibt und dann - wen wunderts! - eine „Lösung“ dafür hat. Das Gleiche hatten wir schon einmal erlebt mit der Minarett-Initiative. Mit diesen Initiativen ist kein einziges echtes Problem gelöst, insbesondere nützt es den angeblich unterdrückten muslimischen Frauen in Saudi-Arabien oder dem Iran in keiner Weise. Die Initiativen sind Ausdruck zutiefst fremdenfeindlicher Gesinnung. Und zu sowas sage ich schon aus Prinzip Nein. Leider werden viele Stimmberechtigte in die Falle der SVP tappen, da sie glauben, dass es sich bei der Abstimmung über die Änderung der Bundesverfassung um etwas Bedeutendes handeln müsse. Dies ist ja auch der Trick der Initianten, ein Scheinproblem auf die Verfassungsstufe zu erheben.

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Ich wusste, dass ich hier in der Minderheit sein würde. Ja, Sie haben Recht, die Initiative löst kein Problem. Und ja, sie haben Recht, die Initiative kommt von der falschen Seite. Glauben Sie mir, mir sind die Initianten mindestens ebenso unsympathisch wie Ihnen. Trotzdem gibt es für mich als Feministin legitime Gründe gegen die Vollverschleierung der Frauen. Ich mag damit falsch liegen, dann bin ich eben eine "rechte" Linke, wie Alice Schwarzer. Das verkrafte ich. Was mich allerdings ärgert, ist das Schubladendenken auf der linken Seite. Ausserdem gehen im Parlament manchmal auch Linke mit der populistischen Rechten eine unheilige Allianz ein. Das muss in einer Demokratie möglich sein. Sonst sind wir bald am Punkt, wie in den USA, wo sich die Demokraten und die Republikaner schon fast als Feinde gegenüberstehen.

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Dann würden Sie auch ein Lippenstiftverbot unterschreiben, oder? Das ist ja für manche ein Symbol Frauen zu Sexobjekten zu machen.

Oder ein Verbot sich die Kopfhaare zu rasieren? Schliesslich will ja niemand Neonazis unterstützen.

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Wir haben bereits viel umfassendere Verbote. Setzen Sie sich nackt in den ÖV. Dann werden Sie schnell feststellen, welche Kleidungsvorschriften bei und gelten.

Mir ist jetzt schon klar, dass Sie dafür eine ganz 'plausible' und 'logische' Erklärung haben. Aber es ist trotzdem so, es gibt bei uns schon lange Vorschriften bezüglich Bekleidung. Aber in diesem Forum wird das konsequent abgestritten.

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Das ist ein falsches Bild. Nonnen sind religiöse Frauen, die sich der Kirche verschrieben haben. Sie leben im Kloster und sind entsprechend ihres Glaubens mit dem "Herrn", also mit Gott, "verheiratet". Und es gibt nicht nur die Nonnen, sondern auch die Mönche, die ebenfalls eine religiöse Kleidung tragen. Also bitte nicht Birnen mit Aepfel vergleichen.

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ich finde auch, man kann Ordensleute nicht in diesem Zusammenhang mit "Verhüllungsträgerinnen" vergleichen. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr ärgert es mich, denn es ist total überflüssig, unüberlegt, kurzsichtig und absolut kindsköpfig. Daraus ein "Emanzipationsproblem junger islamischer Frauen zu machen ist gar nicht relevant! ( da viel zu wenig durchdacht)

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Nikab-Trägerinnen sind religiöse Frauen, die sich ihrer Kirche/ihrem Glauben verschrieben haben - und es gibt nicht nur Salafistinnen sondern auch Salafisten, die eine religiöse/religiös inspirierte Kleidung tragen. Und nicht alle Nonnen leben in Klöstern, sehr viele leben "in der Welt", mitten unter nicht religiösen Menschen. Genau wie Niqab-Trägerinnen.

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Nonnen legen ein Gelübde ab, sie heiraten nicht, leben ausschliesslich für den Glauben, ob im oder ausserhalb des Klosters, und vor allem: sie verschleiern nicht ihr Gesicht. Burkaträgerinnen mit Nonnen zu vergleichen ist ziemlich schräg. Ausserdem: Auch wenn die Hälfte der 200 Burkaträgerinnen in Frankreich religiöse Schwärmerinnen, fanatisierte Konvertitinnen oder lediglich pubertäre Teenager sind, die sich gegen das bürgerliche Elternhaus mit Eigenheim auflehnen, auch wenn die andere Hälfte mit der Burka einen Mann sucht (sic!) oder unsichere Mädchen ihre Pickel dahinter verstecken wollen (vermutlich, um ebenfalls einen Mann zu bekommen), dann ist die Burka noch immer kein religiöses, sondern ein politisches Symbol für den frauen- und letztlich menschenfeindlichen Salafismus. Im Koran steht nirgends, dass Frauen ihr Gesicht verschleiern müssen. Diesen Blödsinn haben Männer erfunden, Männer wie die Islamisten, die fanatisierte Frauen in den Krieg gelockt haben, um sich an ihnen sexuell abzureagieren.

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Ja es ist durchaus sehr komplex - wie das Leben halt. Doch im Gegensatz was hier unterstellt ist, hatte ich sehr viel mit muslimischen und Frauen aller Art direkt zu tun. Zwangsheiraten, Ehrverbrechen, häusliche Gewalt, uws.
Und ja: Jedes Verbot erzeugt Reaktanz! Das kann nicht verhindert werden. Die Vollverschleierung genauso. Und es sind eben auch in Frankreich 50% Konvertitinnen. Deren Motivation ist eine Andere, auch diejenige der "Familienrebellinnen". Es geht auch nicht darum.
Und ja, fremdenfeindliche Reflexe werden aktiviert mit dem Verbot. Es ist wie mit dem Reflex, Leute anzuprangeren, die derzeit keine Maske tragen wo es Pflicht ist. Ein Gebot wird von einem Teil der Leute IMMER so genutzt, es dient dem Selfenhancement. Die Psychologie kann nie ausgehebelt werden, ausser duch vermehrte psychologische Bildung.
Es ist auch unbetriten unter Fachleuten, dass alle Systeme stets von Frauen mitgetragen wurden und werden. Einerseits weil kein anderes Bewusstsein da ist, die Sozialisierung erfolgt ja innerhalb eines Systems, auch unsere eigene. Andererseits, weil individuelle Menschen mental und vom Temperament her und in der sozioökonomischen Herkunft sehr verschieden sind. Man/frau kann ein für eine Gruppe eher ungünstiges System unter günstigen Umständen gut für sich selber nutzen. Und befürwortet es dann selbstverständlich. Das ist allgemeingültig. Es ist der Bewusstseinsstand, der es dann ausmacht, ob man/frau es trotzdem als unrecht erkennen kann. Hierarchische Systeme wie patriarchales Recht können Männer auch "knechten" und Frauen Vorteile verschaffen. Doch es ist für die Männer stets eine grundsätzlich rechtliche Vorteilssituation. Frau muss Mann manipulieren, um es für sich drehen zu können - und es kann sehr schiefgehen. Es ist oft eine Vorstufe der Rechtseinforderung von Frauen/Minderheiten, aber eben keine rechtliche Gleichstellung.
Kleiderordnungen könnten als nebensächlich bezeichnet werden, zu Recht meist. Und ja, auch Männer müssten eigentlich strenge Ordungen einhalten im Salafismus. Nur: Sie werden einzig Allah untergeordnet und bleiben in absolut allen Vorschriften SICHTBAR! Körper und Gesicht.
Die "Burka-Initiative" ist eine Holzhammer initivative und wird in der Schweiz wie in Frankreich höchstens einige Frauen zu mehr Verschleierung animieren - für eine gewisse Zeit, bis sie aus der "Punk"-Phase raus sind. Und gewissen Leuten eine willkommene Aufregung bieten, auch das ist gewiss. Dafür brauchte es so eine Vorschrift nun absolut nicht.
Es gibt eine einzige legitime Funktion, die sie erfüllen kann und für die bin ich froh, weil bisher noch keine einzige gemässigte und wirklich hier existierende Rechtsproblematik für muslimische Frauen wirklich von Feministinnen und breiten Mehrheit der Linken unterstützt wurde. Alles stand und steht immer unter dem Reflex: "Rassismus"! Stets steht die eigene Dogmatik im Weg, um Frauen wirklich uzu ihren Rechten zu verhelfen. Und das geht nicht mit "Individualisierung". Ein neues Recht/Gesetz wird stets irgendeiner konkreten Frau kurzfristig Nachteile verschaffen, wenn sie sich im geltenden Recht eingerichtet hat, einrichten musste. Das Recht allein löst keine individuellen Probleme, es kann sie kurzfristig sogar verschärfen. Es geht aber hier darum, endlich langfristige Perspektiven zu schaffen! Wir kennen das Prinzip der Ächtung und wie gut es gesellschaftlich wirkt. Das Burka-Verbot wirkt nach diesem Prinzip und strahlt aus. Ich hätte viel lieber dafür das Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen gehabt und viele Jahre dafür gekämpft, denn es bewirkt auch direkt hierzulande etwas konkretes. Es wäre schon laänger merhheitsfähig, aber eben: Von links kam genau das gleiche wie jetzt: Rassistisch und bevormundend für Frauen. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass es ausschliesslich für Mädchen bis 16 an öffentlichen Volksschulen gelten soll - bis 16 sind auch wir alle nämlich gesetzlich nicht religionsmündig. Fürt uns ist heute selbstverständlich, dass wir gegen unsere Eltern Rechte haben, sogar seit Geburt. Für muslimische Kinder ist das nicht so wichtig?? Spätestens hier zeigt sich, dass Kulturrelativismus stets einen Entmündigungsaspekt hat und keinesfall ein Eintreten für diese Menschen ist. Zuerst müssen gleiche Rechte als Basis durchgesetzt sein, danach kommt die indiviuelle Ausprägung, in aller Freiheit. Wer die Burka aus Rebellion trägt, sucht im Übrigen den Gesetzesverstoss im Verbot, also tun wir diesen auch einen Gefallen.

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"Man/frau kann ein für eine Gruppe eher ungünstiges System unter günstigen Umständen gut für sich selber nutzen. Und befürwortet es dann selbstverständlich. Das ist allgemeingültig. Es ist der Bewusstseinsstand, der es dann ausmacht, ob man/frau es trotzdem als unrecht erkennen kann."
Sehr geehrte Frau P., ich muss nicht in jeder Hinsicht Ihre Meinung teilen oder Ihren Argumenten folgen. Aber ich lese Ihren Beitrag auf jeden Fall als Erweiterung des ganzen Spektrums. Vielen Dank dafür.

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Sie sprechen von Kopftuchverbot an Schulen und davon, dass muslimische Kinder keine Rechte gegenüber ihren Eltern hätten. Mein Mann ist Muslim und wir haben uns entschieden, dass unsere Kinder auch muslimisch aufwachsen. Ohne Kopftuch und ohne Zwang, selbstverständlich. Aber wie oft wurden wir schon gefragt, ob unsere Kinder ihre Religion selber auswählen dürften. Als ob dies die Norm und für Muslime eigentlich zu erwarten wäre! Fragen Sie (und damit meine ich alle Leserinnen und nicht nur Frau P.) sich mal selber: Haben Sie Ihre Religion ausgewählt? Wurden Sie von Ihren Eltern ermuntert, auch andere Religionen zu prüfen als die christliche? Ich vermute mal dass dies bei mindestens 99% nicht der Fall ist. Warum wird dies dann von den Muslimen erwartet? Es ist doch selbstverständlich in jeder Kultur, dass die Eltern die Kinder in ihrer Religion erziehen. Was sie dann später glauben ist dann nicht mehr in der Verantwortung der Eltern. Für mich spricht aus dieser Einstellung „muslimische Kinder sollten ihre Religion selbst wählen können“ eine Überheblichkeit ohne Gleichen, indem davon ausgegangen wird, dass ein frei wählendes Kind sowieso die „bessere“ Religion, also das Christentum wählen würde!

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Muss doch noch kurz etwa sagen: Es geht nur darum, starke Zeichen einer zugewiesenen Rolle in einer Religion abzulehnen, bis 16. Die gibt es in der "normalen" christlichen Religion nicht. Und ich bin selber seit langem nicht mehr religiös aktiv. Auch nicht aktiv "glaubend" an irgendeine Religion. Ich bin eine Mischung aus vielen Dingen, aber religiöse gehören nicht mehr dazu. Das hat sich über die Jahre "ganz natürlich" entwickelt. ich komme aus einem relativ einfachen, bildungsfernen, aber offenen und recht intelligenten Elternhaus. Meine Eltern waren als Bauern einfach zufrieden. Also schaue ich recht offen auf Religionen zB in Schulen und erkenne einfach die Notwenidgkeit gewisser Grenzen. Wenn ein muslimisches Mädchen völlig normal gekleidet und offen für alle Fächer in die Schule kommt, sehe ich kein Grund, diese Religion zu kritisieren - wenn es denn zuhause der Mutter uch so geht.

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'eine Überheblichkeit ohne Gleichen, indem davon ausgegangen wird, dass ein frei wählendes Kind sowieso die „bessere“ Religion, also das Christentum wählen würde!'

Zeigt einzig und allein, dass Sie nicht ohne Religion denken können. Meinen Eltern war Religion egal. Der 'katholische Druck' im Dorf hat genügt, dass ich in die Kirche ging. Man wurde sonst ausgegrenzt. Mit sechzehn Jahren habe ich allen Religionen tschüss gesagt. Dabei ist es bis heute geblieben. Es sollte nicht erlaubt sein, Kinder in eine bestimmte Religion zu stecken. Das ist reine Manipulation. Wenn man sich nicht aktiv wehrt, ist man automatisch Mitglied einer Religion, die man gar nie ausgewählt hat. Mit der ersten Steuerrechnung merkt man dann, dass man reingelegt wurde.

Komisch ist, dass man in der Schweiz immer von Religionsfreiheit spricht, nie aber von der Freiheit von Religion. Seit x Jahrzehnten werde ich von diversen Religionen belästigt. Das hat für mich nichts mit Aufgeschlossenheit oder Fortschritt zu tun. Hinterwäldlerisch! Warum werden die Rechte der Religiösen immer über jene der Nichtreligiösen gestellt?

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Ich weiss, es geht eigentlich genauer um den Nikab, nicht um eine afghanische Burka. Die sieht man hierzulande nicht. Aber es ist aus meinem Text ersichtlich, dass es eigentlich nicht um Kleidervorschrift geht. Und ich weiss, für die meisten Kommentierenden sind meine Ausführungen eher provokant und sie direkt selber angreifend. Deshalb können sie schlecht offen darüber nachdenken, es erzeugt Stress, feste Ansichten in Frage zu stellen. Deshalb werden Meinungen, die die eigene unterstützen viel aufmerksamer gelesen als gegenteilige. (Confirmation Bias) Social Media hat dies noch verschärft. Damit verschärft sich die Polarisierungstendenz in der Gesellschaft. Meine Texte gehen deshalb stets auch an die Redaktion der "Republik", von der ich etwas mehr erwarte.

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Guten Tag allerseits! Wie man sieht, löst das hier besprochene Thema einige Emotionen aus. Deshalb eine Bitte an alle: Lassen Sie uns auf einer sachlichen Ebene bleiben und respektvoll miteinander umgehen.
Das heisst auch: Nicht anzweifeln, ob andere Kommentierende über etwas offen nachdenken können, und nicht direkt gegen einzelne Kommentierende schiessen, sondern sich mit deren Argumenten auseinandersetzen.
Merci!

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Vielen Dank, Daniel Binswanger! Auf ein Interview mit Agnès de Féo in einem Schweizer Medium habe ich gewartet, nachdem bereits der Deutschlandfunk über ihre Langzeitstudie berichtete: «Burka-Verbot in Frankreich. Rebellinnen hinter dem Schleier» (Fazit hier).

Sehr empfehlenswert ist auch die SRF-Kontext-Sendung «Der muslimische Blick auf das Burka-Verbot» vom 14. Februar 2021, in der Musliminnen und Muslime zu Wort kommen: «Eine Nikabträgerin, Befürworter und Gegnerinnen, Amtsträger und einfache Bürgerinnen».

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Selten habe ich so viele eigene Fragen in einem Interview gründlich beantwortet erhalten. Danke und Bravo!

Gern sähe ich dieses Interview in Tagi und NZZ. Aber solchen fundierten Journalismus zu einem politischen Thema bringen Tagi und NZZ nicht mehr zustande. Sie wollen lieber die Aufreger- und Werbemaschine am Laufen halten.

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ichfürchte...
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Liebe Republik. Möchtet Ihr dieses tolle Interview nicht vielleicht befreundeten Redaktionen im Welschland & Tessin zur Verfügung stellen? Das Wissen dieser klugen Frau sollte über unsere Republik-Blase hinaus geteilt werden.

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Wenigstens haben Sie gemerkt, dass es sich um eine Blase handelt. Das ist ja schon ein Fortschritt.

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