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Das ist ein überbewerteter Herr, der nicht eine einzige Lösung für die Probleme benennt, sondern alle Aktionen unter dem Blick der Bürgerfreiheit benotet. Zum Abwinken. Er meint es gut, kommt mit dem Rudern aber nicht allzu weit. Die echten Probleme erreicht er nie. Wahnsinnig langweilig.

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Abstraktionsnomade
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Ich schätze den Artikel sehr. Mir erscheint es wichtig zu sehen aber auch zu verstehen, wie hügelig die Landkarte der Maxime des Lebensschutzes ist.

Wenn heute in einem Erdteil Menschen an Hunger sterben, dann ist das meistens die Folge eines Verteilungsproblems. Das Bedürfnis, Leben in einem bestimmten Erdteil zu schützen, scheint für mich entsprechend auch nicht gerecht verteilt zu sein.

Was ist aber gerecht oder richtig? Ich hoffe der Beitrag von Prantl trägt dazu bei, dass ich mich eines Tages mit den schwierigen Zusammenhängen zum Thema Lebensschutz klarer auseinandersetzen kann.

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Vielen Dank für ihren Artikel, endlich einmal in der Republik eine Stimme, die sich mit den staatspolitischen und gesellschaftlichen Langzeitfolgen befasst. Was unsere Jugend jetzt erleiden muss, werden wir noch eine ganze Generation hindurch mittragen.... und die nächste Pandemie kommt bestimmt... Mir war noch vor einem Jahr nicht bewusst, was gesellschaftliche Gesundheit bedeutet. Danke!

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(durch User zurückgezogen)
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Die umfangreiche Diskussion macht deutlich, dass Herr Prantl mit seinen Feststellungen grundsätzlich richtig liegt. Viele Kommentare offenbaren eine fehlende Distanz zum ‚Staat‘ und eine beängstigende Autoritätsgläubigkeit.

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Sind die Massnahmen denn auch wirklich sinnvoll? Sind sie geeignet? Stattdessen tut man so, als ob das Motiv, das man für sich in Anspruch nimmt, nämlich das Leben zu schützen, jede Massnahme rechtfertigt.Sind die Massnahmen denn auch wirklich sinnvoll? Sind sie geeignet? Stattdessen tut man so, als ob das Motiv, das man für sich in Anspruch nimmt, nämlich das Leben zu schützen, jede Massnahme rechtfertigt.

Ich denke dabei an die zehntausende Personen in Quarantäne und Isolation. Dies Summe dieser faktisch unter Hausarrest Stehenden ist soweit ich weiss nie unter 20'000 gefallen. Wo liegt die Obergrenze, um möglicherweise ein Menschenleben zu retten?

Zweitens denke ich an die Kinder und Jugend, die neben diversen Einschränkungen auch noch den kolossalen Schuldenberg abbauen "dürfen", der durch die Massnahmen angehäuft wurde und wird, ganz zu schweigen von der steigenden Arbeitslosigkeit.

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(durch User zurückgezogen)
Verteidigerin der Verfassung
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«Jede Seite, [...] nimmt für sich in Anspruch, die Wahrheit auf ihrer Seite zu haben», sagt Prantl. «Die Menschen können nicht mehr ohne Aggression miteinander reden. Ich wünsche mir, dass die Polarität der Reaktionen einem zuhörenden und diskutierenden Miteinander Platz macht, denn sonst verlieren wir die Demokratie.

Das genau ist der Grund, warum die Redaktion der Republik etwas mehr Toleranz zeigen sollte, statt ihre Gesellschafterinnen ohne Grund und ohne Diskussion des Rassismus zu bezichtigen und sie für viele Monate einfach zu sperren.

Durch diesen linken Cancel-Wahn werden wir, wie Prantl richtig schreibt, unsere Demokratie verlieren.

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Ich halte, vorab wegen des eingangs zitierten Beitrags im NZZfolio von 2007, grosse Stücke auf Heribert Prantl. Hier moniert er aber m. E. ein Problem/Symptom, das durch die Pandemie allenfalls stärker hervortritt, dessen Wurzeln aber tiefer liegen. Das Wissen um und die Wertschätzung der Grundrechte sind in unserer Gesellschaft sehr wenig verbreitet - was sich u.a. an der hohen Akzeptanz von Antiterror- und Überwachungsmassnahmen zeigt. Die Diskussion um Grundrechtseinschränkungen an der Jahrhundert-Ausnahmesituation einer Pandemie aufzuhängen, ist wenig zielführend, gilt doch genau im Kampf gegen die Ausbreitung eines Virus mehr als in anderen Situationen, dass Schnellsein wichtiger ist als 100% richtig zu liegen.
Noch befremdlicher ist die leider nicht weiter diskutierte Behauptung Prantls, es gebe "neuerdings eine Lust am Autoritären. Man schaut mit sehnsüchtigen Augen nach China, nach Nordkorea, wo es angeblich mehr Disziplin, weniger Debatten und niedrigere Infektions­zahlen gibt als in Europa..."
Keine Ahnung, wer a) im Westen sehnsüchtig nach China oder Nordkorea (of all places!) schielt und b) noch dazu an eine ehrliche Rapportierung von Infektionszahlen aus ausgerechnet diesen Ländern glaubt. Hier hätte ich gerne Belege Prantls erfragt.

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Daniel Ryser
Reporter
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Sehr geehrte Frau S., danke für Ihre Rückmeldung. Sie schreiben, dass Sie es für wenig zielführend halten, die Diskussion um Grundrechtseinschränkungen an der Jahrhundert-Ausnahmesituation einer Pandemie aufzuhängen. Irgendwie stimme ich Ihnen völlig zu. Und irgendwie auch nicht. Denn eine Jahrhundert-Ausnahmesituation erlebten wir ja auch mit 9/11. Und dort war es ja extrem wichtig, dass es Leute wie Prantl gab, die prüften, wie der Staat eigentlich reagiert. Gerade in Ausnahmesituationen ist es doch wichtig, hinzuschauen, wie gehandelt wird. Dass gehandelt werden muss, das ist ja völlig klar. Gleichzeitig kann einen in Bezug auf Grundrechte, auf Freiheit, auf Rechtsstaat, im Moment ja in der Tat Angst und Bange werden, wenn man eben nicht nur auf die Infektionszahlen schaut. Ebenfalls am Freitag publizierte zum Beispiel die Bundeszentrale für politische Bildung Links zu Texten zur Sicherheitspolitik, zur Corona-Krise und ihren Folgen, wo der «Ausnahmezustand zum Normalzustand» geworden sei, die Welt vor einer gewaltigen Aufgabe stehe. In den Texten geht es unter anderem darum:

  • Lindsey Kennedy und Nathan Paul Southern fürchten in «Foreign Policy», die COVID-19-Pandemie könnte dem organisierten Verbrechen weltweit neue Möglichkeiten eröffnen.

  • Die Terrororganisation «Islamischer Staat» sei infolge der COVID-19-Pandemie wieder auf dem Vormarsch, warnt laut Modern Diplomacy der Untergeneralsekretär für Terrorismusbekämpfung bei den Vereinten Nationen, Vladimir Voronkov.

  • Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen fürchten, an Konflikten im Nahen Osten beteiligte Regierungen und Rebellengruppen könnten den COVID-19 Impfstoff als Instrument zur Umsetzung eigener Ziele nutzen.
    Der Link: https://m.bpb.de/politik/innenpolit…hre-folgen

Der Anwalt M. B. hat hier in einem wütenden Kommentar geschrieben, man könne keine Verbindung herstellen zwischen Terrorismusbekämpfung und Pandemie-Bekämpfung. Das sei hirnverbrannt. Die UNO-Sonderbeauftragte Fionnuala Ní Aoláin hat diesen Bezug in einem Gespräch mit der Republik längst hergestellt, und Ihre Argumentation hat mich überzeugt. Wie Prantl stellt sie ebenfalls nicht in Abrede, dass wir Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie brauchen. Wie Prantl befürchtet aber auch Sie, dass die Demokratien nicht automatisch heil aus dieser Sache rauskommen. Sie sagte:

«Es gab Staaten, die mussten wegen Covid-19 Sonder­gesetze erlassen, um die Krise in den Griff kriegen zu können. Irland beispiels­weise. Oder Frankreich. Diese Notstands­gesetze zu erlassen, war nötig, um angesichts der massiven Gesundheits­krise die Bewegungs­freiheit der Menschen temporär so massiv einzuschränken. Oder die Meinungs­freiheit, die Privat­sphäre, die Wirtschafts­freiheit. Andere Staaten wiederum konnten angesichts dieser Krise einfach auf bestehende Gesetze zurück­greifen, die man zur Terrorismus­bekämpfung geschaffen hatte. Wir haben in Zusammen­arbeit mit zwei NGOs einen Tracker aufgeschaltet, der die jeweiligen Einschränkungen in den einzelnen Ländern dokumentiert. Man kann dabei beobachten, dass es eine Reihe von Ländern gibt, die Covid-19 benutzten, um die Kapazitäten der eigenen Demokratie dauerhaft erheblich einzuschränken.»

Der Link: https://www.republik.ch/2020/09/17/…-interview

Ich finde es angesichts dieser riesigen Krise ehrlich gesagt extrem wichtig, dass Menschen wie Fionnuala Ní Aoláin oder Heribert Prantl, die auch ansonsten viel über Grundrechte und Ausnahmezustand nachdenken, gerade auch hier, in dieser berechtigten Paniksituation, über Verhältnismässigkeit nachdenken. Und darüber, was ein Ausnahmezustand, wie gerechtfertigt er auch immer sein mag, mit uns macht, vor allem, wenn dieser Ausnahmezustand einfach nicht aufzuhören und zum Normalzustand zu werden scheint.

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Danke für Ihre ausführliche Antwort, Herr Ryser. Meine Absicht war nicht, Herrn Prantl das kritische Hinterfragen zu "verbieten", sondern auf das darunterliegende Problem zu verweisen. Mag aber sein, dass mein Blick etwas zu sehr national ausgerichtet ist. Ihre Antwort bringt mich jedenfalls zum Nachdenken!!

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Bisher kannte ich Prantl nicht und ich kenne auch keine seiner anderen Äusserungen, ausser dieses Interview, das m.E. nicht konstruktiv ist. Aber eine gewisse wachsende Lust am Autoritären kann ich in unserer Gesellschaft schon auch erkennen. Z.B. bzgl. China wurde früher immer mit "Wandel durch Handel" argumentiert, in der (geäusserten) Meinung, China werde dann mit der Zeit schon immer demokratischer. Heute wird aber festgestellt, dass autoritäre Systeme evtl. doch konkurrenzfähiger sind als demokratische, auch und gerade mit/im kapitalistischen Wirtschaftssystem. Also wird zwar aus populistischen Gründen PR-technisch zwar immer noch eine Demokratie-Fahne hochgehalten, aber konkret politisch wird autoritär entschieden und gehandelt, vgl. Extremfall Trump, der angeblich sehr um jede Wählerstimme besorgt sein will, aber am liebsten der erste US-Putin oder -Xi oder -Un wäre. Fast die Hälfte des Volkes teilt diese Lust frenetisch und tosend, weshalb Parteifreunde mind. drei Augen zudrücken bzgl. demokratischen Prinzipien etc.

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Das dürfte zutreffen. Es gibt auch BürgerInnen bei uns, die autoritäre Massnahmen wie das Punktesystem für gutes/schlechtes Benehmen in China befürworten. Hier schliesst sich der Kreis zu meinem ersten Kommentar: Wissen um und Wertschätzung der Grundrechte, woraus sie entstanden und wie sie zum Fundament unserer freien Gesellschaften geworden sind, sind zu wenig verbreitet. Nur so kann ich mir erklären, dass man bereit ist, sie aus dem Fenster zu werfen, auch für wirtschaftlichen Erfolg. Das aber an der Ausnahmesituation einer globalen Pandemie aufzuhängen, halte ich für falsch.

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Chefredaktion
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Ist nicht höchst bemerkenswert, dass sich in den Reaktionen alle auf den Terrorvergleich stürzen, an dem Prantl die Kontinuität von Grundrechtsbeschränkungen über die letzten 40 Jahre illustriert (ohne aktuelle Schutzmassnahmen grundsätzlich in Frage zu stellen), und seine Ausführungen zum Double Standard beim Schutz des Lebens (Corona/EU-Aussengrenze) praktisch vollständig ignoriert werden?

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Nach Ueli Maurer's "Güterabwägung" und den daraus resultierenden ca. 8000 Corona Toten (in den letzten fünf Monaten!) sehe ich da aus bürgerlicher Sicht eigentlich keinen sehr grossen Double Standard.
Auch von Links wurden die vielen Toten auf den Migrationsrouten (und auch durch Corona) immer wieder kritisiert, vielleicht zu wenig deutlich.
Auch die "Kontinuität" von Grundrechtsbeschränkungen dürfte zuminest in der Schweiz auf die Corona Massnahmen (für immer geschlossene Bars!) kaum zu treffen. Auf das Anti-Terrorgesetz hingegen natürlich schon.

Edit: Also der Spagat von die Grundrechtsbeschränkungen zu kritisieren "ohne aktuelle Schutzmassnahmen grundsätzlich in Frage zu stellen" gelingt im Interview nicht wirklich.
Nicht zuletzt weil die Massnahmen nur schon in Europa wohl mehrere Millionen Tote verhindert haben. Und ja auch von Demokratien im Osten gibt es durchaus was zu lernen im Hinblick auf Pandemiebekämpfung.

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Auch dieser Double Standard ist aber schon lange bekannt (und wird von verschiedenen Kreisen auch seit Jahren heftig moniert) und tritt durch die Pandemieschutzmassnahmen, die Prantl als Grundrechtseinschränkungen sehr wohl kritisiert, "nur" heftiger zu Tage.
Und wer schaut nun sehnsüchtig auf die Diktaturen?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Wenn ich Prantl richtig verstanden habe, macht ihm, aufs Wesentlichste reduziert, folgender Verfallsprozess Angst:

  1. Zum Schutz des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit werden in der Pandemie befristete Massnahmen ergriffen.

  2. Für diese befristeten Massnahmen werden andere Grundrechte entsprechend befristet eingeschränkt.

  3. So wie nach dem RAF- und Al-Qaida-Terror besteht die Gefahr,

  4. dass die befristeten Einschränkungen entfristet

  5. und die demokratischen Prozesse ausgehebelt werden.

  6. So dass wir am Ende in einem autoritären Obrigkeits-, Präventions- und Überwachungsstaat leben.

Dabei suggeriert Prantl einen aktiven «Willen zur Macht», der aber merkwürdigerweise ohne Subjekt bleibt.

«Die Sicherheits­gesetze, die zu Zeiten des Terrorismus verhängt wurden, fanden in den Corona-Zeiten nicht nur ihre begrüsste Fortsetzung, sondern ihre willkommene Potenzierung.»

Mit dieser verklausulierten Passivkonstruktion lässt Prantl die entscheidende Frage nach den Verantwortlichen offen: Wer «begrüsst» die Fortsetzung? Wer heisst die Potenzierung «willkommen»? Der Staat? Die Exekutive? Die Legislative? Die Judikative? Die Medien? Die Gesellschaft? Oder nur Merkel? Ist sie eine Diktatorin? Ist Berset ein Diktator?

Nach der Redewendung «Wer sucht, der findet» insinuiert Prantl mit dem «fanden», dass jemand eine Gelegenheit (aktiv) gesucht hat oder zumindest (passiv) darauf gewartet hat und beim Eintreten als Willkommenes begrüsst worden ist.

Damit geht er zwar nicht so weit wie Agamben oder Verschwörungsgläubige, die von der «Erfindung einer Epidemie» als idealem Vorwand für die «begrüsste Fortsetzung» und «willkommene Potenzierung» schwadronieren, kommt diesem aber rhetorisch gefährlich nahe.

«Der Tunnel» verengt sich so schnell zu einem Kaninchentunnel.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die zwei letzten zentralen Argumente betreffen einerseits die demokratisch-rechtsstaatlichen Prozesse, die ausgehebelt würden, und andererseits die «Entfristung» ehemals befristeter Einschränkungen.

Im Deutschlandfunk-Interview wird er mit der Tatsache konfrontiert, dass ja die Prozesse eingehalten werden, worauf er ausweichend reagiert und vage wird:

Armbrüster: Gut! Aber wir erleben jetzt immer nach diesen Bund-Länder-Gesprächen, dass anschließend die Landesparlamente, die einzelnen Landesparlamente in Deutschland sich mit den Verabredungen dort beschäftigen und dass diese Verabredungen dann entweder in Gesetze, oder in Verordnungen gegossen werden. Dieser rechtliche Weg wird ja korrekt eingehalten.

Prantl: Ja, die Landesparlamente allein genügen mir nicht. Und vor allem, wenn Sie sagen, es geht dann auf dem Weg der Verordnung – mit Verordnungen, mit Maßnahmen der Exekutive (die Verordnungen erlässt ja nicht das Parlament; die Verordnungen erlässt die Exekutive, also die Regierungen), mit Verordnungen kann man Grundrechtsbeschränkungen dieses Ausmaßes nicht regeln. Das muss per Gesetz geschehen. Die Gesetze, die Landesgesetze und die Bundesgesetze sind zu allgemein, zu generell, zu vage. Sie reichen für diese tiefgreifenden Einschränkungen nicht aus.

Was wäre dann Prantls Alternative? Dass jede einzelne Gemeinde direkt-demokratisch ein eigenes Pandemiegesetz verabschiedet und Massnahmen beschliesst? Wozu hat der föderalistische Staat ein «Subsidiaritätsprinzip»?

Auch bei der «Entfristung» wird er mit den gegenwärtigen Tatsachen konfrontiert, worauf Prantl auf die Vergangenheit referiert, aus der sich die Sorge für die Zukunft speist:

Armbrüster: Herr Prantl, wenn ich da ganz kurz einhaken darf? – Das Ganze gilt aber ja immer nur temporär. Das heißt, da ist immer schon ein Datumsschild mit dran. Es heißt immer, Einschränkung tatsächlich nur für einen ganz bestimmten Zeitraum. Und es ist ja auch nicht umsonst, dass sich die Länderchefs und die Kanzlerin wirklich alle paar Wochen zusammensetzen. Das müssen sie tun, um das alles immer wieder zu verlängern. Wenn das Ganze tatsächlich immer nur vorübergehend passiert und das tatsächlich auch diese Markierung bekommt, wo liegt dann das Problem?

Prantl: Das Problem liegt darin, dass die Markierung nicht eingehalten wird. Ich habe ein bisschen Sorge, dass etwas passiert, was in den vergangenen 30 Jahren oft passiert ist, dass Ausnahmegesetze, Zeitgesetze dann verlängert werden, die Verlängerung wieder verlängert wird und aus einem Ausnahmezustand, in dem wir uns befinden, ein Normalzustand wird, dass wir uns daran gewöhnen, dass bei Krisenlagen, bei neuen Epidemien, bei Katastrophen die Beschränkung der Grundrechte zum probaten Mittel wird.

Wenn er behauptet, «dass die Markierung nicht eingehalten wird», meint er ja wohl, dass sie aktuell nicht eingehalten werden. Doch bleibt er dabei eine Erklärung, in welchen Fällen sie aktuell nicht eingehalten werden, leider schuldig.

Die Frage ist aber: Hegt Prantl wirklich die Befürchtung, dass diese Einschränkungen – etwa «Social Distancing», «Home Office», «Homeschooling», Versammlungs- und Koalitionsverbot sowie Schliessung verschiedener Gewerbe – nach der Pandemie «entfristet» werden?

Auch wenn es solche Warner*innen wie Prantl (oder Agamben) braucht, so erschiene mir das nun doch allzu doom and gloom, also unrealistisch pessimistisch.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Prantls naheliegendstes weil unmittelbar nachvollziehbares Argument ist die aktuelle Einschränkung der Grundrechte durch die befristeten Massnahmen, von denen manche seiner Meinung nach «masslos» und unverhältnismässig sind, da unsinnig, unnötig oder unnütz.

Die Frage aber ist: Welche Massnahmen findet er masslos? Und welche Grundrechte werden dadurch unverhältnismässig eingeschränkt? Im Interview steht dazu bloss:

dass man sich nur noch fünfzehn Kilometer von zu Hause entfernen darf,
dass man nicht mehr in Hotels übernachten darf,
dass sämtliche Geschäfte zugesperrt sind
niemanden mehr zu treffen
keine Demonstrationen zuzulassen

Prantl äusserte sich dazu bereits in der Welt und natürlich in der SZ, welche leider hinter einer Paywall stehen, aber auch im frei zugänglichen SWR, Deutschlandfunk und in der Berliner Zeitung. In Letzterem sagt er:

Die Freiheit der Person, die Bewegungsfreiheit, das Recht auf Kommunikation. Die Demokratie lebt von der Überwindung der sozialen Distanz. Jetzt verordnen wir die soziale Distanz.

Es gibt eher harmlose Grundrechtsbeschränkungen wie den Mund-Nasen-Schutz. Der ist zwar unbequem, aber kann und muss toleriert werden.

Problematisch sind Kontaktverbote, bei denen uns der Staat plötzlich sagt, welche und wie viele Menschen wir wo treffen dürfen.

Wir haben Ausgangssperren.

Wir haben Einschränkungen der Gewerbefreiheit, die existenzgefährdend sind, für Gaststätten, Künstler, Friseure.

Es gibt das Grundrecht, mit anderen Menschen Kontakt zu pflegen. Das ist die Basis für Demokratie. Es gibt das Grundrecht, sich frei zu bewegen. Es gibt das Grundrecht, sich seinen Lebensunterhalt frei verdienen zu können.

Und in Zweitletztem:

Da ist das Grundrecht der Freizügigkeit,
das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit,
das Grundrecht der Koalitionsfreiheit.
Die Kommunikationsgrundrechte werden durch die Verbote, sich mit Menschen zu treffen, eingeschränkt.

Und auch hier:

Zur Gesundheit einer Gesellschaft gehört mehr als Viren­freiheit. Es geht auch darum, dass Menschen Hoffnung behalten können, dass ein gesellschaftliches Leben stattfindet, wie es zu einer Demokratie gehört. Die Demokratie lebt von sozialen Kontakten.

Aufgrund dieser Aussagen ist es wohl berechtigt, wenn zusammengefasst wird: Nach Prantl dürfte es prinzipiell selbst in der Pandemie keine Einschränkung der Bewegung und der Arbeit, des Tourismus und des Gewerbes geben. Also keine Schliessung von Läden, Hotels, Restaurants, Bars und Kulturinstitutionen. Sowie keine «Social Distancing»-, «Homeoffice»- und «Homeschooling»-Pflichten.

Ja, grundsätzlich keine Einschränkung der Kontakte.

Und damit auch keine Quarantäne im weitesten Sinn, die ja gerade darin besteht.

Was wäre denn die Alternative? «Eigenverantwortung»? Laufen lassen? Allein mit Maske? Was realiter passiert, wenn idealistisch (oder aufgrund von ökonomischen Interessen) von einem «Staat von Engeln» (Kant) ausgegangen wird, in dem alle ohne äusseren Druck selbstverantwortlich und solidarisch kooperieren, hat man ja mancherorts sehen können.

Würde Prantl auch alleine auf «Eigenverantwortung» und Solidarität setzen (und nicht etwa auf Kontaktverbote), wenn die Fallsterblichkeit (bei gleicher Ansteckungsrate) nicht 2.1% (COVID-19), sondern 11% (SARS), 30% (MERS) oder gar 90% (Ebola) wäre? Oder nicht «nur» die Ältesten der Gesellschaft am stärksten betreffen würde, sondern auch die Jüngsten (wie in der «Spanischen Grippe», in der auch die 20-40 Jährigen stark betroffen waren)?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Prantls wichtigstes Argument zur Plausibilisierung seiner These einer «Autoritäre Versuchung» ist der Analogieschluss mit der Vergangenheit, der spekulativ in die Zukunft weitergezogen wird. Bei seiner These handelt es sich im Grunde also um eine extrapolierende Prognose, nämlich, dass nach der Pandemie die befristeten Einschränkungen entfristet werden und dass die demokratischen Prozesse ausgehebelt bleiben – und nicht um eine empirische Diagnose.

Unter den Tisch fallen nämlich die explizit festgehaltene und kommunizierte Befristung, die Wiederherstellung der demokratischen Prozesse im Sommer nach dem ersten Lockdown und dass ständig um die Verhältnismässigkeit gerungen wird. Auch in der Schweiz, welche nicht zuletzt auch ein direkt-demokratisch vom «Volk» legitimiertes Pandemiegesetz besitzt.

Die Spekulation nährt sich daher – ob berechtigt oder nicht – aus einem tiefen Misstrauen gegenüber den Gewalten des Staates, den Medien und Teilen der Gesellschaft.

Für jemand aber, der einen differenzierten Diskurs einfordert, malt er selbst mit grobem Pinsel – in gut katholischer Manier – den Teufel an die Wand.

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(durch User zurückgezogen)

Heribert Prantl unterliegt einem Denkfehler, den ich in solchen Debatten zur Einschränkung der Grundrechte fast immer entdecke, nämlich dem Vergleich der Situation mit Einschränkungen vs. eine Situation ohne Pandemie. Aber ohne Pandemie und ohne Massnahmen ist derzeit keine Option, das wird erst möglich sein, wenn genügend Menschen geimpft sind.

Wie wären unsere Grundrechte eingeschränkt, wenn wir keine Massnahmen hätten, sondern statt dessen massenhafte Erkrankungen mit langfristigen Folgen.

Wenn man jene Länder in den Fokus nimmt, die Corona mit Zero Covid im Griff haben mit Zero Covid, zum Beispiel Australien oder Neuseeland, wird evident, dass die Einschränkungen dort für die Mehrheit wesentlich geringer sind.

Die Schweiz wie auch die meisten mitteleuropäischen Staaten haben von Anfang an kopflos agiert. Sie waren schlicht nicht auf eine Pandemie vorbereitet und hatten keine Strategie in der Schublade, ganz im Gegensatz zu südostasiatischen Ländern.

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Heribert Prantl unterliegt einem Denkfehler, den ich in solchen Debatten zur Einschränkung der Grundrechte fast immer entdecke, nämlich dem Vergleich der Situation mit Einschränkungen vs. eine Situation ohne Pandemie.

Behauptete Phänomene müssen belegt werden. Womit genau belegen Sie diesen 'Denkfehler' im vorliegenden Interview? Ist es möglich, dass der Denkfehler vielleicht eher auf Ihrer Seite liegt? Indem Sie etwas tun, was ich in vielen Debatten zur Pandemie entdecke: man legt etwas in einen Text hinein, was nicht gesagt oder geschrieben wurde, und arbeitet sich dann an dieser Unterstellung ab. Vielleicht hat Prantl auch solche Dinge im Blick, wenn er festhält:

Die Menschen können nicht mehr ohne Aggression miteinander reden. Ich wünsche mir, dass die Polarität der Reaktionen einem zuhörenden und diskutierenden Miteinander Platz macht, denn sonst verlieren wir die Demokratie.

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Daniel Ryser
Reporter
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Sehr geehrte Frau Flückiger, Heribert Prantl spricht sich nicht gegen Massnahmen aus, er spricht sich dafür aus so zu handeln, dass der Schaden überall am geringsten ist. Dass die Massnahmen, die angewendet werden, angemessen und zielführend sind. Und er denkt darüber nach, was es eigentlich mit einer Gesellschaft macht, wenn wir in einen permanenten Ausnahmezustand abdriften.

In der Tat, da haben Sie völlig recht, waren die Länder in Südostasien vorbereitet auf die Pandemie - als Learning aus ihrem katastrophalen Handeln während der Vogelgrippe 2004/2005. Vietnam hat offensichtlich aus der Geschichte gelernt (siehe Mike Davis: The Monster at Our Door: The Global Threat of Avian Flu). Meine Meinung ist: Massnahmen die greifen und wirken und den Schaden minimieren, sind wichtig, richtig und verhältnismässig.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Bevor man sich ein Beispiel an Vietnam nehmen will, sollte man folgendes bedenken:

Instead of relying on medicine and technology, the Vietnamese state security apparatus has adopted a widespread of public surveillance system along with a public well-respected military force. One-party national mechanism and powerful military-security forces helps the government to make decisions quickly and enact them promptly. Vietnam also has a strong surveillance culture with neighbours who will inform their local police if they suspect any misconduct. «This is not an approach that can be taken in Western societies.»

Etwas also, das gänzlich gegen Prantls Warnung vor der «Lust am Autoritären» stünde. Auch was die konkreten Massnahmen betrifft, dürften manche mit Prantls Kriterien wohl kaum «verhältnismässig» bezeichnet werden.

Ich bin mir auch nicht sicher, inwiefern man aus der Bewältigung der Vogelgrippe H5N1, welche zum allergrössten Teil Tiere betroffen hat, direkte «Learnings» für SARS-CoV-2 ziehen kann. Aber was die «Learnings» aus der Bewältigung von SARS 2002–2004 angeht, wird sie nicht als «katastrophales Handeln» eingeschätzt:

In comparison to other commended examples like South Korea, Singapore and Taiwan, Vietnam, before the second wave, had experienced a much lower number of cases, and no fatalities for six consecutive months — an achievement recalling the success in 2003 when Vietnam became the first country to be cleared of the SARS outbreak.

Es braucht also nicht in jedem Fall eine vorhergehende Katastrophe, um gut vorbereitet zu sein und eine Epi-/Pandemie gut zu bewältigen. Aber was es sicher braucht, ist schnelles und entschiedenes sowie stringentes Handeln, um die Gesamtdauer zu verkürzen und das ständige Auf- und Abflammen durch too little, too late bzw. too much, too early zu verhindern.

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Ja, die Einschränkungen sind einschränkend, lustig ist das nicht. Der ganze Inhalt hätte in zwei oder drei Sätzen dargelegt werden können.

Interessant wäre stattdessen eine Diskussion darüber, weshalb viele Grundrechtsverteidiger*innen die Grundrechte und Demokratie selektiv verteidigen bzw. ausgerechnet und erst jetzt bei Covid, und nicht grundsätzlich, z.B. Notrecht zwecks Bankenrettung oder Minarettverbot oder Ausschaffungen uvm.

Zum Thema Angst: unser ganzes Wirtschafts-Handeln basiert auf Angst, Existenzangst. Und wer nicht spurt, soll gefälligst Angst entwickeln. Z.B. Arbeitslose, die sich herausnehmen, das eine oder andere Stellenangebot nicht anzunehmen. Oder wer es wagt, mit derm Vermieterin nicht einig zu sein. Oder generell die Interessen von wirtschaftlich Stärkeren herauszufordern. In einer Demokratie hat das alles nichts verloren, bzw. unsere kapitalistische Wirtschaft ist keine demokratische, und das nicht erst seit Covid. Grundrechte? Diskussion? Buch?

Taskforce, Exekutive & Co.: Mir ist es ganz recht, wenn die Feuerwehr mich aus der brennenden Wohnung holt und diese dann mit Wasser flutet o.ä. Gerne auch ungefragt, d.h. grundrechts-einschränkend. Und ich hoffe, die Feuerwehrleute debattieren vorher nicht zu ausgedehnt darüber, sondern handeln zügig, nach bestem (Fach-)Wissen und Gewissen. Trotzdem ist es mir sehr wichtig, dass eine demokratische Gesellschaft in ausgedehnten Diskussionen sich grundsätzlich darüber klar wird, ob sie sich eine Feuerwehr leisten will oder nicht. Konkret freue ich mich darüber, aktuell Teil einer Gesellschaft zu sein, die entschieden hat, sich eine Feuerwehr zu leisten. Gründe dagegen hätten ja sein können: "zu teuer" oder "Feuer ist Natur" oder "musst halt aufpassen" oder "sollen sich doch Private drum kümmern" usw. Zum Glück ziehen diese "Argumente" (bisher) offenbar nicht.

Prantls Ausführungen empfinde ich nicht als klärend, sondern eher als vernebelnd, und zwar schon fast vorsätzlich.

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Daniel Ryser
Reporter
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Sehr geehrter Herr T., danke für Ihre Rückmeldung. Dass es Leute gibt, die jetzt plötzlich gewisse Grundrechte nicht genug hochhalten können, obwohl die Ihnen sonst egal sind: Völlig einverstanden. Das aber wäre ein anderer Text. Prantl ist in meinen Augen deswegen interessant, weil er seit dreissig Jahren diese Thematik im Blick hat, zum Beispiel, als eines von unzähligen Beispielen, als er 2017 die Hamburger Polizei und die Regierung angesichts der aussergewöhnlichen Lage am G-20-Gipfel, quasi einer brennenden Stadt mit überall Feuerwehr, daran erinnerte, dass das Demonstrationsrecht kein Gandenrecht sei, sondern ein Grundrecht.

Prantl bestreitet auch nicht, dass es jetzt besondere Massnahmen braucht. Dass es auch eine Feuerwehr braucht. Die Massnahmen seien zwingend. Aber sie müssten verhältnismässig sein, also wirksam. Wenn etwa das Haus brennt, um in diesem Bild zu bleiben, und die Feuerwehr kommt, löscht ein bisschen, schüttet dann aber Benzin rein - ist das dann verhältnismässig? Oder geht dann der Gesellschaft irgendwann die Hoffnung aus? Die Massnahmen an sich bestreitet Prantl nicht. Wie immer fokussiert er auf die Verhältnismässigkeit.

Sie sprechen das Notrecht betreffend der Bankenrettung an: Der Bundesrat hat 2008 die UBS mit Polizeinotrecht gerettet. Quasi eine Feuerwehr mit Sonderkompetenzen. Wie beurteilen Sie das damalige Vorgehen der Regierung?

Dann steht in den kommenden Monaten die Abstimmung zum PMT an, dem Anti-Terrorgesetz, wo die Regierung argumentiert, in gewissen Fällen sei der Rechtsstaat zu langsam, es brauche quasi eine neue Feuerwehr mit mehr Kompetenzen, die zum Beispiel Menschen, die noch nichts getan haben, mit Massnahmen belegen kann. Sogenannte Gefährder, deren Bewegungsfreiheit zum Beispiel massiv eingeschränkt werden kann, weil von ihnen eine Gefahr ausgehen könnte. Die Unschuldsvermutung quasi als Relikt einer Zeit, die wir uns in gewissen Fällen nicht mehr leisten können. Falls Sie mit dieser Diskussion vertraut sind: Wie sehen Sie das?

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Sehr geehrter Hr. Ryser, als Laie würde ich mich auch gegen Benzin aussprechen. Aber evtl. hätte eine Brandschutz-Fachperson gute Gründe dafür, die ich nicht erkennen kann. Es könnte aber auch sein, dass die Fachperson ganz anderes im Schilde führt, z.B. weil sie pyromanisch veranlagt ist. Da ist es tatsächlich die Aufgabe von demokratischen Strukturen, keinen Bock zum Gärtner zu machen. Aber die Aufgabe an sich und dann die vertrauensvolle Vergabe der entsprechenden Verantwortung sollte vor dem Notfalleintritt diskutiert, behandelt und abgeschlossen werden, nicht erst mitten während dem virulenten Notfall. Ich wähle klar links, nicht "bürgerlich", weil ich aufrichtige Gemeinwesen-Verantwortung eher links/grün/alternativ bis ganz links verorte und nicht rechts/bürgerlich/fatalistisch/sozialdarwinistisch. Auf nationaler Ebene bin ich da aber seit Lebzeiten in der Minderheit. Aus meiner Sicht haben wir also grossmehrheitlich die falschen Gärtner*innen. Im aktuellen Notfall bin ich glücklich überrascht darüber, dass sie trotzdem (aktuell noch) gerade so knapp vernünftig handeln. Im Gegensatz zu z.B. Finanzkrise oder Klima/Umwelt uvm.

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Prantl bestreitet auch nicht, dass es jetzt besondere Massnahmen braucht. [..] Die Massnahmen seien zwingend. Aber sie müssten verhältnismässig sein, also wirksam.

In einer Pandemie kann eben nicht zuerst eine Wirksamkeitsprüfung durchgeführt werden. Oder wie es Mike Ryan (Executive Director, WHO) sagt: "If you need to be right before you move, you will never win" (Quelle). Prantl fordert also etwas ein, dass oft nicht kompatibel ist mit der exponentiellen Wachstumsdynamik des Virus.

Mein Fazit: Für mich sind seine Aussagen (gerade zum Thema "einschränkende / aktive Massnahmen") einfach oft zu unkonkret. Aber vielleicht wäre es ja möglich in einem Follow-Up Interview ein paar Punkte aus dieser lebhaften Forumsdebatte zu klären.

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Gründe dagegen hätten ja sein können: "zu teuer" oder "Feuer ist Natur" oder "musst halt aufpassen" oder "sollen sich doch Private drum kümmern"

Betrifft also nur 0.0007442% der Bevölkerung, so eine Verschwendung und Einschränkung aller anderen Bürger!

/s wenn es nicht klar war.

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(durch User zurückgezogen)
Michel Romanens
Präsident www.vems.ch
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Hat der unsägliche Prantl-Brei die samstägliche Binswanger Kolumne verscheucht?

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Daniel Binswanger ist in den Ferien: «Dürfen wir stattdessen einen Abstecher ins Archiv empfehlen? Hier finden Sie alle 152 bisher erschienenen Ausgaben

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Verteidigerin der Verfassung
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In den USA würde man sagen: "Prantl is barking up the wrong tree".

Er hat natürlich 100% Recht, dass man immer sicherstellen muss, dass sich der Staat an die Verfassung hält und nicht Ereignisse wie den gehypten Terrorismus dazu benützt, die Verfassung auszuhebeln.

Aber Covid ist der falsche Baum. Prantl scheint nicht zu verstehen, dass es wie ein Naturgesetz ist, dass man in einer Pandemie längerfristig die Anstekungsrate nicht über 1 lassen kann, und dass dies nur mit Einschränkungen machbar ist.

Unsere einzige Wahl ist welche Einschränkungen wir wählen wollen, nicht ob wir Einschränkungen wollen.

Daraus folgt gezwungenermassen ein Kampf der Wirtschaftsteilnehmer um die Vorrechte, möglichst wenig Massnahmen zu ergreifen. Quasi ein Kampf um Risiko-Kontingente.

Fälschlicherweise wird das von der Bevölkerung als ein Kampf der Wirtschaft gegen die Gesellschaft interpretiert, was natürlich nicht stimmt. Wenn die Leute wieder in die Restaurants wollen, wieder Skifahren wollen, wieder an Parties wollen, ist das immer ein Teil der Wirtschaft.

Vernünftigerweise lässt man die Teile der Wirtschaft laufen, die hohe Wertschöpfung bei tiefem Covid-Risiko haben.

Zurück zu Prantl:
Einen Weg gibt es, ein Leben mit R>1 zu führen: mit Zero-Covid. So kann man sich wieder den alten Lebensstil leisten. Allerdings muss man dafür sein Land oder sein Gebiet total abschotten, und wenn es doch mal ein Virus durch die Quarantäne schafft, massiv gegen ihn vorgehen. So wie NZL uns das vorzeigt.

Somit ist absurderweise ausgerechnet der von Prantl kritisierte Weg der einzig mögliche um die von Prantl gewünschte Situation zu erreichen.
Würden wir den von Prantl propagierte Weg gehen, müssten wir über kurz oder lang wieder weitere Verfassungs-Rechte aufgeben.

Zum Glück haben wir die Impfungen. Diese werden R drücken und uns unser altes Leben zurückgeben.

Prantl hingegen würde besser einen anderen Baum suchen auf dem Verfassungsübertretungen stattfinden.

Zum Beispiel könnte er sich im Verkehr engagieren. Dort haben wir die unhaltbare Situation, dass die Autofahrer unsere Velofahrerinnen vergiften, gefährden, mit Lärm terrorisieren und totfahren. Jedes einzelne dieser Verbrechen ist eine schwere Verletzung unserer Verfassung. Aber wegen der starken Autolobby stellt sich der Staat und die Justiz blind. Hier sollte Prantl aktiv werden. Als Richter wäre dieses Thema auch ideal in seinem Kompetenzgebiet liegend.

Aber vielleicht fährt er halt selber Auto, und die Verfassungsrechte sind plötzlich nicht mehr so wichtig. 😟

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Dank Impfungen "unser altes Leben" zurück geben, dies ist aus meiner Sicht ein Traum von gestern. Das "alte Leben" wird nicht zurückkehren, denn zu vieles scheint im Umbruch zu sein. Das Geldsystem, die Wirtschaft bis hin zu ganzen Ökosystemen . . . .

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Verteidigerin der Verfassung
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Diese Diskussion führen wir am besten in 10 Monaten, wenn alle geimpft sind. Dann werden wir Genaueres wissen.

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Beim Lesen dieses Interviews muss man sich vor Augen halten, dass die Verhältnisse in Deutschland und der Schweiz doch ziemlich verschieden sind.

In Deutschland gibt es eine einheitliche Strategie mit Zielen, an denen auch mit wenig Flexibilität festgehalten wird, wenn es schwierig scheint, sie zu erreichen.

Meldungen von tagesschau.de.

In Deutschland rechnet das Robert Koch-Institut in den kommenden Wochen mit mehr Corona-Ausbrüchen. «Wir stehen möglicherweise erneut an einem Wendepunkt. Der rückläufige Trend der letzten Wochen setzt sich offenbar nicht mehr fort», sagte Präsident Lothar Wieler am Freitag. ... Es werde schwieriger, das Ziel eines niedrigen Inzidenz-Niveaus zu erreichen. «Jede unbedachte Lockerung beschleunigt das Virus und wirft uns zurück. Dann stehen wir in ein paar Wochen genau wieder an dem Punkt, wo wir Weihnachten waren.»

In Flensburg werden rigorose Massnahmen verordnet. Ein Link

In der Schweiz versucht man es mehr mit Konsens. Auch bringen wahrscheinlich die Kantone mehr Vielfalt ins Geschehen als die wesentlich grösseren Bundesländer.
Dazu das heutige Interview mit Kantonsarzt Steffen im TA. Ein Link

Ein Ausschnitt für die, die keinen Zugang haben.

Auch in der Schweiz wurde im Herbst über eine Ausgangssperre diskutiert. Wäre das kontraproduktiv gewesen?
Das Erstaunliche ist, dass die Schweiz während der ersten Welle teilweise gar bessere Werte auswies als vergleichbare Länder, welche eine Ausgangssperre verhängt hatten. Es wäre interessant, dazu mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zu haben.
Haben Sie eine Erklärung?
Ich denke, bei uns gibt es ein kollektives Übereinkommen, eine gewisse soziale Rücksichtnahme. Im Herbst waren die Infektionszahlen richtiggehend in die Höhe geschossen, die Spitäler füllten sich, und in vielen Kantonen kamen die Intensivstationen an den Anschlag. Nach Weihnachten aber sank die Zahl der Neuinfektionen relativ rasch. Wir sahen, dass die Schutzmassnahmen notwendig sind, und sagten uns: Das machen wir. Nur hält dieser Effekt leider nicht sehr lange an.
Sehen Sie auch Unterschiede zu Deutschland?
Ich habe gestaunt, wie gut die Deutschen während ihres langen Lockdown durchhalten. Obwohl sie über lange Zeit tiefere Infektionszahlen verzeichneten als wir, leben sie mit einschneidenderen Schutzmassnahmen. Ich glaube, die Deutschen und auch die Franzosen können besser in den Krisenmodus umschalten als wir. Die meisten Schweizerinnen und Schweizer haben keine echte Krisenerfahrung und waren nie dazu gezwungen.
Sie sagten, bei uns gebe es eine soziale Rücksichtnahme. Dann funktioniert die so oft beschworene Eigenverantwortung doch?
Schweizerinnen und Schweizer sind nicht obrigkeitsgläubig. Sie übernehmen nicht einfach die Direktiven der Regierung, sondern sind es wie bei Abstimmungsvorlagen vielmehr gewohnt, mitzudenken und mitzubestimmen – auf dieser Haltung baut unsere direkte Demokratie auf. Vielleicht haben wir eine Art Wilhelm-Tell-Gen in uns.

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Interessant zweifellos. Aber wie auch in allen anderen gleich gelagerten Diskussionen wird auf das ursächliche Hauptargument für Massnahmen gar nicht erst eingegangen. Vordergründiges und wichtiges Ziel war immer die Sicherstellung der Funktionalität des Gesundheitswesens, und vor allem zu Beginn, auch diejenige anderer grundlegend wichtigen Funktionen zur Aufrechterhaltung der grundlegenden Infrastruktur wie Energie- und Lebensmittelversorgung (daher Vermeidung von grossflächigen Ausfällen von Mitarbeitern). Nur unter Wahrung dieser Prämissen kann eine erwähnte generelle Gesundheit von Menschen, Demokratie, Wirtschaft etc. überhaupt aufrechterhalten werden.
Aber da lassen sich halt schlecht publikumswirksame und/oder kontroverse Bücher, Essays etc, darauf aufbauen.

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Irgendwie grotesk: Wer momentan Prantl googled findet gleich auch noch ein SWR Interview in dem er sich folgendermassen zitieren lässt: „No-Covid hieße auch No Grundrecht“. Er scheint also ganz bewusst die beiden Konzepte zu vermischen und auf einen markigen Einzeiler runter zu kondensieren.

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Verteidigerin der Verfassung
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Wie können Sie ableiten, dass er dies bewusst macht?

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Danke für den Einwurf. Kann ich tatsächlich nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht weiss, dass es zwei deutlich unterschiedliche Konzepte sind (nach meinem Verständnis gemäss des Lage der Nation Podcasts.
Falls Herr Prantl sich aber nicht mit den Details der beiden Konzepte auskennt, frage ich mich schon, ob es dann sinnvoll ist so eine verkürzte, markige Aussage zu beiden Konzepten zu machen. Es kann natürlich auch sein, dass er die Details ganz genau kennt, und zweimal zum gleichen Schluss kommt.
Mich stört einfach diese Verkürzung, weil ich das Gefühl habe, dass das die Gereiztheit der Debatte fördert - in einer Zeit die schon herausfordernd genug ist. Sehen Sie das anders?

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Ich finde es sehr erfreulich, dass auch wieder mal in zurechnungsfähigen Gefilden die Frage der Grundrechte im Zusammenhang der Pandemie besprochen wird.

Was ich im Gespräch etwas vermisst habe, ist der Umstand, dass ja sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland ausgerechnet jene (nicht nur die Rechtsextremen) gegen die gesundheitspolizeilichen Massnahmen kämpfen, bei denen sonst immer alles andere vor den Grundrechten kommt (vor allem „die Wirtschaft“ - die alte humanistisch-liberale FDP gibts ja in Deutschland auch nicht mehr). Beim Terror ist das ja ganz anders: Dort sind jene, die auf die Grundrechte pfeifen, diesselben, die den Profit und die Sicherheit über alles andere stellen. Was bedeutet das für die Frage der Grundrechte im Zusammenhang mit der Pandemie? Das Recht auf Gesundheit ist ja auch ein Menschenrecht.

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Verteidigerin der Verfassung
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"Zero Covid heisst Zero Grundrechte"

Wer mit diesem Vorurteil in eine Diskussion einsteigt, wird ganz natürlich zu den Schlüssen kommen, die Prantel dann auch zieht.

Nur leider hat mittlerweile Neuseeland bewiesen:
Zero Covid heisst mehr Grundrechte!

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Bitte endlich aufhören unsere Situation mit denjenigen von Inselstaaten zu vergleichen.

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Wieso? Warum sollen wir das nicht können, wie Neuseeland? Dazu würde ich gerne mal eine plausible Begründung hören. Und dann würde ich mit Vietnam antworten... Kein Inselstaat. No Covid. (Was im übrigen die übliche Bezeichnung für den Ansatz ist. Zero Covid ist ein anderer Ansatz.

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Danke Republik für diesen Beitrag. So beschreitet ihr doch wieder differenziertere Wege zum Thema Corona als leider auch schon

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Verteidigerin der Verfassung
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"Wenn der Staat das Mass verliert"

Es ist leider nicht nur der Staat, sondern auch die Presse, welche die öffentliche Diskussion mit übertriebenen Massnahmen abwürgt.

Insbesondere gehört dazu auch die Cancel-Kultur der Republik. Ungenehme Meinungen werden ohne Diskussion und mit vorgeschobenen unbewiesenen Gründen abgewürgt.

«seine Bürger nicht mehr als unverdächtig, sondern als potentiell verdächtig, als ‹noch› nicht verdächtig betrachtet»

Leider werden die Leserinnen der Republik genau nach demselben Schema behandelt. Immer wird einem schlechter Wille und sogar Rassismus unterstellt, auch wenn das Gegenteil die Absicht war.

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Der Tagi hatte Gestern einen Artikel über den Versuch der NR Gesundheitskommission
eine Öffnung der Beizen usw. ab 22 März zu forcieren. Der hat bis jetzt 923 Leserkommentare bekommen. Ich habe nicht das Gefühl dass öffentliche Diskussion von der Presse oder sonst jemandem abgewürgt wird.

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Verteidigerin der Verfassung
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Ich wurde von der Redaktion der Republik 6 Monate gesperrt und als Rassistin hingestellt, weil ich ein paar Kommentare gegen die Diskriminierung der Velofahrerinnen geschrieben habe, und dabei ein jüdisches Buch und einen Song von John Lennon zitiert habe.

Diese Diskussion wurde also sehr wohl abgewürgt.

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Also so wie die Menschen hier im Forum gerade auch bei diesem Beitrag Ihre Meinungen zum Teil schimpfend stark vor sich hertragen, inklusive auch Sie mit Ihrer Kritik, hier würden Meinungen unterdrückt, sehe ich die Meinungsäusserungsfreiheit in diesem Magazin definitiv nicht in Gefahr.

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Verteidigerin der Verfassung
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Herr Ryser, Sie wurden auch nicht 6 Monate gesperrt, aus nichtigen Gründen und ohne Möglichkeit auf Verteidigung.

Wenn Ihnen das mal angetan worden ist, dann melden Sie sich. Ich Frage Sie dann nochmals.

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Als Grundsatzdiskussion ist das alles ganz interessant Nur, ist es für die Praxis hilfreich? Die föderalistische Schweiz hat uns vorgeführt, wohin Mitsprache in Krisensituationen führen kann. Zudem scheint Herr Prantl Gesellschaft als eine Einheit von Subjekten mit gleichen Möglichkeiten und Macht zu verstehen. Die Wirklichkeit zeigt jedoch ein ganz anderes Bild. Die gesellschaftliche Diskussion wird von Lobbyisten dominiert, die sich für die partikularen (und vorwiegend wirtschaftlichen) Interessen ihrer Auftraggeber einsetzen.

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Die Todeszahlen der Schweiz und Österreich unterscheiden sich nicht signifikant. Deutschland steht etwas besser da, aber auch nur da.
Ich bin froh, wird bei uns noch gestritten. So sind wir unter Betrachtung aller Faktoren viel besser durch die Krise gekommen, man denke bspw. nur an die langfristigen Folgen der Schulschliessungen in Deutschland.

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Wow - es geht ja doch, auch eine andere Sicht auszuleuchten - Chapeau!

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Endlich mal wieder ein Artikel in der Republik, der sich in Bezug auf Corona lesen lässt und eine anderen Blickwinkel eröffnet. Danke Herr Ryser für das Interview.

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Es ist wichtig Furcht und Dringlichkeit als Bedingung bei der Gesetzgebung zu reflektieren. Ich schliesse aus dem Artikel, dass wir unbedingt Mechanismen benötigen, die verunmöglichen das Gesetzesverschärfungen nach Ablauf einer Frist in den courent normal übergehen.

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One Health Praktiker| Uni Zürich
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En passant macht Herr Prantl eine Definition, die meines Erachtens eine breitere Debatte bedingen würde: die Gesundheit der Gesellschaft. Durch diese "Bevormundung" manifestiert sich die Uneinigkeit zu diesem Konzept. Aber grundsätzlich wäre es in der Tat wichtig, das die Gesundheit der Gesellschaft bei allen Massnahmen zum Schutz einzelner nicht aus dem Blick verloren geht. Bisher wird vonden Entscheidungsträgern implizit "die Gesellschaft" mit "der Wirtschaft" gleichgesetzt, was eine analoge Bevormundung darstellt. Die Debatte müsste geführt werden, aber das Forum dazu fehlt.

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Verteidigerin der Verfassung
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"... wäre es in der Tat wichtig, das die Gesundheit der Gesellschaft bei allen Massnahmen zum Schutz einzelner nicht aus dem Blick verloren geht."

Da sehe ich nicht das Problem. Alle, die Massnahmen vorschlagen, tun dies sicher auch um genau diese Gesundheit der Gesellschaft zu schützen.

Sie machen hier denselben Fehler wie Prantl: sie unterstellen dem politischen Gegner düstere Absichten.

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Der äusserst einflussreiche Heribert Prantl hätte so viele Möglichkeiten und so viele Jahre Zeit gehabt, all das anzugehen, was er hier beklagt. Tat er nicht. Rein zufällig gibt es noch eine andere Zeitung mit Text von ihm - zufällig heute und zufällig zum gleichen Thema. Kommt Ihnen Folgendes bekannt vor? "Noch nie wurde unser Leben so rigoros reglementiert wie in Zeiten von Corona. Der Präventionsstaat wird zu einem Big Brother, den sich viele fast schon wünschen, schreibt hier der Jurist und Publizist Heribert Prantl."

Und wie heisst die andere Zeitung? Nein, es ist nicht die "Süddeutsche". Es ist die 'Welt', so etwas wie der Kampfstern Galactica des Axel Springer Verlags. Schulter an Schulter mit der 'Republik'.

Noch etwas: Zero Covid ist weder dasselbe noch das Gleiche wie No Covid. Und man sollte Terroranschläge und Corona unterscheiden und nicht in einen Topf schmeissen. Denn wie sicher auch Herr Prantl in einer seiner ersten Vorlesungen lernte, kommt es stets auf das Unterscheidungsvermögen an. "Wenn man alles zusammenmischt, gibt es Mist."

Aber: ich gratuliere der Republik zu ihren Foristen.

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Vielen Dank an die Adresse der Republik. Als pensionierter Richter (SP) kann ich dem Beitrag voll zustimmen. Er hebt sich von der sonst eher angstmachenden und lähmenden Berichterstattung eben dieser Republik zur Coronakrise wohltuend ab.

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Zum Titel „Zero COVID heisst Zero Grundrechte“ sei daran erinnert, dass im Deutschen Grundgesetz das Recht auf Gesundheit in Art. 2 Abs. 2 als Grundrecht festgelegt wurde. „jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Dort wo dieses Grundrecht bedroht wird, hat die Politik die verfassungsmässige Pflicht dieses Recht zu schützen. Die Gesundheit ist somit, auch neben anderen auch, ein Grundrecht. Dass sich Grundrechte gelegentlich widersprechen können, ist längst bekannt. Das Zitat als Titel ist wohl ganz schön knallig, führt jedoch in die Irre.

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Daniel Ryser
Reporter
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Lieber Marcel, im Forum wird wiederholt gesagt, man könne doch Covid-19 und Terrorismus nicht vergleichen. Aber Prantl zieht diesen Vergleich gar nicht. Er vergleicht, und da finde ich, sollte man schon präzis sein, die Reaktion des Staates auf die beiden Phänomene und welche Gefahren davon ausgehen können. Das ist er, was er macht.

Er warnt dabei davor, dass wenn der Staat zahlreiche Massnahmen erlasse, die niemand nachvollziehen könne oder die schlecht erklärt würden, irgendwann die Toleranz auch für die wirksamen Massnahmen sinke (und nimmt dabei in seiner Analyse das Ereignis des gestrigen Tages in der Schweiz vorweg, wo eine in meinen Augen ziemlich gemeingefährliche Mehrheit in der NR-Gesundheitskommission beschlossen hat, dass man ab Mitte März alles wieder hochfahren will, weil man den Bundesrat nicht verstehe).

Das ist es, was er macht.

Prantls Meinung oder Vergleiche kann man natürlich völlig daneben finden, Tatsache ist aber auch, dass er nicht der erste ist, der davor warnt, dass Covid-19 dazu benutzt werden könnte, autoritäre Ideen umzusetzen. Ich verweise auf dieses Interview hier:
https://www.republik.ch/2020/09/17/…-interview

Du selbst verweist in deinem Kommentar auf den Artikel 2 des Grundgesetzes und schreibst, Grundrechte könnten einander widersprechen.

Dazu äussert sich Prantl ja explizit im Artikel, auch zu deinem Einwand, dass Grundrechte einander widersprechen können. Und zwar heisst es im Text:
Frage: Wie misst man die Verhältnis­mässigkeit in einer solchen Lage?
Antwort Prantl: Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. So steht es im Artikel 2 des deutschen Grund­gesetzes. Aber wenn ich sage, ich berufe mich auf das Grundrecht bei allen möglichen Massnahmen, dann bedeutet das nicht automatisch, dass diese Massnahme sinnvoll ist, erforderlich ist oder einen Nutzen hat. In der Medizin gilt bei der Intervention der Grundsatz Primum non nocere: sicherstellen, dass eine Massnahme nicht schadet. Schadet sie doch, dann gilt es, die Verhältnis­mässigkeit zu wahren.

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Tatsache ist aber auch, dass er nicht der erste ist, der davor warnt, dass Covid-19 dazu benutzt werden könnte, autoritäre Ideen umzusetzen.

Auch hier lohnt es sich, genau hinzusehen. Während Orbàn erfolgreich die Pandemie instrumentalisieren konnte, ist Trump daran gescheitert.

Ich sehe bei unserem Bundesrat keine solchen Tendenzen. Im Gegenteil, die zweite Welle war unter anderem auch deshalb so heftig, weil der BR seine ausserordentlichen Kompetenzen wieder an die Kantone abgegeben hat. Die Folgen davon waren ein Flickenteppich von Massnahmen, welche zu spät umgesetzt wurden, weil kein Kanton als erster weitere Einschränkungen erlassen wollte.

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Er warnt dabei davor, dass wenn der Staat zahlreiche Massnahmen erlasse, die niemand nachvollziehen könne oder die schlecht erklärt würden, irgendwann die Toleranz auch für die wirksamen Massnahmen sinke (...)

Es gibt ein anderes, sehr einfaches Schema, welches leider recht gut die Reaktion auf staatliche Einschränkungen erklärt: Fühlen sich die Bürger selbst von den Einschränkungen betroffen (Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie), oder betreffen sie in ihren Augen nur die "Anderen" (Anti-Terror-Massnahmen, Diskriminierung im Asylwesen)?

Gegenüber Letzteren ist die gesellschaftliche Toleranz grösser, auch wenn die Massnahmen zahlreich und ineffektiv sind, und die Grundrechte verletzen.

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(...) im Forum wird wiederholt gesagt, man könne doch Covid-19 und Terrorismus nicht vergleichen. Aber Prantl zieht diesen Vergleich gar nicht. Er vergleicht, und da finde ich, sollte man schon präzis sein, die Reaktion des Staates auf die beiden Phänomene und welche Gefahren davon ausgehen können. (...)

Um die Reaktion des Staates auf ein Phänomen verstehen und beurteilen zu können, muss man auch dessen Ursache und Wirkung einbeziehen. Da gibt es bei Terror und Pandemie wenig Gemeinsamkeiten.

Herr Prantl hätte deshalb viel sorgfältiger darlegen sollen, wieso seine Analysen der Terror-"Bekämpfung" relevant für die Pandemie-Bekämpfung sind.

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Spannendes Interview. Während ich mit einem Teil der Aussagen einverstanden bin, vor Allem wo es um das Entfristen von zeitlich begrenzten Notstandsgesetzen geht, biegt der Interviewte bei einigen Argumenten seltsam ab:

Die Gesundheit des Menschen ist wichtig, die körperliche Gesundheit. Aber es gibt auch eine andere Gesundheit. Die Gesundheit der Gesellschaft. Die Gesundheit der Demokratie.

Wenn man so freimütig Begriffe umdeutet, kann man das Ganze natürlich so formulieren, dass die eigene verdrehte Weltsicht Sinn ergibt.

Der Interviewte bleibt es nicht nur schuldig, einen besseren Ausweg aus der Pandemie aufzuzeigen, es fehlt auch die Idee, wie Grundrechte und Menschenwürde gewährleistet bleiben sollen bei einem kollabierten Gesundheitssystem in einer unkontrollierten Pandemie.

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Hier wird rhetorisch gleich gesetzt, wo faktisch grosse Unterschiede bestehen.

Terroristische Anschläge sind für die unmittelbaren Opfer tragisch, aber dennoch lokal begrenzt. Dagegen ist die durch Covid-19 verursachte Übersterblichkeit in vielen Ländern massiv.

Die negativen Langzeitfolgen für die Gesellschaft entstehen nicht durch die terroristischen Anschläge selbst, sondern durch die gesellschaftliche Reaktion darauf (wie Xenophobie, War on Terror, ...). Das ist vielen Terroristen bewusst, und sie Zielen mit ihren Anschlägen genau darauf ab. Das Virus dagegen hat keine Hintergedanken, es geht allein um eine möglichst effiziente Replikation.

Fast alle Massnahmen, die gegen den Terrorismus ergriffen wurden, sind ineffektiv (z.B. die ansatzlose Massenüberwachung) oder kontraproduktiv (Kriege, aussergerichtliche Liquidierungen, Folter, ...). Dagegen sind wirksame nicht-pharmazeutische Interventionen bekannt und können umgesetzt werden. Viele davon sind mit den Grundrechten kompatibel.

Wer so mit Analogien argumentiert, vernebelt mehr, als dass er zur Klarheit beiträgt.

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Ich begrüsse es, wenn die Republik auch kritischen Stimmen zur aktuellen Corona-Politik eine Plattform gibt. Das Interview mit Heribert Prantl erfüllt meine Erwartungen bezüglich Stichhaltigkeit und Plausibilität der Argumente allerdings nicht. Zu sehr ist Prantls Kritik einerseits plakativ überzeichnet (zB massloser Staat, Führungsgestalt die schnell entscheidet) anderseits schwammig (Trotzdem muss "man" fragen und diskutieren dürfen). Mindestens in der Schweiz wird ja pausenlos gefragt, in Frage gestellt und diskutiert. Auch der Bundesrat erlässt nicht einfach autoritär Massnahmen, sondern hält Rücksprache mit verschiedenen Ebenen. Im Juni werden wir über das Covid-Gesetz abstimmen können. Ich vermag jedenfalls keine Gefahr für die Demokratie zu erkennen. Im Gegenteil, die Demokratie funktioniert (fast zu) gut.

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Ich finde die Einschränkung der Grundrechte während einer definierten und zeitlich begrenzten Notsituation - sagen wir, unerfreulich, aber nicht das Schlimmste, was passieren könnte. Das Horrorszenario ist, was zuerst in Tschechien und dann auch in den Niederlanden fast passiert ist: Dass Massnahmen wegen ungenügenden Notstandsgesetzen von Gerichten aufgehoben werden und das Land dann schutzlos dasteht. Wie gefährlich das ist, sieht man daran, dass in beiden Ländern den Richtern selber der Schreck dermassen in die Knoche gefahren ist, dass sie in beiden Fällen die aufgehobenen Gesetze sofort wieder in Kraft gesetzt haben bzw. setzen liessen.
Ich bin dieser Meinung auch auf das Risiko dass eine Regierung mithilfe der Notstandsgesetzgebung Massnahmen ergreift, die ich in keiner Weise billige und gegen die ich dann nur ohnmächtig protestieren, aber nichts mitbestimmen kann. Wie genau jetzt, in der Coronakrise. Denn in Krisen muss schnell gehandelt werden, und die Verantwortlichkeit muss klar sein. Was im normalen Betrieb von Parlament, Verwaltung, Lobbies etc. leider nicht der Fall ist.
Wichtig ist für mich, dass Folgendes gewährleistet ist: 1) Der Notstand ist zeitlich begrenzt, und kann durch die "normalen" demokratischen Institutionen wie das Parlament regelmässig aufgehoben bzw. nicht verlängert werden, 2) es gibt eine Nachbearbeitung, bei der über die von der mit Vollmacht agierenden Exekutive ergriffenen Massnahmen geurteilt wird, wenn nötig auch gerichtlich. Damit dies möglich ist, darf die Exekutive während dem Notstand u.a. ihre Macht weder zur Beeinflussung der Berichterstattung noch für selektive Archivierung nutzen.
Meines Wissens / Erachtens sind beide Bedingungen in der Schweiz zurzeit nicht erfüllt.

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Ich hätte es ganz sicher nicht besser schreiben und sagen können. 100% meine Meinung!

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Viele historische Parallelen sind nicht unbedingt überzeugend: Virusbekämpfung (covid19) und Terrorismusbekämpfung (9.11, Schweiz. Antiterrorgesetz), oder Leben retten wollen und Flüchtende ertrinken lassen. Analogiedenken ist leicht irreführend. Der Diskurs ist recht pessimistisch und irgendwie in der Vergangenheit stecken geblieben und auf Deutschland fokussiert. Er wird der heutigen Situation nicht wirklich gerecht. Wie erklärt man, dass die heftigste Kritik an den staatlichen Massnahmen von denen kommt, die autoritäre Regimes wie China oder Russland bewundern und sich heftig das Ertrinkenlassen der Migranten im Mittelmeer gutheissen?
Andere historische (positive) Beispiele fehlen: z.B. brauchte der Schweizer Bundesrat 5 Jahre (wenn ich mich nicht täusche) um nach 5 Kriegsjahren den Ausnahmezustand aufzulösen. Aber es kam doch dazu! Und weiter zurück: strenge Massnahmen gegen Pandemien haben die Geburt der Demokratien nicht verhindert. Noch haben laisser-faire gegenüber Pandemien die Demokratie gestärkt.
Die weite Überwachung der Bürger hat nicht erst 2020 angefangen. Die Politik zur Bekämpfung der Pandemie hat diese Überwachung weder eingeleitet noch stark beschleunigt.
Ein interessanter Beitrag, der mir aber nicht weiter hilft.

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Herr Prantl darf ruhig spezifischer argumentieren statt in der vage Stratosphere zu bleiben. Ich möchte von ihm wissen wie ich die "Freiheit-Einschränkung-Index " für die folgenden Massnahmen bewerten soll: Steuergelder ausgeben um die Impfung schneller zu entwickeln und auf Vorrat Fabriken zu finanzieren. Steuergelder riskieren um Haftung zu übernehmen für mögliche Nebenwirkungen der Impfung die durch der beschleunigte Zulassung vielleicht nicht vorhergesehen waren. Maskenpflicht in öffentlichen Räume, oder in der Schule einzuführen. Öffentliche Gelder auszugeben um Finanzhilfe für Betroffenen Firmen und Menschen zu leisten. Öffentliche Gelder für Tests und Contact-Tracing auszugeben. Ein Contact Tracing app auf Smartphones zu empfehlen oder sogar zu verpflichten, Versammlungseinschränkungen einzuführen. Wahl OP's verschieben zu lassen um Platz zu machen bei den IPS. Und so weiter und so fort.

Ich werfe meinem Staat (CH - und ins besondere den Kantonen) vor dass er eher Kleckert mit den Massnahmen statt zu klotzen. Dadurch, meine ich, wird die Pandemie nur halb-herzig bekämpft, dauert viel länger als nötig und kostet am Schluss auch mehr von Leben Geld und Kraft wie nötig.

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Smartphones [...] verpflichten

Das geht zu weit. Egal was das Problem ist, eine Verpflichtung zur Verwendung von Smartphones ist nicht die Lösung.

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Ich würde es sogar als Bedingung machen wenn die Bürgerlichen alles ab 22 März ,
"unabhängig von der epidemiologischen Lage" alle Beizen usw. öffnen wollen.

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Die beschriebene Panik des Schreibers ist etwas ueberzogen. Allenfalls haben die deutschen Behoerden schlechtere Entscheide beschlossen. Bei uns sind zuviele Leute in entscheidenenden Position, welche keine Ahnung haben, wie ein Prozess skaliert, und gleichzeitig nichts planen koennen.

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Einiges von dem was Herr Prantl schreibt kann ich zustimmen aber bei weitem nicht alles. Erstens DE und auch die Schweiz sind funktionierenden Demokratien. Dass heisst für mich das Meiste was in diesem Ländern politisch und rechtlich passiert ist durch das demokratischer Prozess legitimiert. Diese Legitimation erstreckt sich von den Missständen in Schul-und Gesundheitswesen in DE über das nicht-auslaufen der Not-Gesetze bis hin zum PMT Gesetz in der Schweiz. Wenn die Leuten sich bessere Schul- und Gesundheitswesen wünschen könnten sie die nötige Steuern erheben. Aber das geht nicht weil die meist Zahlende sind nicht diejenige welche von diesen Missständen betroffen sind. Ich meine treffe man ein halbwegs "patriotischer", bürgerlicher Staatsbürger von DE oder CH treffe man auch einer der die anti-Terrorismus Gesetze (inkl. das CH PMT Gesetz) grundsätzlich bis glühend befürwortet. Und diese Leute sind auch die Leute die nichts von den anti-Corona Massnahmen wissen wollen.

Für mein Geschmack argumentiert Herr Prantl zu sehr akademisch-philosophisch und zu wenig praktisch. Es fehlt bei ihm gänzlich die Anerkennung der Tatsache dass COVID eine hochgradig ansteckende, von Mensch zu Mensch, übertragbare Krankheit ist. Es ist wahrscheinlich dass ungehindert wohl 60-70% der Bevölkerung infiziert würden. Es hinterlässt in einen signifikanten Teil der Infizierten bleibende Schäden und ca. 1% Sterben. Es gibt noch kein Heilmittel, nur bessere Behandlungen und erst seit wenigen Wochen können (notabene ) die Staaten anfangen mit Impfungen. Die Erfahrungen von Italien, UK, USA zeigen was passiert wenn nicht oder erst zu spät gehandelt ( sprich die Freiheiten eingeschränkt) wird: die Gesundheitswesen und Bestattungswesen werden überlastet und in UK und USA und Teile Brasiliens und, und, und sind sie es immer noch.

Die breite Masse sollte diskutieren und ein Konsens finden über die "Verhältnismässigkeit" der COVID Einschränkung meint er. Ein Metric wie viel Recht bzw. Einschränkung gegen wie viel Gesundheit bzw. Leben liefert er nicht.
Auch die Tatsache dass viel psychologisches Leiden durch finanziellen Nöte und Ängste der von den Einschränkungen betroffenen Menschen verursacht wird kommt bei ihm nicht vor. Dies Nöte können sehr wohl gelindert durch wirksame und rasche Finanzhilfe des Staates (wenn der Steuerzahler bereit ist diese Hilfe zu bezahlen).

COVID in dem gleichen rechtstaatlichem Topf zu werfen wie anti-terror Gesetze stimme ich nicht zu. Nicht nur aber auch aus dem Grund dass es Wochen gab während der zweite Welle allein in CH wann mehr Menschen pro Woche "mit" Covid gestorben sind als durch "jihadi" Terror-Anschlage zwischen 2014 bis 2019 in der ganzen EU.

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Danke für diesen Text. Er trägt dazu bei, dass ich mein Abo verlängern werde. Ich wünsche mir mehr Texte, die zum Nachdenken anregen und linksliberale Glaubenssätze hinterfragen. Die von Prantl angesprochene Polarisierung trifft auch auf die Medien zu - wenige trauen sich, sich von ideologischen Fesseln zu lösen und unpopuläre Meinungen zuzulassen. Doch gerade das wünsche ich mir, hilft es mir doch, meine eigenen Haltungen zu hinterfragen.

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Herr Prantl gibt zu denken und das ist gut so. Wir haben in den letzten Monaten nicht nur gelernt, was exponentielles Wachstum ist, sondern auch Anschauungsunterricht darin bekommen wie es ist, wenn eine Seuche wütet.Jetzt sind wir entsetzt oder enttäuscht, weil wir uns in der hochentwickelten Welt ziemlich sicher fühlten. Es ging auch eine Weile bis bei uns ankam, dass Menschen starben, die ohne Corona wohl noch ein paar gute, erfüllte Lebensjahre vor sich gehabt hätten. Was tun ausser diskutieren und lernen? Ich erinnere mich an die Aussage eines Arztes zur ersten Welle. Wie beelendend es gewesen sei, die Schwerkranken abgeschottet zu sehen von menschlicher Nähe. Und dass er einmal die Regeln übertreten und einen alten Mann in die Arme genommen habe, weil es sich dieser vor seinem Tod so sehr gewünscht habe. Sich die mitmenschlichen Gesten bewahren in bedrohlichen Zeiten das wünsche ich mir.

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Der Vergleich der Corona Pandemie mit dem sogenannten Terrorismus und der damit verbundenen Einschränkungen der Grundrechte ist absolut haarstreubend und widersetzt sich jeglicher seriösen Analyse und einer stringenten Logik. Letztlich bemessen sich die Aussagen von Prantl nach ihrem Aussagegehalt und nicht an der Tatsache, dass der Verfasser ein Ex-Richter, Ex-Inlandchef und Fast-Chefredaktor war und in dieser Zeit auch kluge Sachen geschrieben hat. Der Inhalt der Thesen von Prantel ist entscheidend und diese unterscheiden sich von denen der AfD schlussendlich nicht.

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Daniel Ryser
Reporter
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· editiert

Lieber Marcel, ich glaube, wenn du einen Menschen wie Prantl, der in den letzten Jahren immer wieder klar und deutlich gegen die AfD angeschrieben hat (zum Beispiel hier, als eines von zahlreichen Beispielen https://www.sueddeutsche.de/politik…-1.4791021), nun einfach mit der AfD gleichsetzt, weil er einen Vergleich zieht, den du haarsträubend findest, dann tust du diesem Mann in meinen Augen sehr unrecht.

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Ich war bis zum letzten Satz mit Ihnen Einverstanden. Ich sehe aber doch einen klaren Unterschied, weil die AfD stumpfes Anti-Lockdowngeschwätz und schlimmer betreibt, Herr Prantl jedoch ausschliesslich die Problematik der Grundrechtseinschränkungen hervorstreicht. Das hat auch analytische Schwächen, weil die jetzigen Massnahmen immer im Kontrast zu Alternativen gesehen werden müssen. Ich würde es aber eben nicht mit den Positionen der AfD gleichsetzen.

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Prantls Text ist mir ein Fragekatalog, der meine betonierten Meinungen in Frage stellt und meine Scheuklappen lüftet. Prantl stellt vieles in einen grösseren Zusammenhang, den zu überdenken ich vorhabe. Die Art seiner Argumentation regt mich dazu an. Endlich einmal kein medialer Fastfood! Vive la république!

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Das freut uns sehr zu hören - merci!

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Endlich mal ein vernünftiger Beitrag zum Thema. Die Berichterstattung in den Medien ist häufig nicht sachlich, kritisch, informativ sondern sensationsgeil populistisch geprägt. Beispiel: "Bundesrat Berset will", etc. Beschlüsse, Massnahmen werden ja immer von einer Mehrheit im Bundesrat - also mindesten 4:3 - gefällt oder als Konsens. In der Sache und im Sprachgebrauch lassen die Medien diese Korrektheit, diese Richtigkeit vermissen.

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"In der Sache und im Sprachgebrauch lassen die Medien diese Korrektheit, diese Richtigkeit vermissen." Bei Herr Aeschi und der SVP Fraktion eben auch....

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Ein Beitrag, der sehr vieles anspricht. Und dazu ergänzend: Sollen bei jeder neu auftretenden Virenmutation die Gesellschaft wieder eingesperrt werden? Zukunftsperspektiven wären gefragt! Das Eingeständnis, dass es keine totale Sicherheit gibt mit allen Konsequenzen.
In einer schwierigen Situation wäre es eigentlich logisch, dass der Bundespräsident Massnahmen verkündet und vertritt, stellvertretend für den Gesamtbundesrat! Was steht hinter dem Abdrängen eines Departementes ins gesellschaftliche Abseits? Sicher keine Problemlösung!
Zu beachten ist auch der mörderische, militärische Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Covid wie "Shutdown". Militär, Gewalt hat noch nie in der Geschichte ein Problem nachhaltig gelöst!
Das Einsperren von Menschen in Institutionen unter Missachtung elementarster Menschenrechte muss aufhören. Sterbende in Isolationshaft?!

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"Gewalt hat noch nie in der Geschichte ein Problem nachhaltig gelöst!" Gewalt, ausgeübt von den Allierten hat den zweiten Weltkrieg beendet. Und Deutschland und die Schweiz dadurch vom Nazi-Terror "befreit".

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Das ist so nicht ganz korrekt: Nazi Deutschland hat sich im Krieg gegen die UdSSR übernommen, und wurde dann ab 1942 in einem Rückzugskrieg überrollt. Die Allierten haben dann 1944 auch noch eingegriffen - damit Stalin nicht auch noch ganz Westeuropa einnimmt. Roosevelt wollte bereits früher eingreifen, aber Churchill trat auf die Bremse, damit sich Deutschland und die Sowjetunion gegenseitig ausbluten. Nachdem dann die Rote Armee aber aus westlicher Sicht zu schnelle Fortschritte machte, kam der D-Day.

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Der Herr kennt nicht einmal den Unterschied zwischen Zero Covid und No Covid... Dann geht er hin und vermischt libertäre Ansätze mit humanistischen zu einem Brei, von dem ich keine Ahnung habe, wem ich den zumuten könnte... Es fehlt ganz klar an logischer Stringenz. Das erkennt man schon daran, dass es keine Freiheit geben kann, wenn das Gesundheitssytem zusammenbricht. Das merkt er natürlich nicht, weil er einmal die Freiheit nur aus dem Blickwinkel des Individuums betrachte und ein anderes Mal aus der Perspektive der Gesellschaft. Konfusion perfekt. Betrachtet man diesen Text nüchtern, handelt es sich um eine Aneinanderreihung sinnvoller und gut klingender Textbausteine, die als Ganzes aber sinnlos oder im besten Fall nichts sagend sind. Ein Tiefpunkt in der COVID-19-Rerie der Republik.

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"Es fehlt ganz klar an logischer Stringenz." Der Satz tut weh und ist in seiner Absolutheit ein doppeltes Paradoxon.

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Nicht nur das, ich habe sogar einen Tippfehler gefunden. Und Herrn M. Beitrag dennoch geliked.

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Und was, bitte sehr, ist denn nun in der derzeitigen Pandemie die Konsequenz daraus? Dazu hätte ich mir von Heribert Prantl wenigstens ein paar Hinweise erhofft.

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Genau, es fehlt der Vorschlag, wie denn eine solche Pandemie „grundrechtskonform“ in seinem Sinne aussehen würde.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ohne Prantl Unrecht antun zu wollen, möchte ich noch anfügen, wie masslos scheinheilig und fadenscheinig ich es finde, wenn Rechtsbürgerliche jetzt erst, in dieser Krise, die Chancen- und Bildungs­ungleichheit skandalisieren (um sie als Argument gegen Massnahmen zu instrumentalisieren), während es ihnen in «normalen» Zeiten nicht meritokratisch ungleich genug sein kann. Das ist an Zynismus kaum mehr zu übertreffen.

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Lieber Herr Rebosura
Sie wollen Herrn Prantl kein Unrecht antun. Das ehrt Sie. Sie tun es aber dennoch, weil Sie ihn elegant im nächsten Satz implizit mit Rechtsbürgerlichen in einen Topf werfen und deren tatsächlich zynisches Verhalten in der Bildungspolitik anprangern (Sie haben sicherlich einen treffenden Begriff für dieses Manöver – nur falls es nicht Absicht war ;-)). Ich schätze Herrn Prankl und seine Aussagen als linksliberal ein. Deshalb finde ich Ihren Kommentar leicht scheinheilig (fadenscheinig passt sowieso nicht), wenn er tatsächlich so gemeint war. Vielleicht liegt es aber auch nur am Ausdruck und sie wollten eigentlich aussagen: Einmal abgesehen von Prantl ... Dann wäre ich zu hundert Prozent einverstanden.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Für ein beworbenes «Buch, das heute am 19. Februar erscheint» und in dem RAF-Terror, Al-Qaida-Terror und der masslose Sicherheitsstaat auftauchen, erscheint die Abwesenheit des Attentats von Hanau, das heute am 19. Februar vor einem Jahr verübt wurde, und damit auch das Ausblenden des Rechts-Terror, homegrown Terror und Versagen des Sicherheitsstaates geradezu als signifikante Leerstelle.

Überhaupt ist merk-würdig, was in diesem Interview geflissentlich ausgeblendet wird. Hier etwa jene Menschen, die schon immer in einer Art Ausnahmezustand lebten, «unter der Glocke einer ständigen Angst und Ungewissheit».

Ausgeblendet wird auch die frappierende Nähe zu Giorgio Agamben, der vor einem Jahr mit ähnlichen Aussagen einen Feuilleton-Streit auslöste und dabei leider in Richtung Verschwörungsdenken abdriftete (wovor sich Prantl mit seiner «Bajuwarischen Gelassenheit» bewahren konnte).

Ausgeblendet wird vor allem die Alternative, die ihm selbst vorschwebt und zwar mit all seinen Konsequenzen. Was ist denn nun nach ihm «sinnvoll» und «erforderlich»? Was meint er denn nun mit «Mass halten»? Prantl spricht von «Gesundheit der Gesellschaft» und «Gesundheit der Demokratie», ja, nutzt selbst sogar den Begriff der «Volksgesundheit», der ungesunde Assoziationen weckt. Was bedeutet das in letzter Konsequenz? Und warum deutscht er das nicht aus?

  • Für Prantl scheint es zu bedeuten: Für das grosse Ganze müssen Einzelne ihre Rechte aufopfern.

  • Was er zurecht kritisiert. Doch die ausgeblendete Konsequenz seiner Alternative bedeutet: Für das grosse Ganze müssen Einzelne ihr Leben aufopfern.

Etwas simplifizierend finde ich auch, dass die eingeschobenen Zitate aus dem Schweizer Kontext die staatsrechtliche und -politische Situation in Deutschland mit jener in der Schweiz allzu schnell parallel setzt. Ausgeblendet wird also die Differenz, denn in der Schweiz gibt es ein demokratisch, ja vom «Volk» legitimiertes Pandemiegesetz und der Bund ist seit dem 19. Juni nicht mehr in der sog. «ausserordentlichen Lage», womit der Föderalismus gegenüber dem Zentralismus wieder mehr Spielraum erhielt.

Am Schluss wird es sogar richtig philosophisch.

Was ist eigentlich Gesundheit? Ist Gesundheit die völlige Abwesenheit von Krankheit? Ein solches Verständnis von Gesundheit kann auch krank machen. Es kann das Leiden derer vergrössern, die nicht geheilt werden können. Vielleicht wäre es gesund, auch mit einer Krankheit leben zu können oder sogar aus der Krankheit die Kraft zur Lebens­veränderung zu gewinnen.»

Hier wird eine falsche Alternative aufgestellt: Entweder «völlige Abwesenheit von Krankheit» oder «mit einer Krankheit leben». Denn pragmatisch geht es um graduelle Unterschiede: Sowohl Krankheit minimieren als auch mit einem massvoll eingeschränkten Maximum an Rechten leben. Doch auch hier: Ausgeblendet wird Prantls eigene Alternative – die hier zumindest angedeutet wird («Vielleicht…») – sowie deren Konsequenzen.

Was sagen wir dann den Toten? Was sagen wir den Hinterbliebenen? Im Namen der «gesunden Demokratie» danken wir Euch für Eure Aufopferung für die «Gesundheit der Gesellschaft»?

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Danke Herr Rebosura. Wenn ihre stupende Belesenheit manchmal auch nervt - oder beschämt... - hier haben sie recht!

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Advocatus diaboli
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Danke für diesen Kommentar, Herr Rebosura. Ich hätte mir Ihre kritischen Anmerkungen vom Autor Daniel Ryser beim Durchführen des Interviews gewünscht. So, wie der Artikel jetzt daherkommt, hätte er meines Erachtens auch im TA erscheinen können, wo man schon längst keine Probleme mehr darin sieht, Interviews mit Persönlichkeiten zu führen, die zufälligerweise auch gerade noch ein neues Buch herausgegeben haben. Es zeigt sich zudem einmal mehr, dass das Format des Interviews nicht nur die billigste, sondern auch die denkbar unbefriedigendste Form ist, eine These oder einen Sachverhalt den Leserinnen näher zu bringen. Ich bin gelinde gesagt auch ziemlich irritiert, wie der Autor und weitere Mitglieder der Redaktion auf die vorgebrachten Kritiken vieler Verlegerinnen reagieren (bzw. eben nicht reagieren, sondern nur verteidigen).

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Lieber A. H., das Apologetische liegt vielleicht darin begründet, dass sie selbst Advocati diaboli spielen ;-). Wichtig dabei ist, die notwendige Distanz zu wahren. Ansonsten nimmt man die zu vertretende Sache und die zu erwartende Kritik allzu persönlich. Kommt jedoch eigene Ungeduld hinzu oder schlimmer noch, Kritikunfähigkeit und/oder Humorlosigkeit, und ist dem Gegenüber aus irgendwelchen Gründen negativ eingestellt, dann kann es geschehen, dass es selbst bei minor points zu gleichsam allergischen Überreaktionen kommt. Ein Dialog, ja selbst eine Debatte kommt so natürlich nicht zustande.

Ich habe nun keine Probleme damit, dass Personen, die gerade ein Buch herausgegeben haben, interviewt werden. That's part of the game. Ich kann aber nachvollziehen, weshalb Sie diese Form als «unbefriedigend» empfinden. Das Live-Interview bringt zwar spontane Reaktionen hervor und damit u. U. «die persönliche Seite». Die andere Seite der Medaille ist aber, dass – auch aufgrund des relativ kurzen Zeitrahmens – viele Punkte nur grob angeschnitten werden und man selten noch (nach dem Interview und kritischer Reflexion) kritisch nachhaken oder Zusatzinformationen einholen kann.

Deshalb – und damit schliesst sich der Kreis – wäre ja das Interview eine ideale Gelegenheit für einen nachfolgenden kritischen Diskurs, um die bloss angeschnittenen Punkte aus verschiedenen Perspektiven zu vertiefen. Und daher – womit ich mit Ihnen übereinstimmen würde – wäre es schade, wenn «die Redaktion» nur die Perspektive der Autorin/des Autors oder gar der interviewten Person gelten lassen würde.

Was ich hier aber prima vista nicht so wahrnehme. (Dass sie Kritik mit Gegenkritik erwidern, ist ja ebenfalls part of the game – gerade für einen Advocatus diaboli ;-)

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Während Prantl parliert, handelt der Kanton Graubünden unter Federführung des Leiters des Kantonalen Führungsstabs Martin B. und etabliert ein Massentestungssystem, welches in der ganzen Schweiz rasch Schule machen sollte. Diesen aktiven Staat vermisse ich seit Beginn der Krise. Es geht eben nicht darum, ob es einen starken Staat gibt oder nicht sondern ob der Staat dort handelt, wo das Individuum nicht handeln kann. Massenimpfungen, Massentests & Millionenhilfen können nur vom Staatswesen her organisiert werden.

Pandemiebekämpfung kann in zwei Kategorien eingeteilt werden: Einschränkende Massnahmen (Berufsverbote, Schliessungen, Maskenpflicht) & aktive Massnahmen (Impfen, Contact-Tracing, Massentests). In der 1. Welle war klar: wir müssen Zeit gewinnen. Einschränkende Massnahmen waren zu diesem Zeitpunkt die einzigen vorhandenen Optionen, weil aktive Massnahmen Vorbereitungszeit brauchen. Nach einem Jahr Pandemie gibt es mehr Optionen; auch aktive Massnahmen. Es ist diese Verfügbarkeit der aktiven Massnahmen, welche die Legitimation von Einschränkungen immer wie schwieriger macht. Wieso sollte sich das Individuum einschränken, wenn der Staat seinen Teil der Aufgabe nur mangelhaft wahrnimmt?

Fazit: Viele der aktiven Massnahmen sind verträglicher mit den Grundrechten, weshalb sie auch aus diesem Blickwinkel verstärkt eingesetzt werden sollten. Reichen diese Massnahmen nicht aus, ist es für das Individuum viel verständlicher, dass zusätzliche Einschränkungen notwendig sind.

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Ich denke, das ist aber ziemlich Deckungsgleich mit der Kritik Prantls: Massnahmen, die wirksam und nachvollziehbar sind.

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Prantl beschäftigt sich kaum mit "Massnahmen" und deren Rechtfertigung wegen der gesundheitlichen Folgen der Krankheit. Massnahmen werden nur aus der Perspektive der Einschränkungen der Freiheit behandelt.

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Genau Ihren Gedanken versuche ich seit Wochen so klar zu formulieren wie Sie das grade gemacht haben, merci!

Ich trage die Einschränkungen absolut mit - bin aber spätestens seit dem Herbst zunehmend desillusioniert über den Mangel an a) Experimentierwillen b) Lernwillen und c) Konsequenz bei den aktiven Massnahmen.

Nachtrag: Ein super Beispiel waren die Kapazitäten für das Contact-Tracing. Hätte man die im Frühling massiv ausgebaut, hätte das meine Grundrechte kaum tangiert - und im Herbst wären womöglich mehr Freiheiten oder zumindest spätere Einschränkungen die Folge gewesen.

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Das mit dem lausigen Contact Tracing empfinde ich exakt gleich. Weshalb man hier nicht massiv aufgestockt hat, ist mir ein Rätsel. Wobei, wahrscheinlich liegt es einfach daran, dass das Contact Tracing kantonal organisiert ist, und die Kantone resp. die verantwortlichen Personen dort können oder wollen ihren Job hier nicht richtig wahrnehmen.
Man müsste doch das Contact Tracing beim Bund ansiedeln, und wieso nicht dafür Zivilschützer aufbieten. Gleichzeitig muss man bereit sein, die Contact Tracer proportional zu den Fallzahlen skalieren zu können, damit man eben rechtzeitig lokale Ausbruchherde ausfindig machen und isolieren kann.

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Ich habe nach der Lektüre dieses Berichtes ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits weist Prantl ausführlich und überzeugend auf die Gefahr von Einschränkungen der Grundrechte in Ausnahmezeiten hin. Das ist richtig und wichtig, keine Frage.
Aber es gibt einige Punkte, die mir nach einem ersten Durchlesen des Berichtes sehr problematisch erscheinen:

  • Prantl kritisiert die Einschränkungen, bietet aber keine ernsthaften Alternativen an.

  • Terrorismus und Pandemien lassen sich schlecht vergleichen, bleiben der erstere doch eher punktuell, während eine Pandemie, wie der Name sagt, weltweit sich auswirkt.

  • Eine Pandemie ist ein Notfall, in dem rasch und nach griffigen Konzepten gehandelt werden muss. Langwierige Diskussionen und halbherzige Massnahmen wirken sich in allen Bereichen negativ aus. Das haben wir nun wirklich zur Genüge erfahren.

  • Prantl weist mit Hinweis auf die Flüchtlingssituation im Mittelmeergebiet zu Recht darauf hin, dass wir, was den Schutz des Lebens angeht, inkonsequent sind. Er verfällt aber in einen Whataboutism, wenn er das tatsächlich vorliegende Versagen Europas in der Flüchtlingspolitik gegen die Pandemiemassnahmen ausspielt, so im Sinne, wenn wir es dort nicht schaffen, warum sollen wir uns dann hier bemühen.

  • Auch Prantl relativiert, wie mir scheint, das Grundrecht auf Leben gegenüber andern Grundrechten, was aus ethisch-moralischer Sicht sehr problematisch ist.

  • Angst als Treiber der Politik. Mag sein. Aber es gibt Situationen, die gefährlich sind. Hier bringt es nichts, die Überbringer der schlechten Nachrichten, nämlich der Gefahr, als Angstmacher zu bezeichnen, wie es in Laufe dieser Pandemie immer wieder vorgekommen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob Prantl nicht doch auch in diese Falle tappt.

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Ich denke nicht, dass der Vergleich mit der Flüchtlingskrise Whataboutism ist. Eher das Gegenteil: Prantl kritisiert eine Politik der vermeintlichen Alternativlosigkeit, die, siehe Flüchtlingskrise, jegliches Mass verliert, wo man Menschen einfach sterben lässt, und hier, in der Pandemie, das Mass zu verlieren droht, weil man mit einem permanenten Ausnahmezustand am Ende das Vertrauen der Menschen in selbst wirksame Massnahmen verliere. Sein Punkt betreffend NoCovid/ZeroCovid finde ich schon interessant (auch wenn ich mir ZeroCovid eher vorstellen kann als Prantl): Wer setzt das durch in einer Gesellschaft, die nicht wirklich solidarisch sein will? Und für wie lange? Und was macht das mit einer Gesellschaft? Das finde ich durchaus bedenkenswert.

Betreffend dem Notfall – nun, hier teilt Prantl Ihre Sicht halt in der Tat nicht. Aber hier liefert er ja durchaus eine Alternative, die Sie zu vermissen scheinen (grundsätzlich finde ich es im übrigen aber legitim, Kritik anzubringen ohne gleich eine eigene Lösung parat zu haben, solange die Kritik am Gegenstand legitim ist). Er fordert eben einen stärkeren Einbezug der Parlamente, der Debatte, weil er, mit Verweis auf den Ausnahmezustand im Terrorismus (dessen Gesetze im übrigen auch uns alle treffen, egal wie punktuell er ist) dem Ausnahmezustand, der nun ja auch immerhin schon ein Jahr lang dauert, sehr kritisch gegenüber steht. Er sagt da ja, was quasi ein Handlungsvorschlag von seiner Seite aus ist:

Es sei ein «historischer Fehler» gewesen, dass die Parlamente «in einer Schicksals­zeit von Staat und Gesellschaft» auf intensive Diskussionen zu Covid-19 verzichtet hätten. Dass man es zugelassen habe, dass Parlamente, und somit parlamentarische Beratungen und Abstimmungen, ersetzt worden seien durch Verwaltungs­konzile, Regierungs­konzile, «Merkel-Söder-Laschet-Prozeduren», an die man sich schnell gewöhnt habe, aber von denen im Grundgesetz nichts zu lesen sei. Der Bundestag habe es geduldet, dass per Verordnung, «per untergesetzlichem Recht», Grundrechte auf- und zugedreht worden seien, «gerade so, als seien Grund­rechte Armaturen wie ein Wasserhahn».

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Sehr geehrter Herr Ryser
Ich verstehe, was Sie meinen und ich teile die Kritik an einer fehlenden Debatte.
Was mir aber grundsätzlich auffällt ist, dass ich keine Frage nach dem Stand der Wissenschaft lese. Da muss der Ansatz liegen. Und im Gegensatz zu Terrorismus und Flüchtlingspolitik, die menschengemacht sind, handelt es sich hier um eine Pandemie, die ihren eigenen Gesetzen folgt. Sobald man das Virus verstanden hat, kann man Strategien entwickeln. Das ist eine komplett andere Ursache und Ausgangslage als Terrorismus und Flucht, die auf menschengemachten Voraussetzungen und Entscheidungen beruht. Seit Mai gibt es konkrete Vorschläge der deutschen Gesellschaft für Virologie und von Christian Drosten/Sandra Ciesek. Ich finde es viel fragwürdiger, warum die Politik diese halbherzig oder gar nicht umsetzt. Und der Vergleich mit dem brennenden Haus: ich habe keinen Vorschlag von Herrn Drosten, Frau Ciesek oder der DGfV als unlogisch oder zerstörerisch empfunden, im Gegenteil. Sie waren höchst konstruktiv.
Schon im September hat Frau Ciesek vorgeschlagen, Kinder in sozialen Clustern zu unterrichten, schon im Mai hat Herr Drosten auf die Lüftungsanlagen verwiesen. Nichts davon wurde umgesetzt.

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Nein, Leute!

Es war in ganz Europa 2001 klar, dass die USA und in ihrer Folge auch andere Länder im "war on terror" das Mass für Gesetze zur Lösung realer Probleme aus den Augen verloren hatten. Nicht umsonst haben die USA z.B. für den Angriff auf den Irak kaum internationale Unterstützung gefunden.

Auch heute sucht Terror die mediale Aufmerksamkeit, ist aber gemessen an den Zahlen in Westeuropa kaum relevant.

Das ist bei der Seuchenprävention nicht so. Dort sparen frühe und tiefgreifende Eingriffe tatsächlich später millionenfaches Leid. Solche frühen Eingriffe gelingen auch Demokratien wie Südkorea, Japan, Taiwan, Australien und Neuseeland.

Leider unterstellt der Artikel, es gäbe diesen Unterschied nicht. Diese kommentarlose Gegenüberstellung von Terrorgesetzgebung und Zitaten aus der CH-Corona-Politik ist zu oberflächlich für die Republik.

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Der Angriff auf den Irak wurde von der UNO-Vollversammlung für gut befunden. Es starben bis zum heutigen Tag 208611 Zivilist*innen und niemand wurde dafür zur Rechenschaft gezogen. Zu sagen, es habe wenig Unterstützung dafür gegeben hilft dem zerstörten Irak nicht sehr viel. Und Julian Assange, der solche US-Kriegsverbrechen im Irak publik gemacht hat, stirbt vor sich hin in einem Gefängnis in London. Und die Gesetze werden mit dem Argument der Terrorbekämpfung auch bei uns immer schärfer und härter. Im Juni stimmen wir darüber ab, den Begriff des Terrorismus so zu verwässern, wie in autoritäre Staaten verwenden, um Medien und Opposition auszuschalten. Ich sehe das deutlich weniger gelassen wie Sie: Der Ausnahmezustand wird zum Normalzustand. Das ist es, was Prantl sagt. Und er warnt davor, dass diese Gewöhnung angesichts der Pandemie dazu führt, dass wir uns noch an viel mehr Einschränkungen gewöhnen, wenn das Virus nicht bald ausgehungert ist. Das ist der Zusammenhang. Zudem spricht Prantl von der Lage während der Pandemie jetzt in Deutschland und nicht von der möglichen Prävention zukünftiger Seuchen. Ich kenne ein wenig die Lage in Taiwan und Thailand. Vielleicht können Sie hier ausführen, wie die Prävention in denen von Ihnen genannten Ländern aussieht. Das wäre interessant.

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Verteidigerin der Verfassung
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Ohne Leute wie Prantl hätten wir ev. seit 6 Monaten keine flächendeckenden Einschränkungen mehr. So wie das in NZL bis letzte Woche der Fall war.

Es sind absurderweise gerade die Prantls welche diese schleichende Staatsallmacht herbeiführen.

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Anderer 60
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· editiert

Gewisse Sachen über die siebziger Jahre bin ich dabei. Alle Spezialgesetzte des Terrorismus sind aus meiner Sicht übertrieben. Ich verstehe aber nicht, was mit dem Coronavirus zu tun hat. Die Freiheit ist immer noch bewahrt. Die Schulen sind z.B. für bis zwanzig Jährige offen. Freiheit wird nur als Schlagwort gebraucht. Die Freiheit gegen Gesundheit ist bis heute nicht geführt. Die Beschränkung wäre klar. Das Parlament ist für mich sehr enttäuschend. In der FDP und der SVP sind die Lobbyisten und Populisten wieder oben. Deshalb kann leider nur der Bundesrat abwägen.
Über Lädierte an Coronavirus schweigt man aber umso mehr über die Lädierten des Lockdown, wenn schon unendlich Vieles im Artikel drin steht und, Mitte der neuziger Jahren gab es mehr Arbeitslose als heute.

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das beschäftigt mich schon lange, F. S., bei der SVP weiss man, was zu erwarten ist.
Doch wieso ist der Ständerat so stark. Die Wirtschaftslobbys sieht man eben leider nicht, trotzdem bestimm "Geld" wohin es gehen soll und in diesem Sinn wird lobbyiert.

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Anderer 60
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Danke. Bei der SVP geht es mir um die Parlamentarier*innen, die sich in den Medien einbringt. Es gibt daneben SVP Exekutive in den Kantonen und Gemeinden, die gute Arbeiten machen.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Ein extrem pessimistischen Mensch. Welche Alternativen es denn gäbe, wird sorgfältig ausgeklammert. Ginge es nach Prantls Vorstellungen, hätte der Staat auf die Pandemie gar nicht reagieren sollen. Die Behauptung, dass über die Grundrechte nicht gestritten werden darf, finde ich lächerlich, tun wir doch seit einem Jahr eigentlich nichts Anderes mehr. Jede Massnahme wird heftigst kritisiert, jede Nichtmassnahme ebenso. Herr Prantl verwechselt die Freiheit ungestört Geld zu verdienen mit der Freiheit unbedroht leben zu können. Schutzmassnahmen welche der Staat nicht für alle anordnet, können sich nur Vermögende leisten. Wenn der Arbeitgeber die Macht hat, seine Angestellten zu zwingen, sich einem Ansteckungsrisiko auszusetzen, während sich die reichen Aktionäre sicher zu Hause verbunkern, mit ihrem Privatflugzeug um die Welt fliegen und wenn sie sich doch anstecken in einer Privatklinik im Einzelzimmer behandelt werden, ist die Freiheit der grossen Mehrheit auch in Gefahr.

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Ich bin mit Prantl nicht in allem einig, aber ich möchte doch widersprechen, dass er keine Alternativen nennt. Über konkrete Massnahmen spricht er zwar nicht, aber ich glaube das wäre auch nicht seine Expertise. Es geht ihm darum, wie über konkrete Massnahmen verhandelt - und wie diese dann erlassen werden.

Sprich: Er fordert einen viel aktiveren Einbezug der Legislative:

Es sei ein «historischer Fehler» gewesen, dass die Parlamente «in einer Schicksals­zeit von Staat und Gesellschaft» auf intensive Diskussionen zu Covid-19 verzichtet hätten. Dass man es zugelassen habe, dass Parlamente, und somit parlamentarische Beratungen und Abstimmungen, ersetzt worden seien durch Verwaltungs­konzile, Regierungs­konzile, «Merkel-Söder-Laschet-Prozeduren», an die man sich schnell gewöhnt habe, aber von denen im Grundgesetz nichts zu lesen sei. Der Bundestag habe es geduldet, dass per Verordnung, «per untergesetzlichem Recht», Grundrechte auf- und zugedreht worden seien, «gerade so, als seien Grund­rechte Armaturen wie ein Wasserhahn».

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Da muss ich auch widersprechen. Alternative Massnahmen nennt Prantl nirgends, aber er kritisiert die Geschäftsschliessungen und Bewegungseinschränkungen als masslose Übertreibung.
Wie hervorragend die Diskussionskultur funktioniert, haben wir ende letzten Sommer bei uns gesehen. Ganze vier Wochen wurde über die Verhältnismässigkeit der Sterberate diskutiert, während Grossveranstaltungen weiter durchgeführt wurden. Erst als die Zahlen täglich im dreistelligen Bereich explodierten wurde gehandelt.
Und es sind im Fall die gleichen Parlamentarier welche die Terrorgesetze durchgewunken und als unbefristete Massnahmen bestätigt haben, welche jetzt unbedingt mehr zur Pandemie zu sagen haben sollen...
Solange in den Parlamenten ausschliesslich über Geld beraten wird, und für die Gewinne des reichsten Perzentils locker ein paar tausend Gewöhnlich-Sterbliche geopfert werden, ist es mir fast lieber, wenn ein paar Exekutivpolitiker das Heft in der Hand halten. Auch die kann man schliesslich an der Urne abstrafen.

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