Mittwoch, 22. März
Der Fahrdienst Uber behauptete jahrelang, seine Fahrer seien selbstständig erwerbend. Das höchste Schweizer Gericht sieht das anders.
«Lieber sterbe ich hier auf der Stelle, als dass ihr mir ein Uber bestellt», sagte neulich ein Anwalt in Zürich, der wegen eines Schwindelanfalls schleunigst nach Hause befördert werden musste. Eine konsequente Haltung, die längst nicht alle teilen.
Der Fahrdienst war 2009 in San Francisco gegründet worden und hat sich in Zehntausende Städte ausgebreitet, seit 2013 gibt es ihn auch in der Schweiz. Doch dem Fahrdienst, der rund um den Globus als ausbeuterisches Dumping-Unternehmen angeprangert wird und gegen den Taxifahrer und Gewerkschafterinnen auf der Strasse demonstrieren, gehts immer mehr an den Kragen. In vier heute veröffentlichten Urteilen sagt das Bundesgericht klipp und klar, dass die hierzulande tätigen Uber-Gesellschaften AHV-Beiträge für die angeschlossenen Fahrer zahlen müssen. Der Fahrdienst wird verpflichtet, der Sozialversicherungsanstalt mitzuteilen, welche Löhne welchen Fahrerinnen ausbezahlt wurden und welche Unkosten die Angestellten zu tragen hatten.
Diese neuesten Urteile betreffen den Kanton Zürich. Das höchste Gericht hält darin fest, warum die Uber-Fahrer als unselbstständig Erwerbstätige einzustufen seien: weil ihnen der Arbeitgeber weitreichende Weisungen erteilt und deren Einhaltung über die App auch kontrolliert. Weil in wesentlichen Arbeitsbereichen ein Unterordnungsverhältnis besteht. Und weil die Fahrerinnen praktisch kein wirtschaftliches Risiko tragen.
Ähnlich hatte das Bundesgericht bereits im Juni 2022 entschieden, damals ging es in zwei Urteilen um den Kanton Genf. Und die Message war unmissverständlich: Die in Genf tätigen Uber-Fahrer sind Angestellte. Das trifft auch auf die Kurierinnen zu, die für «Uber Eats» unterwegs sind. In Genf war es die Wirtschaftspolizei, die darauf pochte, dass sich Uber an die gesetzlichen Pflichten hält, den sozialen Schutz der Fahrerinnen gewährleistet und die «branchenüblichen Arbeitsbedingungen» respektiert. Er habe geweint vor Freude, sagte der Genfer Taxifahrer Mohammed Gharbi nach Bekanntwerden dieser Entscheide der Gewerkschaftszeitung «work». Und: Nun habe er wieder «Zeit zum Leben».
Die neuesten Uber-Urteile des Bundesgerichts betreffend den Kanton Zürich: 9C_70/2022, 9C_71/2022, 9C_75/2022, 9C_76/2022.
«Shoot all the analysts», schrieb die «Financial Times» im März 2001 nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Später fand sie das zwar «a rather dramatic over-reaction», aber gesagt ist gesagt, finden wir.
Friedrich Dürrenmatt schrieb nicht nur Prosa und Theaterstücke, er malte auch. Er selbst sagte zwar, er sei kein Maler. «Ich male technisch wie ein Kind, aber ich denke nicht wie ein Kind. Ich male aus dem gleichen Grund, wie ich schreibe: weil ich denke.»
Am 4. April 2023 findet die nächste Generalversammlung der Credit Suisse statt. Falls sie tatsächlich so stattfindet, wird es die letzte sein.
Was Dürrenmatt darüber wohl denken würde?
Friedrich Dürrenmatt, «Letzte Generalversammlung der Eidgenössischen Bankanstalt», 1966, Öl auf Leinwand, 72 × 60 cm. Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel CDN / Schweizerische Eidgenossenschaft
Dann möchten Sie die Republik vielleicht besser kennenlernen. Das Angebot: Testen Sie uns. Für 21 Tage, kostenlos und unverbindlich.
Wir bleiben bei Krisen und ihren drastischen Konsequenzen.
In Interlaken hat der Weltklimarat IPCC am Montag seinen neusten Abschlussbericht veröffentlicht. Dieser zeigt, dass die Klimakrise bereits weit fortgeschritten ist und die drastischen Auswirkungen auf das Ökosystem nur noch mit tiefgreifenden Massnahmen eingedämmt werden können.
Sie wollen mehr über die Ergebnisse erfahren? Das sind die wichtigsten deutschsprachigen Einordnungen zum neuen Bericht:
Die ganze Schweiz diskutiert über die Credit Suisse, die Verantwortlichen des Fiaskos und die Rolle der Politik. Im April debattiert das Parlament darüber.
Für eine ausserordentliche Session muss ein Viertel der Mitglieder von National- oder Ständerat zustimmen. Auch der Bundesrat kann eine einberufen. Im Fall der Credit Suisse ist das zwar formell noch nicht passiert. Weil die SP, die Grünen, die Grünliberalen, die Mitte und die FDP bereits signalisiert haben, dass sie das kurzfristige Zusammentreffen der Räte verlangen werden, ist klar: National- und Ständerat werden in der Osterwoche debattieren, welche politischen Schlüsse aus dem Untergang der CS zu ziehen sind.
Es wird erst die dritte ausserordentliche Session seit 2000 sein, die separat durchgeführt wird – also nicht im Anschluss an eine ordentliche Parlamentssession: 2001 trafen sich die Räte, um über die Swissair-Finanzierung zu diskutieren, 2020 ging es um die Bewältigung der Covid-Krise. Zu ausserordentlichen Sessionen fand sich das Parlament auch 1914 und 1939 im Bundeshaus ein, zu Beginn der Weltkriege. Beide Male tat es das aber auf Geheiss des Bundesrats. Die beiden Kammern diskutierten damals über Sondervollmachten und wählten einen General. Eine an eine Session angehängte ausserordentliche Session gab es zuletzt im vergangenen September, als ein dringlicher Kredit für die Elektrizitätswirtschaft zu bewilligen war.
Welche Lehren ziehen die Parteien aus dem CS-Debakel? Eine gute Übersicht bietet der «Blick».
Ihre Crew der Republik
Republik AG
Sihlhallenstrasse 1
8004 Zürich
Schweiz