Dienstag, 14. März
Eigentlich war es ein mieterfreundliches Gesetz – bis gewiefte Geschäftsmänner es so drehten, dass sie damit sehr viel Geld verdienen konnten.
Wenn Sie im Kanton Genf einen neuen Mietvertrag unterzeichnen, muss der Vermieter Ihnen mitteilen, wie viel Ihre Vormieterin für die Wohnung bezahlte. Das soll helfen, Mietzinserhöhungen transparent zu machen und im Rahmen des Erlaubten zu halten.
Einen Weg, solche «Unannehmlichkeiten» zu umgehen, fanden der Immobilienverwalter und frühere Genfer Grossrat Ronald Zacharias und sein Geschäftspartner. Wurde eine Wohnung frei, setzten sie kurzerhand einen gefälschten Zwischenvertrag auf und erhöhten die Miete signifikant (von 886 Franken auf 2000 Franken pro Monat zum Beispiel). Einen tatsächlichen Mieter gab es nicht, die Wohnung stand einige Wochen leer. Bevor die nächste Mieterin den Vertrag unterzeichnete, erhöhten sie nochmals, diesmal aber nur leicht. Die neue Mieterin sah dann bei ihrem Abschluss des Vertrags eine – gegenüber dem Zwischenvertrag – nur leichte Erhöhung des Mietzinses; de facto bezahlte sie sehr viel mehr als der Vormieter. Diese Praxis hatte unter anderem RTS vor gut zwei Jahren aufgedeckt. Der Fall landete bei der Staatsanwaltschaft, die bereits wegen anderer Hinweise Ermittlungen aufgenommen hatte.
Vorletzte Woche nun wurden Ronald Zacharias und sein Partner zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Damit ist der Fall aber noch nicht zu Ende.
Denn Zacharias war anscheinend nicht der Einzige, der auf die Idee kam, die Mieten künstlich aufzublasen. Asloca, der Mieterinnen- und Mieterverband in der Romandie, schreibt in einer Mail an seine Mitglieder von Hunderten ihm bekannten Fällen mit sieben involvierten grossen Immobilienagenturen. Asloca will Genfer Mietverträge deshalb nun systematisch auf die Betrugsmasche überprüfen.
PS: Die Zeitschrift «Bilan» bezifferte das Vermögen von Ronald Zacharias 2019 auf 200 bis 300 Millionen Franken.
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Gestern veröffentlichte das Bundesgericht seinen Jahresbericht. Daraus geht hervor: 2022 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieben Urteile zur Schweiz gefällt – und sieben Mal Menschenrechtsverletzungen festgestellt.
Am 29. März werden die Klimaseniorinnen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg darlegen, warum – ihrer Meinung nach – die Schweiz zu wenig für den Klimaschutz tut. Und damit das Recht auf Gesundheit verletzt. Der Vertreter der Schweiz wiederum wird den 17 Richtern der Grossen Kammer die gegenteilige Ansicht erläutern: dass die kleine, reiche Möchtegern-Musterdemokratie (das wird er kaum so sagen, aber stimmen tuts trotzdem) ihren Pflichten sehr wohl nachkomme. Die Menschenrechte der Klägerinnen achte und schütze, die notwendigen Massnahmen eingeleitet habe.
Strassburg behandelt regelmässig Fälle aus der Schweiz, die Klimaseniorinnen sind kein Einzelfall. Letztes Jahr sind 257 hiesige Beschwerden eingegangen, ein Jahr zuvor waren es sogar 273. Diese Zahlen hat das Bundesgericht in seinem jüngsten Geschäftsbericht publiziert. Was von besonderem Interesse ist: 2022 hat der EGMR 7 Urteile gefällt – und sieben Mal Menschenrechtsverletzungen der Schweiz festgestellt. Es ging, unter anderem, um Folgendes:
Wer nun ab dem 29. März gespannt auf das Urteil aus Strassburg in Sachen Klimaseniorinnen wartet, wird sich in Geduld üben müssen. Mit einem Entscheid ist frühestens Ende Jahr zu rechnen.
Nicht nur die Klimaseniorinnen setzen sich fürs Klima ein, auch die Anwältin Roda Verheyen kämpft seit Jahren für einen besseren Klimaschutz.
Roda Verheyens Engagement fürs Klima besteht darin, besonders betroffene Einzelpersonen und Gruppen vor Gericht zu vertreten. Das geht unter anderem, weil sich in Deutschland jede Bürgerin, die sich durch ein Gesetz in ihren Grundrechten verletzt sieht, an das Bundesverfassungsgericht wenden kann.
Gibt es die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde auch in der Schweiz? Nur bedingt. Es sei eine «überaus komplexe Frage», schrieb Gerichtsreporterin Brigitte Hürlimann im Dialog zum Gespräch mit Verheyen. Und sie fragte in die Runde: «Vielleicht meldet sich noch eine andere, fachkompetente Verleger:in?»
Gefragt, getan: Es folgte eine hilfreiche Übersicht in Sachen schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit. Wir bedanken uns für die Zeit der Verlegerin und empfehlen die Lektüre des ganzen Dialog-Beitrags.
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