Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!

DatenschutzFAQErste-Hilfe-Team: kontakt@republik.ch.



Daniel Reichenbach
Filmproduzent
·
· editiert

Bin ich Rassist? Das fragte ich mich, als kürzlich ein freundlicher, grosser, schwarzer Mann mit Overall vor meiner Haustüre stand. Dazu muss man wissen: diese Türe befindet sich nicht in Zürich, Genf, Basel oder Biel, wo ich fast 30 Jahre lebte und der Anteil an Menschen anderer Hautfarbe zum Alltagsbild gehört. Sie befindet sich in Matten bei Interlaken, wo weiss die Jungfrau in den Himmel strahlt und vor dem Haus im Grünen Kühe grasen und bimmeln.

Und dieser Schwarze fragte nach einem Zugang in die Tiefgarage des Quartiers, weil er für den Service des automatischen Garagentors zuständig sei.

Nun wissen wohl alle, dass die Jungfrauregion und insbesondere Interlaken von der ganzen Welt touristisch frequentiert wird. Ich liebe diese Vielfältigkeit, wähne mich als Vielgereister in China, Indien, Korea, den Emiraten etc. und fühle mich im Gegensatz zu den meisten Einheimischen, die zwar von den Besuchern aber nicht mit ihnen leben möchten, pudelwohl.

Eben: Der Overallmann. Ich war misstrauisch. Ein Schwarzer? Hier oben? Der Garagentore reparieren kann? Meine Nackenhaare sträubten sich, und ich musste mich mit all meinen intellektuellen Fähigkeiten wehren gegen: Misstrauen, Angst. Also liess ich den Mann gewähren, las im Vorbeigehen die Aufschrift auf seinem Geschäftsauto: doch, könnte sein, dass er Garagentore repariert.

Verdammt, dachte ich: Was geschieht da grad mit mir?

Was ich damit sagen will: Diese momentan laufende Diskussion zum Thema Rassismus klammert einen meiner Meinung nach wichtigen Aspekt aus: die Angst vor dem Fremden, Ungewohnten. Wer über Rassismus spricht, muss gar nicht bis in die Staaten gehen, es reicht: die eigene Haustür.

Beispiel Biel: Ich liebe diese Stadt der Zweisprachigkeit mit südländischem Flair. Ich mag die „Welschen“, den fliegenden Wechsel zwischen Sprachen. Dann hatte ich eine französischsprachige Freundin, und zum ersten Mal, nach vielen Jahren Biel als Journalist, Filmer, wurde ich zu einer grossen Party geladen, die zum grossen Teil von Französisch sprechenden Bielerinnen bevölkert war . Und irgendwann, nach ziemlich viel Alkohol, eskalierte es. Ich traute meinen Ohren nicht. Da fielen rassistische Witze über Deutschschweizer, wurde über Unterdrückung in der Schule, im Beruf gesprochen, über Diskriminierung. Und plötzlich war eines zu spüren: Hass. Für mich fiel eine rosarote Welt der Toleranz, des gegenseitigen Respekts zusammen. Tönt grad etwas naiv, ich weiss. Selbstverständlich ist mir das Thema Röstigraben nicht fremd.

Und ich? Bin ich Rassist? Sagen wir es mal so: irgendwo, tief drin in meinem Reptilienhirn, muss ein Reflex sitzen, der Alarm schlägt, wenn sich allzu Fremdes nähert, das ich nicht einordnen kann. Wäre ein hellhäutiger Overallmann vor meiner Türe gestanden, wäre ich wohl kaum misstrauisch geworden.

Nicht Rassist zu sein, das Fremde akzeptieren, tolerieren, ja lieben, ist anspruchsvoll, braucht eine gehörige Portion an Erfahrung, Intellekt und Weltsicht. Davon hab offenbar auch ich noch immer zu wenig.

Wer davor gefeit ist, werfe den ersten Stein.

104
/
1
Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik und Project R
·
· editiert

in ihrem Buch "White Fragility" beschreibt die (weisse) Autorin Robin Di Angelo, dass es wichtig ist, diese Ebene der "automatischen Reaktion" die Sie beschreiben (im Englischen spricht man von "implicit bias" (unbewusste Vorurteile) eben nicht wegzuschieben, sondern wahrnehmen soll. Wir sind alle rassistisch sozialisiert worden und unser gesamtes System ist auf Rassismus begründet.

Wenn ich weiss, dass ich das in mir trage (auch wenn ich es nicht will, ablehne, schlecht finde), dann kann ich bewusster reagieren, also eben diesen Automatismus ("Oh, achtung, schwarze Person, "Gefahr") erst einmal bewusst wahr nehmen und dann meine Reaktion darauf bewusst ausrichten. Es ist wie wenn man dann kurz auf "Pause" drückt, sich diese Reaktion anschaut und denkt: "Aha, Implicit Bias" und dann entsprechend reagiert.

Mein Sohn macht immer das folgende Beispiel, das mir sehr geholfen hat: «Wenn ich in den Zug steige und ich sehe einen freien Platz in einem Abteil mit drei Menschen mit anderer Hautfarbe ist mein erster Instinkt, meine Tasche mehr festzuhalten. Was ich dann aber tue: Ich lege die Tasche auf den Sitz, frage "ist hier noch frei?", frage ob die anderen kurz auf meine Tasche aufpassen können und gehe dann auf die Toilette. Ich reagiere genau mit dem Gegenteil dessen, was mein "Instinkt" sagt».

Ich denke, wenn wir alle ab und zu mehr auf "Pause" drücken wenn wir diese Reflexe haben und überlegen, wie wir BEWUSST anders reagieren können, wäre schon viel gewonnen.

54
/
0

Ich möchte sie jetzt nicht unbedingt kritisieren. Aber ist es in ihrem Beispiel nicht sinnvoller sich einfach ganz normal zu verhalten?
Wenn sie in ihrem Beispiel etwas tun, was sie sonst auch nicht tun würden, ist das ja leider auch wieder nur rassistisch.

5
/
4

Vielen Dank, dass du deine Erlebnisse geteilt hast! Mir fallen spontan auch mehrere Situationen ein, in denen ich die Reflexe aus meinem Reptilienhirn revidieren musste und lernen durfte.

23
/
0

Ja, diese Situationen kenne ich auch. Dutzendeweise. Es tut dann weh, sich deren bewusst zu werden. Umgekehrt fallen mir aber auch einzelne ein, wo bei mir Instinkte versagt und ich in Gutgläubigkeit über den Tisch gezogen oder bestohlen wurde. Eine schwierige Balance, aber wir können alle dran arbeiten, sie zu suchen.

2
/
1

Danke für diesen wunderbar differenzierten Kommentar!

In Comics für Kinder reiten Cowboys und Indianer durch Amerika, und Samurais und Geishas trinken in Japan Tee. Das stimmt natürlich alles nicht!

Aber ich fände es kulturell bedauerlich, wenn solche plakativen Geschichten nicht mehr erlaubt sein sollten. Ich weiss, dass nicht alle Afrikaner in Strohhütten leben, denn ich bin monatelang allein in Afrika gereist. Aber jungen Lesern deswegen die groben Vereinfachungen verbieten, eine Strohhütte in der Savanne, Cowboys und Indianer, Samurai und Geishas? Das würde ich bedauern.

Wichtig finde ich dagegen Zweierlei:
Dass die Vereinfachungen dann im konkreten Kontakt ausdifferenziert werden.
Und dass im konkreten Umgang nicht diskriminiert wird.

12
/
12

Ich würde es ebenfalls sehr bedauern, wenn Kinder nicht mehr die kulturellen Differenzen dieser Welt, die Vielfalt der Ethnien kennenlernen können. Aber in meinen Augen braucht es deshalb nicht plakative, pauschale Geschichten. Und es gibt Kinderbuchverlage, die sich darum bemühen, es anders zu machen - zb Baobab Books in Basel :-)!

10
/
0

Vielen Dank für diesen differenzierten Beitrag!
Ein Beispiel: Eritreerinnen müssen bei ihrem Familiennachzug einem DNA Test machen um ausweisen zu können, dass sie nicht die Unwahrheit erzählen, weil davon ausgegangen wird, dass sie lügen. Dies ordnet das Migrationsamt regelmässig an, weil diese klar davon ausgehen dass Eritreerinnen beim Familiennachzug nicht die Wahrheit erzählen. Viele können diesen Test nicht durchführen weil sie diesen selber bezahlen müssen oder sie verschulden sich um diesen Test zu bezahlen. Das ist für mich strukturelle Diskriminierung! Die Schweiz behandelt Menschen aus nicht EU Staaten zweitklassig! Darüber müssen wir auch reden!

42
/
0
Christine Loriol
denken, schreiben, reden.
·

Vielen Dank, Republik. Das war / ist wichtig und gut. - Ich weiss, dass man das nicht tun sollte, aber ich habe vorher da und dort Kommentare zu Artikeln zum Thema Rassismus, Arena etc gelesen (TA, Blick). Oioioioioi. Es gibt noch richtig viel zu tun. Es ist unfassbar, wie sehr sich Leute zB darüber aufregen, wenn versucht wird, die (Arena)-Diskussion besser zu machen. Wie sie sich enervieren, dass das Thema "schon wieder" kommt, wo wir doch "hier in der Schweiz" wichtigere Themen hätten. Egal wie: Es gibt schnell und heftig Widerstand, festgemacht an dem, was sich grad anbietet (können auch völlig überschätzte Süssspeisen sein), um nur ja nicht über das Thema und über sich selber nachzudenken. - Ich lese dieser Tage das Buch «How to be Antiracist" von Ibram X. Kendi. Er sagt u.a. "Until we become part of the solution, we can only be part of the problem." Und mit "we" meint er uns. Alle. - Ich bin froh, dass die Republik das Thema ernst nimmt. Finde, die Republik und - v.a. auch die WOZ (unbedingt auch kaufen!) haben diese Woche die Latte dorthin gelegt, wo sie für guten Journalismus gehört. Hoffe, das geht auch in anderen Medien und in anderen Institutionen weiter.

42
/
0

Herzlichen Dank für diesen Rassismus-Lehrgang. Ich hoffe, dass viele viele Bewohner*innen dieses Landes die sechs Lektionen durcharbeiten. Als pensionierter Lehrer erlaube ich mir, eine siebte schmerzvolle Lektion anzufügen. Dabei geht es um die schweizerische Flüchtlingspolitik.
Nach gängiger Definition dient Rassismus primär der Herrschaftssicherung. Kann man das auch umkehren: Wer sich die Herrschaft sichert, handelt rassistisch?
Kann man folgedessen sagen, die schweizerische (europäische, US-amerikanische etc.) Flüchtlingsspolitik ist grundiert, ja durchtränkt von Rassismus? Diesen Rassismus würde ich als versteckten, dem ihn ausübenden Individuum bzw. der ihn praktizierenden Gesellschaft nicht bewussten Rassismus bezeichnen. Der versteckte Rassismus erscheint mir als sehr viel gefährlicher als der offenkundige, den man leicht benennen und bestrafen kann. Versteckter Rassismus ist eine unterschwellige Haltung, die Grundierung einer Sichtweise, die die eigenen Privilegien als völlig normal und berechtigt betrachtet und alle Massnahmen, die der Erhaltung dieser Privilegien dienen, als rechtmässig darstellt. Wer so denkt, wird den Vorwurf, rassistisch zu handeln, empört von sich weisen
Die aktuelle Situation erinnert mich in fataler Weise an die schweizerische Flüchtlingspolitik vor und während des Zweiten Weltkriegs. Zu erwähnen sind zwei Unterschiede. Erstens: Damals waren die abscheulichen Greueltaten des Naziregimes einer breiteren Öffentlichkeit nicht bekannt – Heute sind wir alle gut informiert über die unmenschlichen Zustände in den Flüchtlingslagern und anderswo. Zweitens: Damals fanden die Dramen direkt an unserer Landesgrenze statt, heute an den Rändern Europas, im Nahen Osten, tief in Afrika . . . Weitere Unterschiede vermag ich nicht zu erkennen.

35
/
0
Nadja Schnetzler
Mitgründerin Republik und Project R
·
· editiert

Danke für diese wichtige Einordnung.

Sprache ist mächtig, daher benutzen viele Menschen, die bewusster und gewaltfreier über Rassismus sprechen möchten, im Englischen den Begriff “enslaved people” anstatt von “slaves” zu sprechen, um die Personen als Menschen zu beschreiben, die gekidnappt und verschleppt wurden, und nicht primär mit dem «Nutzen», den sie für ihre Kidnapper darstellten (“kostenlose Arbeitskraft” = Sklave). Der Begriff «enslaved people» macht aus den Menschen Subjekte, die unterdrückt werden, anstatt Objekte, die man benutzt.

Siehe Link (Chicago Tribune) unten, Zitat daraus:

“ The heightened delicacy of ‘enslaved person’ — the men and women it describes are humans first, commodities second — (does) important work: restoring identity, reversing a cascade of institutional denials and obliterations,”.

“To reduce the people involved to a nonhuman noun … reproduce(s) the violence of slavery on a linguistic level; to dispense with it amount(s) to a form of emancipation.”

«Versklavte Menschen» wäre eine direkte Übertragung des oben benutzten Begriffs, aber vielleicht gibt es auch andere Möglichkeiten, auch im Deutschen eine Formulierung zu finden, welche mehr zum Denken anregt.

https://www.google.com/amp/s/www.ch…Type%3Damp

34
/
1

Vielen Dank für diesen so informativen und (auf-)klärenden Artikel. Nachdenklich stimmt mich vor allem, dass selbst im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem strukturellen(!) Rassismus in der Schweiz so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Obwohl es offensichtlich aussagekräftige statistische Untersuchungen gibt, scheinen sich die Verantwortlichen dieser Anstalten nicht darüber im Klaren zu sein, dass es hier um ein das Zusammenleben vergiftendes grundlegendes Problem eines Erbes geht, das wir «Weissen» in uns tragen. Der Mensch ist immer die Summe seiner Geschichte und dazu gehört auch eine koloniale Vergangenheit, der sich kein(!) Land in Europa entziehen kann. Wir sind zwar nicht schuld an dieser Vergangenheit, aber wird sind dafür verantwortlich, wie wir reden und wie wir uns gegenüber den anderen Menschen verhalten. Nichtwissen ist auf Dauer keine Entschuldigung.
Bitte, liebe Republik, bleibt am Thema dran. Auch, wenn es wehtut! Es wäre ja nicht das erste Mal in eurer noch jungen Geschichte, dass ein von euch ausgesprochenes Thema im «Blätterwald» der übrigen Presse widerhallt.

29
/
0
Software Ingenieur
·

Danke für den Beitrag.
Was ich seit Jahren mache ist alle Personen z.bsp im Zug jeweils auf Schweizerdeutsch anzusprechen. Mir ist vor Jahren einmal aufgefallen, dass viele dies so nicht tun uns sobald jemand nicht "weiss" ist wird Englisch gesprochen.
(das ist natürlich nur ein kleines Detail kann aber im Alltag sehr einfach umgesetzt werden)

28
/
0

Danke für diesen wichtigen Beitrag. Beim Lesen war ich erleichtert – natürlich nicht über den Inhalt, sondern über die Publikation des Artikels. Denn ich habe seit langem auf eine derartige mediale Auseinandersetzung mit der Thematik gehofft. Ich hoffe sehr, dass der Beitrag viel Resonanz findet. Es gibt viel zu tun.

27
/
0
Elia Blülle
Journalist @Republik
·

Dankeschön für das Feedback.

2
/
0

Die Problematik des Profilings durch die Polizei ist etwas komplizierter, als im Artikel beschrieben. Die explizit oder stillschweigend angewandte Methode des Profilings berücksichtigt nicht immer nur die Hautfarbe, sondern je nachdem auch das Geschlecht, das Alter, die Kleidung und Frisur, die (vermutete) Staatsangehörigkeit oder „Herkunft“, und wohl noch einiges mehr. Zudem spiele Ort und Uhrzeit eine wichtige Rolle. Der Effekt ist immer, dass gewisse Bevölkerungsgruppen mit gewissen äusseren Merkmalen an gewissen Orten zu gewissen Uhrzeiten viel häufiger von der Polizei angehalten und kontrolliert werden als andere. Das ist einerseits extrem unfair, weil die allermeisten kontrollierten Personen (gottseidank) „unschuldig“ sind, andererseits jedoch ziemlich effektiv. Effektiv deshalb, weil kriminelles Verhalten statistisch nicht völlig gleich über alle Bevölkerungsgruppen verteilt ist, sondern in einige Gruppen öfter vorkommt als in anderen, wieso auch immer. Und die Polizisten wissen das aus Erfahrung. Ein offensichtliches und wohl kaum kontroverses Beispiel: junge Männer begehen bekanntermassen im Durchschnitt viel mehr Verbrechen als ältere Damen. Ich kenne die Statistik nicht, wäre aber sehr erstaunt, wenn die Polizei nur annähernd so viele unschuldige ältere Damen anhalten und kontrollieren würde wie unschuldige junge Männer. Das ist zwar extrem unfair, macht aber irgendwie auch Sinn, wenn die Polizei mit ihren beschränkten Ressourcen ihre „Trefferquote“ maximieren möchte. Ähnliche Gründe könnten auch beim Profiling nach Hautfarbe im Spiel sein. Das würde natürlich nicht automatisch bedeuten, dass Racial Profiling ok wäre, falls die Kriminalitätsrate unter Dunkelhäutigen bei uns tatsächlich überdurchschnittlich hoch wäre (ich kenne die Statistik nicht). Die Frage wäre jedoch alles andere als trivial.

28
/
1

Das ist ehrlich gesagt auch ein Thema bei dem ich nie sicher bin was ich jetzt denken soll.
Je nach dem wird ja auch die Statistik verzehrt wenn man immer die gleichen Personen kontrolliert.

10
/
1
Geschäftsleiter NGO
·

In der aktuellen Diskussion über rassistische Polizeikontrollen und die Schaumgebäcke der Firma Dubler wird immer wieder darauf verwiesen, dass es dabei um Fragen des strukturellen Rassismus geht – auf mich wirkt es aber so, dass viele Leute nicht verstehen, was mit strukturellem Rassismus genau gemeint ist.
Mit der Rede vom strukturellen Rassismus wird darauf verwiesen, dass es ein flächendeckendes Problem mit Rassismus geben kann, auch wenn wir nicht alle Rassistinnen sind – Rassistinnen im Sinne von Menschen, die bewusst und bösartig Schwarze, Indigene und People of Color (BIPoC) abwerten wollen. Wir alle sind in einer von rassistischen Vorurteilen und einer rassistisch geprägten Geschichte aufgewachsen und haben so – ohne es zu wissen und ohne es zu wollen – ein rassistisches «Trainingscamp» absolviert. Viele von diesen angelernten Informationen sind uns nicht bewusst, wir müssen sie uns aktiv bewusst machen. Ansonsten stehen wir immer wieder in der Gefahr, unsere Entscheidungen und Handlungen unbewusst und ohne Absicht auf diesen Informationen und Vorurteilen abzustützen. Doch dann reproduzieren wir eben genau Rassismus: Ungleichheiten, Benachteiligungen und Privilegien bleiben bestehen.
So funktioniert struktureller Rassismus – er führt dazu, dass wir in der Schweiz (wie überall auf der Welt) ein flächendeckendes Problem mit Rassismus haben, auch wenn wir nicht alle bewusste, absichtliche, bösartige Rassistinnen sind! So kann auch die Polizei, wie jede andere Institution auch, ein flächendeckendes Problem mit Rassismus haben, auch wenn nur ganz wenige Polizistinnen aktiv rassistische Haltungen vertreten. Wenn wir davon ausgehen, dass die Schweiz ein flächendeckendes Problem mit strukturellem Rassismus hat, dann wird damit eben gerade nicht gesagt, dass es hier zu viele bewusst bösartige Menschen gibt – es wird zum Ausdruck gebracht, dass zu viele von uns sich noch zu wenig mit den angelernten rassistischen Botschaften und Vorurteilen auseinander gesetzt haben!
Das gilt im Übrigen genauso für Antisemitismus, Sexismus und alle anderen Formen von Diskriminierung!

29
/
2
Köchin
·

richtig, und deshalb müssen wir uns bewusst werden, wie wir uns verhalten, und lernen, dass der space allen gehört, die hier leben.

10
/
0

A. G., Sie machen uns auf ein Problem aufmerksam, welches viel zu wenig Beachtung findet. Die unbewussten Programmierungen, welche zu einer völlig anderen Zeit erfolgt sind, kümmern sich überhaupt nicht um deren Aktualität. Wir sind ihnen ausgeliefert, ohne uns dessen bewusst zu sein.

8
/
1

Ich frage mich regelmässig, wofür mich unsere Nachfahren einmal verachten und verurteilen könnten - dabei fallen mir hunderte von Möglichkeiten ein. Vielleicht auch dafür, dass ich Lebensmittel konsumiere, die teiweise mit Sklaverei, oder unter sklavenähnlichen Bedingungen produziert wurden. Das gleiche gilt für die Kleider, die ich trage oder das Tablet, auf das ich gerade tippe. Es gibt viel zu tun, anpacken könnte sich lohnen.

27
/
0
· editiert

Da fällt mir ein: Schweizer Schokolade.
Es gibt nur eine kleine handvoll Grosshändler von afrikanischen Kakaobohnen produzierter "Grundschokolade". Diese wird weltweit gehandelt und verkauft, auch in die Schweiz. Dabei ist oft schwer abzuschätzen woher die Schokolade eigentlich stammt, weil ja alles über diese paar Grosshändler läuft.
Nun gibt es viele Geschichten in der Elfenbeinküste von illegalem Kakaoanbau, der in Afrika in Naturschutzgebieten geschieht oder von Kindersklaven, die bei der Kakaoernte mithelfen müssen. Diese Kindersklaven werden aus umliegenden Ländern importiert.

Haben wir also von Sklaverei profitiert? Als Schweizer mit extrem hohen Schokoladenkonsum ist das fast 100%ig sicher.

15
/
0

Liebe Republik, bei Punkt zwei habt ihr das Wichtigste vergessen: die Schweizer Industrialisierung wurde durch den Sklavenhandel ermöglicht. Dank dem Handelsdreieck Europa-Afrika-Amerika fand die Schweizer Textilindustrie Absatzmärkte auf dem Afrikanischen Kontinent! Wodurch wir Schweizer reicher wurden, sich der technische Fortschritt aus der Textilindustrie (Ursprung von Roche etc sind die chemischen Kenntnisse, die man aus der Stofffärbung gewann) auf andere Sektoren ausbreitete und finanzierte. Der Ursprung der Schweizer Industrialisierung ist der Sklavenhandel und die frühe Schweizer Industrialisierung ist der Ursprung unseres heutigen Reichtums!

23
/
1

Liebe Frau Wick,
sie haben natürlich Recht. Wir sind bei Punkt 2 nur sehr beispielhaft auf das Thema eingegangen.
viele Grüsse!

3
/
1

Das verstehe ich, ich bedaure aber, dass durch diese Herangehensweise der Eindruck entsteht, nur eine handvoll Männer vor langer Zeit hätten profitiert vom Sklavenhandel/Kolonialisierung bzw rassistisch gehandelt. Und nicht, dass wir noch heute davon profitieren. Vielleicht wäre ein ausführlicher Artikel darüber eine Idee? (Oder über die Rolle, welche Schweizer Missionare in Ruanda hatten und mit ihrem Werk zum Genozid beigetragen haben.)

21
/
0
· editiert

Liebe Frau Wick,
Auch wenn damals (ein eher geringer...?) Anteil des des Absatzes der Schweizer Textilindustrie in Richtung Afrikanischen Kontinent ging, kann ich Ihre Schlussfolgerung, dass die Schweizer Industrialisierung DESWEGEN durch den Sklavenhandel ermöglicht wurde, spontan nicht ganz lückenlos nachvollziehen. Könnten Sie das ev. noch etwas genauer erläutern? Den Zusammenhang zwischen der Schweizer Industrie und dem Sklavenhandel hätte ich eher auf der Seite der Zulieferung von Rohstoffen als auf der Seite des Absatzes vermutet? Abgesehen vielleicht von der sehr unspezifischen Tatsache, dass damals ein signifikanter Teil der Kaufkraft in der westlichen Welt direkt oder indirekt dank dem Handel mit und der Ausbeutung von Sklaven zustande kam, und die Schweizer Industrie (wie alle anderen Teile der globalen Wirtschaft) natürlich von dieser Kaufkraft profitiert hat. Aber dies ist - im Gegensatz zu Ihrer Aussage- eine eher triviale Feststellung.

1
/
0
Fausta Borsani
Geschäftsführerin
·

Danke für diesen Artikel!
Ich nahm kürzlich an einer Diskussion teil über Migros und den Schokokuss. Welche Blasiertheit spüre ich hinter dem Argument “es ist nich rassistisch, weil es nicht sein kann”. !
In diesen Diskussionen wird nicht zugehört und Menschen können sich aus purem Desinteresse und Ignoranz schlicht nicht in andere Menschen hineinversetzen. Wieso sonst würde ein veralteter, diskriminierender, demütigender Ausdruck so vehement verteidigt?

21
/
1

Ich danke den Autorinnen und Autoren für diesen ausgezeichneten Kurzlehrgang über Rassismus in der Schweiz. Einmal mehr „Republik“ vom Besten!
Es wäre wünschenswert, wenn einzelne Aspekte des Rassismus in unserem Land vertieft besprochen werden könnten.
Mir fallen da drei Themen ein, die zum Teil auch in den Kommentaren angesprochen werden:

  • unsere automatischen, vorbewussten rassistischen Reaktionen. Wie weit sind diese anerzogen, kulturell bedingt oder gar genetisch angelegt?

  • Rassismus und Flüchtlingspolitik.

  • Wie wird die Geschichte des Rassismus in der Schweiz, die Geschichte des Kolonialismus in unseren Schulen behandelt? Zu meiner Zeit war das mit Sicherheit kein Thema.
    Ich hoffe sehr, dass die „Republik“ an diesem Thema dranbleibt.

18
/
0

Kann Ihnen nur beipflichten. Ich hab bei der Lektüre dieses Artikels viel gelernt, vor allem über die Schweizer Geschichte. Das war definitiv auch zu meiner Zeit in der Schule kein Thema. Sklavenhandel wurde nur angesprochen im Zusammenhang mit den Kolonialmächten und natürlich Amerika, war aber auch im weiteren Sinne nie Teil der Schweizer Geschichte.

8
/
0

Zwei Aussagen kann ich auch so verstehen:
"Zwei von Drei Personen geben an, zwischen 2013 und 2018 KEINE Diskriminierungen aufgrund ihrer Sprache, Hautfarbe, Nationalität erlebt zu haben."
"Über drei Viertel der Befragten sind der Ansicht, dass die Anwesenheit von scharzen Menschen die Kultur der Schweiz bereichert."

3
/
15

Danke für Ihren Kommentar. Zu Ihrer Interpretation:

  1. Ich spreche Deutsch, bin weiss, und meine Vorfahren sind vor über 250 Jahren in die Schweiz gekommen. Logischerweise gehöre ich zu den Zwei von Dreien, die KEINE Diskriminierung erfahren haben. Das widerlegt die Rassimusproblematik nicht, sondern belegt sie vielmehr.

  2. Diese Aussage ist falsch. Gemäss der zitierten ZiDS-Studie sind 71 Prozent der Befragten nicht der Ansicht, dass «die Anwesenheit von Schwarzen Menschen die Kultur der Schweiz» auf Dauer bedroht. Das ist keineswegs gleichzusetzen mit der empfundenen «Bereicherung», die Sie da hineininterpretieren.

20
/
2

Ach, und macht es das für die Menschen, die zu den 30% gehören, die Diskriminierung erfahren haben, besser?
Wohl nicht, oder?

Genaue solche Aussagen wie Ihre sind es, die eine privilegierte und ebenso diskriminierende Sicht verbreiten.

Es geht darum, nicht Ihre Sicht zu legimieren, sondern der Diskriminierung entgegenzuwirken.

17
/
3

Das sind in der Tat gute Zahlen. Was auch sehr deutlich aus dem Artikel raus kam ist, dass sich die Schweizer zuwenig mit dem Thema beschäftigen und somit ignorant und unsensibel sind, wenn sie darauf angesprochen und konfrontiert werden. Das lässt sich glücklicherweise mit Aufklärung wie diesem Artikel rasch lösen.

Trotzdem: Probleme wie racial profiling bei der Polizei, aber auch individueller Rassismus will ich damit nicht klein machen. Den hab ich selbst mit weisser Hautfarbe auch schon beobachten können.

4
/
0

Inwiefern ist es eine gute Zahl, wenn 25 von 100 Personen in der Schweiz finde, das Schwarze Personen "die Kultur der Schweiz bedrohen"?

Wollen wir wirklich die Messlatte so tief setzen, nur um uns weiterhin auf die Schulter klopfen zu können?

Ich finde das überhaupt nicht positiv und einfach nur traurig.

14
/
1

ja, stimmt Herr K., ich habe das als "Deutsche" schon oft erfahren.

Als Lehrerin arbeitete ich meistens in städtischen Regionen mit Migrations Problemen in Kleinklassen. Dabei fiel mein eigenes "Ausländerproblem" gar nicht auf. Auch konnte ich helfen und vermitteln.
Wir leben in geschlossenen Gemeinschaften, die man schützen will, mitten in schützenden Bergen. Wenn etwas anders ungewohnt erscheint, ist bald jemand ein fremder Fötzel. Das ging auch anderen Kolleginnen so, bereits wenn man nur aus dem Nachbarkanton kommt.
So denke ich beim Rassismus Problem fange ich bei mir selber an. Mal über den eigenen Tellerrand hinaus sehen.
Die Migrations Probleme sind mit diesen hohen Zahlen in der Schweiz neu, eher im letzten Jahrzehnt rapide angestiegen. Man war vorher gar nicht daran gewöhnt, sich mit dem Thema Rassismus auseinander zu setzen. Es war keine Bedrohung, man half immer gerne, wo man konnte. Man sah es einfach nicht bewusst, solange man nicht selber betroffen war..
So ist es nun wichtig, da wir das realisiert haben zuerst mit all den versteckten unachtsamen Untugenden in Sprache Sitte und Alltag auf zu räumen, bevor soziale Diskriminierungen rechtlich geregelt werden können.
"Multikulti" ist kein Stichwort, es ist Realität
Genauso wichtig ist für mich persönlich Praxis und Verständnis von Föderalismus neu zu denken.
Könnte man in diesem Zusammenhang auch mal die rechtlichen Gemeinde- und Kantons Hoheiten der Schweiz ein wenig durchleuchten. Beim Kantönligeist fangen die Probleme nämlich an. Arbeitetet man in verschiedenen Kantonen, fällt einem manchmal auf, unser föderales System sei inzwischen zu wenig den sozialen Realitäten angepasst, es ging alles zu schnell...
Leider bin ich zu alt, doch in Korona Zeiten mit Homeoffice und Gruppen- Video Chats
fallen einige Barrieren, ein guter Start, sich gesamthaft neu zu orientieren.

5
/
1

Ich verstehe nicht genau, wie jemand der Meinung sein kann, dass es in der Schweiz keinen Rassismus gibt.
Man muss aber auch sagen, dass bezüglich der Behebung dieser Missstände keine brauchbaren Lösungen vorliegen. Auch aus Sicht der Betroffenen besteht ja da auch keine Einigkeit, wie auch zum Beispiel die Arena gezeigt hat.
Am beschämendsten finde ich aber, wenn in Zügen und im öffentlichen Raum immer um Menschen mit dunklerer Hautfarbe immer die Plätze frei bleiben.
Ist es so schwer da hinzugehen, zu lächeln und zu fragen ob der Platz noch frei ist? Und gerade hier habe ich oft das Gefühl, dass viele der Leute die gerne stundenlang Theorien zu diesem Thema produzieren wohl schlussendlich doch lieber unter 'Ihresgleichen' bleiben.

17
/
1

Kritik an einem (in diesem Fall sehr lesenswerten) Artikel sollte auf das eingehen, was drin und nicht auf das, was nicht drin steht. Wenn allerdings in einem Artikel, der u. a. auf die historische Dimension des Rassismus in der Schweiz eingeht, noch nicht einmal das Wort Antisemitismus auftaucht, ist das doch verwunderlich. Es ist zwar nachvollziehbar, dass in Anbetracht des Anlasses Antisemitismus nicht ausführlicher zum Thema gemacht wird, doch ganz ohne Erwähnung der langen Geschichte, auch des institutionellen Antisemitismus in der Schweiz erschliesst sich die Vergangenheit und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart nur unvollständig. Sogar zur Diskussion über die Harmlosigkeit einer rassistischen Nomenklatur bei Nahrungsmitteln, könnte der bis in die 1990er-Jahre in der Schweizer Armee tolerierte Begriff "gestampfter Jude" für Fleischkonserven etwas beitragen…

17
/
5
Elia Blülle
Journalist @Republik
·

Guten Tag Herr W.

Antisemitismus ist in der Tat immer noch ein wichtiges und aktuelles Thema. Wir haben uns für diesen Beitrag entschieden, uns auf den Anti-Schwarzen-Rassismus zu konzentrieren. Ich glaube, es ist wichtig, dass man in dieser Debatte so präzise wie möglich führt und die jeweiligen Ausprägungen gesondert behandelt. Ansonsten kommt es schnell zu thematischen Vermischungen, die oft zu Missverständnissen führen.

Freundlicher Gruss

Elia

16
/
1
Köchin
·

ja, wir sind eine vielseitige Gemeinschaft in unserem Land.

2
/
0
Roman Burger
Der mit den Ur-Trieben kämpft
·

Ich muss leider immer wieder feststellen, dass auch in mir gerade bei Spontanreaktionen rassistische, sexistische oder was auch immer verwerfliche Denkmuster aufkeimen, die der Verstand meist dann aber bald übersteuert. Woher kommt das, ich will das gar nicht?
Ich erkläre mir das so, und dass soll keinesfalls eine Entschuldigung oder gar Rechtfertigung für irgendwelches Fehlverhalten sein, dass da in mir immer noch eine Grundeinstellung vorhanden ist, welche das menschliche Wesen sehr lange (damit meine ich einige zehntausend Jahre) in seiner Geschichte geprägt hat. Über Dekaden lebten unsere Ur-/Ur-/Ur-vorfahren in kleinen Gruppen und waren nur mit dem Überleben beschäftigt. Die Evolution hat dann laut den allgemein anerkannten Theorien diejenigen bevorzugt, welche das vor allem intuitiv aber auch angelernt am besten konnten. Was damals gut war, kommt mir heute aber in der heutigen völlig anderen Welt des öfteren in die Quere.
Daher ist es vermutlich auch so unendlich schwer für mich, völlig unbeschwert auf Ungewohntes zu reagieren, einen spärlich oder gar nicht verhüllten weiblichen Körper locker lässig zu ignorieren oder sonstwas (auch wenn meist nur sehr kurz) mache was auch immer in unserer Zivilisation als verpönt gilt.
Glücklich diejenigen welche das im Griff haben. Ich muss einfach versuchen bestmöglich mit den Urinstinkten (und auch noch ein paar anderen Unzulänglichkeiten) tief in mir drin zu leben.

9
/
2

Ich halte nichts von diesem Urinstinkt-Konstrukt. Ich denke, es reicht, 40 oder 60 Jahre zurückzugehen: in die eigene Kindheit und Jugend oder in diejenige der Eltern. Welche Werte wurden da vermittelt und vorgelebt? Diese Einflüsse sind wohl wesentlich prägender, als all die evolutionären Rülpser und Hopser von vor zehntausend Jahren. Als ich jung war, waren Schwulenfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und Rassismus absolut Mainstream. Es ist mir schon klar, dass all das weiter existiert - aber es sind offene Fronten, über welche gestritten wird. Und an meiner eigenen Entwicklung seit meiner Jugend lese ich ab, dass mich aktuelle Einflüsse, Lektüren und Diskussionen stärker geprägt haben, als der Lagerfeuergroove vor der letzten Eiszeit.

16
/
2

Frage an die Autorinnen: Warum verwenden Sie in Ihrem Artikel häufig den amerikanischen Ausdruck People of Color? Gäbe es dafür nicht auch einen deutschen Ausdruck, der mindestens so klar wäre, z.B. die Fremden, so Sie denn die wörtliche Übersetzung nicht gebrauchen wollen? Oder anders gefragt, was ist mir entgangen, dass ich diese Frage überhaupt stelle?

7
/
8

Sehr geehrter Herr M.

Ganz unten im Artikel gibt es ein Glossar wo der Begriff BIPoC erklärt wird. BIPoC (Black, Indigenous, People of Color) gilt als Selbstbezeichnung von Menschen, die Rassismuserfahrungen machen und bezieht sich nicht ausschliesslich auf die Hautfarbe.

Ihr Vorschlag, man solle für alle BIPoC das Wort "Fremde" übernehmen geht schlicht und einfach nicht, weil er falsch wäre.
Diese Überlegung offenbart, dass gemäss ihrer Vorstellung Menschen in der Schweiz aufgrund von äusseren und evtl. auch hörbaren Merkmalen in "Fremde" und "Nicht-Fremde" eingeteilt werden können. Dies suggeriert wiederum das BIPoC unmöglich Schweizerinnen sein können, obwohl sie Teil unserer Gesellschaft sind. Abgesehen davon, sind vielleicht einige BIPoC auf Papier nicht Schweizerinnen aber würden die Schweiz doch als ihre Heimat bezeichnen und sich selber nie als Fremde. Solche Denkmuster übermitteln aber eben genau dieses Gefühl, welches sehr schmerzhaft sein kann.
Aus solchen Gründen, hat die gesammte Gesellschaft, insbesondere Menschen ohne Rassismuserfahrungen, die Aufgabe, sich weiterzubilden, achtsam durch die Welt zu gehen und Stigmatas zu vermeiden.
Es gibt unzählige gute Bücher zu diesem Thema, wie z.B.: "Was weisse nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten" oder "Exit Racism".

14
/
0
· editiert

Sehr geehrte Frau S.

Wie Herr M. habe ich mir die Frage mit dem amerikanischen Ausdruck auch gestellt. Warum steht im Text BIPoC (mit Glossar) als amerikanisches Akronym anstatt "Menschen mit Rassismuserfahrung" oder "Menschen, denen Rassismus widerfahren ist"?
Das Akronym selbst bietet ja, schon wieder, eine Möglichkeit der Stigmatisierung, was wir ja verhindern möchten. Deswegen könnte für unsere Diskussion eine Verallgemeinerung "Menschen" doch nützlicher sein als BIPoC oder was finden Sie?

Ich habe dann auch das Gefühl, dass wir, indem wir diese Ausdrücke verwenden, ungewollt eine Debatte über den Rassismus der Vereinigten Staaten führen, anstatt über den Rassismus hier. Oder können wir als Gesellschaft mit der Begriffübernahme beweisen, dass wir bezüglich Rassismus auf dem neusten Stand sind?

Sie schreiben, dass es unzählige gute Bücher zu diesem Thema gibt. Ich danke Ihnen für Ihre zwei Empfehlungen. Gerne würde mich auch noch interessieren, ob es auch schlechte Bücher über das Thema gibt und warum diese schlecht sind, ihrer Meinung nach.

Danke für Ihre Arbeit.
Freundliche Grüsse

9
/
0
Daniel Meyer
Korrektor Republik
·
· editiert

Lieber Herr M., ein paar kurze Überlegungen eines sprachlich interessierten Menschen dazu. People of Color ist einigermassen neutral, kurz und bestens in der deutschen Sprache verwendbar. Wir sollten auch nicht gerade bei diesem amerikanischen Ausdruck allzu puristisch sein: Der Duden ist voll von Anglizismen, die wir aus dem englischen Sprachraum übernommen haben und problemlos verwenden. Als Korrektor lese ich manchmal PR-Texte, die zu (gefühlt) der Hälfte aus Englisch bestehen. Und solange wir den "Key Account and Sales Manager" oder den "Sales Manager Fixed Income" inflationär verwenden (Stellenanzeigen sind ja eh die Vorhölle der deutschen Sprache), sollte auch "People of Color" keinen Stolperstein darstellen. Warum gerade hier eine wörtliche Übersetzung hinmurksen, die dann zwar deutsch ist, aber meterweit am Ziel vorbeigeht (wie Fremde)? Haben wir mit dem Hot Dog auch nicht gemacht, wir liken auf Facebook, wir canceln Flüge, halten Meetings und Brainstormings ab und shoppen, bis die Mastercard glüht. Alles kein Problem in unserem Alltag. Herzliche Grüsse, DM

7
/
1
· editiert

Herr K. hat richtig zwischen den Zeilen gelesen. Es geht mir weniger um den Anglizismus, obwohl wir deren unnötig viele verwenden, sondern um das Risiko der fehlenden Differenzierung. Das Spiel von Zugehörigkeit und Ausgrenzung, das in Rassismus mündet, scheint mir in der Schweiz sehr subtil zu sein, ist doch vielerorts immer noch das anders sein - und auch das nicht von hier sein - suspekt. Dazu muss man nicht Ausländer sein. Als St. Galler wurde ich auch schon in der Innerschweiz als fremder Fötzel bezeichnet. Ein direkter Vergleich mit den USA wird der Sache nicht gerecht. Diese Gefahr besteht aber, wenn wir dasselbe Vokabular verwenden. Ob mein Vorschlag also so schlicht und einfach falsch ist, wie Frau S. meint, darüber lässt sich trefflich streiten und beantwortet zudem meine Frage nach einem träfen deutschen Ausdruck für unsere Rassismusform nicht. Vielen Dank für die Antworten. Es ist bereits mehr als von mir erwartet.

PS. Noch etwas: Der Ausdruck die "Farbigen" gilt als nicht mehr brauchbar aufgrund seiner Geschichte. Aber was heisst denn "People of Color" anderes als Farbige? Es sind eben auch diese Feinheiten, die mich fragen lassen.

7
/
2
· editiert

Ein Problem ist auch die fehlende Datengrundlage über Racial Profiling.

Dies liesse sich einfach korrigieren indem jede Polizistin bei einer Kontrolle ein kurzes Protokoll mit Geschlecht, Hautfarbe, Zeit, Ort, Grund der Kontrolle und Resultat der Kontrolle anfertigen müssen. Vielleicht gibt es noch weitere Relevante Eigenschaften, die man erfassen könnte. Am einfachsten mit einer einfachen App, damit das Protokoll in ein bis zwei Minuten erstellt werden kann, zudem kann dem Kontrollierten auch gleich ein QR-code gezeigt werden, damit dieser die Korrektheit des Protokolls überprüfen kann

Damit liesse sich die Tragweite von Racial Profiling erfassen, wo es Auftritt und ob es ein generelles Problem ist oder durch einzelne Ordnungshüter verursacht wird.

Auch sonst würden fast immer nur Männer gezeigt – Frauen, Kinder, Jugendliche unsichtbar gemacht.

Sagt dieser Satz auch etwas über Sexismus aus? Warum kann man eine Gruppe negativ darstellen, indem man nur Männer zeigt?

7
/
0

"Warum kann man eine Gruppe negativ darstellen, indem man nur Männer zeigt?" Das "funktioniert" im Falle der Eritreer (um die es bezüglich Abdruck eines ganz bestimmten Symbolbildes geht), weil in der Diskussion um Flüchtlinge/Asylsuchende immer wieder behauptet wird, es kämen ausschliesslich junge, starke Männer. Allein die Tatsache, dass sie Männer und jung und nicht hinfällig sind, reicht dann aus, um in der Diskussion zu behaupten, diese Flüchtlinge seien gar keine - sie verliessen ihre Heimat nur, weil sie in der Schweiz das Sozialsystem ausnutzen wollten. Gäbe es wirklich Verfolgung (und/oder Not) im Herkunftsland, müsste es viel mehr Frauen und Kinder unter den Geflüchteten geben, aber man sehe ja immer nur junge Männer. Geflüchtete jungeMänner sind in diesem Narrativ einfach zu faul, um sich im Herkunftsland ins Zeug zu legen und zu arbeiten und sie sind grundsätzlich nicht schutzbedürftig.
Ganz abgesehen davon, dass dann als Nächstes die Aussage kommt, "die" nähmen den Schweizern die Frauen weg bzw. Frauen könnten sich durch die Anwesenheit "dieser Schwarzen" nicht mehr sicher fühlen. Mal abgesehen davon, dass solche Aussagen einen bemerkenswerten Minderwertigkeitkomplex der eimnheimischen Männer aufdecken (sie finden offenbar, jeder dunkelhäutige Mann müsse auf Frauen attraktiver wirkenal sie selbst) - wird damit schwarzen Männern unterstellt, sie hätten ihre Triebe nicht unter Kontrolle und fielen über (weisse) Frauen her.
Abseits des Rassimsu' spricht man damit den heimischen Frauen auch noch das Recht ab, ihre Partner selbst wählen zu dürfen. Sie sind quasi grundsätzlich Besitz der einheimischen Männer, denen diese (animalischen) Fremden dieses Besitztum streitig machen. Weshalb dann diese Männer (diese Konkurrenz) weg sollen.

13
/
0
· editiert

Vielen Dank für diesen Artikel! Noch eine Anmerkung: Die Selbstbezeichnung "Schwarz" (z.B. Schwarze Menschen) sollte grossgeschrieben werden, weil es sich um eine konstruierte gesellschaftspolitische Zuordnung handelt und nicht um eine "echte" Eigenschaft.

11
/
0

Liebe Frau M.,
ja, in der Tat. Wir hatten das ursprünglich auch so geschrieben. Wir gehen dem nach, warum es nicht mehr so dasteht. Danke für den Hinweis.

2
/
0
Ingenieur
·

Ich bin durchaus einverstanden mit dem Anliegen eine nicht-diskriminierende vielfältige Gesellschaft haben zu wollen. Es ist gut, dass wir über diese Problematik reden. Aber ich bin kritisch in gewissen Punkten, vor allem weil ich die finde die Begriffe zu undifferenziert:

Es ist falsch den Begriff (Alltags-)Rassismus zu verwenden sowohl für gewollte Diskriminierung als auch für unbewusste, unabsichtliche verletzende Handlungen. Wir machen bei Tötungsdelikte einen wesentlichen Unterschied zwischen Mord und Totschlag, wieso nicht hier?

Zum institutionellen Rassismus, die Diskriminierung ethnokultureller Minderheiten, die von Gesetzen, gesellschaftlichen Normen und staatlichen Institutionen ausgeht - Es wird meines Wissens nach, keinen Unterschied im Gesetz je nach ethnokulturellem Hintergrund gemacht in Bezug auf Straftaten, es sei denn man ist Ausländer. Die gesellschaftlichen Normen wiederspiegeln die ethnokultur der Mehrheit und diese sind diskriminierend in dem Normen der Minderheiten widersprechen. Wenn Norm ist Frauen und Männer gleich zu behandeln wird das Verweigern des Handschlages an Frauen als dämlich empfunden. Diskriminierende Institutionen sind die größte Gefahr, weil dort dem Einzelnen die Chance geraubt wird, als eigenständiger Mensch anerkannt und nach ihren eigenen Verdienst behandelt zu werden.

Schließlich denke ich dass, der Unterschied zwischen Ausländer und Schweizer der Wurzel der Diskriminierung ist, weil es eine Abgrenzung voraussetzt. Die Lösung ist aber nicht die Kategorie Schweizer abzuschaffen oder alle Schweizer als Rassiste abzustempfeln. Das verursacht nur eine noch stärkere Abneigung. Erstens, müssen wir erkennen dass ähnliche Beziehungsmuster in allen Länder der Welt existieren, nur mit anderen Rollen. Damit verstehen wir dass diese Situation der Normalfall bildet. Zweitens sollten wir uns dafür engagieren die Kategorie Schweizer zu erweitern und unsere geteilte Menschlichkeit anzuerkennen. Die politischen Hürden sind jetzt zu hoch - ein Einbürgerungsverfahren kostet viel Geld und Mühe, weil Schweizer ihre Angehörigkeit eifrig verteidigen wollen. Das besagt auch ein vermeint afrikanisches Sprichwort - Das Kind welches nicht von dem Dorf umarmt wird, wird es niederbrennen um seine Wärme zu spüren.

13
/
2
· editiert

Schade, dass die Republik in diesem Artikel unkritisch die Thesen aufnimmt und als «Fakten» präsentiert, die durch die totalitär angehauchten Ideologien der Ciritical Race Theory behauptet werden. Eine Überschrift wie «Die Frage ist nicht, ob es Rassismus gibt, sondern wie und wo er sich zeigt» ist eine unmittelbare Übersetzung aus «White Fragility» von Robin di Angelo. Obschon – oder gerade weil – ihr Werk in der Bewegung wie die heilige Schrift behandelt wird, sollte ein Medium wie die Republik mehr Distanz dazu wahren. Man soll und muss sich gegen Rassismus aussprechen – und man soll und muss sich dabei von totalitären Strömungen distanzieren, die in ihrer Konsequenz die offene Gesellschaft gefährden, in der ich und hoffentlich möglichst viele andere Leute weiter leben möchten.

Die gute Sache – Rassismus entgegentreten – wird in den USA durch eine totalitär auftretende politische Strömung (Critical Race Theory, Social Justice, etc.) missbraucht, mit Konsequenzen, die ich der Schweiz nicht sehen möchte. Ich möchte in der Schweiz keinen Twitter-Mob, der die berufliche Karriere und den persönlichen Ruf von Leuten im Namen des «Guten» zerstört, keine Umerziehungs-Seminare in Firmen und Institutionen («struggle sessions»), in denen die Teilnehmer in Bekenntnisse der eigenen Unzulänglichkeit manipuliert werden, keine Medien (auch nicht die Republik), die vor lauter Aktivismus für das «Gute» zu dogmatischen Kampfschriften werden. Ich wäre der Republik und anderen Medien sehr dankbar, wenn sie diesen totalitären Auswüchse der CRT-Bewegung ebenso Beachtung schenken und davor warnen würden: «Anti-Rassismus» ist nicht das Gleiche wie «gegen Rassismus sein» – von «Anti-Rassismus», wie ihn die CRT-indoktrinierten politischen Bewegungen von uns fordern, muss man sich distanzieren. Die beiden amerikanischen Philosophen James Lindsay und Helen Pluckrose formulieren auf Lindsays' Website newdiscourses.com viel überzeugendere Prinzipien als Alternative.

16
/
13

Mit Verlaub, Herr G., aber ihre Argumentation fusst auf einer Reihe logischer Fehlschlüsse.

  1. Die Republik nehme «unkritisch» Thesen auf, die von «totalitär angehauchten Ideologien der Ciritical[sic] Race Theory behauptet werden» und präsentiere sie als «Fakten».

Anstelle einer direkten sachlichen Kritik am konkreten Fall wird ein Zusammenhang mit etwas Anderem behauptet, das nun kritisiert wird (Strohmann-Argument). Dieser Strohmann wird mit dem Totschlag-Argument totgeschlagen, dass die Republik journalistisch und die Quellen wissenschaftlich unseriös arbeiteten, weil sie einer «totalitären Ideologie» verfallen sei, ja, diese propagiere – but that begs the question, basiert also auf einer erst noch zu beweisenden Prämisse (Petitio Principii). Der Totalitarismus-Vorwurf wendet sich auch an die Leser*innen, nämlich als Appell sich vom Text, der Autorin wie auch von der Republik zu distanzieren (Argumentum ad Populum).

Aber betrachten wir die «Beweisführung».
2. Die Überschrift «Die Frage ist nicht, ob es Rassismus gibt, sondern wie und wo er sich zeigt» sei eine «unmittelbare Übersetzung aus dem Buch ‹White Fragility›».
3. «White Fragility» sei «die heilige Schrift» «der Bewegung».
4. Man müsse sich von «totalitären Strömungen distanzieren, die in ihrer Konsequenz die offene Gesellschaft gefährden». «Critical Race Theory» und «Social Justice» seien eine «totalitär auftretende politische Strömung».
5. Sonst gebe es in der Schweiz «Twitter-Mobs» usw.

Also als Evidenz gilt eine Überschrift, die aus einem Buch stamme, welche als «heilige Schrift» einer «totalitären» Strömung firmiert. Dazu ist zu sagen:

  1. Anstatt direkt sachlich zu kritisieren, was an der Aussage «Die Frage ist nicht, ob es Rassismus gibt, sondern wie und wo er sich zeigt» falsch ist, wird abermals ein Zusammenhang mit etwas Anderem behauptet (Strohmann-Argument).

  2. Eine Behauptung, kein Beleg. Denn an welcher Stelle in besagtem Buch wird dies gesagt? Auch die Behauptung, das Buch sei eine «heilige Schrift» oder die sich darauf berufende Bewegung sei «totalitär», wird nicht belegt (Petitio Principii).

  3. Und selbst wenn das Buch der Ursprung wäre, wäre dies noch kein direktes Gegenargument (Genetischer Fehlschluss).

  4. Nur weil eine Aussage als «extrem» wahrgenommen wird, heisst dies nicht, dass dies notwendigerweise «extremistische» Konsequenzen habe (Slippery-Slope-Argument).

Aufgrund solcher voreiligen Verallgemeinerung ist die Argumentation letztlich zirkulär.

11
/
0
Chefredaktion
·

Mir ist unklar, Herr G., warum Sie auf aktivistische Bewegungen in den USA verweisen. Nichts davon kommt in diesem Beitrag vor. Zitiert werden offizielle Zahlen und Studien aus der Schweiz.

11
/
0

Ja, die Zahlen und Studien stammen aus der Schweiz und ich will den Autoren und der Republik auch nicht vorwerfen, zweifelhaftes Material aus den USA zu verwenden. Mir ging es um die Thesen, die Terminologie, die Themenauswahl und die eingestreuten Behauptungen der Autoren, die nicht aus «offiziellen Zahlen und Studien der Schweiz» stammen. Sie kommen zu oft im Duktus der totalitären politischen Strömungen (Critical Race Theory, Social Justice) aus den USA daher. Zitierte Quellen wie der Bericht «Rassistische Diskriminierung in der Schweiz» sind verglichen damit geradezu vorbildlich in der Präsentation von Fakten. Bedenken habe ich darin, wie die Autoren der Republik diese Fakten auswählen, in ihre Erzählung (oder soll ich sagen: ihr Narrativ?) einbetten.

Drei Beispiele:

  • «Dabei ist die Praxis, Menschen aufgrund ihrer Haut- und Haarfarbe zu kontrollieren, nichts anderes als amtlich bewilligter, strukturell begünstigter, gewaltsamer Rassismus.»
    Menschen zu kontrollieren, in der Schweiz, durch die Polizei (die Schweiz ist weiss Gott kein Unterdrückungsstaat) ist «gewaltsamer» Rassismus. Darunter geht es nicht. Nicht einfach Rassismus, nein, gewaltsam ist er. Wie können Journalisten so etwas schreiben, wenn sie nicht die Übertreibungen aus den USA in die Schweiz übertragen wollen? «Silence is violence», «White silence is violence» und viele andere Kampfbegriffe aus der Critical Race Theory klingen an.

  • «Dass diese Form rassistischer Gewalt ... negiert werde, sei ein grosses Problem ..». Man kann in dieser Meinung die Anklänge an die totalitären Argumentation der Critical Race Theory nicht übersehen. «Negieren» ist Beweis für Rassismus, die manipulative Masche aus «White Fragility» von Robin di Angelo. Eine differenzierte Einschätzung haben, ist problematisch (problematic – das bevorzugte Attribut in Critical Theories).

  • «Diese erneute Diskussion um den Schaumkuss zeige deutlich, wie stark in der Schweiz Rassismus negiert und individualisiert werde» – eine weitere Meinung von Stefanie Boulila. Wohlgemerkt: Ich stehe dafür ein, dass Frau Bulila diese Meinung haben und äussern darf, aber ich bin nicht damit einverstanden, und sie ist für mich erneut ein Zeichen dafür, dass der Artikel einem in der Tendenz totalitären Gedankengut aus den USA Vorschub leistet. Wir tun gut daran, Bestrebungen entgegenzutreten, die uns einen systemic racism einreden wollen, weil der Rassismus in der Schweiz «zu individualisiert sei».

15
/
11

Ich glaube, dass insgeheim Jede und Jeder der Leser zugeben muss, auch bei sich selbst -strengt man sich noch so an- stets wieder auf Verhaltens- und Denkmuster zu stossen, bei denen man sagen muss: „Doch. Streng genommen ist das rassistisch.“

Ich möchte gerne Ihre Meinung dazu hören: Finden Sie das grundsätzlich schlimm? Wenn man sein bestes gibt, aber dann beim Wort Afrika einfach unweigerlich an die Löwen in der Wüste denken muss, sind wir deswegen schlechte Menschen, Rassisten?
Oder zeugt es nicht einfach davon, dass wir schlussendlich eben doch nicht alle gleich sind, sondern der wahre Antirassismus die Integration und die Akzeptanz der Diversität in unserer Gesellschaft sind?

8
/
2
· editiert

Die Verbindung zwischen Ihren letzten beiden Abschnitten erschliesst sich mir nur unklar.
Gewiss ist aber: weder leben Löwen in der Wüste, noch verlaufen die Grenzen der "Diversität in unserer Gesellschaft" einfach so zwischen den beiden Kontinenten. Es wäre töricht, sich auf solchen Bildern auszuruhen, die wir – natürlich! – alle irgendwann und irgendwo mitgekriegt haben. Und ja, Bequemlichkeit in diesen Belangen finde ich grundsätzlich schlimm.

11
/
1

Die Löwen in der Sahara waren Sarkasmus, werde es das nächste mal deklarieren.

Die Verbindung ist folgende: Wenn Rassismus derart tief in unserer Gesellschaft verankert ist (davon gehe Ich aus. An dieser Stelle die ehrliche Frage: Haben Sie sich selbst noch nie dabei ertappt?), warum versuchen wir zwanghaft, uns zu verstellen? Klar, Gleichberechtigung muss herrschen, aber bei diesen kleinen Dingen, z.B. Wenn man PoC fragt, woher Sie denn kommen; Man kann diese Frage auch als Interesse an Jemandes Herkunft deuten. Ich weiss, man kann es natürlich auch anders deuten, und das Problem liegt gerade dann vor, wenn die befragte Person das tut. Aber dieser „Sockelrassismus“ wie ich ihn nennen würde, basiert ja auf der unumstösslichen Grundlage, dass wir alle unterschiedlich sind. Ich habe gerade eingesehen, dass es eine utopische Vorstellung ist, die ich da habe, aber es wäre doch viel schöner, könnten wir uns gegenseitig an unseren Unterschieden erfreuen und sie zelebrieren, anstatt mit der Dampfwalze alles und jeden gleichzureden.

13
/
4

Ich persönlich glaube, (fast) jedem von uns wurde durch Erziehung, Bildung, sozialen Umgang eine rassistisches Denken antrainiert. Ob wir Rassisten sind hängt aber von der Definitionsweise des Begriffs Rassist ab.
Ein Problem ist auch, dass viele Menschen die Definition an einem strikten Rechts-Links-Schema auslegen, bis hin zu einer Wertung in schlimmen/nicht schlimmen und guten/nicht guten Rassismus.
In einem sicher nicht böse gemeinten Beispiel weiter unten werden auch schwarze Menschen als Statisten für Selbstexperimente missbraucht, wie man es wohl mit weissen Menschen nicht machen würde, mit dem Hintergrund sich rassistische Denkweisen abzugewöhnen.
In einem anderen Beispiel wurde Menschen mit Migrationshintergrund unterstellt, sich wegen einer Überkompensation bürgerlichen Parteien anzuschliessen. Diese Aussage impliziert ja schon, dass man diesen Menschen nicht zutraut, aus eigenem freien Willen sich einer Partei anzuschliessen, einfach weil man sich mit deren Werten eher identifizieren kann.
Diese Beiträge erhielten nur positive Zustimmung und mein Hinweis wurde dahingehend durchgehend negativ gewertet. Ich persönlich hoffe jetzt einfach mal, dass dies auf den Mangel mich 'likegerecht' auszudrücken zurückzuführen ist und nicht auf das fehlende Problembewusstsein.

6
/
1

Für mich wirft Ihr Post einige Fragen auf:
1_Ich will keineswegs in Abrede stellen, dass es Rassisten gibt, die sich selbst als Linke sehen. Beispielsweise hat die Labour-Partei einige Antisemiten ausgeschlossen und der famose Herr Sarrazin ist ja immer noch Mitglied der SPD. Und es gab Ecopop, unter deren Mitgliedern sich wohl auch solche befanden, die sich selbst als Linke bezeichnen würden. Aber: können Sie linke Parteien benennen, die eine rassistische Programmatik vertreten? Rechte gibt es einige. Bis zum Gegenbeweis bleibt die links-rechts-Achse für mich in dieser Frage zwar keine strikte Richtschnur, aber doch ein Kompass.
2_Wer vertritt die Haltung, dass es einen "guten Rassismus" gebe? (Faschist*innen zählen hier nicht).
3_Ich will nicht darüber spekulieren, weshalb sich Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise der SVP anschliessen. Aber sie unterstützen damit eine Partei, welche sehr militant gegen Menschen mit Migrationshintergrund politisiert. Das wirkt auch auf mich zunächst einmal irritierend. Auch wenn sich diese Personen wunderbar mit der Wirtschafts- oder Verkehrspolitik der SVP identifizieren können: wohin blicken sie, wenn in ihrer Partei über "Ausländer" gesprochen wird?

6
/
0

das beispiel vom sohn ist hervorragend und wert, es sich ins hirni zu implantieren.

5
/
0

In dieser so wichtigen Auseinandersetzung finde ich die Gleichsetzung von Stereotypen und Rassismus schwierig. Den Löwen in Afrika mit der Buschhütte zu sehen, hoffen alle, die auf Safari gehen. So wie asiatische Touristen die Alpen in der Schweiz sehen wollen. Rassismus ist ein zu ernsthaftes Thema, um es an einem lachenden schwarzen Mann festzumachen, der sich freut, Touristen seine Naturschätze zu präsentieren.

13
/
9

Ihr Beitrag ist entlarvend: wenn Sie schreiben

Den Löwen in Afrika mit der Buschhütte zu sehen, hoffen alle, die auf Safari gehen

dann ist das eben genau die rassistische Perspektive, die es gilt zu überwinden.
Denn als Touristin, auf der Suche nach solchen "Erlebnissen", begegnen Sie diesen Menschen nicht auf Augenhöhe.

Ich empfehle Ihnen, sich mit dem Begriff des "tourist gaze" auseinanderzusetzen, bevor Sie wieder solche Aussagen machen.

8
/
4
Mathematiker in IT, Bildung und Beratung
·

Grüezi Herr Schaad

Eher zufälligerweise bin ich auf Ihre Reaktion auf Frau H. gestossen. Puhhh - neben unreflektiertem Rassismus in der Tourismusbranche gibt es offensichtlich noch anderen Reflexionsbedarf.

Meine Empfehlung an Sie: Schauen Sie doch mal im aktuell laufenden Dialog zu den Unterschieden im Beitragsverhalten zwischen den Geschlechtern rein.

Mit besten Grüssen, K.A.

1
/
0
(durch User zurückgezogen)

Ne, war klar, dass damit einer um die Ecke kommt.

4
/
1

Lächerlich, schliesslich haben wir mit "Meitschi Bei" ja bereits einen sexistischen Dessert.

0
/
5

Meischibei ist KEIN Dessert!

0
/
0

Ich habe euren Artikel erst jetzt gelesen, die Rundschau vom vorletzten Freitag aber gesehen. (Diejenige von gestern noch nicht). Ich fand sie für unser öffentlich-rechtliches TV durchaus angemessen. D.h ich stimme mit vielen Kritikern nicht überein. Es kam zum Ausdruck, dass Rassismus bei uns so allgegenwärtig wie verleugnet ist. Mir wurde bewusst, dass es sich beim thematisierten Rassismus um unseren Umgang mit dem unentrinnbaren Anderssein handelt. Mit diesem Umgang tun wir uns schon schwer zwischen den Geschlechtern. Erst recht sind wir überfordert, wenn der/die Andere einer Minderheit angehört.

6
/
3
Elia Blülle
Journalist @Republik
·

Meinen Sie die «Arena»? Die Rundschau wird nicht am Freitag ausgestrahlt.

1
/
0
Köchin
·

From out in: danke, für diesen wertvollen aufschlussreichen Bericht. Und doch, wir sind noch längst nicht da, wo wir sein sollten. Jetzt gibt es die ganze Wahrnehmung unserer doch nicht so "reinen" Geschichte. Mich interessiert viel mehr, wo stehen wir jetzt? Sind, in allen relevanten Meinungsinstitutionen people of color, was ich ja beschämend finde, dass wir diesen Begriff anwenden. Sind alle wirklich vertreten? Give it a thought.Ich mag diese Bezeichnungen nicht mehr: die wir ständig benutzen, um unsere WAS? zu manifestieren.
Es gibt: die G., Ursprung Italien und Frankreich, es gibt den Shumalei: Ursprung aus.
Mamma mia, wenn wir uns weiterhin daran festhalten, kommen wir nicht weiter.
Jump in in our vast and rich reality.

4
/
2

Wie sage ich "People of color" in deutscher Sprache?????

3
/
1

Lieber Herr H. –wie es im Glossar zum Text steht: gar nicht, da es sich um einen stehenden Begriff handelt.

3
/
1
Köchin
·

gute Frage: ich kenne einfach nur Vor-und Nachnamen, der Menschen

2
/
3
(durch User zurückgezogen)
(durch User zurückgezogen)
(durch User zurückgezogen)