
Wie ein Musikgigant das freie Internet bedroht
Sony verklagt in Hamburg eine Schweizer Internet-Stiftung wegen Urheberrechtsverletzung. Diese wehrt sich mit allen Mitteln. Und aus Gründen, die uns alle betreffen.
Von Adrienne Fichter, 22.06.2022
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Es ist eine bizarre rechtliche Konstellation, von der ausserhalb der deutschsprachigen Internetgemeinschaft bisher kaum jemand Kenntnis genommen hat. Auslöser des Verfahrens: Zwei Userinnen haben illegalerweise ein Album der Alternative-Rock-Band Evanescence hochgeladen. Sony Music klagt wegen einer Urheberrechtsverletzung.
Im Fokus des Rechtsstreits steht die in der Schweiz ansässige Stiftung Quad9, die allerdings mit der Urheberrechtsverletzung nichts zu tun hat: Weder ist sie Betreiberin der für den Upload benutzten Musikpiraterie-Plattform noch hostet sie diese – sie hat auch sonst keinerlei Bezug zu Evanescence oder zu Sony, der Vertragspartnerin der Band.
Und dennoch hat sich der amerikanische Musikriese entschieden, exemplarisch gegen Quad9 vorzugehen; gegen jene kleine Stiftung, die von der Schweiz aus sogenannte DNS-Resolver-Dienste anbietet. Die Taktik der Klägerin ist vorerst aufgegangen: Sony hat in einer ersten Runde vor dem Landgericht Hamburg gewonnen.
Die Schweizer Stiftung gibt aber nicht auf und zieht den Fall weiter. Aus guten Gründen: Die Sache hat Konsequenzen für den gesamten Internetverkehr. Je nach Ausgang des Verfahrens könnte ein brandgefährlicher Präzedenzfall geschaffen werden.
Ort: Landgericht Hamburg
Zeit: 30. November 2021
Fall-Nr.: 310 0 99/21
Thema: Unterlassung
Noch nie was von einem DNS-Resolver gehört?
Wer eine Website wie etwa republik.ch aufruft, löst die Verbindungsarbeit von diversen dazwischengeschalteten Diensten aus, damit die gewünschte Website angezeigt werden kann. Zu diesen Diensten gehört ebenjener DNS-Resolver, der vom Webbrowser oder vom Betriebssystem kontaktiert wird.
Der Browser benötigt für eine Internetadresse (z. B. www.republik.ch) eine IP-Adresse (z. B. 52.212.52.84). Das ist etwas wie eine Telefonnummer, die der Browser anrufen kann. Damit er aber an eine IP-Adresse kommt, braucht er Hilfe. Das übernimmt ein DNS-Resolver.
Der Browser fragt also bei einem DNS-Resolver an, doch bitte die Internetadresse aufzulösen. Der DNS-Resolver wühlt sich daraufhin durchs Internet. Genauer bei sogenannten Nameservern, die jeweils wissen, wo weitergefragt werden muss, um an eine IP-Adresse zu kommen. Diese IP-Adresse gibt der DNS-Resolver an den Browser zurück, und der verbindet sich dann mit der IP-Adresse. (Eine anschauliche Erklärung zur Funktionsweise von DNS-Resolvern in Comicform von Julia Evans gibt es hier.)
Es gibt nur wenige global tätige DNS-Resolver, die viele Standorte und Server benutzen. Die Dienste werden vor allem von grossen Big-Tech-Unternehmen abgedeckt, etwa von Google oder dem Unternehmen Cloudflare.
Eine Ausnahme ist die Stiftung Quad9, die ihren Dienst kostenlos anbietet und in 90 Ländern operiert.
Gegründet wurde die Stiftung 2016 in den USA unter anderem von Bill Woodcock und John Todd, zu den Gründungsmitgliedern gehören auch die Firma IBM und Packet Clearing House PCH. Letzteres ist ein Non-Profit-Unternehmen, das unter anderem Netzwerkinfrastruktur für die Quad9-Standorte zur Verfügung stellt.
Das ambitionierte Ziel dieser Stiftung: den datenschutzfreundlichsten und sichersten DNS-Resolver anzubieten. Quad9 interessiert es nicht, wer die Userin ist, die die Republik aufruft. Sie protokolliert keine Personendaten. Gleichzeitig möchte Quad9 die Nutzer vor Malware und infizierten Links schützen. Und zeigt deshalb gewisse Inhalte gar nicht an.
Es war klar, dass die Stiftung nicht lange in den USA bleiben würde. Für eine bessere Glaubwürdigkeit wollte sie sich in einem Land niederlassen, das den Datenschutz ernster nimmt als die USA (in denen bis heute keine bundesweiten Datenschutzgesetze existieren).
Die Wahl fiel auf die Schweiz «wegen der Datenschutzvorschriften und der Neutralität», wie die Stiftung selbst angibt. Gerade die Neutralität muss für den Standortentscheid eine gewichtige Rolle gespielt haben, denn eigentlich verfügen sämtliche EU-Länder über griffigere Datenschutzvorschriften als die Schweiz.
Quad9 ist bei Switch angesiedelt, der Betreiberin des Schweizer Hochschulnetzes, die beim DNS-Resolver-Dienst auch einen Stiftungsratssitz belegt. Im Quad9-Stiftungsrat vertreten ist ausserdem Florian Schütz, der Delegierte des Bundes für die Cybersicherheit.
Am 17. Februar 2021 zog die Stiftung in die Schweiz, und zwar nach Zürich. Es war der Moment, als sich die Hausjuristinnen von Sony wohl die Hände gerieben haben müssen – oder wie Katzen vor dem Mausloch sassen, um endlich zuzuschnappen.
Gemäss dem später ergangenen Entscheid des Landgerichts Hamburg hat sich nämlich Folgendes zugetragen: Zwei User namens «Smiler10» und «beatnik» veröffentlichten auf einer Piraterie-Plattform ein Album der Band Evanescence. Das offizielle Release dieses Albums war erst ein paar Wochen später vorgesehen.
Wenn nun jemand diese Piraterie-Website aufruft, dann wird sie von allen verfügbaren DNS-Resolvern angezeigt – unter anderem auch von Quad9.
Dennoch meldete sich Sony ausschliesslich bei der kleinen Stiftung in Zürich und verlangte eine DNS-Sperre. Das bedeutet: Der amerikanische Musikriese wollte, dass der Schweizer DNS-Resolver die Website der besagten Piraterie-Plattform nicht mehr anzeigt. Sprich: Würde jemand die Internetadresse der Seite in seinen Browser tippen, bliebe das Fenster leer.
Doch was hat die Band Evanescence mit der Stiftung Quad9 zu tun, die ja gar nicht für den Upload des Albums auf die Piraterie-Website verantwortlich ist?
Viel, findet Musikgigant Sony.
Gar nichts, meint der kleine Resolverdienst Quad9.
Dass der Konzern Sony auf der einen Seite sowie die Stiftung Quad9 auf der anderen Seite die Bedeutung eines DNS-Resolvers in Bezug aufs Urheberrecht diametral unterschiedlich interpretieren, ist wenig erstaunlich.
Und dennoch macht genau das den Fall so interessant: Wie relevant ist Quad9 für die Erreichbarkeit einer urheberrechtlich gesperrten Piraterie-Plattform?
Aus Sicht von Sony und nun auch des vom Musikgiganten angerufenen Landgerichts Hamburg ist ein DNS-Resolver das erste Glied in der digitalen Lieferkette eines Website-Aufrufs – er ist der wichtigste Übersetzer. So steht es in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg: «Der DNS-Resolver ist der erste Anlaufpunkt im sogenannten DNS-Lookup (…)» Und weiter: Eine Website werde erst öffentlich zugänglich, wenn sie mithilfe des DNS-Resolvers die Übersetzung des Domainnamens in die IP-Adresse erreiche.
Ohne den Resolver wäre die «öffentliche Zugänglichmachung» des Albums von Evanescence nicht möglich, wie mehrfach in der Begründung des Gerichts zu lesen ist.
Dass sich Sony auf den DNS-Resolver Quad9 stürzt, liegt allerdings daran, dass rechtliche Druckversuche gegenüber den anderen Anlaufstellen in der ganzen Lieferkette der Website-Auflösung gescheitert sind. Damit gemeint sind etwa die Betreiberin der Piraterie-Plattform, der Domain-Registrar (der die Piraterie-Website registriert) oder der Hosting-Anbieter (der Speicherplatz für die Website zur Verfügung stellt).
Es wäre naheliegender, all diese Beteiligten zu ermahnen, die Website unverzüglich vom Netz zu nehmen.
Sony wollte dies durchaus, blieb jedoch bei den Kontaktversuchen erfolglos. Niemand antwortete. Also versuchte es der Musikvertreiber bei einem «entfernteren» Glied der ganzen Lieferkette – beim DNS-Resolver Quad9.
Am 24. März 2021 stellte Sony die illegalen Evanescence-Uploads fest.
Am 26. März, also zwei Tage später, schrieb das Unternehmen morgens eine E-Mail an Quad9 – mit der Forderung, der Domain-Name der Piraterie-Plattform sei bis nachmittags um 16 Uhr unzugänglich zu machen.
Das Landgericht Hamburg taxierte diese kurze Frist im Nachhinein als zumutbar; unter anderem deshalb, weil der DNS-Resolver Quad9 seine Nutzerinnen spezifisch vor Malware und verseuchten Links schütze. Deshalb sei auch eine urheberrechtliche Forderung ohne weiteres technisch umsetzbar, so die Ansicht des Gerichts.
Quad9 ignorierte die Anfrage von Sony. Ein paar Monate später, im Juni 2021, lag die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg im Briefkasten. Grund: Unterlassung. Quad9 habe der Aufforderung von Sony Folge zu leisten und die Piraterie-Website für die deutschen Internetnutzerinnen zu sperren. Andernfalls drohe eine Ordnungsstrafe von 250’000 Euro.
Zwar sei Quad9 keine «Täterin», schreibt das Gericht, aber als «Störerin» für die Rechtsverletzungen mitverantwortlich: «Die Antragsgegnerin (Quad9, d. Red.) leistet mit ihrem Dienst einen willentlichen, adäquat-kausalen Beitrag zur Erreichbarkeit der Verlinkungen auf der Internetseite (…).»
Das sieht die Schweizer Stiftung, die sich von der deutschen Kanzlei Rickert Anwälte vertreten lässt, anders. Quad9 ging mittels «Widerspruch» gegen die einstweilige Verfügung des Hamburger Landgerichts vor. Die Anwältinnen argumentieren, Quad9 trage rein funktional zur Website-Herstellung bei und gebe DNS-Anfragen lediglich «weiter». Der Resolver müsse daher wie die Telecomkonzerne von Haftungsprivilegien profitieren können.
Quad9 verwalte lediglich die Anfragen der Internetnutzerinnen, heisst es im «Widerspruch». Und passend zum Telefonbuchbeispiel schreiben die Anwälte: Der Inhalt, der sich hinter einer Telefonnummer oder eben im konkreten Fall hinter einer Musikpiraterie-Website verberge, werde von der Stiftung Quad9 beziehungsweise vom DNS-Resolver «weder verstanden noch analysiert».
Mit anderen Worten: Es besteht keine Bindung zwischen der Internetnutzerin und Quad9. Die Stiftung hat gemäss ihrem Geschäftsmodell keine «Kundenbeziehung» zu ihren Nutzerinnen. Wer Quad9 auf seinem Gerät nutzen möchte, kann dies ohne Zustimmung der Stiftung einfach einstellen. «Die Antragsgegnerin verfügt über keine vertraglichen Beziehungen zu den Anfragenden oder Access-Providern», schreiben die Anwälte.
Ein weiteres Argument der Schweizer Stiftung gegen die von Sony geforderte Website-Sperre ist rein technischer Natur – und legt den Verdacht nahe, dass es den Richterinnen am Hamburger Landgericht möglicherweise am nötigen Fachwissen fehlt. Gemäss der Rechtsschrift der Quad9-Anwältinnen ist eine geografisch eingegrenzte Sperre für «lediglich» alle deutschen Internetnutzerinnen kaum praktikabel. Oder anders formuliert: Sie ist «technisch nicht vorgesehen».
Es wäre also wesentlich einfacher, die betreffende Website für alle Quad9-Nutzerinnen weltweit zu sperren – was im Interesse von Sony liegen dürfte, aber rechtlich und politisch kaum umsetzbar ist. Deshalb die Beschränkung auf den deutschen Internetraum. Doch müsste die kleine Stiftung umsetzen, was das Hamburger Landgericht einstweilig verfügt hat, könnte der finanzielle Ruin drohen. Die Anwältinnen von Quad9 warnen vor «grossen Leistungseinbussen, längeren Antwortzeiten und erheblichem Ressourcenverbrauch», sollte eine lokale DNS-Sperre gerichtlich erzwungen werden.
Kommt dazu, dass eine Sperre nur durch Quad9 in der Praxis schlicht nutzlos ist, weil Browser mit anderen DNS-Resolvern kommunizieren können und die Anfrage (zur Domainauflösung) einfach an einen Konkurrenten weitergeleitet würde.
Eine Internetnutzerin gelangt somit (ohne es zu wissen) über Umwege doch noch an ihr Ziel, zum Beispiel zur gewünschten Musikpiraterie-Plattform. Den Schaden hätte nur Quad9. Er wäre enorm – und weder Sony noch die betroffene Band würden profitieren. Denn die Erreichbarkeit der Piraterie-Plattform bleibt so lange bestehen, wie es alternative DNS-Resolver gibt.
Nicht zuletzt weisen die Quad9-Anwälte auch daraufhin, dass die Forderung von Sony nicht ordnungsgemäss zugestellt worden sei. Das Schreiben wurde an den technischen Support verschickt (support@quad9.net) statt an die für Rechtsfälle vorgesehene Adresse (abuse@quad9.net). Die Anwälte bezweifeln zudem – nach entsprechenden Recherchen –, dass Sony wirklich alle Versuche unternommen habe, um die «anderen Akteure» zu erreichen: etwa die Inhaberin der Piraterie-Plattform oder die Domain-Verwaltungsstelle.
Viele Argumente. Doch sie haben die Richter am Landgericht Hamburg nicht überzeugt. Am 30. November 2021 wird der «Widerspruch» aus Zürich zurückgewiesen.
Doch warum sind überhaupt Richterinnen in Hamburg für diesen Rechtsstreit zuständig?
Die Wahl des Standorts ist kaum zufällig erfolgt. Dahinter stehen wohl strategische Überlegungen von Sonys Rechtsabteilung: Hamburgs Gerichtsbarkeit gilt unter deutschen IT-Anwälten als besonders «rechteinhaberfreundlich». Ausserdem überprüfte die von Sony beauftragte, in Deutschland angesiedelte Firma Pro Media, ob die hochgeladenen Musikalben auch heruntergeladen werden können – und simulierte damit perfiderweise eine Urheberrechtsverletzung auf deutschem Boden.
Die Stiftung Quad9 kritisiert diese Taktik und sagt: «Die Gerichtsstandortwahl der Antragstellerin ist rechtsmissbräuchlich.»
Sehr wahrscheinlich wäre Sony vor einem Schweizer Gericht kein Erfolg beschieden gewesen. Denn in einem ähnlichen Fall ist die Filmindustrie gescheitert mit dem Versuch, Swisscom wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung zu verklagen. Das Bundesgericht erteilte diesem Ansinnen 2019 eine Abfuhr. Ausserdem kennt die Schweiz das Konzept der «Störerhaftung» nicht.
Mit «Störerhaftung» ist gemeint: Auch indirekt beteiligte Unternehmen oder Stiftungen können bei einer Rechtsverletzung belangt werden. Doch auch die Amerikanerinnen kennen das rechtliche Prinzip der Störerhaftung nicht. Dazu kommt, dass die USA das Lugano-Übereinkommen nicht unterzeichneten (das unter anderem den Gerichtsstand bei internationalen privatrechtlichen Streitigkeiten regelt). Alles Gründe, weshalb Sony den Prozess in Deutschland anstatt in den USA oder der Schweiz austragen wollte.
Ebenfalls kein Zufall dürfte es sein, dass sich Sony für einen Rechtsstreit gegen die Stiftung Quad9 entschieden hat, die im globalen Markt gerade mal ein Prozent ausmacht. Gegen Big-Tech-Unternehmen vorzugehen, ist eine kostspielige Sache, und es drohen langwierige Verfahren – Google und Cloudflare verfügen über gut gefüllte Kriegskassen.
Quad9 ist im Vergleich dazu ein «leichtes Opfer».
Die Republik hat die Sony Music Entertainment Germany GmbH um eine Stellungnahme zum Fall gebeten. Einen Tag vor Erscheinen dieses Beitrags meldete sich der Musikkonzern: «Bei dem Verfahren sind wir nicht in der Lage, Auskunft zu geben, da es über den Musikverband BVMI läuft.»
Die Konsequenz der vom Hamburger Gericht einstweilig verfügten DNS-Sperre ist für den Moment zwar lokal begrenzt. Sie bedeutet (sollte sie aufrechterhalten bleiben), dass Internetnutzerinnen auf deutschem Boden die entsprechende Piraterie-Plattform nicht mehr angezeigt werden darf. Das Verbot betrifft also «nur» deutsche User.
Doch Kennerinnen der Materie wittern einen gefährlichen Präzedenzfall.
Mit einem solchen Entscheid der deutschen Gerichtsbarkeit im Rücken wird sich Sony kaum zufriedengeben, sondern dürfte auf weitere Sperren bei Google, Cloudflare und Co. pochen. Und sich dabei eine Piraterie-Website nach der anderen vorknöpfen.
Genau dies befürchtet Martin Leuthold, Quad9-Stiftungsratsmitglied und Geschäftsleitungsmitglied bei Switch: «Wenn man jetzt auf die rekursiven DNS-Resolver abzielt, dann sind als Nächstes die weiteren Bausteine in der Chain dran.» Er meint damit: die Browser-Herstellerinnen, die Betriebssystem-Anbieter und so weiter, sie alle würden wohl ebenfalls von Sony einen Mahnbrief erhalten – früher oder später.
Immerhin: Seit der Fall publik wurde, kann die Stiftung mit der Solidarität der Netzgemeinschaft rechnen. Quad9 informiert auf ihrer Website ausführlich über die einstweilige Verfügung und die rechtlichen Schritte dagegen – worauf sich das Spendenvolumen innert kürzester Zeit auf ein Mehrfaches gesteigert hat. Das Medienecho hingegen blieb erstaunlich klein.
Weil der «Widerspruch» von Quad9 am Landgericht Hamburg nicht auf offene Ohren gestossen ist, hat die Stiftung inzwischen Berufung eingereicht. Sie kämpft also weiterhin gegen das Verbot – und für ein freies Internet. Die Entscheidung zum Eilverfahren durch das Oberlandesgericht Hamburg dürfte demnächst fallen. Sony hat in der Zwischenzeit beim Landgericht Leipzig parallel Klage eingereicht für ein Hauptsacheverfahren.
Dabei kann Quad9 auf prominente Unterstützer zählen, etwa auf Felix Reda, den ehemaligen Europaparlament-Abgeordneten der Piraten und Projektleiter bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte. In einer Videobotschaft sagt Reda: «Wenn dieses Urteil Bestand hat, wird es nicht bei dieser einen Netzsperre durch DNS-Dienste bleiben.»
Reda und andere Netzaktivistinnen fürchten einen Domino-Effekt.
Denn man darf nicht vergessen: Es ist für einen Dienst wie Quad9 wesentlich einfacher, eine DNS-Sperre weltweit umzusetzen anstatt national begrenzt. Räumlich eingeschränkte Sperrungen einer Piraterie-Plattform sind mit einem enorm hohen technischen Aufwand verbunden.
Doch eine weltweite Sperrung würde in globale Zensur ausarten.
Für die Stiftung sind die beiden laufenden Verfahren trotz grosser Unterstützung einfach nur frustrierend. Stiftungsrat Leuthold sagt: «Wir müssen Geldmittel, die wir lieber für die Infrastruktur und die Erhöhung der weltweiten IT-Sicherheit nutzen würden, für Gerichtsverfahren einsetzen.»
Illustration: Till Lauer