Auf Biegen und Brechen kriminalisiert
Die Basler Staatsanwaltschaft sagt es selbst: Eigenhändige Gewalt kann sie dem Demonstranten nicht nachweisen. Trotzdem beantragt sie für den bislang unbescholtenen Mann eine unbedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten. Wie kommt sie dazu?
Von Yvonne Kunz, 24.05.2023
Ihnen liegt etwas am Rechtsstaat? Uns auch. Deshalb berichten wir jeden Mittwoch über die kleinen Dramen und die grossen Fragen der Schweizer Justiz.
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Demokratische Freiheiten sind hart erkämpft – und leicht verloren. Siehe Grossbritannien, wo der verschärfte «Public Order Act» seit diesem Mai das Recht auf Strassenproteste weitestgehend aushöhlt. Das Gesetz eröffnet der Polizei maximalen Spielraum bei der Wahrung der öffentlichen Ordnung: Eine Klimakleberin muss sich nicht mehr festkleben, um verhaftet zu werden; Klebstoff dabeizuhaben, reicht. Glaubt ein Polizist, eine Person in der Nähe einer Tunnelblockade könnte daran teilnehmen wollen: reicht für eine Durchsuchung. Wehrt sich die Person, drohen bis zu 51 Wochen Gefängnis.
Auch in der Schweiz sind Demonstrationsrechte – konkret die verfassungsrechtlich garantierte Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit – unter Druck. Die Genfer Stimmberechtigten beschlossen 2012, dass jede Versammlung im öffentlichen Raum bewilligungspflichtig ist. Kommt es dabei zu Ausschreitungen, haften die Organisatorinnen für die entstandenen Kosten. In Zürich steht die Abstimmung über eine Initiative der Jungen SVP für ein «Anti-Chaoten-Gesetz» bevor, mit derselben Stossrichtung. Wie der britische «Public Order Act» richtet sich der SVP-Vorschlag explizit gegen Klimaaktivistinnen und ihre Methoden.
Und in Basel hat sich an diesem 1. Mai eindrücklich gezeigt, wie unerwünscht Demonstrationen sind.
Wer solche Entwicklungen als Erosion der demokratischen Kultur, als Angriff auf die Grundrechte deutet, wird gerne verlacht. Eine Paranoikerin, wer vor uneingeschränkten Befugnissen der Polizei warnt – obwohl die Geschichte lehrt: Ungezügelte Staatsmacht ist bedrohlicher als die Störung des Alltags durch einen Protest. Autoritäre Machtstrukturen sind immer das grössere Übel als randalierende Demonstranten.
Ort: Strafgericht Basel
Zeit: Verhandlung vom 11. Mai 2023, 8.15 Uhr, Urteilseröffnung am 12. Mai 2023, 11.00 Uhr
Fall-Nr.: VT.2019.8034
Thema: Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte; Hinderung einer Amtshandlung; Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen; üble Nachrede; Beschimpfung; Verletzung von Verkehrsregeln; Diensterschwerung; Teilnahme an nicht bewilligter Versammlung
Nein, ein politischer Prozess, wie vom Beschuldigten behauptet, sei das heute nicht, sagt Staatsanwalt Camilo Cabrera. Sondern ein stinknormales Strafverfahren.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Es fällt schwer, diesen Fall nicht in den Kontext der Ereignisse rund um die «Basel nazifrei»-Demonstration vor vier Jahren zu stellen. Und da hat sich die Basler Justiz selbst in ein politisches Licht gerückt.
Die Polizei schaute weg, als am 24. November 2018 an einer Kundgebung der inzwischen aufgelösten rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) eine antisemitische Hassrede gehalten wurde. Lieber filmte sie die Gegendemonstration «Basel nazifrei», 12 Stunden 35 Minuten Material kamen zusammen. Und sie beschoss die Gegendemo mit Gummischrot – ein Ablenkungsmanöver, damit die Pnos-Anhänger den Ort sicher verlassen konnten. Natürlich eskalierte die Situation.
Auch die Staatsanwaltschaft interessierte sich nicht für den Judenhass der Pnos – der war ihr erst drei Jahre später unter medialem Druck eine Anklage wert. Derweil sie umgehend und mit grösstem Eifer über 50 Klagen gegen jene anstrengte, die gegen die Pnos demonstrierten.
Und die erstinstanzlichen Gerichte doppelten mit harten Urteilen nach. Während sich die Verfahren nun durch die Instanzen wälzen, kommt Unappetitliches zum Vorschein: heikle Absprachen unter Richtern, manipulative Videozusammenschnitte als Beweismittel, unstatthafte mediale Stimmungsmache gegen die Demonstranten durch den Präsidenten des Strafgerichts.
Diesen Januar rügte das Bundesgericht das Basler Appellationsgericht wegen Willkür und Voreingenommenheit.
Politisch aufgeladen ist die Sache somit allemal.
Die Anklageschrift von Staatsanwalt Cabrera gegen einen 31-jährigen Aktivisten, um den es hier geht, zeigt, dass die Strafverfolger an ihrer harten Gangart gegen linke Demonstrantinnen festhalten. An die zwei Dutzend zum Teil mehrfach verletzte Gesetzesbestimmungen legt der Staatsanwalt dem Beschuldigten zur Last. Es wird die passive Begehung von Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte eingeklagt. Oder dass der Beschuldigte einen Polizisten ehrverletzend als «Bullen» bezeichnet haben soll.
Die schwersten Delikte, Landfriedensbruch und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, stehen im Zusammenhang mit zwei Protestaktionen: den Anti-G-20-Randalen in Hamburg 2017 und einem Demonstrationszug vor das deutsche Honorarkonsulat in Basel gegen die türkische Militäroffensive in Afrin 2018.
Bezüglich einer 18-minütigen Blockade am Kopf der Mittleren Rheinbrücke gegen den Krieg in Rojava 2019 geht es um die Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen. Sprich: dem öffentlichen Verkehr.
Bei der 12-minütigen Strassenblockade anlässlich der Solidaritätskundgebung «Echo» zum Auftakt der «Basel nazifrei»-Prozesse um einfache Verkehrsregelverletzungen.
Betreffend die Vorfälle in Basel sind zudem Teilnahme an nicht bewilligter Versammlung, Hinderung einer Amtshandlung und Diensterschwerung eingeklagt.
Darüber hinaus geht es um einen Vorfall 2021, als sich der Beschuldigte in eine Polizeikontrolle eines Dritten einmischte und die Polizisten des racial profiling bezichtigt sowie als rassistisch beschimpft haben soll.
In der Anklage ist viel von «zusammengerotteten Haufen» zu lesen, vom «Schwarzen Block», von einem «einschlägig vorbestraften und wiederholt an gewalttätigen Demonstrationen mitwirkenden Beschuldigten». In anderen Worten: von einem dieser nervigen Krawallanten, denen es nicht um Inhalte geht, sondern um die Konfrontation mit der Polizei.
Ob diese Einschätzung stimmt, dazu ist vom Beschuldigten am Prozess nicht viel zu erfahren. Die Fragen des Gerichtsvorsitzenden Markus Hofer beantwortet der Mann nicht. Er sagt bloss: «Ja, ich bin politisch aktiv und werde es auch bleiben.» Daran würden die Einschüchterungsversuche der Basler Behörden nichts ändern.
«Ja, ich bin hässig»
Gegenüber der Republik führt er seine Ansage nach der Verhandlung weiter aus, spricht darüber, was ihn auf die Strasse treibt.
Ist es Wut?
«Ja, ich bin hässig», sagt er. «Wer diese Welt anschaut und nicht hässig ist, der hat kein Herz.» Wut sei aber nicht der Hauptmotor seines politischen Handelns.
Sondern?
«Die Welt steuert auf den Klimakollaps zu. Es herrscht unvorstellbare Ungleichheit.» Diese Krisen, ist er überzeugt, lassen sich unter den heutigen Besitzverhältnissen, im Wachstumsdiktat des Kapitalismus, nicht bewältigen. Das sei zwar vielen klar – und doch herrsche vor allem ein Gefühl der Ohnmacht. «Strassenproteste sind ein Mittel, die Ohnmacht zu durchbrechen, Hoffnung zu schaffen und Leute zu motivieren, sich politisch zu organisieren», sagt er.
Und dann?
«Gegenmacht aufbauen! Also von unten, wo wir leben und arbeiten, uns gegen die Probleme dieses Systems organisieren.» Sonst definierten nur Reiche und Mächtige den Rahmen dessen, was sinnvolle politische Praxis ist. «Wenn es illegal ist, Farbflaschen gegen eine Bank zu werfen, warum ist dann legal, was Banken machen?» Es brauche revolutionäre Veränderung, jetzt. Und die müsse feministisch sein, denn das Patriarchat würde Herrschaftsverhältnisse nur stabilisieren.
Und ja, der gesetzliche Rahmen werde enger. Überbewerten will er das Verhalten der Basler Behörden in den letzten Jahren aber nicht. Konjunkturen gebe es immer, Phasen eines repressiveren gesellschaftlichen Klimas.
Dieses Klima wird im Gerichtssaal dokumentiert. Gezeigt wird ein Videozusammenschnitt mit Bildern von Zusammenstössen zwischen Polizei und Demonstranten aus Hamburg und der «Basel nazifrei»-Solidaritätskundgebung. Das Gericht hatte dem von Strafverteidiger Andreas Noll gestellten Beweisantrag nach kurzer Beratung stattgegeben. Was auf der Leinwand zu sehen ist: Bei den Protesten der jeweils 100 bis 150 Linksaktivistinnen greift die Polizei rigoros ein.
Kontrastiert werden die Bilder mit Aufnahmen von einer Kundgebung 2021, als 1000 Fans des FC Basel gegen die Freistellung des Captains ihres Clubs demonstrierten. Die Polizei erliess eine Spontanbewilligung und liess sie gewähren.
Trotz Corona.
Und obwohl auch sie den Verkehr lahmlegten.
«Starke ideologische Gewaltbereitschaft»
Eigenhändige Gewalt, das räumt Staatsanwalt Cabrera in seinem Plädoyer mehrfach ein, könne dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden. Ein friedlicher Demonstrant sei er trotzdem nicht. Der Staatsanwalt attestiert ihm eine «starke ideologische Gewaltbereitschaft». Auf ein «subjektiv empfundenes Gefühl der Repression» reagiere er mit Militanz.
Der Mann sei an den G-20-Protesten in Hamburg gefilmt worden, und «ostentatives Mitmarschieren» genüge für eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs, sagt Cabrera. Denn damit leisteten friedliche Demonstranten «psychologische Unterstützung» für die gewalttätigen Teilnehmer, böten ihnen Rückzugsräume. Selbst wenn sich der Beschuldigte vor Ausbruch der Gewalt entfernt hätte, hätte er sich laut Staatsanwalt strafbar gemacht.
Beim Afrin-Protest 2018 in Basel wurde die deutsche Flagge verbrannt und die Polizei mit zwei Pyros beworfen. Sprayereien verursachten einen Sachschaden von 2300 Franken. Auf dem Kabelbinder, mit dem ein Transparent ans deutsche Honorarkonsulat befestigt wurde, befand sich die DNA des Mannes. Ein eindeutiger Abdruck, sagt der Staatsanwalt, das heisst: Der Aktivist war da und hat die Gewalt mitgetragen.
Dann die 18-minütige Blockade auf der Mittleren Rheinbrücke 2019: keine Lappalie! Es hätte schonendere Mittel gegeben, um den Krieg in Rojava in Erinnerung zu rufen, mahnt Cabrera. Und das Videomaterial von der «Basel nazifrei»-Solidaritätskundgebung 2020 zeige den Beschuldigten gar als «Leader-Figur mit Megafon», der die Menge mit polizeifeindlichen Parolen anstachle.
Für all das beantragt der Staatsanwalt eine unbedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten. Zum Schluss reicht er dem Gericht noch einen kleinen Stapel Fotos ein, die den Beschuldigten vor wenigen Wochen an der 1.-Mai-Demo zeigen.
Stimmt, erwidert Cabrera auf den Einspruch von Strafverteidiger Noll, die 1.-Mai-Demo sei nicht Gegenstand dieser Verhandlung. Aber die Fotos des Beklagten sprächen bezüglich der Legalprognose für sich: akute Fortsetzungsgefahr.
«Von persönlichen Vorurteilen geprägte Anklage»
Noll eröffnet sein Plädoyer mit einer Standpauke. Das Strafgericht Basel habe in den vergangenen Jahren seine wichtigste Aufgabe arg vernachlässigt: die Pflege des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats, die Wahrung der Grundrechte. Und die seien nicht irgendwelche Theorie – sondern eine Schlussfolgerung aus den Schrecken des Zweiten Weltkriegs.
Und sie gälten auch für den Schwarzen Block: «Vor dem Recht sind alle gleich.»
Zur Bedeutung von Strassendemonstrationen in einer gesunden Demokratie führt der Verteidiger aus: Sie erlauben auch sozial Schwächeren, am Wettbewerb der Ideen teilzunehmen, jenen, die nicht die Mittel haben, das Land mit Plakaten zuzukleistern oder ganze Regionen flächendeckend mit Informationspamphleten einzudecken.
Die Anklage, um die es an diesem Prozess geht, hält Andreas Noll für exzessiv. Sie zeuge vor allem von persönlichen Vorurteilen des Staatsanwalts.
Erstens sei der Beschuldigte, anders als Cabrera behaupte, nicht vorbestraft. Die laut Staatsanwalt «nicht kontaminierte DNA» auf dem Kabelbinder sei, zweitens, ein Mischprofil. Und drittens habe der Staatsanwalt bezüglich des Straftatbestands «Hinderung einer Amtshandlung» einen krass überhöhten Strafantrag gestellt: zwei Monate Freiheitsstrafe. Im Gesetz sei als Strafobergrenze eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen vorgesehen.
Für den Verteidiger widerspricht diese Anklage – einmal mehr – der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR): Friedliche Demonstranten mit einer klaren politischen Message geniessen einen umfassenden Schutz durch die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit.
Dies gelte laut EGMR auch dann, wenn es zu Randalen komme, so Noll. Dann seien Gerichte gehalten, zu differenzieren: Geht es um vereinzelte Gewalt – oder ist die ganze Versammlung als gewalttätig einzuordnen? Und selbst im letzteren Fall sei gemäss der Strassburger Instanz gegen Teilnehmende, denen keine Gewaltausübung nachgewiesen werden könne, nur dann ein Verfahren zu führen, wenn die Demonstration keinen politischen Inhalt habe.
In Hamburg, erinnert Noll, wurde gegen obszönen Reichtum und die Ausbeutung des Globalen Südens demonstriert.
Vor dem deutschen Konsulat und mit der Brückenblockade in Basel gegen das Vergessen von äusserst gewaltvollen Kriegen. An der «Basel nazifrei»-Kundgebung für faire Verfahren.
Ob für einen Protest eine Bewilligung vorliege, spiele eine untergeordnete Rolle – es gehe um eine Meldepflicht. Er habe gesucht und kein einziges Kriterium dafür gefunden, wie die Basler Polizei über die Erteilung von Bewilligungen entscheide; das führe eine Bewilligungspflicht ad absurdum.
Und 10 oder 20 Minuten Verspätung im öffentlichen Verkehr? Das müsse ein demokratischer Rechtsstaat ertragen, wenn politische Anliegen auf die Strasse getragen würden, sagt Andreas Noll. Alles unter fünf Stunden sei durch die Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt. Ab dann könne die Polizei unter gewissen Umständen eine Demonstration auflösen.
Aber danach Teilnehmende kriminalisieren, die nicht erwiesenermassen Gewalt gegen Personen und Sachen verübt hätten? Nein. Doch genau das sei die Tendenz in der Schweiz, stellt Noll zusammenfassend fest. Da sei dringend eine Kurskorrektur angezeigt.
Er fordert einen vollumfänglichen Freispruch für seinen Mandanten.
Auch für die Sache mit der Polizeikontrolle. Dazu sagt der Verteidiger: Strukturellen Rassismus gäbe es, rassistisches Verhalten der Polizei sei gut dokumentiert. Und der Ausdruck «Bullen» sei nicht ehrverletzend, sondern umgangssprachlich.
«Er hat den demokratischen Boden verlassen»
Volles Haus zur Urteilseröffnung am Tag danach. Dabei hatte nicht mal die Hälfte aller Sympathisantinnen, die sich vor dem Gerichtsgebäude eingefunden hatten, Platz im Saal, um den Beschuldigten zu unterstützen.
Dieser weigert sich, für die Urteilseröffnung aufzustehen. Gerichtspräsident Markus Hofer nimmts zur Kenntnis.
Er beginnt mit generellen Anmerkungen. Einerseits, dass es sich hier nicht um einen politischen Prozess handle, sondern um einen Strafprozess. Anderseits, dass das Recht auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit dort ende, wo die Grundrechte anderer betroffen seien.
Zu einem Schuldspruch wegen Landfriedensbruchs gelangt das dreiköpfige Gerichtsgremium hinsichtlich der G-20-Proteste in Hamburg. Der Sachverhalt sei durch Videoaufnahmen erstellt. Es sei gut erkennbar, dass es dort einzig um Krawall gegangen sei. Es habe eine gewalttätige Grundstimmung geherrscht.
«Da hat der Beschuldigte den demokratischen Boden verlassen», so der Gerichtspräsident.
Bezüglich der Afrin-Demo in Basel sieht das Strafgericht hingegen weder einen Landfriedensbruch noch eine Drohung und Gewalt gegen Behörden und Beamte als erwiesen. Zum einen sei der Aktivist bei der polizeilichen Identifikation verwechselt worden. Zum anderen handle es sich bei der DNA-Probe tatsächlich um ein Mischprofil – ein Indiz, kein Beweis.
Ein Schuldspruch ergeht auch wegen Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen. Mit der Brückenblockade gegen den Krieg in Rojava habe der Aktivist eine erhebliche Störung des öffentlichen Verkehrs verursacht, ein halbes Dutzend Tramlinien seien betroffen gewesen. «Das geht über ein duldbares Mass hinaus», sagt der Richter.
Auch bei der «Basel nazifrei»-Solidaritätsdemo habe er sich unnötig lange auf der Fahrbahn aufgehalten – doch es bleibt bei einem leichten Verstoss. Statt der einfachen Verkehrsregelverletzung wird er der Übertretung der Verkehrsregelverordnung schuldig gesprochen.
Die blosse Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration, hält das Gericht klar fest, sei nicht strafbar – und spricht den Aktivisten bezüglich dieser Vorwürfe in allen Punkten frei.
Schuldig gesprochen wird der Mann im Zusammenhang mit den Protesten in Basel dennoch, weil er aktiven Widerstand gegen Polizeikontrollen geleistet habe: Hinderung einer Amtshandlung und Diensterschwerung. Letzteres gilt auch für seine Intervention gegenüber der Polizeikontrolle; in dieser Sache wird er wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt.
Die Sanktion: eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 40 Franken bei einer Probezeit von vier Jahren und eine Busse von 1800 Franken für den Verstoss gegen die Verkehrsregelverordnung. Zudem werden ihm Verfahrenskosten in Höhe von 6800 Franken sowie eine Urteilsgebühr von 2200 Franken auferlegt.
Illustration: Till Lauer