An die Verlagsetage

Werbung für ein Magazin ohne Werbung

Die Republik ist werbefrei. Werbung in eigener Sache macht sie aber schon. Muss das sein?

Von Lucia Herrmann, 15.03.2023

Vorgelesen von Jonas Gygax
0:00 / 11:37
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Einen Bundesrat in Handschellen sieht man nicht alle Tage. Das Bild von Alain Berset, das vor einem Monat auf mehreren Schweizer Nachrichten­portalen erschien, erzeugte maximale Aufmerksamkeit. Es war ein Fake. Und eine Anzeige, die über das Google-Ad-Netzwerk ausgespielt worden war. Wer drauf­klickte, landete auf einer dubiosen Seite.

Solch schwerwiegende Fälschungen sind glücklicher­weise selten. Aber Werbung, die sich als redaktioneller Inhalt tarnt, ist in der Schweizer Medien­landschaft nicht ungewöhnlich. Sogenannte «Native Ads» lassen sich nur schwer von regulären Artikeln unterscheiden – sie ahmen deren Aussehen und Stil nach, mit einem kleinen, aber bedeutenden Unterschied: Diese Beiträge sind interessen­geleitet. Sie zielen darauf ab, das Handeln der Leserin zu beeinflussen.

Werbung muss nicht unbedingt irreführend oder täuschend sein. Wenn Ihnen beim Lesen einer Reportage klar deklarierte Anzeigen für Topf­pflanzen, Energydrinks und Handy­abos präsentiert werden, dann ist das oft auch einfach nur nervig.

All das werden Sie bei der Republik nicht sehen. Schliesslich sind wir ein werbe­freies Magazin.

Eigenwerbung machen wir aber durchaus.

Vom Crowdfunding zum Marketing

Werbung war sogar das Allererste, was wir machten. Noch bevor es die Republik überhaupt gab, rührten ein paar Wagemutige die Werbe­trommel und sammelten Geld. Damit sicherten sie die finanzielle Grundlage für das künftige, noch zu bauende und zu produzierende Magazin.

Als die Republik dann online ging, gab es viel zu tun. Das Versprechen, relevanten Journalismus zu machen und für die Medien­vielfalt zu kämpfen, musste schliesslich eingelöst werden. Der beste Journalismus bringt nichts und bewirkt nichts, wenn niemand davon erfährt. Wir hatten zwar unsere Kanäle: die Newsletter, das Magazin, die App, Social Media. Aber für eine Steigerung unserer Reichweite brauchte es mehr.

Plakat der Sommer-Kampagne 2020. Nick Lobeck

Also liessen wir uns von Marketing­fachleuten beraten und entwarfen gemeinsam mit ihnen eine grosse Plakat­kampagne. Die Überlegungen dahinter haben wir Ihnen im November 2019 ausführlich geschildert. Am Ergebnis fanden Sie mehrheitlich Gefallen: Es sei cool, komme schlicht und klar daher und sei von der Anlage her sinnvoll. Einigen war es aber zu farblos oder zu offline. Auf jeden Fall zeigte die Kampagne Wirkung: In der Folge kamen neue Leute an Bord.

Wir entschieden, weiter Werbung zu machen. Damit die Republik bekannter wird (oder nicht in Vergessenheit gerät) und unsere journalistischen Inhalte möglichst viele Menschen erreichen. Dazu hängen wir nicht nur grosse weisse Schriftzüge auf schwarzem Hintergrund an Bushalte­stellen, in Trams und an Litfasssäulen. Wir betreiben auch Marketing.

Quantität und Qualität

«Marketing» ist ein Begriff, der oft kritisch gesehen wird. Schon 2019 warnte eine Verlegerin im Dialog vor «Marketing-Gebrabbel», und eine andere machte sich bei der Lektüre des letztjährigen Geschäftsberichts Sorgen, ob sich die Republik «vermarkte»:

Bei der Republik zählt nebst Qualität durchaus auch Quantität, unser Magazin ist schliesslich leserinnen­finanziert. Unser Produkt ist Journalismus, und wenn der nichts taugt, dann kann auch die raffinierteste Werbung nichts bewirken. Mit anderen Worten: Wir müssen Sie regelmässig begeistern. Und je mehr Leute wir überzeugen, unsere Arbeit zu unterstützen, umso mehr Ressourcen stehen uns für ebendiese Arbeit zur Verfügung.

Wie genau werben wir? Wir schalten online Anzeigen, die auf unser Magazin und unsere Publizistik hinweisen. Dabei stellen wir sicher, dass unsere Werbung nicht an Orten gezeigt wird, die unseren Werten widersprechen (in diesem Punkt haben wir dazugelernt). Wir bezahlen auch dafür, dass Leute, die nach der Republik suchen, diese auf den ersten Blick finden: Wer bei einer bekannten Suchmaschine «Republik Magazin» eingibt, sieht als erstes Suchresultat eine Anzeige, die auf unsere Seite und auf unsere Abo-Angebote verlinkt.

Vor allem aber verbreiten wir unsere journalistischen Inhalte: Alle Republik-Beiträge sind frei teilbar. Wenn Sie etwa dieses Justizbriefing mit Ihrem alten Schul­freund besprechen möchten, der gerne mit Billig­fliegern um die Welt jettet, dann können Sie ihm einfach den Link zu diesem Text schicken. Er kann den gesamten Beitrag lesen, ohne sich irgendwo anmelden zu müssen. Bei der Lektüre wird er durch zwei Banner darauf hingewiesen, dass es die Republik gibt und wie er den Journalismus, den er gerade liest, unterstützen könnte.

Damit auch Leute unsere Beiträge kennenlernen, die nicht mit Ihnen befreundet oder in Kontakt sind, spielen wir ausgewählte Republik-Beiträge auf unseren Social-Media-Kanälen aus – über unsere Facebook-Seite, auf Instagram, auf Twitter, Mastodon oder Linkedin. Dabei arbeiten wir mit einer Agentur zusammen, die diese Inhalte punktuell bewirbt, damit sie mehr Menschen in ihrer Timeline zu sehen bekommen.

All diese Marketing­massnahmen sind nicht ungewöhnlich. Was bei der Republik aber immer wieder Anlass zu Diskussionen gibt, ist folgendes Dilemma: Mit dieser Art von Online-Werbung können wir mit wenig Aufwand viele interessierte Menschen erreichen (und potenzielle neue Abonnentinnen gewinnen). Gleichzeitig fliesst dabei Geld von uns an Firmen, über die wir regelmässig berichten und deren Arbeitsweise wir immer wieder kritisieren – namentlich Google und Meta. Ist das vertretbar? Für den Moment zumindest kommen wir zum Schluss, dass wir es uns nicht leisten können, ganz auf diese Werbe­kanäle zu verzichten.

Umso wichtiger ist uns, dass etwas nicht an diese Firmen fliesst: Ihre Daten.

Was wir über den Effekt unserer Werbung (nicht) wissen

Wer wirbt, möchte etwas auslösen. Doch ob eine bestimmte Werbe­massnahme die angepeilten Leute erreicht und zum angestrebten Ziel führt, ist für die Werbenden nicht immer eindeutig nachvollziehbar. Plakat- und Print­werbung ist eine Art Blindflug.

Bei Online-Werbung sieht die Situation etwas anders aus. Die Werbe­industrie hat sich in den letzten Jahrzehnten darauf spezialisiert, das Verhalten von Nutzern im Netz systematisch nachverfolgbar zu machen. Und einen Wunsch der Werbenden zu erfüllen: Effizienz.

Möglich ist das, da wir alle im Internet jede Menge Spuren hinterlassen und es spezielle Code-Schnipsel gibt, sogenannte Pixel, die es ermöglichen, unsere Spuren zu sammeln – mit freundlicher Unterstützung von Meta, Google und Co. Und das geht so: Ein Fitness­studio baut auf seiner Website ein Meta-Pixel ein. Wenn jemand dort einen Yogakurs bucht oder ein Trainingsabo kauft, dann zeichnet Meta das auf und füttert die so zusammen­kommenden Daten an seinen Algorithmus. Der «lernt», wer die Kunden des Fitness­studios sind, und spielt die Werbung des Fitness­studios auf Facebook oder Instagram gezielt denjenigen Leuten aus, die am wahrscheinlichsten dafür Geld ausgeben werden.

Es ist eine Dienstleistung, die von Unternehmen rege genutzt wird. Und auf der Metas Geschäfts­modell aufbaut. Die Daten über die Leute, die Yoga oder Kraft­training betreiben, wandern nämlich vom Fitness­studio zu Meta und Meta macht damit Geld. Etwa, indem es Nutzerinnen­profile erstellt (Menschen, die regelmässig ins Kraft­training gehen, kaufen auch Tickets für ein Beyoncé-Konzert, interessieren sich für vegane Suppen­rezepte und engagieren sich in einem Garten­verein) und diese an weitere Kunden (Versicherungen, Hobby­märkte) verkauft. Den Betroffenen ist oft gar nicht bewusst, dass sie ausspioniert werden.

Weil wir diese Praxis höchst problematisch finden, nutzen wir bei der Republik diese Pixel nicht und geben Ihre Daten nicht weiter. Um zu beurteilen, ob unsere Werbung etwas bringt, werten wir anonym aus, woher die Zugriffe auf unsere Inhalte kommen. Wie viele Menschen etwa über unsere App, über Facebook oder über eine Online-Anzeige zur Republik gelangen – und wir stellen fest, falls ihr Weg direkt zum Kauf eines Abos führt. Zudem beobachten wir, wie sich unsere Verkaufs­zahlen entwickeln, während bestimmte Werbe­massnahmen laufen (diese Zahlen sehen Sie im Cockpit).

Verleger und Mitstreiterinnen

Zum 5-Jahr-Jubiläum haben wir nun etwas Neues auf die Beine gestellt. Es ist ein Experiment: ein besonderes Abonnement, das Sie als Verlegerin mit einer Jahres­mitgliedschaft bis zu 5 Menschen in Ihrem Umfeld ermöglichen können. Wenn Sie unseren Newsletter abonniert haben, dann ist Ihnen das alles schon wohlbekannt.

Dahinter stecken zwei Überlegungen:

  1. Bestehende Verleger sind unsere beste Werbung: Sie sind Expertinnen, sowohl was die Republik angeht als auch die Menschen in ihrem Umfeld. Sie wissen, wem die Republik nützlich sein könnte – und können das dieser Person auch erklären.

  2. Der Preis soll keine Hürde für eine grosse und vielfältige Community sein: Bei dem nur kurze Zeit verfügbaren Abonnement können die von Ihnen vermittelten Menschen den Preis selber festlegen. Einen Grund müssen sie dafür nicht angeben.

Bis zum Abend des 14. März 2023 haben 1168 Verlegerinnen insgesamt 2142 Mitstreiter an Bord geholt.

Die Kampagne läuft noch wenige Tage. In Kürze werden wir Ihnen erzählen können, wie das Ergebnis aussieht und was wir daraus lernen.

Bis dahin interessiert uns: Wo sind Sie der Republik zum ersten Mal begegnet? Was hat Sie davon überzeugt, was gab den Ausschlag, an Bord zu kommen und in unseren Journalismus zu investieren? Und aktuell: Womit überzeugen Sie potenzielle Mitstreiter?

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