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Flavio Frei
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Beim Lesen des Artikels musste ich an das folgende Video des Youtube Wissenschafts-Channels Veritasium denken:

Is Success Luck or Hard Work?

Der Host beschreibt darin sehr gut das paradoxe Denken, das seiner Meinug nach zu Erfolg führt:

  1. Man muss glauben, dass man komplette Kontrolle habe und dass Erfolg nur auf den eigenen Talente und der eigenen harten Arbeit basiert.

  2. Man muss wissen, dass dies nicht stimmt, weder für einen selber noch für andere Leute.

Für mich persönlich und bestimmt auch für andere Menschen sind diese zwei Punkte einleuchtend und nachvollziehbar. Was man aber in meinen Augen nicht machen darf ist, Policies (Erlasse, Gesetze etc.) darauf basierend zu entwickeln .

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Danke, Flavio, für den Link! Mir fehlt:

  1. Man muss sagen, dass man komplette Kontrolle habe und dass Erfolg nur auf den eigenen Talente und der eigenen harten Arbeit basiert.

Genau dies wird ja in (neoliberalen) Leistungsgesellschaften wie der unseren gemacht: In privater wie politischer Kommunikation wird dies und das Gegenteil – für Misserfolg und schlechter Stellung ist jede*r selbst schuld – behauptet. Um mit dieser Werthaltung und entsprechender Politik die Stellung der Erfolgreichen zu legitimieren und zu stabilisieren. Sowie um nichts oder so wenig wie möglich mit den «Anderen» zu teilen.

Das Wissen um die Unwahrheit wird vor Anderen geheim gehalten, mehr und mehr ausgeblendet, ja verdrängt. Bis man die Unwahrheit selbst beginnt zu glauben und fortan im Selbstbetrug, in der Unaufrichtigkeit (frz. mauvaise foi) lebt. Und mit der Kommunikation und Politik alle anderen dazu bringt, sich ebenfalls selbst zu betrügen.

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IP - Suisse - Bäuerin
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Vielen Dank für diesen Artikel! Er spricht Dinge an, die mich schon seit vielen Jahren beschäftigen. Hinzufügen möchte ich noch zwei Aspekte, die mich mein Leben als Adoptivmutter gelehrt hat: Erstens: Der Mensch ist bei seiner Geburt kein unbeschriebenes Blatt. Es wurden ihm unterschiedliche Begabungen mit auf den Weg gegeben und in unterschiedlicher Ausprägung. Leider ist diese Verteilung nicht gerecht. Förderung ist deshalb gut. Nützt aber da nichts, wo das Potential fehlt. Betroffene Menschen können sich dadurch noch wertloser fühlen. Und zweitens: Adoptiveltern wissen, dass Menschen, die ein Trauma erlitten haben (z.B. Babys, die zur Adoption freigegeben wurden, Kinder, die von einer Pflegefamilie zur nächsten weiterziehen , Heimkinder etc) je nach Resilienz , keine Energie mehr aufbringen können für ganz normale Tätigkeiten. Bei Adoptiv- und Pflegekindern spricht man von Anstrengungsverweigerung unter der ein Teil von ihnen (und damit ihr Umfeld) leidet. Auch das Sich - Anstrengen - Können ist also nicht jedem Menschen gleich gegeben und erfordert für manche Menschen viel mehr Energie als es sich der Durchschnittsmensch vorstellen kann. Meiner Meinung nach ist also auch das kein objektives Kriterium, wonach ein Mensch belohnt werden sollte. Bis jetzt fällt mir als einzige Lösung nur das bedingungslose Grundeinkommen ein....und die Anerkennung der Würde jedes Menschen, egal, was er tut oder evtl. auch nicht tut.

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Alte weisse Frau
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Vielen Dank, es ist sehr wohltuend auch einmal etwas von realer Erfahrung zu lesen.

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Ich fände es schön, könnte die eklatante Unterbezahlung der Pflegeberufe in Beziehung gesetzt werden zur Meritokratietheorie. Pflegende in den Intensivstationen müssen jahrelang sehr viel lernen, hervorragend sein in Theorie und Praxis in einem hochtechnologischen Beruf und verdienen für ihren oft gesundheitsschädigenden Einsatz weniger als jemand, der ein Praktikum in einer Versicherung macht: warum wird das hingenommen? Warum wird dieser für die Gesellschaft und somit die meisten von uns äusserst schädliche Umstand nicht schleunigst von der Politik aufgegriffen um ihn zum Wohle aller zu korrigieren? Könnte es sein, dass Meriten den Geschlechtern auch ganz unterschiedlich zugeschrieben werden? Frauen können per se pflegen, sie müssen sich nicht besonders anstrengen, verdienen deshalb nicht einen guten Lohn. Die Meritokraten kommen zu ihrer Leistung, weil sie sich auf ein Heer unterbezahlter Dienstleistender abstützen. Trügt meine Wahrnehmung, oder haben sich bis jetzt an der Diskussion v.a. Männer beteiligt und wenn ja, warum könnte das sein?

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David Graeber hat ja gemeint, dass schon fast ein umgekehrtes Verhältnis von Bezahlung und gesellschaftlichem Wert vieler Arbeiten bestehe: gar keine Bezahlung (unbezahlte Care-Arbeit) oder ziemlich tiefe (Pflegende, Putzpersonal, Abfallentsorgung u.v.m.) für viele Tätigkeiten, ohne die eine Gesellschaft in kürzester Zeit nicht mehr funktionieren könnte, während Tätigkeiten, deren Nutzen für Andere fraglich ist oder die sogar Schadenspotenzial haben (etwa vieles im administrativen und Management-Bereich, sog. "Bullshit Jobs"), oft sogar ziemlich erklecklich bezahlt werden.
Das hat mit Geschlechter-Rollenvorstellungen zu tun (angeblich natürliche Begabung und Zuständigkeit der Frauen fürs Kümmern und Sorgen), aber auch mit paradoxen Folgen der intrinsischen Motivation (gerade weil Menschen den Sinn und die schiere Notwendigkeit einer Arbeit sehen, üben sie diese trotz schlechter Arbeitsbedingungen weiter aus, und sie streiken nicht, weil sie wissen, dass unschuldige Menschen darunter leiden würden oder gar in Lebensgefahr kämen).

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Alte weisse Frau
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Es sind nicht nur die gutausgebildeten Pflegekräfte, die mehr Anerkennung verdienen. Was ist mit den Putzfrauen und -männern, die dafür sorgen, dass ein Betrieb überhaupt laufen kann..Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Privatkliniken, Rechtsanwaltbüros, Galerien, Museen, Theater, ..........? Was ist mit den sogenannten Dienstboten, Serviceangestellten, Fahrradkurieren?
Früher haben sie wenigstens noch Trinkgeld bekommen als Anerkennung, wieso machen das heute wegen ‚bargeldlos‘ nur noch so Wenige? Das ist doch ein ganz einfacher Weg einmal gleich anzufangen mit der Würdigung.
(Natürlich weiss ich auch, dass das nicht systemrelevant ist.)

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Advocatus diaboli
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Es braucht schon eine gehörige Portion Masochismus, sich jede Samstag Binswangers Kolumnen und Essays zur Weltlage zu Gemüte zu führen, da sie einen – oder zumindest mich – in der Regel tief bedrückt und beelendet zurücklassen. Aber es hilft ja nichts. Die Welt wird ja nicht besser, wenn ich das alles nicht lese. Von dem her: herzlichen Dank, Herr Binswanger, dass Sie dranbleiben und nicht selber verzweifeln.

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Meine persönliche Schlussfolgerung dieses lesenswerten Beitrags: Wenn "Verdienst" überall, also auf allen Bildungs- und Qualifikationsstufen, respektiert und anerkannt wird, dann verliert er seinen Herrschaftsanspruch und die Meritokratie hat ein Ende. Überzeugt mich! Anzufügen wäre dabei allerdings, dass sich Anerkennung und Respekt aller Bildung- und Qualifikationsstufen mit Tiefstlöhnen und einer sich immer weiter öffnenden Lohnschere äusserst schlecht verträgt. Mein persönliches ceterum censeo: es braucht einen existenzsichernden Mindestlohn sowie eine Begrenzung von Stratosphärenlöhnen. Zu beidem gab es hierzulande ja auch schon Volksinitiativen - affaire à suivre!

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einer unter vielen
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Unglaublich wichtiger Artikel! Zu meinem Erstaunen erklärte mir in den USA ein Vertreter der untersten Einkommensstufe mal, dass die Seltenheit der Dishwasher-Career deren Reiz eben gerade erst ausmache, ähnlich der Millionen-Lotterie. Nur ganz wenige schaffen es, aber die, dies schaffen, machens richtig fett! Und offenbar war die Hoffnung, es mal richtig nach oben zu schaffen und das dann aber so richtig auszukosten, attraktiv genug, die momentane Misere zu ertragen. Dieses System schien aus seiner Perspektive somit fast wünschenswerter, als eine ausgedehnte Mittelmässigkeit. Diese Verteidigung des (indoktrinierten?) Systems in allen Einkommensstufen erschreckte mich zutiefst und ich denke es braucht noch viele Artikel und Diskussionen zu diesem Thema, bis ein Umdenken möglich wird!

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Retraité
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Ein ganz wichtiges Thema. Besten Dank Herr Binswanger. Ich möchte dazu erwähnen, dass die Meritokratie mit ihrem Leistungszwang auch beträchtliche gesundheitliche Folgen hat: Herz-Kreislauferkrankungen, Sucht, Burnout, narzistisches und psychopathisches Verhalten etc.

Mir kommt unsere Leistungs- und Konsumkultur vor wie ein immer schneller drehendes Hamsterrrad, die viele Leute sehr beansprucht und zugleich zu einer Entleerung der Sinnhaftigkeit des Lebens führt. Wir sind alle nur noch Drohnen, die durch Leistungs- und Sachzwänge am Strampeln gehalten werden.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die Eule der Minerva beginnt bekanntlich erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug. Damit ist nicht Binswangers Rezension gemeint, die erst mit der deutschen Übersetzung kommen darf (an dieser Stelle: Herzlichen Dank dafür!). Auch nicht, dass vor Sandel et al. bereits Bourdieu u. a. in «Die Illusion der Chancengleichheit» (1964/71) und «Der Staatsadel» (1989/2004) die implizite Meritokratie in der expliziten Demokratie Frankreichs kritisierte. Sondern, wie Youngs Dystopie zeigt, dass die Meritokratie schon von Anfang an im Prinzip am Ende war, aber dies erst jetzt – an ihrem «realisierten» Ende – reflektiert wird.

Selbst ein sog. «Arbeiterkind» – und zu allem Überfluss auch noch ein sog. «Ausländerkind» – waren mir schnell die impliziten Regeln, Normen und Wertungen am Gymnasium, an der Universität und im Berufsleben bewusst.

«Ein vom Marktwert unabhängiger Wert» – wartet… Hiess das nicht mal… Ja, genau: «Würde»! Dabei würde ich – und das wäre meine Kritik – sie nun nicht wie Sandel auf die «Würde der Arbeit» einengen. Denn, wie etwa Arendt zeigte, wird in der «totalen Arbeitsgesellschaft» der Mensch nicht nur als Konsument, sondern auch nur als Produzent instrumentalisiert. Was fehlt, ist also die «Würde des Menschen» und mit ihr die «Würde der Bürger*in».

Es ginge also v. a. auch um Partizipation und Bürger*innen-Tugenden. «Tugenden» dürfen dabei nicht allzu schnell mit «Leistungen» synonym gesetzt werden. Da Letzteres allzu schnell mit «Nutzen» und dieses wiederum mit «Geld» synonym gesetzt – oder mit Bourdieu gesprochen – «konvertiert» wird.

Tugenden der Klugheit und der Güte werden dann schnell durch Untugenden der Gerissenheit und Boshaftigkeit ausgestochen, welche dann durch Geld und «erkauften» Status legitimiert werden.

Jemand der die «politische Kraft von Anerkennung und Verachtung» eingehend untersucht hat, ist – mit Rückgriff auf Hegel – Axel Honneth.

Trump, nun, vermochte die «deplorables» (H. Clinton) nicht wegen seines eigentlich konträren ökonomischen, sozialen und politischen Status abzuholen (was allen als Widerspruch erschien), sondern einzig wegen seines moralischen. Galt er doch – obwohl «celebrity» – als Anti-Establishment, als stigmatisierter outsider, als mit Füssen getretener underdog im politischen und moralischen Feld. Je stärker «das Establishment», «der Mainstream», ihn ausgrenzte, umso authentischer, umso stärker wirkte er. Bis die Eskalationsspirale sich zum Sturm aufs Capitol zuspitzte. Was gleich blieb, war der Rangkampf in der Hierarchie. Derjenigen zwischen «winners» und «loosers».

Können wir uns eine Gesellschaft vorstellen, ohne moralische «winners» und «loosers»? Ohne moralische Hierarchie? Zumindest gälte es, dies zu versuchen. Daran erinnert uns, ja, gemahnt uns Sandel. Was vielleicht sein wichtigster «Verdienst» wäre.

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Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen mit der „Würdigung“ bzw. Instrumentalisierung des Menschen als Konsumenten oder Produzenten: In unserer Wissensgesellschaft werden Mitarbeiter:innen entlassen, weil sie „überflüssig geworden“ sind. Sie sind dann nicht einmal mehr „instrumentalisierte Produzenten“. Jegliche Form der Anerkennung ihrer Meriten am Erfolg des Unternehmens und am erfolgreichen Wegrationalisieren ihrer selbst wäre in diesem System sogar paradox. Die Chance auf eine Requalifizierung ist gering und so zieht dann die Arbeitslosigkeit herauf. Eines der wenigen Mittel dagegen ist - wie ich in meiner Bekanntschaft mehrfach erlebt habe - sich einzulassen auf einen Job mit tieferer Qualifikation, mithin auf den nächsten, der die Saat in sich trägt, den ihn ausfüllenden Menschen überflüssig werden zu lassen. Und auch zum Status „arbeitslos“ lässt die meritokratische Haltung keine Zweifel übrig - selber schuld.
Ja, wie schaffen wir es, in Richtung einer Gesellschaft ohne loosers und damit auch ohne winners zu gehen oder zumindest zu denken? Die richtige Frage, die Sie stellen, Herr Rebosura.

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Besten Dank für Ihre Hinweise auf Hannah Arendt und Axel Honneth! Der Aufstieg der meritokratischen Eliten hat m.E. auch etwas mit der Entpolitisierung der Demokratie zu tun. Maggie Thatcher behauptete, es gebe keine Alternativen mehr, und die neoliberal gefärbte Sozialdemokratie des "Dritten Weges" à la Blair und Schröder pflichtete ihr bei. Wenn es aber im politischen Raum keine Wahl mehr zwischen alternativen Wegen geben kann, dann entscheiden eben die, die es am besten zu wissen glauben: die Experten und Expertinnen, die an den Eliteeinrichtungen geschult worden sind.

Deshalb ist eine grundlegende Reform nicht nur in den Bildungsinstitutionen notwendig. Entscheidend wäre es, wie Honneth in seinem Buch "Die Idee des Sozialismus" (Berlin 2015) schreibt, alle Formen von "Zwang, Herrschaft und Nötigung in den persönlichen Beziehungen und in der demokratischen Willensbildung" zu überwinden. Damit würden Frauen und Männer nicht mehr auf ihre Rolle als Konsument*innen - beispielsweise des politischen Betriebs - reduziert, sondern nähmen ihre Sache selbst in die Hand.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Absolut, Herr S.! Die «Entpolitisierung der Demokratie» geht mit ihrer Ökonomisierung einher. Und der Rhetorik der Alternativlosigkeit folgt der «Sound des Sachzwangs». «Die unsichtbare Hand des Marktes» regelt das, die Propheten der Vorsehung sind die Ökonom*innen und deren Modelle und die Ausführenden des Gesetzes die Technokrat*innen. Die Bürger*innen sind nurmehr die Bevölkerung, das Objekt einer biopolitischen «Gouvernementalität». Der «Biomacht», wie Foucault schreibt, welche die disziplinierte und sich selbst kontrollierende und optimierende Masse durchdringt und ordnet.

Doch wo Macht ist, ist auch Widerstand. Ihre «demokratische Willensbildung», Herr S., bedarf dann geradezu der Bildung einer «Gegen-Macht». Die Menschen müssen sich selbst als Bürger*innen (frz. citoyens) verstehen und sich aktivistisch durch empowerment selbst befähigen und kooperativ solidarisch partizipieren. Um so gemeinsam Erlerntes zu entlernen und Alternatives neu zu erlernen.

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Ein spannender Beitrag. Aus meiner Sicht ist dabei die Rolle des Sports komplett vernachlässigt. Sie spielt meines Erachtens gerade für die breite Bevölkerung eine wichtige Rolle. Sie ist für die Akzeptanz der Meritokratisierung ein wichtiges Element, wenn nicht das Wichtigste. In keinem anderen Zweig wird die Belohnung der Spitze zu einem solchen Kult erhoben. Siehe jüngst Vertrag Messi/Barcelona.
Volkswirtschaftlich lässt sich das auch auf einfache Weise herbeiführen: Durch Verknappung. Gleichzeitig durch die Konzentration der Ressource Geld auf möglichst wenige Akteure.
Wieviel Sportförderung wäre auf allen Stufen mit 555 Mio Euro möglich?
Die Spitzenuniversitäten weiten ihr Angebot nicht gemäss der Nachfrage aus, sondern Sonnen sich in ihrem Ruhm. Das dient vorallem einer selbstgefälligen elitären Vorstellungen eines Alleinstellungsmerkmals. Volkswirtschaftlich wäre es jedoch auf allen Stufen sinnvoller das Angebot auszuweiten. Das Ergebnis wäre eine grosse Zunahme von qualifizierten Menschen. Unter ihnen wären dann auch noch mehr hoch Talentierte zu finden als mit dem aktuellen System.
Aber was, wenn die Arbeit schwindet, trotz besserer Qualifikation? Dieses Problem lässt sich wohl am Sinnvollsten durch ein bedingungsloses Grundeinkommen lösen.
Der Ruf nach Anerkennung ist wichtig und muss zwangsläufig priorisiert werden. Aber was braucht es dazu? Eine klare Wertedebatte die Arbeit am Menschen und am Gemeinwohl thematisiert und nach üblichen gesellschaftlichen Werten einordnet. Sonst bleibt es beim alten System. Die Anerkennung der Geldelite und Ellbogentechniker für einfache Menschen und deren Jobs bliebe in etwa die Qualität eines Hundehalters für seinen Hund. Er tätschelt den Kopf seines Hundes wenn sein Barry schön brav aportiert. Den Negativfall können sie sich ja selbst denken.
Wollen wir das? Nein!

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Ich teile ihre Ansichten zum Spitzensport und Eliten-Bildungsinstitutionen.
Sie haben aber offenbar eine sehr schlechte Meinung von Hundehaltern. Viele Hundehalter leben genau dieses moralische Dingsbums das im Artiklel als Lösung des Problems angedeutet wird. Der verantwortungsvolle Hundehalter wird dem Hund genau diese Wertschätzung und Anerkennung zukommen lassen, die dieser genau so braucht wie ein Mensch. Das Streicheln und Tätscheln ist nur die Ausdrucksform, welche für den Hund am verständlichsten ist. Der Lohn dieser Bemühungen ist die Anerkennung und Wertschätzung welche der Hund durch Gehorsam, Zuneigung oder energische Verteidigung gegen echte und eingebildete Gefahren seinem Halter zukommen lässt. Hier schliesst sich ein Kreis, was doch so symptomatisch für das Leben an sich ist, das sich scheinbar immer in Kreisläufen organisiert, um dem Chaos der Entropie ein Schnippchen zu schlagen.

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Danke Herr Sieber für diesen Einwand. Einverstand bin ich mit Ihnen und allen Hundehaltern wenn es um Zuneigung und Wertschätzung für den Vierbeiner geht. Dann hört es in diesem Gleichnis jedoch schnell mal auf.
Denn es gibt sehr wohl ein paar Parallelen zur besprochenen Meritokratie. Das liegt in der Anlage des Hundehaltens. Es ist ein einseitiges und unzweideutiges Machtgefälle. Es handelt sich nicht um ein demokratisches System. Der Hundehalter entscheidet relativ diktatorisch über alle Aspekte des Hundelebens. Er ist Legislative, Exekutive und Jurisdiktion, was seinen Hund anbelangt aus seiner Sicht gleich alles in sich selbst vereint.
Er hat sich diese Merite ja verdient ein Hund zu halten. Kraft seiner eigenen Existenz und seines Willens. Oder braucht es da mehr?
Kein Hund kann über sich selbst bestimmen. Wenigstens nicht in unserer Gesellschaft. In Afrika und anderswo in 'natürlichen Habitaten' sieht man noch 'streunende' Rudel, denen es allem Anschein nach sehr gut geht in ihrer selbstorganisierten Freiheit.
Bei uns sieht es dagegen für den Hund schlecht aus. Was er alles nicht kann und/oder nicht darf: Seinen Drang nach Bewegung, seine Sexualität, sein natürliches Habitat, sein Rudel nicht selbst wählen, seinen Instikten nicht nachgehen wenn sie aufkommen. Das scheint mir dann doch schon weit weg von einem idealen Hundeleben.
Die Zuneigung und Anerkennung erfährt der Hund in der Hauptsache, wenn er sich nach den Vorstellungen seines Halters verhält und nicht kraft seiner Existenz.
Zudem erwartet der Hundehalter gerade diese Unterwürfigkeit, den Gehorsam und seine Zuneigung. Stellt sich der Hund mit seiner ganzen Persönlichkeit und seiner Energie dagegen lässt ihn dass sein Besitzer spüren. Schon das Wort Besitzer zeigt das Machtgefälle wie oben beschrieben sehr deutlich.
In einem puren meritokratischen System verkommt diese Hundehalter Betrachtung zu einer dystopischen Vorstellung einer nicht egalitären Gesellschaft, die wohl keinerlei Freiheiten mehr offen lässt für die 'Verlierer' des Systems.
Oder wollen Sie mal freiwillig mit einem Hund tauschen und seine Realität erfahren?

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Vielen Dank für diesen scharfsinnigen Essay, Herr Binswanger. Das Einzige, was mir darin - und damit auch in Sandels Buch? - fehlt, ist eine explizite Behandlung der ArbeiterInnenbewegung. Rawls Linksliberalismus, der hier als Gegenentwurf zum Neoliberalismus ins Feld geführt wird, ist ja historisch gesehen auch eine bürgerliche Ideologie. Aber im 19. uns 20. Jahrhundert waren es explizit nicht bürgerliche Parteien, Gewerkschaften und Genossenschaften, die es gerade den Geringqualifizierten erlaubten, sich als gemeinsam Handelnde, als Subjekte der Geschichte zu begreifen. Mein Ursgrossvater etwa, 'simpler' Bauhandlanger, zog seinen trotzigen Stolz aus diesem Klassenbewusstsein. Didier Eribon beschreibt dieses Phänomen ja treffend in "Rückkehr nach Reims" und erklärt auch dessen Niedergang: Als die linken Parteien aufhörten, sich als proletarisch zu begreifen und alle nur noch zur Mittelschicht gehören sollten bzw. wollten, hatte der trotzige Stolz der 'Leute von unten' kein politisches Gefäss mehr, bis er vom Rechtspopulismus aufgesogen wurde. Für mich ist daher klar: Ohne ein solidarisches Bewusstsein als kollektiv Handelnde, das im gemeinsamen Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen entsteht, können diejenigen, die in der Meritokratie verachtet werden, ihre Würde nicht zurückgewinnen.

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Dorian Mittner
wohlwollend kritisch
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Ich habe bisher oft nicht die richtigen Worte gefunden, um mein Unbehagen auszudrücken, wenn (auch linksliberal denkende) Menschen politisch-korrekt von "bildungsfernen Schichten" sprechen, um im nächsten Atemzug soziale Ungleichheiten zu rechtfertigen und bestehende Machtverhältnisse zu zementieren. Dieser Artikel hat mir die komplexen Zusammenhänge hinter dieser Denkweise aufgezeigt und die passenden Argumente für solche Situationen mitgegeben. Vielen Dank!

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Keine andere sozialpolitische Absicherung könnte besser kompatibel sein mit dem meritokratischen Ethos: Welche Form der Bedürftigkeit wäre geeigneter dazu, als «ohne eigenes Verschulden» betrachtet zu werden, als der Krankheitsfall.

Schön wär’s. Auch im Gesundheitswesen bzw. bei den Krankenversicherungen macht sich der Geist der Meritokratie breit. Auf der einen Seite gibt es Bonusprogramme für Versicherungsnehmer, die fleissig ihre Schritte zählen oder sonstige Fitness betreiben. Auf der anderen Seite sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, „selbstverschuldete“ Erkrankungen zu sanktionieren bzw. die Übernahme von deren Behandlungskosten zu reduzieren. Die Belohnung von gesundheitsförderndem Verhalten könnte somit der Unterhöhlung des Solidaritätsprinzips den Weg bahnen. Da sollte man auf jeden Fall sehr wachsam sein.

P.S. Die Auffassung einer Krankheit als Strafe Gottes ist ja schon sehr alt. Ich habe den Eindruck, dass das unbewusst leider immer mal wieder mitschwingt.

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einer unter vielen
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Absolut; das drückt sich zum Teil schon in der Sprache aus. So stosse ich mich sehr an der Formulierung “er oder sie hat eine Depression gemacht”, den ich von verschiedenen Seiten zu hören bekommen. Man BEKOMMT zwar eine Grippe, aber man MACHT eine Depression: da ist doch die (teils unbewusste aber trotzdem falsche) Verantwortungszuweisung offensichtlich!

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Und deshalb macht es die Schweiz - bisher - besser. Leute mit handwerklichen Fähigkeiten werden geschätzt, auch die Putzfrau, solange sie arbeitet. Das ändert sich in Zentren wie Zürich und Genf, wo die Expats eine neue Philosophie (Elitär, Universitäts- fokussiert, Privatschulen) einbringen. Dem müssen wir uns entgegenstellen, sonst passiert und das gleiche wie in den USA und auch Europa. Wir sind alle etwas Wert, wir sind alle wichtig, was auch immer das heisst. Die momentane, von billigem Geld getriebene Entwicklung (künstlich erzeugte, boomende Vermögenswerte währendem die Wirtschaft in einer grossen Krise steckt), zeigt einmal mehr: Wir stecken da NICHT gemeinsam drin, I win, you lose! Die Vermögenskonzentration wird auf die Spitze getrieben, ein Geldadel geschaffen. Das muss sich ändern, und zwar schnell.

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Ich empfehle Anonym 2 die Zeitung 'work' der unia. Da wird von streikenden Putzfrauen berichtet, aber auch von Tankstellenverkäuferinnen oder polnischen Müttern, die schwarz unsere Alten rund um die Uhr zuhause betreuen und wo weder Lohn noch Anerkennung stimmt.
Apropos Tankstellen: Gemäss public.eye gehören 200 Tankstellen in der ganzen Schweiz und mehr als 60 Migrolino-Shops der Aserbeidschanischen Staatsfirma Socar als direktem Arbeitgeber der Verkäuferinnen.

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Eine tiefgründige Analyse mit weiter Sicht! Besten Dank für diese gute und anregende Zusammenfassung des Werkes von Michael Sandel.
„Es geht nicht nur um Mindest­löhne und Umverteilung. Es geht um Respekt und Anerkennung.“ Den Menschen als Menschen wertzuschätzen – auf dieser Einsicht und Grundvoraussetzung muss eine humanere Gesellschaftsordnung aufbauen.

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Theologe
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Ein Kern des meritokratischen Systems ist: „Ich habe DAS verdient“, was mir dann erlaubt, damit zu machen, was ICH will. Das fungiert als extrinsische Motivation für ganze Lebensentwürfe, eigentlich auf der Basis von Gier - ich will das für mich haben!
Wie kann es gelingen, diesen Ich-Strudel zugunsten von Gemeinwohl zu kehren? Da wäre wohl Grosszügigkeit ein wichtiger Kern. „Was kann ich für andere tun?“ Im Bildungssystem würde sich das so zeigen, dass Wege zur Bildung Kindern grosszügig und auf Vorschuss zugetraut werden, mit grosser Fehlertoleranz und vielen Möglichkeiten, selber mit anderen zusammen co-kreativ Wege zu suchen, und nicht als „Leistung“ einzelner, die mit jedem Zeugnis abgerechnet werden muss.

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Mitabonnent
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Genau darum wird das bedingungslose Grundeinkommen immer ein wichtigeres Ziel. Man kann sich nach dessen Einführung immer noch darüber streiten, wer "oben" sein soll und warum, aber wenigstens müssen sich die "unten" nicht mehr dafür rechtfertigen, warum sie auch ein einigermassen erträgliches Leben führen möchten (ob mit oder ohne Verdienste, eben: bedingungslos).

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Die Prädestinationslehre des Augustinus von Hippo kann als Ursache der Meritokratie betrachtet werden, weil sie von den Reformatoren übernommen wurde. Eine besonders raffinierte und erfolgreiche Variante der Prädestinationslehre ist Jean Calvin eingefallen, eine Variante die den Hauptnachteil der Lehre eliminierte, eine Lähmung der Wirtschaft durch die Haltung: «Warum einen Finger regen, wenn doch alles vorbestimmt ist?». Er verkündete, dass Gott, der sowohl liebt, als auch verdammt, seinen Entscheid für jeden Einzelnen an seinem wirtschaftlichen Erfolg in der Arbeitswelt sichtbar macht. Er hat mit der franziskanischen Armutsromantik – die Armen werden ihren Lohn im Himmel erhalten und für ihre Leiden entschädigt – radikal aufgeräumt. «Gott liebt die Armen nicht. Würde er sie lieben wären sie nicht arm. Denn Geld ist ein Segen Gottes.» Diese Lehre breitete sich rasch aus von Genf nach Amsterdam, London, Boston, New York und Berlin, wo die Calvinisten zu den kühnsten Unternehmern wurden und die Industrialisierung des Westens einläuteten. Sie führte nach Max Weber zu dem knallharten Wirtschafts-System, das wir heute haben.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Ein spannender Beitrag, danke dafür. Doch finde ich einige Punkte etwas vernachlässigt, auch wenn sie angesprochen werden.

In einer Meritokratie wird Misserfolg als selbstverschuldet angesehen und die daraus folgende Armut als „verdient“. Das ist die hässliche Seite der Meritokratie. Doch der Artikel geht zuwenig darauf ein, dass die Meritokratie nur gespielt ist. Die Karten sind gezinkt, wer nicht dazugehört, hat keine Chance. Ich empfehle das Buch „View from Flyover Country“ von Sarah Kendzior.
https://www.goodreads.com/book/show…er-country

Dann wird der Aufstieg von Populisten wie Trump gerne als Verzweiflungsschrei der unteren Schichten gesehen. Am stärksten gewonnen hat er aber in der weissen Mittelschicht. Schön illustriert durch die Immobilienhändlerin, die am 6. Januar mit dem Privatjet nach Washington flog und am Sturm auf das Kapitol mitmachte. Meiner Meinung nach spielt Rassismus eine viel grössere Rolle als Klasse, Ausbildung und Einkommen.
https://lwp.georgetown.edu/visiting…mp-voters/

„The identification of Trump with the white working-class is mostly not true.“

„While most reports on votes or polling define the working-class by lack of a college education, others define the working class by income (usually households with annual incomes below $50,000). But that definition of class also doesn’t support the idea that Trump won because of the white working class. Whites from households earning less than $50,000 are less likely to vote than other whites, and in 2016 those who did vote did not lopsidedly opt for Trump.“

Ausserdem müssen wir in dieser Frage gar nicht über den grossen Teich blicken. Ein Blick auf die Schweizer Gymnasien erzählt die gleiche Geschichte, wenn auch weniger brutal.

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Betreffend grossem Teich: James Baldwin und Josephine Baker empfanden es als befreiend, in Europa als "Menschen" wahrgenommen zu werden. Eigentlich erstaunlich angesichts der Stellung von Frankreichs Afrika-Corps in WWII und Indochina und der brutalen Unterdrückung im Maghreb, die beide in die heutigen Banlieues ausstrahlen.

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Katharina Schlatter
Content Specialist
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Meiner Ansicht nach wurden Baker und Baldwin in Frankreich als Amerikaner betrachtet und deshalb als Menschen behandelt. Ausserdem waren beide da bereits berühmt. Hätte man sie als aus den Kolonien stammend betrachtet, wäre der Empfang nicht halb so freundlich gewesen. Jedes Land hat seinen eigenen Rassismus, der mehr mit den Rassisten selber zu tun hat als mit den Menschen, die rassistisch behandelt werden.

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Ein sehr wichtiger Beitrag, wieder ein Beitrag, der für sich alleine das Republik-Abo bezahlt macht.
Schade finde ich, dass die enorme Informationsbombe nicht strukturiert wurde und möglicherweise viele Leser unterwegs verlorengingen. Das Thema hätte es verdient, in mundgerechtere Stücke einer Serie unterteilt zu werden. Fleisch am Knochen für eine Serie hätte es auf jeden Fall mehr als genug.
Ich finde, dass wir die Meritokratie nicht mit dem Bad ausschütten müssen. Aus zwei Gründen:

  1. Ich finde, dass das Problem nicht ist, dass es die Meritokratie gibt. Sondern die disproportionale Entschädigung (finanziell und in gesellschaftlicher Anerkennung) der "gesellschaftlich und wirtschaftlich Leistungsfähigen". Denn es geht dabei heute nicht mehr hauptsächlich um harte Arbeit. Die "Leistungsfähigkeit" beruht auf Kompetenzen, die man unverdient erhalten hat: Durch die genetische Ausstattung, durch ein günstiges soziales Umfeld.
    Dass dies geht, zeigen die skandinavischen Staaten. Deren egalitäre soziale Struktur geht nicht zulasten ihrer gesellschaftlichen, staatlichen und wirtschaftlichen Leistungsbilanz. Ganz im Gegenteil.

  2. Ich teile die Meinung von Sandel nicht, dass man in einem Jahrgang Akademiker kaum mehr nach "wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Leistungsfähigkeit" selektionieren kann und besser auslost, wer die verantwortungsvollen Stellen erhält. Meine Erfahrung ist, dass der Talentpool für die Besetzung von Spitzenstellen sehr knapp ist und es für die Leistungsfähigkeit von Firmen und Institutionen sehr stark auswirkt, ob sie die guten Leute erkennen und kriegen. Das Problem ist, dass diese Kompetenz durch den IQ und schulische/akademische Qualifikationen nur sehr unzureichend abgebildet werden und das Bildungssystem auf allen Stufen sich dagegen wehrt, andere Kompetenzen in seinen Kanon aufzunehmen. Auch eine Form von Bildungsdünkel.
    Und zum Schluss: ich hoffe, dass wir Linken (ja, ich zähle mich noch dazu) den Aufruf, über unseren Bildungsdünkel nachzudenken, ernst nehmen. Im ureigensten Interesse.

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Spannender Artikel und auch interessanter Input Herr R. Danke. Was Sie in Ihrem 2. Punkt ansprechen, in dieser interessante Leserdiskussion jedoch noch kaum angesprochen wurde, ist eine gesellschaftliche Definition von Intelligenz. Weshalb bloss glauben wir, dass der IQ dies auch nur einigermassen „richtig“ oder ganzheitlich abbildet"? Ist es nicht viel mehr so, dass dieser sehr einseitig Begabungen wiedergibt? Wie steht es denn um Empathie, emotionale Intelligenz, soziales Denken, Fairness anstatt Logik. Ich arbeite im IT-Umfeld und für mich ist es gruselig zu sehen, wie oft rein logisch rationale und oft leider auch emotionslose analytische Talente gesucht werden und fördern. Leider finden wir dies gerade auch im Management und Top Management in den letzten Jahren immer ausgeprägter (nicht nur in der IT...). Passt wunderbar zur Mediokratie. Wir können so auch dieses Algorhythmus-verherrlichende Business Denken so schön einordnen. Konklusion: Lassen wir uns doch gerade beim Anstellen von Talenten nicht von Elite Unis und MBA Zertifikaten leiten sondern von unserer Lebenserfahrung und unserem gesunden Menschenverstand. Niemand hindert uns daran. Übrigens ein fundamentaler Vorteil den KMU Unternehmen gegenüber globalisierten Konzernen haben. Ja damit ist die Mediokratie Herausforderung nicht gelöst aber wir können konkret handeln.

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Die Arroganz der "Erfolgreichen" ist weit verbreitet. Klar, man darf ruhig Stolz sein auf sein Erfolg, wenn man etwas aus seinen glücklichen Umständen gemacht hat. Jedoch ist schlicht dumm zu meinen, Erfolg sei vollständig selbsverschuldet. Soziales Umfeld, Geburtsort, Gesundheit, geistige Fähigkeiten bestimmen wesentlich den Erfolg. Reiner Zufall. Wenn ich jeweils "Arroganten" sagen, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit wäre, wenn Sie im ärmsten Land, Burundi in Afrika, geboren wären, "erfolgreich" zu sein, wird meist mit Schweigen oder Giftigkeit reagiert.

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Hinter alldem steckt ja die vermutlich ganz allgemein verbreitete Überzeugung Jeder bekommt, was er verdient. Ich könnte mir vorstellen, dass dies unserem Kontrollbedürfnis entgegen kommt. Wir möchten gern glauben, dass wir unser Leben bestimmen. Das tun wir ja auch, allerdings möglicherweise in einem weit weniger grossem Ausmass, als wir das wahrhaben wollen. Diese Erkenntnis führt einerseits zu Demut und andererseits zu Dankbarkeit. Beides sehr wohltuende Gefühle. Andererseits schützt es einen im gewissen Sinne vor der Verachtung anderer Menschen und schafft eher Verbindung mit ihnen. Ich schreibe von „wir“, kann natürlich aber nur für mich sprechen.

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Ich begrüsse es sehr, dass Meritokratie in der Republik zum Thema wird. Definitionen, Erklärungsansätze und Lösungsvorschläge dazu sind offensichtlich sehr vielfältig. Mich erstaunt, dass in diesem Essay von D. Binswanger und in den vielen Beiträgen der LeserInnen nie die Rolle der Intelligenz (gemessen als IQ) thematisiert wird. In der sehr umfassenden empirischen Intelligenzforschung ist inzwischen ausreichend belegt, dass Unterschiede in kognitiven Fähigkeiten bis zu 80% erblich bedingt sind und nach der Kindheit nur sehr limitiert verändert oder verbessert werden können. Eindrücklich sind die breiten Studienergebnisse zu den Auswirkungen von Intelligenzunterschieden auf Bildungsniveau, berufliche Karieren, Lebensgestaltung, Gesundheit, Lebenserwartung usw. (siehe z.B. Warne: In the Know). Leider scheint dieser Aspekt fast ein Tabu zu sein, obwohl oder vielleicht gerade deshalb, weil darin z.B. aufgezeigt wird, dass Leistung und Erfolg nicht in erster Linie 'verdient' sind, sondern überwiegend auf genetischem 'Glück' basieren. Intelligenz wird in der postmodernen Gesellschaft immer wichtiger und die dadurch bestehenden Ungleichheiten erhalten mehr Gewicht. Vielleicht könnte eine eingehende Beschäftigung mit den Ergebnissen der Intelligenzforschung einen Beitrag leisten zum Verständnis von Meritokratie und zu sinnvollen Lösungsansätzen, allenfalls mehr als religiös-moralische Konzepte wie 'Gnade' usw.

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Der "erreichte" IQ hängt auch davon ab, ob die Messung zum "Opfer" (pardon: "Probanden") passt. Die Messinstrumente sind von Vertretern einer bestimmten Schicht entwickelt worden und messen die geistige Leistungsfähigkeit innerhalb der Ansprüche dieser Schicht. Das darf man nicht vergessen.

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«Es gibt aber noch eine andere Alternative: eine breit gefasste Gleichheit der Lebens­bedingungen, die es denjenigen, die kein Vermögen anhäufen und keine prestige­trächtige Karriere haben, dennoch erlaubt, ein respektables und würdevolles Leben zu leben [...]

Einfach ausgedrückt: Das bedingungslose Grundeinkommen.

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Das kann ein Teil sein, reicht aber nicht. Es braucht zusätzlich Anerkenneug und Respekt für jeden Menschen. Wenn ein bedingungsloses Gruneikommen als schöne Geste oder gar zur 'Ruhigstellung' jener verstanden wird, die aufgrund zu kleiner Leistung nur wenig Wert sind, bleiben wir im hier kritisierten meritokratischen System stecken.

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Mit einer mindestens teilweisen Grundsicherung kann sich jedes Individuum gemäss seinen Wünschen und Talenten entwickeln (damit das Grundeinkommen aufbessern!) und erhält dadurch Anerkennung und Respekt. Zudem soll das (bereits realisierte) Grundeinkommen nur für Kinder und Jugendliche (1) bedingungslos sein, Erwachsene qualifizieren erst aufgrund eines Bürgerdienstes (2), der neben Anerkennung, Respekt und gesellschaftlicher Integration auch Kompetenz vermittelt.
(1) Familienzulagen
(2) Engagements in Militär, Vereine, Politik bis hin zur Care-Arbeit und weiter

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Informatik-Ingenieur und Ökonom
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Die fehlende Anerkennung für Arbeits­leistung auf allen Qualifikations­stufen – materiell und kulturell – ist das Grundübel der Meritokratie.

Neben vielen guten Einsichten zieht sich ein Fehlschluss wie ein roter Faden durch den Beitrag: die Gleichsetzung von meritokratischem Verdients und akademischer Qualifikation. Eine sinnvoll ausgestaltete Meritokratie ordnet Anerkennung eben gerade nicht nach der auf einem Papier ausgewiesenen Qualifikationsstufe zu, sondern denjenigen, die tatsächlich nützliche Produkte und Dienstleistungen hervorbringen.

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... und die Nützlichkeit der Dienstleistung ist mit Klatschen auf dem Balkon des Homeoffice wertgeschätzt.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die «Gleichsetzung von meritokratischem Verdients[sic] und akademischer Qualifikation» wird ja nicht von Sandel begangen, sondern gerade vom System, das Sandel kritisiert. Ein System, in dem «bessere» Berufschancen von akademischer Qualifikation abhängig sind – auch mangels Berufslehre. Mit der akademischen Qualifikation, den «besseren» Berufen geht der höhere Status und mehr Anerkennung einher. Sandel kritisiert genau diese die moralische Meritokratie, dass also der moralische Wert, die «Würde» und Anerkennung des Menschen, von Meriten, also Leistungen, Verdiensten und Nutzen, abhängig gemacht wird.

Die Frage an Sie wäre: Was sind «tatsächlich nützliche Produkte und Dienstleistungen»? Was sind ihre Kriterien?

Und schliesslich: «Verdienen» jene, die keine «tatsächlich nützliche Produkte und Dienstleistungen» erbringen, – oder noch nie solche erbracht haben – keine Anerkennung? Haben etwa arbeitslose Menschen keinen Wert und damit keine «Würde»?

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Würden sie Facebook als nützliche Dienstleistung bezeichnen? Oder den Verkauf von Zigaretten? Oder Kokain?
Diese Konstrukte wurden ersonnen, um Abhängigkeitsverhältnisse herbeizuführen. Das erlaubt dem Anbieter viel mehr abzukassieren, als er investiert.
Diese Abhängigkeiten werden mit akademischer Qualifikation ersonnen und umgesetzt. Schön zu sehen in der Tatsache, dass Finanzindustrie und Internet-Konzerne mit horrend hohen Löhnen die Abgänger an sich zu binden Versuchen um neue, noch destruktivere Algorithmen zur noch schamloseren Vermögenskumulation zu ersinnen.
Ist es nützlich für ein kurzes Glücksgefühl in eine Abhängigkeit zu geraten? Ich würde sagen nein. Nützlich wäre es, diese Dienstleistungen offen, ehrlich und in sinnvoller Granularität zu einem vertretbaren Preis anzubieten, sodass man sie nutzen kann, wenn man sie wirklich braucht.

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Mir scheint die Frage bedenklich, wie man die "Würde der Arbeit" achten oder aufwerten kann, ohne die Abwertung von Arbeitslosen und anderen angeblich "Nichtarbeitenden" (die in Wirklichkeit oft nicht anerkannte Care-Arbeit leisten) noch zu verschärfen. Alle Menschen verdienen Würde und ein einigermassen gutes Leben, das sollte nicht auf Arbeit (was auch immer als solche anerkannt wird) bedingt sein. Der Verweis auf die "Würde der Arbeit" wurde hingegen von rechter/konservativer Seite schon oft benutzt, um miese (Erwerbs-)Arbeitsverhältnisse zu rechtfertigen und Menschen in solche hineinzudrängen, weil das ja immer noch "würdiger" als Nichtarbeit sei.
Geht Sandel auch auf diese Problematik ein?

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"All men are created equal" steht in der US-Verfassung. Celentano singt "Chi non lavora non fa l'amore ..." und beweist das Gegenteil.
Relativieren können wir dies nur mit dem Grundeinkommen, kombiniert mit einem Bürgerdienst - von Militär über Vereine bis Care-Arbeit.

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Bitte führen Sie für die Republik endlich eine Maximal-Zeichenzahl pro Artikel ein. Vielen Dank! Das Thema wäre superspannend, aber ich bin es nicht mehr gewohnt, einen Artikel 32 Minuten lang zu lesen...

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Chefredaktion
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Vielen Dank für Ihre Rückmeldung, Herr Heinzer. Wir entwickeln uns entlang Ihren Bedürfnissen, etwas wird aber nie ändern: Dass die Republik in die Tiefe geht. Dann wirds manchmal auch länger. Kennen Sie das Lesezeichen, dass Sie nach einer Pause wieder an die Stelle bringt, wo Sie aufgehört haben?

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Lieber Herr Heinzer und Herr M. Ich finde es sehr gut, dass Republik unterschiedlich lange und tiefe Artikel schreibt. Ich schätze das sehr v.a. auch die Hilfsmittel wie die jeweils am Beginn angegebene Lesedauer und die Lesezeichen. Dies ermöglicht mir zu entscheiden, wann und wie ich den Artikel lese. Ja natürlich kann dann der Artikel trotzdem länglich sein. Und siehe da, dann habe ich die volle Freiheit den Beitrag nicht fertig zu lesen. Kommt zum Glück selten vor. Ich hätte lieber keine Längenzensur weder durch die Redaktion noch durch Leser und VerlegerInnen. Danke für den Mut zur Länge. Anderes gibt es, so scheint es mir, schon genug im Netz ;-).

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Tiefe ist gut! Aber Länge und Tiefe sind ja oft nicht proportional. Mehr Länge verleitet oft zu mehr Breite.
Haben Sie eigentlich eine Statistik über die Länge der Republik-Texte? Und wissen Sie, ob diese ganz gelesen werden? Ich finde das interessant, weil zu lange Texte ein Magazin elitärer machen.

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Genau darum lese und schätze ich die Republik, weil hier Themen weder wie Convenience-Food aufbereitet noch wie Fast-Food serviert werden - davon gibt es heutzutage, und insbesondere im online Bereich(!), schon zu genüge. In der Kürze liegt die Würze vielleicht bei Briefings und Zusammenfassungen, aber nicht in der fundierten Auseinandersetzung mit komplexen Themen.
Die heutige Kadenz an (digitaler) Informationsberieselung macht es für uns zunehmend schwieriger, sich längere Zeit vertieft und konzentriert einer Tätigkeit oder einem Thema zu widmen. Deshalb danke ich der Republik, dass sie uns innerhalb der unterschiedlichsten Themengebieten immer wieder mal Anlass zu Gedankenanstossen und komplexeren Diskursen bietet - Merci!

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Alte weisse Frau
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Wie wär‘s damit das wieder zu lernen?

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Theologe
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Noch vor achtzig Jahren mussten Menschen zunächst mittels Propaganda zu Unmenschen erklärt werden, um dann in Lager gepfercht, in unwürdigen Umständen und an der Grenze allein gelassen zu werden. Ohne Propaganda hätte das einen Aufschrei und eine Solidaritätswelle hervorgerufen.
Heute, in der etablierten Meritokratie reicht es, dass sie es nicht verdienen hierherzukommen. Und sie leben in abgebrannten Lagern, die im Schlamm versinken oder ertrinken in den Fluten. Schulterzucken.
Oder hatten Sie über die Weihnachtstage ernsthafte Schlafprobleme?

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Sehr lesenswerter Beitrag, mir fehlt die Rolle die die ''Globalisierung'' und Multinationale Unternehmen in diesem System spielen. Für mich sind es klar Beschleuniger und Nutzniesser dieser Strukturen.

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Ein relevanter Aspekt der mir hier noch fehlt ist eine Kritik dieser für mich völlig unsinnigen Ansicht:

Von Hayek will zwar den Marktwert nicht moralisch deuten, glaubt aber, dass er das objektive Mass für gesellschaftliche Nützlichkeit bildet.

Der Marktwert hängt offensichtlich von den politischen Rahmenbedingungen ab, kann also niemals objektiv sein. Erfolgreiche Leute betreiben deshalb ja z.B. Lobbying, um Gesetze so anzupassen, dass der Marktwert ihrer eigenen Produkte steigt. Meistens schaden sie dabei der Gesellschaft. Leute, die den freien Markt mit solchen Argumenten für objektiv erklären, scheinen Gewalt nicht in ihre Modelle einzubauen. Schlussendlich geht es doch bei dieser Ideologie genau darum, ein System mit falschen Modellannahmen zu rechtfertigen, die in der Realität nicht zutreffen. Dann können Marktineffizienzen und Gewaltanwendung benutzt werden, um eine Rente zu beziehen, die dann sogar noch "objektiv" gerechtfertigt ist. Dafür bezahlen unter anderem "dumb people" mit ihrer Arbeitsleistung. Entgegen manchen Erzählungen bemerken diese das schon, auch wenn sie vielleicht nicht genau argumentieren können, welche Schwachstellen die Rechtfertigungen aufweisen.

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Ein sehr wichtiger Artikel zu einem Thema, das mir im Rahmen meiner Forschung (im Bereich der Rechtswissenschaft) immer wieder begegnet. Meritokratische Vorstellungen prägen auch das Recht, z.B. das Staatsbürgerschaftsrecht, das unter die von Daniel Binswanger erwähnten "Selektionsmaschinen" fällt (siehe hierzu den folgenden, im vergangenen Herbst veröffentlichten Aufsatz: http://bit.ly/31JEJS4). Als ich begann, diesen Aufsatz zu schreiben, schien mir das Konzept der Meritokratie absolut plausibel und attraktiv. Meine Recherchen haben mich indessen eines Besseren belehrt. Entgegen meiner ursprünglichen Intuition kam ich - wie z.B. auch der Jurist Daniel Markovits, dessen Buch übrigens sehr beeindruckend und lesenswert ist - zum Ergebnis, dass dieses Ideal höchst problematisch ist und durch demokratische Wertvorstellungen ersetzt werden muss...

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Die deutsche Verfassung beginnt aus gutem Grund mit: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Eine Gesellschaft, die diesem Grundsatz nicht folgt, sondern „die da Unten“ verachtet, wird nie Gutes erreichen.

Aber leben wir wirklich in Meritokratien?

Die Daten insbesondere der USA, aber auch vieler anderer westlicher Demokratien zur gesellschaftlichen Durchlässigkeit zeigen: Nein.

Gerade in den USA ist „vom Tellerwäscher zum Millionär“ seit mehreren Jahrzehnten vorbei.

Es kommt auf die Herkunft an.

Für die, die aufgrund ihrer Herkunft oben stehen, sagt es sich halt so gut: „Ich bin hier wegen meiner Leistung.“

Ein wirksamer rhetorischer Trick.

Aber so lange, wie die Vermögen schneller wachsen als die Einkommen (und das tun sie genauso wie in den USA auch bei uns in der Schweiz), sollte man den rhetorischen Trick auch als Trick erkennen.

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Florian Gysin
Software Engineer
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Ich bin völlig einverstanden - auf diese Frage wollte ich mit meinem Kommentar auch hinweisen. Konkret:

Kann man modale Meritokratie-Kritik überhaupt üben basierend auf Beispielen aus der Realität wenn wir davon ausgehen, dass diese Realität teilweise/grösstenteils eben genau nicht meritokratisch ist?

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Genau!

Was soll eine Diskussion über tolle Leistungen, wenn es nicht um tolle Leistungen geht sondern um tolle Herkunft?

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Ein sehr erhellender Artikel. Vielen Dank dafür. Ich musste mehrfach an das bedingungslose Grundeinkommen denken, es würde mich interessieren wie Sandel es bewerten würde.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Funnily enough sprach Michael Sandel am WEF 2017 u. a. mit dem bekannten Ökonomen und UBI-Befürworter Guy Standing zu diesem Thema. (Hier zum Video)

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Starker Artikel, gratuliere Herr Binswanger. Es gelingt Ihnen, das Thema Gerechtigkeit breiter und tiefer zu beleuchten, als man das üblich liest.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Weitete man den Horizont auf nicht-westliche Regionen, so «entdeckte» man bei Kong Zi, also Konfuzius (551 bis 479 v. Chr.), eines der ersten bekannten meritokratischen Systeme, das notabene innerhalb eines feudalen institutionalisiert worden ist – und bei europäischen Aufklärern wie Voltaire als Vorbild galt.

Statt Blutadel und Potenz war Tugend und Kompetenz gefragt. Konfuzius nahm daher Studenten aus jeder Gesellschaftsklasse an. Jedoch nur Männer – die soziale Hierarchie, die auf der sog. kindlichen Pietät beruhen, reflektierte und reformierte er bloss.

Das meritokratische System entwickelte sich zur berühmt-berüchtigten «Chinesischen Beamtenprüfung». Welche oft karikiert worden ist, da bereits früh die «Korruption» sichtbar geworden ist: Teure «Hilfslehrer», «Tugend-Adel» und vielfältige Arten und Weisen des Betrugs.

Die Daoisten boten gegenüber diesem korrupten-korrumpierenden Leistungswettbewerb von letztlich aristokratischen Familien ein Gegenbild. Etwa, indem bei ihnen auch schon mal ein Metzger oder Fischer sich als Geeignetster für das Amt des «Kaisers unter dem Himmel» herausstellt. Oder gegenüber dem geraden, gefällten Baum der krumme, nutzlose, aber langlebige Baum gerühmt wird.

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Alte weisse Frau
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Genauso sehe ich das auch. Und deswegen kann ich Konfuzius nicht leiden und bin in meinem Herzen eine daoistische Sozialanarchistin.

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Spannendes Thema, ich habe hier ja schon einige male in der gleichen Stossrichtung argumentiert - was mir etwas fehlt ist der Praxis-Bezug, sowie der Bogen zur Dienstleistungsgesellschaft in die wir gerade mit Vollgas reinschlittern.

Ein Haupttreiber für diese Entwicklung ist die ökonomische Effizienz. Grundsätzlich ist es effizienter wenn die "Elite" vom ungeliebten Alltag entlastet wird: Kochen, Putzen, Betreuung von Kindern und Alten. Aber ist das auch gerecht und fair?

Egal wie diese Tätigkeiten gesellschaftlich organisiert und honoriert werden, letztendlich sind sie immer weniger wert und würdig. Denn ihr einziger Zweck ist, der Elite mehr von den wichtigeren Tätigkeiten zu ermöglichen. Lebenszeit für Lebenszeit.

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Dass Kochen, Putzen, Betreuung von Kindern und Alten immer weniger wett sind, ist keinesfalls zwingend. Auch unter den 'Eliten' gibt es diese Arbeitsteilung ja auch, ein begnadeter Organisator als Firmenchef wird sich für die Aufarbeitung seiner Statistiken an einen Mathematiker wenden und seine Software von Informatikern entwickeln lassen, ohne diese Berufszweige abzuwerten. Das Abwerten der 'einfacheren' Tätigkeiten ergibt sich aus dem Machtgefälle. Es gibt viele, welche sich zutrauen zu Putzen, viele welche sehr gerne Kinder betreuen, etc. Durch dieses 'Überangebot' bzw. die Auswechselbarkeit der Dienstleister kann der Auftraggeber den Lohn drücken und die Arbeitsbedingungen diktieren.
Dieses Machtgefälle zu egalisieren wäre die Aufgabe des Staates, das Mittel dazu wäre ein Grundeinkommen, welches die Menschen vom Zwang erlöst sich auf dem Arbeitsmarkt zu verdingen. Nur wer mehr Komfort, mehr Luxus oder mehr Exklusivität anstrebt, muss sich um Lohnarbeit bemühen.
Ungeliebte Arbeiten wie das Putzen würden so wahrscheinlich extrem aufgewertet und auch für Gutsituierte fast unerschwinglich, was vermutlich in Automatisierungsbemühungen münden würde und letztlich günstige Putzroboter und eine automatisierungsfreundliche Wohnungsinfrastruktur zur Folge hätte.
Bei an sich beliebten Tätigkeiten wie Pflege und Betreuung würde sich vielleicht eine Entspannung einstellen, da die effektiven Lohnkosten ja sinken würden und sich nur mit anständigen Arbeitsbedingungen genügend Freiwillige rekrutieren lassen.
Wirtschaftsbeziehungen sind keine Naturgesetze, sie lassen sich immer beeinflussen. Man muss das nur wollen.

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Marco Zaugg
Coach und Prozessbegleiter
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Ein so umfassender und breiter Blick auf eine zentrale Thematik - vielen Dank an Daniel Binswanger! - kann nicht in einen Kurztext verpackt werden. 33 Minuten Lesezeit sind angemessen. Ich schätze es, wenn sich die Republik herausnimmt, auch mal längere Stoffe zu bringen.

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Ein Blinder Fleck bei den Sozialdemokraten, die sich immer wieder verschämt verschnupft darüber zeigen, dass die Benachteiligten ihre Bemühungen um soziale Verbesserungen so wenig zu schätzen wissen.

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Billo Heinzpeter Studer
Präsident fair-fish international
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Wirklich lesens- und bedenkenswerter Überblick über die Hierarchisierung der Gesellschaft und die zunehmenden Abschottung extremer Eliten «trotz», nein gerade wegen des nur vermeintlich geöffneten Zugangs der Hochschulen für alle Schichten. Eine fulminante Anklage nicht nur gegen Neo-, sondern auch gegen Linksliberale – gipfelnd in einer dagegen haltenden Vorstellung einer Gesellschaft, die jedem Menschen, auch dem unbegabtesten, die Würde eines eigenen tätigen Beitrags verleiht. Oder wie es Ivan Illich einst so treffend sagte: Das grösste Problem ist nicht die physische Speisung der Milliarden von Menschen, sondern die Aufgabe, ihnen allen einen Lebenssinn zu ermöglichen.
Eine solche freie und gerechte und jeden Menschen sich entfalten lassende Gesellschaft ist nur möglich, wenn jeder nach seinen Möglichkeiten beiträgt und – davon unabhängig – jeder nach seinen Bedürfnissen bekommt.

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"Elite-Uni"-Student
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Ausgezeichneter Artikel. Dafür habe ich die Republik abonniert. Ich musste den Artikel ausdrucken und langsam, mit Zeit lesen. In diesem Fall finde ich das gut - die Ideen hatte ich auf solche Weise nie genau zusammengebracht. Vielen Dank.

Bezüglich des Schweizer Systems: so weit wie in den USA sind wir (noch) nicht. Wir müssen aufpassen, nicht in deren Fussstapfen zu treten.

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Ich hatte etwas Mühe in der Länge des Essays die Konzentration aufrechtzuerhalten und die wichtigsten Erkenntnisse zusammenzufassen. Zudem fehlt mir der Bezug zur Schweiz - aber vielleicht habe ich das schlicht überlesen oder nicht begriffen.
Auf jeden Fall ein sehr erhellender und gleichzeitig sehr nachdenklich stimmender Beitrag. Vielen Dank.

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Vielen Dank Herr Binswanger für diesen grossartigen und meiner Meinung nach sehr wichtigen Beitrag!

Im Bezug zu ihrem Essay sehe ich Parallelen zu unserem Schweizer Bildungssystem.
Im Hinblick Berufswahl, geniessen da die akademischen Fächer gegenüber den „handwerklichen“ und „musischen“ seit je her an stärkerer Beachtung.
Und auch da wird diese Ungleichheit einfach so hingenommen!
Wie kann denn jemals ein gesundes Gleichgewicht der Werte/Kräfte und Talente in unserer Gesellschaft existieren, wenn schon während der Schulbildung dafür gesorgt wird, dass diese sich nicht gleichberechtigt entfalten können?

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Nun, die Faecher sind nicht gleichwertig. Die sogenannt musischen Faecher sind eher fuer das Toechterchen/Soehnchen um eine schoene Zeit zu haben, bis sie die Firma der Eltern uebernehmen koennen. Diese Faecher generieren als Beruf sonst nur kleine Loehne fuer Ausnahmefaelle. Ein Hobby in so einem Fach ist eine tolle Sache zum Ausgleich.

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Guten Tag Herr B.,
Ich selber übe einen musischen Beruf aus. Dabei habe ich sehr wohl das Gefühl, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben.
Meine Kinder sind nicht alle gleich veranlagt. Einer ist eher praktisch orientiert, möchte gerne mit den Händen arbeiten, zwei davon auch eher musisch und einer wird wahrscheinlich mal ein akademisches Studium angehen. Alle vier haben gleiches Recht, in ihrem bevorstehenden Beruf glücklich und auf dem Weg dorthin gleichwertig behandelt zu werden.

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Danke Herr Binswanger für Ihren Beitrag und das Auslösen dieser angeregten Diskussion, die übrigens auch in den Unternehmen angesichts der "Agilisierung" immer aktueller werden wird.
Man müsste wohl, um die Formen von "Meritokratie" noch besser zu verstehen, auch kulturelle Grundprägungen zu Rate ziehen, z. B. in den USA: Individualismus, Universalismus, Utilitarismus und Kompetitivität. Diese könnten auch eine Erklärung für die Mischung von rein meritokratischen (z. B. reine, individuelle Leistung) mit nicht-meritokratischen (Abgang von Elite-Universität verschafft entsprechende Privilegien) sein, die hier verschiedene Beiträge ansprechen, wie auch die Fokussierung auf materielle Vorteile im zukünftigen Leben.
Das Wichtigste scheint mir aber, dass gerade uns gerade hier in dieser Diskussion bewusst sind, dass wir uns in einer Art von Diskurs bewegen, der von weniger gebildeten und abstrakt denkenden Menschen vielleicht gar nicht verstanden oder evtl. nicht als relevant gesehen würde. Der moralische Appell, die Würde z. B. aller Berufsarten und Bildungsgrade anzuerkennen, wird nicht ausreichen. Wie können wir selber in unserem direkten Umfeld dazu beitragen? Zum Beispiel wenn unsere Kinder eine Lehre absolvieren möchten, obwohl sich es auch ins Gymnasium schaffen könnten? Wie reagieren wir dann? Und wie, wenn eine Person, die es weniger "verdient" hat, anstelle von uns selber befördert wird?

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Eigentlich sind wir am A..., darum der folgende Link:
Warum es (dringend) ein bedingungsloses Grundeinkommen braucht
https://www.zeitpunkt.ch/warum-es-d…en-braucht
M. E. kurz und prägnant auf den Punkt gebracht, was den Planeten retten kann.

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Beim Durchlesen der Dialogbeiträge sind mir Fragen nach einem Bezug des Artikels zur Situation in der Schweiz wie auch Diskussionen zum Einfluss des IQ in Bezug auf den Bildungs- wie auch später auf den Berufserfolg aufgefallen.
Seit Jahren beschäftigt mich die meritokratische Entwicklung in der Gesellschaft und den Einfluss einer solchen Gesellschaft auf die Entwicklung und den Bildungserfolg von Schülern. Auch habe ich bis heute keine Antwort auf meine Frage gefunden, wie Integration/Inklusion in einem selektiven Schulumfeld/in einer meritokratischen Gesellschaft nachhaltig funktionieren kann/soll, wenn nicht Werte wie Respekt, Achtung, Würde als Basis für jegliches Zusammenleben und für jegliche Leistung vorausgesetzt werden.

Statt einer persönlichen Stellungnahme möchte ich den Klappentext einer grösseren Langzeitstudie (Universität Freiburg, CH) zu diesem Thema zitieren. Diese Langzeitstudie wurde schon 2007 veröffentlicht, hat mich schon damals nachhaltig beeindruckt und ist heute im Zeitalter von Integration/Inklusion, der massiven Zunahme von Homeschooling und teuren Privatschulen in der Schweiz aktueller denn je. Die Situation hat sich meines Erachtens in den letzten 10 Jahren eher verschärft als verbessert.

Prof. Dr. phil. Winfried Kronig, «Die systematische Zufälligkeit des Bildungserfolgs. Theoretische Erklärungen und empirische Untersuchungen zur Lernentwicklung und zur Leistungssteigerung in unterschiedlichen Schulklassen» Hauptverlag 2007

«Was unterscheidet die guten von den schlechteren Schülern? Weit weniger, als man annehmen müsste, ist der Bildungserfolg nur das Ergebnis von individuellen Fähigkeiten und persönlicher Anstrengungsbereitschaft. Er scheint auch das Produkt von Privilegien und von Zufällen zu sein. Die dargestellten empirischen Resultate irritieren. Sie belegen, dass die schulische Selektion, die Leistungsbewertung und sogar die Leistung selbst massgeblich von Faktoren jenseits der individuellen Kontrolle bestimmt werden.
Aus dem empirischen Datenmaterial einer grösseren Längsschnittstudie werden Fragen zu den Auswirkungen von Heterogenität, zur Leistungssteigerung und zu den kompensatorischen Wirkungen der Schule, der Schulklasse als Lernbedingung, zum Einfluss von Leistungserwartungen und zu den Tücken der Leistungsbewertung und der Bildungsselektion bearbeitet.
An verschiedenen Stellen der untersuchten Bildungssysteme zeigen sich empirische Auffälligkeiten. Möglicherweise sind sie das Resultat einer Schule, die gleichzeitig den ideellen Wert und den instrumentellen Nutzen von Bildung anbieten muss.»

Das Buch ist noch heute lesenswert...

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Ein hervorragender Artikel, der eigenes Denken und Diskurs anregt!
Ein Thema, m. E. das Grundlegendste, wird jedoch übersehen, nämlich die Spiritualität.
Ernesto Cardenal (hoffentlich kennen ihn viele LeserInnen?) schreibt: 'Der Baum hätte unendlich hoch weiterwachsen können, aber er warf lieber Samen'.
Der Mensch entwickelt Gier und beutet sich und die Mitwelt aus, wenn seine tiefen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Wärme unentdeckt und unbefriedigt bleiben. Materielle Bescheidung wird dann möglich, wenn die nicht-materiellen Bedürfnisse befriedigt werden und dem Menschen innere Zufriedenheit schenken.
Diese Richtung verfolgt Papst Franziskus in seinen Büchern, besonders im letzten: Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft (Fratelli tutti).
Es geht um das Gemeinwohl der ganzen Menschheitsfamilie, also aller 8 Milliarden Menschen. Zu dieser Einsicht braucht es keine bestimmte Religion, aber den Zugang zu Spiritualität. Dies wiederum bedingt das Loslassen eines allfälligen Kinderglaubens und das hineinwachsen in eine verantwortungsvolle, geerdete Spiritualität.

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Ich mag den Begriff Spiritualität nicht. Er suggeriert, dass es einen höheren Sinn habe zu leben. Diesem vermuteten umfassenderen Plan wird dann das Hier und Jetzt unterworfen, und wenn es ganz schlecht läuft wird diese Vermutung zur absoluten Wahrheit erhoben und anderen Menschen mit Gewalt übergestülpt.
Das was sie grundsätzlich als übersehen anschauen, wird im Artikel sehr prominent erwähnt:
Der Mensch sucht nach Anerkennung und Wertschätzung. Diese Aussage bedarf keiner weiteren Doktrin, sie ist universell gültig und wird auch von allen sozial organisierten Tieren gelebt. Dies ist die Grundlage des Zusammenlebens in einer Gruppe und hat absolut nichts mit Religion oder anderen (Verschwörungs)Theorien und zu tun. Diese machen sich nur zunutze, dass es diese Anerkennung und Wertschätzung nicht umsonst und ohne Aufwand gibt, sondern, dass es einer erheblichen Anstrengung bedarf, um sie zu erlangen.
Da kommt es natürlich sehr gelegen, wenn einem gesagt wird, dass man mit dem Kauf von unnötigen Sachen oder dem bedingungslosen Glauben an übernatürliche Phänomene zu dieser Anerkennung und Wertschätzung gelangen kann. Dass es nicht wirklich funktioniert ist eigentlich auch allen klar, darum braucht es regelmässige Gebete, Messen, Gottesdienste oder eben ständig neue Sachen um die Leere zu übertünchen.

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Am Anfang des Textes steht, dass etwas mit den Grundlagen unseres Wertesystems nicht stimmt. Am Schluss wird dann vorgeschlagen, dass der demokratischen Beteiligung als Grundwert mehr Gewicht gegeben werden sollte. Ich glaube nicht, dass dies reichen wird, damit es gut wird. Von Beteiligung und Inklusion wird ständig gesprochen und es ändert sich nichts. Damit ich mit meinem Kommentar nicht nur als Nörgler erscheine, müsste ich einen eigenen Vorschlag machen. Einer wäre zum Beispiel: Wir sollten neu verstehen lernen, was Menschenwürde bedeutet. Als guten Ansatzpunkt sehe ich einen Satz von R. Kipke: "Die Achtung vor der Menschenwürde besteht demnach in der Achtung vor dem Menschen als sinnstiftendem und sinnbedürftigem Wesen".

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Mich würde ineressieren wie sich die Meritokratie in der Schweiz niedeschlägt. Ich denke die Unterschiede zu den USA sind gross. Persönlich erlebe ich es als ausgesteuerter Arbeitsloser. Ein Versager, der die Leistung nicht gebracht hat. Selber schuld. Arbeitslose und Sozialhilfempfänger werden grundsätzlich als Betrüger angesehen. Hat sich dies wegen der Meritokratie derart fest in unseren Köpfen festgesetzt?

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Theologe
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Diese Verbindung würde ich auch machen. Und zwar wird das auch antrainiert. Wenn ich sehe, wie unsere Kleinen schon ab Kindergarten darauf getrimmt werden, das Priisli zu gewinnen, die meisten Punkte zu holen, nach dem Wettbewerb die meisten Süssigkeiten essen zu dürfen, gute Noten zusätzlich noch mit Geschenken belohnt zu bekommen, in der Freizeit Wettkampfsport zu treiben, eine Miss oder ein Superstar werden zu wollen und dann noch all die Computergames mit Belohnungen, Orden, Levels etc. ... liegt das für mich ziemlich auf der Hand.

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Aus meiner Sicht geht man viel zu stark von einer atomisierten Gesellschaft aus. Natürlich sollen fähige - und in diesem Sinne verdienstvolle - Personen die Entscheide fällen. Erleben wir heute nicht oft das Gegenteil, nämlich, dass Machthungrige Dilettanten an die Macht drängen? Die Macht muss sodann zugunsten der ganzen Gesellschaft ausgeübt werden. In diesem Sinne sind Fähigkeiten eine Verpflichtung sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Ein Grund für deutliche Lohnunterschiede gibt es nicht. Jeder tut, was er kann, das ist der „Verdienst“. Das Mass der Anstrengung ist die „ Merite“ und wird entschädigt - egal als was. Bei politischen Entscheiden sollte sodann der van Reybroucks Zufallsprinzip zum Zuge kommen!

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Lieber Daniel Binswanger,
Es würde mich doch sehr interessieren, wie Sie die diesbezügliche Situation in der Schweiz beurteilen. Können Sie dazu auch etwas in derselben Art Differenziertes sagen?

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Lieber Herr Binswanger,
Sie haben einen langen Artikel geschrieben. Ich erlaube mir eine lange Antwort.
Zunächst hat mich fasziniert, wie das theologische Thema «Rechtfertigung» in einem politischen soziologischen Kontext plausibel gemacht wird. Meritokratie ist der quasireligiöse Mythos, mit dem eine privilegierte Schicht erzählt, dass sie zurecht privilegiert ist. Die Mitglieder dieser Schicht kommen so nicht nur in den Genuss der Privilegien. Sie können zudem auch ein gutes Gewissen dabei haben.

Sodann machen Ihre Ausführungen deutlich, dass sich-gut-fühlen-können ein machtvoller individueller und kollektiver Antrieb ist. Das sich-gut-fühlen hat eine äussere (soziale, ökonomische) Seite und eine innere (Anerkennung, Selbstwertgefühl, Stolz). Wer politisch die innere Seite aus dem Blick verliert, läuft Gefahr, mit dem sozialsten Programm die Seelen der Betroffenen zu verlieren, ja gar zu demütigen. Dass man allerdings die innere Seite politisch erfolgreich bedienen kann, ohne auch die äussere spürbar zu verbessern, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Denn - und das stellen Sie ja nicht in Abrede - Anerkennung wird in unseren Gesellschaften fast ausschliesslich finanziell geleistet. So gesehen leuchtet dann ja auch ein, warum sogenannte Leistungsträger das Mehrfache von dem verdienen müssen, was sie je ausgeben können. Umgekehrt ist nachvollziehbar, dass Beifall als Anerkennung der Leistung von Pflegenden nicht genügt. Das befriedigt auch im Innern einen Menschen nicht allzu lange.

Betrüblich fand ich die routinierte Bezugnahme auf Max Weber. Ob er mit seiner Analyse überhaupt recht hat? Umgekehrt gefragt: Steckt in der reformatorischen Position, dass Menschen ihre Würde vor und unabhängig von ihrer Leistung von Gott zugestanden bekommen, nicht mehr Potenzial, als dass man sie mit Weber allzu schnell wieder abräumt? Lohnender wäre, diese Theologie und ihrer Aufnahme in späteren Zeiten würdigen. Immerhin im Schutz kaum leistungsfähiger Mitglieder unserer Gesellschaft hat diese Theologie bis heute weltliche Folgen. Sich gut fühlen zu können, ohne durch eigene Verdienste dies rechtfertigen zu können und auch nicht zu müssen - das leuchtet vielen bezüglich Menschen mit Handicap noch ein. Wenn aber Sandel recht hat, müsste dies das Lebensverständnis gerade der Leistungsfähigen sein. Auch sie sind nicht gut, weil sie etwas leisten. Woher aber wissen sie das? Welche Institution versichert sie ihres Gut-seins? Mir fällt keine nicht theologische Antwort ein.

Eventuell steckt in der von Ina Praetorius vorgetragenen These «Wirtschaft ist Care» (Heinrich Böll Stiftung Bd. 16) ein hilfreicher Ansatz. Es geht dabei nicht bloss darum, den Care-Bereich unserer Wirtschaft aufzuwerten. Es geht mehr noch um eine andere Sicht auf unser menschliches Leben. Die dichotome Ordnung in Oben/Unten oder Geist/Körper und die daraus folgende Verachtung aller mit Leib, Stoffwechsel und Vergänglichkeit verbundenen Lebensaspekte ist lebensfeindlich. Sie wird dem Leben nicht gerecht. Eine Ökonomie, die gemäss ursprünglicher Definition ihre Aufgabe darin sieht, die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen, würde die herrschenden Verhältnisse notwendig und förderlich durcheinanderbringen. Und so ein Bewusstsein begünstigen, dass alle Menschen vor aller Leistungsfähigkeit zunächst und immer schon Bedürftige sind. Spannend ist dazu dann die Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht die solcher Ökonomie entsprechende Ordnung wäre. Sie brächte ökonomisch zum Ausdruck, dass unser Mensch-sein nicht in unserer Leistung begründet ist.
Vielen Dank für Ihre Arbeit in der REPUBLIK.

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Florian Gysin
Software Engineer
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· editiert

Modale Meritokratie-Kritik?

Ich verstehe nicht ganz - wird jetzt von Sandel generell die Idee eines meritokratischen Systems kritisiert, oder lediglich dessen mangelhafte Umsetzung in den USA? Der Artikel scheint ersteres zu vermitteln, aber die Zitate und Beispiele von Sandel eher zweiteres. Ich sehen diesen Gegensatz zum Beispiel im folgenden Abschnitt:

"«Die Aristokratie der ererbten Privilegien ist abgelöst worden von einer meritokratischen Elite, die jetzt genauso privilegiert und gefestigt ist wie diejenige, die sie ersetzt hat», schreibt Sandel. [...] Für eine Gesellschaft, deren Selbst­verständnis vom «amerikanischen Traum» und vom Glauben an soziale Mobilität geprägt wird, ist das eine fundamentale Unterminierung ihrer Wertebasis."

Ich glaube es braucht keine enormen Anstrengungen um zu sehen, das das System der amerikanischen Elite-Universitäten in der jetzigen Umsetzung kein grosser Förderer der sozialen Mobilität ist... Aber ist die Kritik von Sandel/Binswanger modal, also in allen möglichen Welten meritokratischer Ordnung? Oder geht es nur um "Mängel im System"?

-> Falls ersteres stellt sich die Frage nach einer alternativen moralischen Gesellschaftsbasis.
-> Falls zweiteres stellt sich "nur" die Frage nach der Verbesserung des Systems, was zwar nicht einfach, aber ungleich weniger weitreichend zu behandeln wäre.

Kann man modale Meritokratie-Kritik überhaupt üben basierend auf Beispielen aus der Realität wenn wir davon ausgehen, dass diese Realität teilweise/grösstenteils eben genau nicht meritokratisch ist?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die Frage ist, ob für Sandel die Meritokratie notwendig zu «ererbten Privilegien» führt oder ob diese «Erbsünde», also inhärente «Korruption», zufällig ist, also ko-inzidentiell von äusseren Bedingungen abhängig. Natürlich gelten hier keine Naturgesetze, doch wenn historisch jede Meritokratie zu «ererbten Privilegien» führte, dann kann dies als «soziale Tatsache» betrachtet werden. Meiner Meinung nach ist dies Sandels Auffassung.

Aber Vorsicht: Sandel geht es einzig um die moralische Meritokratie. Dass also der moralische Wert, die «Würde», von Leistungen, von «Meriten», abhängig ist. Die Ablehnung der moralischen Meritokratie schliesst etwa eine sportliche nicht aus.

Ihre Frage erinnert aber auch an die Frage «Revolution oder Reform?». Eine Möglichkeit, mit der versucht wird Meritokratie zu reformieren und damit sozusagen zu retten, ist, die «ererbten Privilegien» zu verhindert. Etwa mit einer Erbschaftssteuer. Nicht überraschend dabei ist, dass sich nur die linke Seite um eine solche Reform bemüht.

Ihre letzte Frage wiederum erinnert an eine Reaktion gegen die Kritik am Neoliberalismus. Kann man den real-existierenden Neoliberalismus kritisieren, wenn das Ideal noch nie und nirgends vollständig realisiert worden ist? Doch damit liesse sich gar nichts kritisieren, da man immer auf das perfekte Ideal in der «Dritten Welt» verweisen kann. Der kritische Rationalist Hans Albert nannte dies auch «Modellplatonismus».

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Märchentante*onkel
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· editiert

Die Lesbarkeit des Artikels würde allenfalls auch noch etwas gesteigert, wenn statt von von Hayek von Hayek geschrieben würde, das von von von Hayek verwirrt etwas.
Noch zum Inhalt:
Es erstaunt, dass der Harvard-Professor mit Balliol Oxford Abschluss sich dermassen kritisch über die Meritokratie und die Institutionen der Ivy League äussert. Es kommt mir so vor, wie wenn ein Koch im Restaurant mir sein Menu serviert mit der Bemerkung, dass es übrigens ungeniessbar sei und mir garantiert Magenschmerzen verursachen werde. Es mag ja ungeniessbar sein und Magenschmerzen verursachen, aber wieso ist er dann Koch in diesem Restaurant?
Ok, er will die Institutionen von innen heraus verändern. Oder er will, dass wir Lesenden die Institutionen verändern, er selbst verändert sie ja nicht durch seinen Diskurs, hingegen legitimiert er sie mit etwas hofnärrischem Beigeschmack.
Es liegt letztlich im Auge der Betrachterin, wieviel Wertschätzung sie einer Tätigkeit entgegenbringt. Sie ist frei, aus intellektuell abgehobener Perspektive eine handwerkliche Leistung als wertloses Produkt eines Losers zu interpretieren oder die Leistung für das ihr zugrunde liegende Können als ihren meritokratiekritischen Gedankengängen ebenbürtig oder gar gesellschaftlich wertvoller einzuschätzen. In gegenseitigem Respekt liesse es sich eigentlich gut leben, wenn die Verteilfrage so gelöst würde, dass keine Tätigkeit in finanzieller Hinsicht mehr als zehn mal soviel wert ist und alle Ausbildungstätigkeiten gleichermassen gefördert werden (Das Volksbegehren 12:1 wurde 2013 mit 65% Nein-Stimmen abgelehnt, vermutlich störten sich die Leute daran, dass 12:1 zuviel Lohnungleichheit ist;)).

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Sehr spannend, habe selten einen so guten Artikel gelesen! Danke Daniel Binswanger :)

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Wow ! Hervorragender Artikel ! Öffnet Augen und Bewusstsein und erklärt vieles, was bisher nicht oder wenig verständlich war. Danke ! Schade, dass stark auf die USA fokussiert. Europa ist kaum anders, und die Schweiz schon gar nicht. Bin echt gespannt, welche Wirkungen diese Einsichten auf Dani Binswanger und seine weiteren Artikel und auf die ‚aufgeklärte Linke‘ haben wird. Müsste eigentlich viele Dogmen stürzen ! On verra !

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Äusserst interessant (wenn auch für die untere Hälfte der beschriebenen Meritokratie-Gesellschaft schwer zugänglich beschrieben - dergestalt, dass ich mich über meinen eigenen "Merito-Status" zu fragen begann...)
Solange es um die beschriebenen "Meriten" geht und die Chancen, innerhalb des Bildungssystems besser "ausgerüstet" zu werden, in der Gesellschaft auch ohne akademische Titel gut mitzuschwimmen, wäre das Schweizer Bildungssystem vergleichsweise gut aufgestellt (und hat sich sogar in den letzten 20 Jahren noch verbessert).
Nur ist die fatale Aura der akademischen Bildung auch in unserer Gesellschaft stark wirksam. Als ehemaliger Lehrer spürte ich das früher in den Elterngesprächen: "Ohne Uniabschluss bist du nichts" - was nach meiner Erfahrung eben gar nicht stimmt.
Zwei sehr konkrete eigene Erlebnisse konnte ich dabei jeweils ins Feld führen:
Als wir unser Badezimmer im Neubau einrichteten, besprach der 22jährige Angestellte der Sanitärbude allein auf Augenhöhe mit dem künftigen Wohnungsbesitzer Details der Ausgestaltung.
Beim Mittagessen in der Landbeiz hörte ich, wie am Nebentisch zwei Handwerker sich lustig machten über die "Eier", die sie dem arroganten Professor in seinem Neubau "legten" - dessen ganze universitäre Bildung nützt ihm hier nichts, wenn er nicht zusammenarbeiten kann mit andern Schichten...

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Super Artikel, Gratuliere!
Habe mich von einer etwas anderen Seite dem Thema angenähert, nämlich über Andreas Reckwitz, Das Ende der Illusionen.
Ein Vergleich Sandel-Reckwitz wäre wohl interessant. Kann jemand was dazu beisteuern?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Uff, ein solcher Theorievergleich wäre eine Riesenarbeit. In welcher Hinsicht, anhand welches Vergleichspunktes würden Sie beide vergleichen wollen?

Ein grundlegender Unterschied ist aber, dass Sandel als Moralphilosoph einen explizit normativen Ansatz verfolgt, während Reckwitz als Soziologe einen deskriptiven, wobei auch bei ihm normative Punkte anklingen, etwa wenn er am Ende von «Krisen» spricht. That said würde ich jedoch sagen, dass Sandel grosso modo der Beschreibung Reckwitz' folgen würde.

Sandels «Tyranny of Merit» in der Leistungsgesellschaft entspricht Reckwitz' Tyrannei des Wertes in der «Valorisierungsgesellschaft». Bei beiden steht die Status konsumierende neue akademische Mittelklasse des kulturellen Kapitalismus im Zentrum. Und beide sprechen die ähnlichen Polarisierungstendenzen an, welche bei Reckwitz zu einer «Krise des Allgemeinen» und «Ende der Illusionen» (des allgemeinen Fortschrittes) führen und bei Sandel zu einer Krise der Demokratie und «Ende des Gemeinwohls».

Als Moralphilosoph konkretisiert Sandel nun Reckwitz' abstrakter Forderung nach einem politischem doing universality.

Ich hoffe, Ihnen damit wenigstens ein paar Anhaltspunkte gegeben haben zu können.

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Gemäss Binswanger ist Meritokratie ein neuerer Begriff, sein Inhalt ist meiner Meinung aber schon im Zürcher Protestantismus ersichtlich: Wer gottesfürchtig lebt wird reich und ist gesellschaftlich geachtet. Dieser Mechanismus ist auch bei (gewissen Schweizer) Nobelpreisträgern zu beobachten, die nach einem Forschungsleben im der stillen Kammer heraustreten und dank ihrer Resultate Macht und Wertschätzung in der Öffentlichkeit beanspruchen.
Das kürzliche Republik-Interview mit jenem Manager, der aufgrund seiner Meriten den EU-Rahmenvertrag bekämpft und dem sich verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angeschlossen haben, bestätigt diese Haltung.

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Sehr interessanter Essay, vielen Dank Daniel Binswanger. Aber leben wir zumindest in Europa und in der Schweiz ganz besonders nicht eher einen Mythos der Meritokratie, als die Meritokratie selbst?

An die Macht bringen sich ja doch weniger die wirklich Leistungsfähigen und Befähigten, als vielmehr die Leistungswilligen. Also immer wieder von Neuem diejenigen, die über das Talent und die Bereitschaft verfügen, sich den Regeln, die die Eliten sich zur Reproduktion ihrer selbst gegeben haben, am Elegantesten zu unterwerfen. An „die Spitze“ gelingt man also weniger durch die Erbringung von Leistung, als vielmehr durch die Einhaltung und Reproduktion von Regeln und Strukturen, die suggerieren, Leistung objektiv messen und honorieren zu können. Paradigmatisch dafür sind die „Creditpoints“ an den Universitäten, die den akademischen Nachwuchs zu Buchhalter*innen ihrer eigenen Wissensproduktion gemacht und sie vom forschenden Ethos der Akademien entfremdet haben, der auch immer das Risiko und die Chance in sich tragen sollte, im Sinne eines Anspruchs auf ein zählbares Ergebnis zu scheitern. Es geht also in der gegenwärtigen „Meritokratie“ weniger um die berühmte liberale „Innovation“, die ja auch immer eine Disruptionsgefahr für das jeweils gegenwärtige Herrschaftssystem darstellt, als vielmehr darum, „der Spitze“ möglichst reibungslos und widerspruchsfrei entgegenzukriechen. In diesem Sinne ist dieses gesellschaftliche Ordnungssystem nicht nur konservativ und klassistisch, sondern auch antifeministisch und (mindestens) strukturell rassistisch, weil es das Bisherige so lange wie möglich in die Zukunft verlängern will.

Wir haben es also zumindest diesseits des Atlantiks meiner Meinung nach in der Regel (es gibt natürlich Ausnahmen) weniger mit einer Merito- als vielmehr mit einer Strebokratie elitärer Funktionsempfänger (sie sind in ihrer grossen Mehrheit immer noch männlich) zu tun, die sich sehr elegant als Meritokratie tarnt, weil niemand (oder nur sehr seltene Ausnahmefälle), die oder der es in dieser Scheinmeritokratie bis „nach oben“ schafft oder das zu erreichen hofft, ein Interesse daran oder Lust darauf hat, seinen Leistungsmythos infrage zu stellen. Selbstverständlich werden dementsprechend auch nur jene zu diesen Sucker Games zugelassen, denen man im Allgemeinen zutraut, den Schein zu reproduzieren, tatsächlich auf Grund meritokratischer Verdienste nach oben geklettert zu sein oder dies bewerkstelligen zu können. Das ist wohl das, was gemeinhin mit „Talent“ heute gemeint ist.

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Vielen vielen Dank für dieses exzellente Referat eines offenbar sehr guten und wichtigen Buches!

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Geschäftsführerin
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Die Währungen der Meritokratie: Geld (Bonus), Statussymbole (Titel, Penthouse, Firmenparkplatz, technische Gadgets), Diplome (auch wenn sie nicht wirklich Kompetenz belegen), der richtige Pass (Eu-Pässe kann man auch kaufen, wenn man will).
Menschen, denen all das fehlt, werden es in einer durchdigitalisierten Welt noch schwerer haben, da man kaum irgendwo noch mit richtigen Menschen sprechen kann, um auf seine Not hinzuweisen...

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Ohne den R-Verlegerinnen und R-Verlegern nahe treten zu wollen, liegt für mich die Ironie der meisten fast ausnahmslos intelligenten Beiträge darin, dass deren Verfasser*innen zur meritokratischen Gesellschaftsschicht gehören, ohne unterstellen zu wollen, dass sie ein meritokratisches Leben führen. In der Reflexionsfähigkeit der meritokratischen Schicht liegt vielleicht die Chance der Überwindung, auch wenn wenig Hoffnung dafür besteht - siehe:
Mediocrity Is Now Mandatory By Andy Kessler
From stimulus to school admissions, leaders act as if ease is the only worthy goal: Don’t stand for this [mediocrity] because when everyone gets a trophy, no one gets a trophy. Push for excellence.

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Timon Zielonka
Sales @ zukunft.com
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Wie wäre es, wenn wir zunächst einmal versuchen würden, anderen keinen Schaden zuzufügen. Darin waren sich, meines Wissen nach, alle Philosophen einig, aber praktisch umgesetzt wurde es nie. Dieser einfache Vorsatz baut auch ein Brücke zwischen dem kategorischen Imperativ und den Utilitarismus.

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Der Begriff der Meritokratie ist eine Cintradictio in adjecto, da ein Verdienst, der in Absicht des Herrschens erreicht wurde, kein gesellschaftsrelevanter Fortschritt ist, und demnach auch kein Verdienst ist. Der Erfolg ist ja schon an sich eine genügende Belohnung für das Selbstwertgefühl, es braucht dazu keinen materiellen und politischen Gewinn. Solche Kummulierung macht Ungleichheit brisant

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Danke für den Artikel. Ich empfehle die brasilianische Serie «3% » auf Netflix zum Thema

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