Donnerstag, 2. März 2023

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Der Schweizer Historiker Raphael Gross wird die Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus überprüfen.

aus dem Archiv

Ein Experte für die Bührle-Blackbox

Der Skandal um die ins Kunsthaus eingezogene Bührle-Stiftungs­sammlung hält Zürich seit Oktober 2021 in Atem.

Jetzt hat der von Stadt und Kanton eingesetzte runde Tisch bekannt gegeben, welche Fachperson das Mandat übernehmen soll, die Herkunft – im Fachjargon die Provenienzen – der Werke in der Bührle-Sammlung zu überprüfen. Es besteht der Verdacht, dass eine Reihe von Gemälden aus jüdischem Besitz stammen und nur aufgrund der Nazi-Verfolgung von Emil Bührle erworben werden konnten.

Die Neubeurteilung der bisherigen Bührle-Provenienz­forschung soll nun Prof. Dr. Raphael Gross anvertraut werden. Der gebürtige Zürcher ist Historiker, Präsident des Deutschen Historischen Museums in Berlin und ausgewiesener Kenner des Themen­bereichs. Eine gute Wahl!

Wer sich ein Bild machen will, wie gross der Handlungs­bedarf und wie zweifelhaft die bisherige Bührle-Provenienz­forschung ist, kann das im Republik-Artikel «Die Bührle-Blackbox: Aufklärung unerwünscht» nachlesen.

Die Bührle-Blackbox: Aufklärung unerwünscht

Die Bührle-Stiftung verweist gerne auf ihre aufwendige Herkunfts­forschung, die sie für die Kunst­sammlung des Kanonen­königs betreibt. Doch wie seriös ist diese Forschung? Serie «Bührle-Connection», Teil 2.

Am Mittwoch berichtete Redaktorin Adrienne Fichter über den Rechtsstreit zwischen Sony und der Internet­stiftung Quad 9. Heute hat das Landgericht Leipzig in der Sache geurteilt.

Update

The Bitter Truth

«Im Namen des Volkes» steht oben auf der ersten Seite des Urteils des Landgerichts Leipzig im Fall Sony versus Quad 9, das der Republik vorliegt. Doch ob hier wirklich im Sinne des Volkes und nicht eher im Interesse der Profit­maximierung eines Gross­konzerns entschieden wurde, scheint fraglich.

Das Landgericht hat die Stiftung Quad 9, einen sogenannten DNS-Resolver, wegen Urheberrechts­verletzung verurteilt. Das heisst: Die Schweizer Internet­stiftung muss weiterhin zwei Musik-Piraterie­plattformen für deutsche Nutzerinnen sperren. Sonst drohen 250’000 Euro Geld- oder gar Freiheitsstrafen.

Das Urteil ist brisant. Die Richterinnen begründen den Entscheid damit, dass ein DNS-Resolver es erst ermöglicht, eine Website aufzufinden. Gleich hat schon das Landgericht Hamburg argumentiert. Doch Leipzig geht sogar noch weiter und verlangt neu auch Vorsorge­pflichten. Quad 9 muss künftig also sogar aktiv verhindern, dass Websites mit Musik-Piraterie-Inhalten erreichbar sind.

Das widerspricht der Funktions­weise eines DNS-Resolvers diametral. Denn der stellt lediglich einen Teil der Internet­infrastruktur dar und funktioniert neutral. Man könnte fast meinen, die Leipziger Richter hätten noch nie im Leben einen Browser geöffnet.

Hinzu kommt: Das Gericht ignoriert die EU-Gesetz­gebung, die ab 2024 Ansprüche bei DNS-Resolvern schützen will. Und es befürwortet sogar globale Zensur. Quad 9 argumentiert, dass die lokale Sperre der Websites für Deutschland einen grossen Kosten­aufwand bedeutet. Das Leipziger Gericht findet deshalb, die Stiftung solle die Piraterie­plattformen doch gleich global sperren.

Die Judikative masst sich dabei an, für die gesamte Welt zu sprechen: «Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internet­nutzer auf Zugriff auf diese Website mit offensichtlich ausschliesslich illegalen Angeboten ersichtlich.»

Klar ist: Das Verfahren ist hier nicht zu Ende. Die Stiftung Quad 9 muss jetzt Kräfte sammeln und finanzielle Unterstützung organisieren, um das Urteil weiterzuziehen. Von den Gerichts­kosten von 100’000 Euro gehen laut Urteils­schrift 80’000 Euro zu ihren Lasten. Sie wird das weitere Vorgehen noch kommunizieren.

Fun Fact: Das von Sony herausgegebene Album, um das hier so leidenschaftlich gestritten wird, weil es auf den Piraterie-Websites verfügbar ist, stammt von der Band Evanescence. Der Albumtitel lautet: «The Bitter Truth».

Wie Sony die Internet-Freiheit bedroht. Und wie eine Schweizer Stiftung dagegen kämpft

Ein deutsches Gericht befindet heute über die Klage des Unterhaltungsgiganten Sony gegen die Schweizer Stiftung Quad9. Der Ausgang des Verfahrens könnte Folgen für die ganze Welt haben.

Zur Auflockerung: Fische-Skills.

Kinderfrage

Können Fische klettern?

Die Stärke der Fische ist nun mal das Schwimmen und nicht das Klettern. So viel ist klar. Aber manchmal muss man den Weg ins Unbekannte wagen und etwas tun, wofür man eigentlich nicht geschaffen ist. Denn wo wäre die Welt hingekommen, wenn Fische nie das Wasser verlassen hätten? Eben.

Was damals, vor etwa 360 Millionen Jahren, abging, können wir heute nur erahnen. Möglicherweise sah es ähnlich aus wie das, was die Schlammspringer heute machen. Das sind Fische, die tatsächlich klettern können. Sie leben in den Mangroven­sümpfen Südost­asiens oder Westafrikas und führen dort ein Doppel­leben unter und über Wasser. Bei Flut klettern sie gern auf die Wurzeln der Mangroven.

Ihre Brustflossen nutzen die Schlamm­springer dabei wie Arme – manche sagen auch: wie Gehstöcke –, um sich vorwärtszuhieven. Einige Arten halten sich zudem mit ihren Bauchflossen beim Klettern fest. Und soll es mal schneller gehen, katapultieren sie sich mit der Schwanz­flosse nach vorne.

Schlammspringer haben übrigens neben dem Klettern noch einen Trick auf Lager: Ihre Augen können sie getrennt voneinander um 360 Grad drehen. Das verschafft ihnen einen Panorama­blick und den wissenschaftlichen Namen Periophthalmus, zu Deutsch Rundumauge.

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Sind Mitarbeitende der privaten Asylfirma ORS wie Beamte zu behandeln, weil sie staatliche Aufgaben wahrnehmen? Das musste das Bundes­gericht entscheiden. Mit Konsequenzen für die Strafbehörden.

Weniger Privilegien für die ORS

Folgendes ist passiert: Im Mai 2020, kurz nachdem der Lockdown in der Corona-Pandemie aufgehoben worden war, hat der renommierte Zürcher Anwalt Marcel Bosonnet im Namen von acht abgewiesenen Asyl­bewerbern eine Straf­anzeige erstattet.

Es ging unter anderem um Körper­verletzung, Nötigung und vorsätzliche Widersetzung gegen die Covid-Verordnung des Bundes. Er beschuldigte Behörden und die Asylfirma ORS, sie hätten die Asyl­suchenden zu wenig vor dem Corona­virus geschützt. Für Aufregung sorgte die Anzeige, weil sie sich nicht nur gegen die Kader der ORS richtete, sondern auch gegen den Zürcher Sicherheits­direktor Mario Fehr und seine Chef­beamtinnen.

Der Fall schien schnell erledigt. Denn Fehr genoss magistralen Schutz. Das Parlament verweigerte der Staats­anwaltschaft die Ermächtigung, gegen den beliebtesten Regierungsrat im Kanton Zürich zu ermitteln.

Ursprünglich wurde diese Hürde geschaffen, um höchste Exekutiv- und Justiz­organe vor mutwilliger Straf­verfolgung zu schützen und damit das Funktionieren des Staats zu gewährleisten. Lange profitierten aber auch einfache Beamte, später Staats­angestellte und schliesslich auch private Firmen im Dienst des Staats von diesem erhöhten Schutz vor Straf­verfolgung. So mussten in einigen Kantonen Staats­anwälte um eine Ermächtigung bitten, wenn sie beispielsweise gegen prügelnde Sicherheits­männer in Asyl­unterkünften vorgehen wollten.

Das wird sich in Zukunft ändern.

Das Bundes­gericht hat in einem neuen Grundsatz­entscheid festgehalten, dass Mitarbeiterinnen von privaten Firmen dieses Privileg nicht mehr weiter geniessen, auch wenn sie staatliche Aufgaben übernehmen.

Das sind die wichtigsten Sätze aus dem Urteil:

  • Ein privater Dienstleistungs­erbringer ist keine Behörde.
  • Es kann nicht Sinn des Ermächtigungs­vorbehalts sein, die Straf­verfolgung einzuschränken.
  • Privatpersonen, denen öffentliche Aufgaben übertragen werden, sind grundsätzlich vom Ermächtigungs­erfordernis auszunehmen, solange nicht zwingende Gründe für eine Ausnahme sprechen.

Im konkreten Fall bedeutet das zwar noch nicht, dass die Zürcher Staats­anwaltschaft gegen das Top-Kader der profit­orientierten ORS AG vorgehen wird (von einer Anklage und einem Urteil ganz zu schweigen). Aber immerhin: Die Staats­anwaltschaft darf ermitteln – wenn sie denn will (und eine strafbare Handlung «in minimaler Weise glaubhaft» erscheint).

Ausserdem: Wir ziehen Zwischenbilanz.

Klimalabor

Das Ende vom Anfang

Vor sieben Wochen haben wir das Klimalabor gestartet, als Ort für Austausch und Experimente. Bis im Sommer möchten wir gemeinsam mit Ihnen herausfinden: In welcher Form und mit welchen Schwer­punkten soll die Republik die Klimakrise behandeln?

Wir haben Interviews, Essays und Analysen veröffentlicht. Haben Sie mitgenommen auf eine virtuelle Zeitreise. Haben Hunderte Kommentare und Anregungen von Ihnen gelesen. Viele Gespräche geführt. Das Klimalabor live auf die Bühne gebracht. Und sind immer noch etwas baff, dass schon über 6000 Menschen mit dabei sind.

Aber was haben wir eigentlich … erreicht? Und welche Erkenntnisse und Vorsätze nehmen wir mit in die nächste Etappe unserer Expedition?

Zeit für eine erste Zwischen­bilanz.

Das Ende vom Anfang: Was bisher geschah im Klimalabor

Eine Zwischenbilanz nach der ersten Etappe – was wir erreicht haben, was wir von Ihnen gelernt haben, was wir als Nächstes vorhaben.

Danke fürs Interesse.

Ihre Crew der Republik