Freitag, 24. Februar 2023

Guten Tag,
willkommen im Wochenende!

Das Bundesgericht hat bestätigt: Brian Keller bleibt in Untersuchungs­haft.

Meinung

Keine Chance für Brian Keller

Für einen, der gebrand­markt ist, gibts keinen Neuanfang.

Es sei «gerichts­notorisch», befindet das Bundes­gericht, dass Brian Keller «in bestimmten Stress­situationen zu aggressivem Verhalten» neige. Das höchste Gericht der Schweiz bestätigt in einem am Freitag veröffentlichten Urteil, es sei rechtens, dass der 27-jährige Schweizer in Untersuchungs­haft bleibt – und damit seit sieben Jahren ununter­brochen inhaftiert ist.

Weiter geht das Bundes­gericht bei Brian Keller von einer Wiederholungs­gefahr aus. Und dies, obwohl die letzten ihm vorgeworfenen Vorfälle in einem restriktiven, unmenschlichen Vollzugs­regime geschahen. Sogar die höchsten Richter halten fest, Kritik an diesem Vollzug sei «teilweise» durchaus berechtigt.

Es stellt sich die Frage: Warum sollte der Insasse sein verzweifeltes Aufbäumen gegen die Verhältnisse im Gefängnis draussen wiederholen? Im Urteil steht: Brian Keller lege nicht «nachvollziehbar» dar, wie er die «Heraus­forderungen eines Lebens in Freiheit», die «anspruchsvollen Alltags­situationen» meistern würde, ohne gewalt­tätig zu werden.

Wie bloss soll der Mann beweisen, dass er es kann, wenn er keine Chance erhält? Wenn er mit jedem Tag hinter Gittern zermürbter wird. Und wenn er langsam, aber sicher jede Hoffnung auf Normalität, auf ein bisschen Glück, verliert.

Das Urteil 1B_22/2023 vom 13. Februar 2023 ist abrufbar auf der Webseite des Bundesgerichts. Die Republik hat den Fall von Brian Keller begleitet und darüber berichtet, zum Beispiel hier, hier, hier und hier.

Lesestoff zum Jahrestag des russischen Einmarsches.

Perspektiven auf die und aus der Ukraine

Am Freitag konnten Sie im Magazin Nachrufe auf einige wenige der über hundert­tausend Toten lesen, wir stellten die Frage nach der Rolle der Schweiz bei der Finanzierung des russischen Angriffs und berichteten wie jede Woche von den jüngsten Ereignissen.

Falls Sie sich weiter mit der Thematik auseinander­setzen möchten: Hier sind drei Lektüre­vorschläge aus den beiden vergangenen Republik-Wochen.

  • Der Fotograf Lesha Berezovskiy hat seit Ausbruch des Krieges vor einem Jahr bereits über dreissig Mal aus seinem Leben in Kiew berichtet, in dem kaum mehr etwas so ist, wie es war. Im jüngsten Beitrag von dieser Woche erzählt er von einem Besuch an der Front, von der Unmöglichkeit eines unbeschwerten Ausgangs und der Angst, dass die russischen Attacken wieder vehementer werden könnten.
  • Ebenfalls diese Woche hat Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey im Interview nicht nur über Kosovo gesprochen. Sie hat auch ausgeführt, wieso sie es aus politischer Sicht problematisch fände, wenn die Schweiz den Weiter­export von Waffen in die Ukraine erlauben würde.
  • Schon vor einigen Tagen haben Oliver Fuchs und Constantin Seibt auf ein Jahr Kriegs­geschehen zurückgeblickt – und ein Fazit in 20 Gedanken formuliert.

Und ein Hinweis: Auch in der aktuellen Kolumne von Daniel Binswanger ist der Krieg in der Ukraine Thema.

Wir bleiben bei einem erdrückenden Thema. Und legen Ihnen für dieses Wochen­ende einen Anlass in Bern ans Herz.

INS WOCHENENDE

Bevor aus Erinnerung Geschichte wird

Es sind 15 Porträts gegen das Vergessen. 15 Menschen, die den Holocaust überlebt haben und seit langer Zeit in der Schweiz wohnen, haben der Autorin Simone Müller ihre Geschichte erzählt. Sie alle haben die Jahre des national­sozialistischen Terror­regimes als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene erlebt. Heute gehören sie zu den letzten Über­lebenden, die noch persönlich von der Verfolgung durch die Nazis berichten können. Bevor das Gedenken ohne Zeit­zeuginnen am Leben erhalten werden muss. Oder um mit dem Titel von Simone Müllers Buch zu sprechen: «Bevor Erinnerung Geschichte wird».

An diesem Samstag und Sonntag, jeweils um 17 Uhr, liest Simone Müller im Berner Elfenaupark aus ihrem Buch. Der 1933 in Charkiw geborene, heute in Basel lebende Mark Varshavsky, dem im Buch das erste Porträt gewidmet ist, wird auf dem Cello spielen. Ausserdem eröffnet am Samstag die Ausstellung von Annette Boutellier, die Simone Müllers Protagonistinnen fotografisch porträtiert hat. Bis zum 16. März werden ihre Bilder im Elfenaupark zu sehen sein.

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Wort zum samstag

Neulich auf dem Ponyhof

Julia Trachsel arbeitet als freie Illustratorin in Luzern. Eine ihrer Spezialitäten: Bilder zum Sprechen bringen.

Mehr zu Julia Trachsel gibt es hier.

Und dann noch eine Einladung in eigener Sache: Treffen Sie uns zum Dialog.

Diskutieren Sie mit uns über den Stand der Arbeit

Ein halbes Jahrzehnt Republik. Im Januar haben wir gefeiert, mit Konfetti und knallenden Korken. Aber von Ausruhen oder Zurück­lehnen keine Spur. Seit einer Woche wird Verstärkung geholt für die Republik-Community. Hier im Rothaus haben schon einige ihre 5 Mitstreiterinnen an Bord geholt – wie sieht es bei Ihnen aus? Zur Erinnerung: Auf dieser Seite wartet Ihr persönlicher Link zum Abo-Angebot darauf, von Ihnen geteilt zu werden.
Und im kommenden Monat stellen wir uns Ihren Fragen: Am 6. März laden wir zur Diskussion über den Stand der Arbeit und den Stand des Irrtums. Mit dabei sind Bettina Hamilton-Irvine und Daniel Binswanger aus der Chef­redaktion, Constantin Seibt, Sharon Funke und weitere Crewmitglieder – und Sie? Alle Informationen zum Ort, zur Uhrzeit und zum Programm finden Sie auf der Veranstaltungs­seite.

Danke fürs Interesse, bis später.

Ihre Crew der Republik