Dialog

Beiträge zu «Ja, klar»



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Eine ode an den australopithecus mein Lieblingszeitalter

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Genial: die Arbeit, Zusammenarbeit der beteiligten Frauen, mit Amnesty und die Schilderung des ganzen Prozesses durch Carlos Hanimann. Was ich bis jetzt dazu gelesen hatte, liess mich etwas gleichgültig: vielleicht wollten die von mir konsumierten Medien wieder einmal allen Seiten gerecht werden...
Jetzt dieses Beispiel von Nora Scheidegger mit dem Handy. Jositsch, Caroni, dem Bundesgericht, der älteren Generation: sie alle sind sich einig, dass niemand ihnen ihr Handy einfach wegnehmen darf. Dass aber kein Mensch den Körper eines anderen Menschen einfach benützen darf - das scheint nicht klar, der Impuls dazu kommt nicht aus dem Rückenmark dieser Leute. Das Materielle wird geschützt, die körperliche Integrität nicht.
Die kämpfenden Frauen waren offensichtlich gewappnet gegen alle möglichen Finten. Das macht mich sehr stolz. Auch vom Einwurf, sie sollten nicht so emotional sein, liessen sie sich nicht verwirren. Dieser Kampf, diese Chronologie eines Wertewandels, wird in die Geschichte eingehen.

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Carlos Hanimann
Reporter Republik
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vielen Dank, Frau D. Und an dieser Stelle auch einmal ein Dankeschön für Ihre stets engagierten Diskussionsbeiträge! Einen schönen Tag

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Brigitte Graf
Ärztin&DJ
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Vielen Dank für die chronologische Darstellung dieses Durchbruchs, den wir all den mutigen und engagierten Juristinnen, Aktivistinnen, Begleiterinnen und Opfern zu verdanken haben. Die Theorie von Stephen Porges ist seit Ende der 90er bekannt. Er hat das dreiarmige autonome Nervensystem beschrieben, wonach das Gehirn, je nach Grad der Gefahr, die wir wahrnehmen, von social engagement zum Kamp-/Fluchtmodus wechselt oder, wenn die Gefahr als Lebensgefahr wahrgenommen wird, direkt zum Totstellreflex, auch freeze genannt, umschaltet. Ein alter Hirnteil, den wir entwicklungsgeschichtlich mit den Reptilien teilen. Die erstarren, wenn sie Gefahr ausgesetzt sind und ihr Leben retten wollen. Diese Abläufe passieren innert Milisekunden und sind, wie der Name schon sagt, autonom gesteuert, entziehen sich demnach unserem bewussten Willen. Jeder, der schon mal einen Albtraum hatte, kennt die Erstarrung, wenn man schreien oder rennen möchte und nicht kann. Dem autonomen Nervensystem ist es egal, ob wir träumen oder ob der Mann es ja gar nicht so übergriffig meint. Es reagiert basierend auf jahrtausendealter Menschheitsgeschichte. Dass Männer mich politisch vertreten, die offenbar keine Ahnung haben von diesen grundlegenden physiologischen Abläufen des menschlichen Nervensystems, irritiert mich. Dass sie sich in vielen geduldigen Gesprächen mit den Politikerinnen überzeugen liessen, freut mich dafür sehr!

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Es schockiert mich immer wieder, wie wenig bekannt die Freeze-Response ist - obwohl wir fast alle mehr oder weniger davon betroffen sind. Das Verständnis dafür würde uns als Menschheit in ganz vielen Bereichen nach vorne katapultieren, da es unser komplettes Entwicklungspotential ausbremst. Ich befasse mich nun seit einigen Jahren mit Porges und co - und verstehe noch heute nicht warum wir nicht einmal im Neuropsychologiestudium je etwas davon gehört haben. Ich habe mich total gefreut, dass es im Artikel noch mal ganz klar erwähnt wird. (Und absolute Hochachtung vor allen Frauen die vor diesem Hintergrund so viel erreichen konnten…)
Das Thema können wir nun gleich ins Klimalabor weiterziehen.😅🙈

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Das überrascht mich jetzt, dass dies in Ihrem Neuropsychologiestudium kein Thema war. Bei mir war’s nur ein Nebenfach, aber es wurde, wenn auch rudimentär, behandelt. Meine persönliche These ist, dass wer in frühen Jahren in eine bedrohliche Situation gerät und das Freezing nachhaltig erinnert, auch dazu neigt schneller in diesen Zustand zu rutschen statt sich zur Wehr zu setzen. Dies sobald ein Gegenüber die Grenzen überschreitet, auch in weniger lebensbedrohlichen Situationen. Steile, auf persönlichen Erfahrungen beruhende These, ja, aber unser Gehirn baut ja so seine Schnellstrassen… Umso wichtiger, was diese Frauen erreicht haben! Wie sehr freue ich mich über diesen Artikel!

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Politologin
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Danke! Danke, dass ihr all diese Frauen würdigt und aufzeigt, wieviel Arbeit für diese Revolution nötig war. Denn allzu schnell werden feministische Errungenschaften wieder als acquis dargestellt, wie wenn sie das männliche geprägte Parlament gütig den Frauen „gegeben“ hätten. Aber es wurde nie was gegeben, sondern immer hart „erkämpft“.

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Es berührt mich, dass dieser Prozess möglich war. Ein grosser Applaus all den mutigen Frauen, die für diese Änderungen gekämpft haben. Zeit endgültig diese dunklen frauenfeindlichen Vorstellungen von uns Männern “ Sex stehe uns zu” für allemal zu begraben!

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Sabin Bieri
Nachhaltigkeitswissenschaftlerin
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Happy 8. März allen! Eine denkwürdige Errungenschaft. Der schöne Artikel von Carlos Hanimann gibt auch Hoffnung, dass was gehen kann, auch gegen den Widerstand der üblichen Verdächtigen - wenn wir es richtig anpacken. Danke dafür!

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Muss der Mann auch ja sagen? muss ich das phonetisch von mir geben oder kann ich auch nicken? Aber ich bin ja eh impotent.

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Jonas Studach
Community-Support
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Zynismus war noch selten ein gutes Rezept für fruchtbare Debatten. Können wir in Zukunft bitte darauf verzichten? Merci.

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(durch User zurückgezogen)
Beobachter
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Eine Widerspruchslösung, wie nun im SR angenommen, verstehe ich "nur" als bestmöglichen Kompromiss: Einvernehmlicher Sex findet höchstens dann statt, wenn beide Parteien dies wollen. Fehlt diese Zustimmung, muss eine Vergewaltigung angenommen werden. Damit ist klar, dass nur 'ja heisst ja' eine klare und gerechte Lösung bringen würde, wie auch das schlagende Beispiel mit dem geklauten Handy bestens illustriert. Wer für 'nein heisst nein' votiert, muss von Ängsten besessen sein, die offensichtlich nicht benannt wurden. Ich kann mir das nicht anders erklären, als dass diese Menschen eine Vergewaltigung krampfhaft relativieren und für deren Bewertung mögliche Hintertürchen offen lassen wollen.
Wenn die NZZ polemisiert «Am sichersten wäre es, man unterschriebe am Küchentisch einen Vertrag, bevor man sich ins Schlafzimmer begibt», verstehe ich dies als Verharmlosung und Verhöhnung eines Rechtsanspruchs auf Selbstbestimmung und dass dem Autor, den ich damit nicht ernst nehmen kann, ein wirkliches Argument fehlt.

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Wenn mein Freund mal mein Handy haben will, muss er nicht jedes mal fragen, auch wenn ich ein absolutes Recht daran habe. Und wenn ich dann mein Handy zurückhaben will, muss ich es mir holen. Zustimmung kann eben auch konkludent erfolgen, und bisher hatte ich es so verstanden, dass genau das der Kern des Problems ist. Unter der Annahme, dass konkludent zugestimnt wurde, muss eben nicht mehr explizit nachgefragt werden. Dann ist die Frage nur noch, ob man unter den gegebenen Umständen von Zustimmung ausgehen durfte.
So ist es jetzt afaik auch schon, und so weit ich das erkennen kann, soll daran auch nichts geändert werden. Wie sich die Kompromisslösung also in der Praxis auswirken soll, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht haben Sie da ja mehr begriffen und können es mir erklären.

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Ja, in Beziehungen kann sich sicher ein anderes Muster etablieren, so dass "weniger" Kommunikation nötig ist als bei einem ONS. Trotzdem gilt ein "Nein" natürlich auch in Beziehungen.

Eine Pflicht, explizit nachzufragen, gäbe es aber auch beim Zustimmungsmodell nicht - konkludentes Verhalten ist ja auch Kommunikation (beim Widerspruchsmodell als auch beim Zustimmungsmodell). Was konkret als konkludente Zustimmung /Ablehnung gelten kann, lässt sich nicht abstrakt definieren - das kommt auf die Umstände des Einzelfalls und die Betroffenen an.

Der wesentliche Unterschied zu heute aber ist: die Vornahme sexueller Handlungen trotz Kommunikation von Ablehnung oder das Ausnutzen einer Schockstarre soll künftig ausreichen, um die Schwelle zur Vergewaltigung zu überschreiten, was es heute nicht tut (jedenfalls nicht immer).

Richtig an Ihrem Einwand ist: eine konkludente Zustimmung (oder eine entsprechende Annahme der Tatperson) schliesst schon heute den Tatbestand aus - das Umgekehrte gilt aber noch nicht: Fehlen der konkludenten Zustimmung reicht nicht für Strafbarkeit!

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Sie müssen nur anstelle von "Handy" die Terme "Sex" oder "sexuelle Integrität" einsetzen, sprich die Analogie zurückübersetzen, um die offensichtliche Absurdität der "konkludenten" Zustimmung zu sehen.

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Carlos Hanimann
Reporter Republik
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Lieber Herr D.,
da bin ich ganz bei Ihnen, ich musste mir aber bei der Recherche sagen lassen (und ich kann es auch sehr gut nachvollziehen), dass das unrealistisch gewesen wäre. Die jetzige Lösung erlaubt es halt allen Player:innen, das Gesicht zu wahren. Die konservativen Stimmen (im Ständerat) können sagen, sie hätten an der Widerspruchslösung festgehalten und ein «Ja heisst Ja» verhindert. Die progressiven Stimmen (innerhalb und ausserhalb des Parlaments) können sagen, sie hätten ja trotz Widerspruchslösung erreicht, was sie wollten. Das sieht aus wie ein Kompromiss. Aber ich glaube, wenn man zurückblickt und seine eigene Position von vor vier oder fünf Jahren hinterfragt, dann kommt man schnell zum Schluss, dass hier eigentlich eine kleine Revolution stattgefunden hat.

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Beobachter
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Ich bin mir der Umstände sehr bewusst, auch dass eine absolute Zustimmungslösung nicht mehr realistisch war und so gesehen muss das Ergebnis trotz allem als (nicht ganz perfekter) Sieg der Befürworter von 'nur ja heisst ja' gewertet werden.
Ich wage aber die These, dass die Mehrheit der Gegner eine andere Einstellung an den Tag gelegt hätte, wenn in ihrem nahestehenden privaten Umfeld einschlägige Erfahrungen erlitten worden wären.
Diese sage ich, ohne ein Opfer wissentlich persönlich zu kennen. Vielleicht verfüge ich über mehr Empathie.

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Theologin/Seelsorgerin
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Danke für diesen Beitrag! Einerseits liefert er den grossen Überblick über die stetige Geduldsarbeit beim konkreten Thema. Andererseits zeigt er, wie schwierig es ist, wie viel langer Atem und Schrittchen für Schrittchen notwendig sind, Denken, Bewusstsein und Verständnis von Menschen für bestimmte Themen auf angemessenen Wegen zu verändern (weil Unterschiede in Generation, Selbstverständnis, biographischer Erfahrung, Geschlecht, usw. usf.).

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· editiert

Und dann kamen Männer im Parlament und sagten, man solle nicht so emotional sein.

Die sind wohl einfach neidisch, weil sie selbst unfähig sind, eine emotionale Reaktion auch nur glaubhaft zu fälschen. Mir persönlich kommen bei der Beschäftigung mit diesem Thema jedenfalls schnell die Tränen. Es ist doch absolut logisch, dass zum Sex eine bestimmte Art ekstatischer Enthusiasmus aller beteiligten notwendig ist. "Einverständnis" beginnt doch noch gar nicht, das zu beschreiben. Dazu kommt noch, dass bei Vier-Augen-Delikten die Unschuldsvermutung sowieso bereits besonders stark zu Gunsten der Täter spielt. Wir gewinnen wirklich gar nichts, wenn wir die Opfer bei der ersten Einvernahme zusätzlich auch noch auffordern, glaubhaft darzulegen, dass sie sich "genügend gewehrt" hätten. Unglaublich...

Jedenfalls Chapeau! Aber wirklich schade, dass das so schwierig war/ist.

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(durch User zurückgezogen)
Magdalena Neuhaus
Sprecherin Republik (she/her)
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· editiert

Für die Kampange ‚Erst Ja, dann ahh‘ wurde ich damals als Schauspielerin ausgewählt. Bei der Lohnverhandlung stellte sich heraus, dass die mir angebotene Gage so niedrig war, dass ich den Auftrag wieder absagen musste. Ich habe mich dann schon gefragt was das für ein move von Amnesty ist. Für eine gute Sache einstehen, aber die Leute die dafür arbeiten sollen, ausbeuten. Das geht für mich irgendwie nicht ganz auf.

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Carlos Hanimann
Reporter Republik
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Oh, danke für den interessanten Hinweis. Das habe ich nicht gewusst.

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Magdalena Neuhaus
Sprecherin Republik (she/her)
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Bei NGOs habe ich schon öfters erlebt, dass eine niedrige Gage argumentiert wird mit: „Es ist doch für eine gute Sache.“ Dass aber hinter diesen NGOs Firmen stecken, die wirtschaftlich funktionieren und sehr viel Geld in z.B. ihre Werbekampagnen stecken, geht oft vergessen.

Ich wollte noch hinzufügen, dass mich der Artikel sehr berührt hat. Zu sehen wie viel einzelne Menschen bewirken können mit ihrer Arbeit, das gibt Hoffnung.

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So schön wieder mal etwas positives zu lesen. Ein Schritt in die richtige Richtung!

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Merci für die gute Darstellung der Ausgangslage und der Kampagne, die zum politischen Erfolg geführt hat. Der Artikel enthält einige Links. Was mir fehlt (ausser, ich hätte es übersehen), ist ein solcher zu einem Dokument, welches das genaue Resultat der Abstimmung im Ständerat wiedergibt (mitsamt der betreffenden neuen/revidierten Norm des StGB). Könnte man das noch einfügen (an besten im Fenster „ich will es genau wissen“)? Dankeschön auch dafür.

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Carlos Hanimann
Reporter Republik
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Guten Tag Anonym 1,
danke für den Hinweis. Ich verlinke unten gerne ein paar Dinge:

Das ist der Wortlaut, dem der Ständerat gestern zugestimmt hat:
Ziff. 1 Art. 190 StGB

Antrag der Mehrheit
Abs. 1 erster Teil
Wer gegen den Willen einer Person den Beischlaf oder eine beischlafsähnliche Handlung, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist, an dieser vornimmt oder von dieser vornehmen lässt oder zu diesem Zweck einen Schockzustand einer Person ausnützt, ...

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Vielen Dank, Herr Hanimann! Eigentlich vom juristischen Fach, war ich ehrlicherweise zu träge, mich durch die bekannt unübersichtlichen Webseiten des Parlaments zu klicken, um das Gewünschte zu finden.
Ein kurzer Blick auf den Normtext vermittelt: Da wird viel Auslegungsarbeit der Strafgerichte zu leisten sein. Aber das gehört zum rechtlichen Prozess in einer sich ständig entwickelnden demokratischen Gesellschaft.

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super beitrag! 👏🏼👏🏼

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Als Schweizer im Ausland überrascht und erfreut mich diese Entwicklung. Chapeau allen, die mitwirkten!

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Was ich nicht verstehe, ist, dass anscheinend konservative Männer nicht dafür sind, miteinander (mit Frau oder Mann) zu schlafen, wenn beide wirklich das auch wollen. Und hat das überhaupt was mit links oder rechts zu tun?

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Fantastische Arbeit!

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"Revolutioär"? "Kompromiss"? Ich finde den Weg, den diese Debatte nehmen musste bis das heutige Resultat erreicht wurde alles andere als ein Ruhmesblatt. Einerseits erinnere ich mich an eine Diskussionsrunde im Fernsehen SRF (wohl ca. 2019), als eine Richterin und eine (Ex?)Staatsanwältin ( waren Frau Lavoyer oder Frau Scheidegger nicht auch dabei? - sicher aber eine Frau von Amnesty Schweiz) juristisch erläuterten, warum es eine Erweiterung des Gewaltbegriffes im Sexualstrafrecht brauche. Anderseits blockierten die sturen Positionen "Ja heisst Ja" und "Nein heisst Nein" eine produktive Diskussion und die zügige Gesetzesrevision.
Solche Art von Politisieren deprimiert mich!

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