Hier wird Energie gemacht: Das Kontrollzentrum im AKW Beznau I. Luca Zanier

So organisiert die Atomlobby ihr Comeback

Die Kernkraft ist vier Jahre nach dem Atomausstieg zurück in der Politik. Hinter dem Revival stehen alte Netzwerke glühender Atomverfechter: Wie sie Einfluss auf FDP, SVP und damit auf das Parlament nehmen.

Von Elia Blülle und Lukas Häuptli, 11.02.2022

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«Atom-Ueli» ist zurück. Ulrich Fischer, 82 Jahre alt, früher Nationalrat der FDP, früher Direktor der Kernkraft­werk Kaiseraugst AG, hat sich lange nicht zu Wort gemeldet. Aber als die Aargauer Freisinnigen im letzten Dezember zur Sitzung des Energie-Ausschusses laden, kann er nicht anders.

Im Ausschuss erklärt er, zur Schliessung der «drohenden Stromlücke» brauche es in einer ersten Phase neue Gaskraftwerke. Und in einer zweiten Phase neue Atom­kraftwerke (AKW). «Wir müssen auf die Kern­energie zurückkommen.»

Ulrich Fischer war in den 1970er-Jahren das Gesicht der Schweizer Atomenergie. Die Kernkraftwerke Beznau I und II und Mühleberg waren gebaut, für dasjenige in Kaiseraugst lag die Baubewilligung vor. Es blieb bei einer Bewilligung: 1975 besetzten Gegner wochenlang das Gelände des geplanten AKW, zu einer Demonstration kamen 15’000 Menschen zusammen. Später jagten Unbekannte in Kaiseraugst einen Pavillon in die Luft und zündeten in der ganzen Schweiz Autos von Atomenergie-Exponenten an. Auch der Wagen von «Atom-Ueli» brannte.

«Das war eine sehr spannende Phase meines Lebens», sagt Ulrich Fischer fast fünfzig Jahre später am Telefon. Nationalrat ist er längst nicht mehr, Mitglied der FDP ist er geblieben. Seit Urzeiten sitze er im Energie-Ausschuss der Aargauer Kantonalpartei, erzählt er. Natürlich habe er nicht an allen Sitzungen teilgenommen. «Aber als ich sah, dass Atomkraft wieder Thema wird, sagte ich: Da will ich mitmachen. Aus Überzeugung.»

«Auf die Kernenergie zurück­kommen» – das will nicht nur «Atom-Ueli», sondern wohl auch die Mehrheit seiner Partei, der FDP Schweiz. Am Samstag treffen sich ihre Delegierten in Montreux, Partei­präsident Thierry Burkart wird die Versammlung eröffnen, als achtes Geschäft ist die Resolution «Weniger Polemik, mehr Strom» traktandiert.

Das Energiepapier hat 4 Seiten, es geht um die Stromversorgung in der Schweiz, zu Polemik Anlass geben könnte aber ein Passus von ein paar wenigen Zeilen: «Beim Ausbau und Ersatz bestehender einheimischer Produktions­anlagen darf es keine gesetzlichen Technologie­verbote geben. So sind die Voraussetzungen zu schaffen, um namentlich KKW der neuen Generation zuzulassen.»

Atom-Kanton Aargau

Die Atomenergie ist zurück auf dem politischen Parkett. Dafür mitverantwortlich sind längst tot geglaubte Netzwerke glühender Atom­anhänger, die wieder in den Ring steigen.

Die freisinnige Forderung, Kernkraftwerke wieder zuzulassen, hat ihren Ursprung in der aargauischen Kantonal­partei. Das sagen mehrere gut informierte FDP-Mitglieder unabhängig voneinander.

Dazu muss man wissen: Im Aargau stehen drei von vier Schweizer Kernkraftwerken: Beznau I, Beznau II und Leibstadt. Hier, in der Gemeinde Würenlingen, befindet sich das Zwischen­lager für radioaktive Abfälle. Und die Verflechtung zwischen der Atombranche und den Freisinnigen hat eine lange Tradition. Zahlreiche Vertreterinnen der Kernenergie sitzen oder sassen für die FDP im Aargauer Grossen Rat oder in der Bundes­versammlung. Keine Überraschung also, dass an der Energie-Ausschuss-Sitzung der Aargauer FDP im letzten Dezember fast alle gleicher Meinung waren: Die Kern­energie muss zurück.

Ebenso wenig erstaunt, dass am Parteitag der FDP Aargau im Januar die Forderung nach neuen Atomkraftwerken den Weg ins offizielle Energie­papier der Partei fand. «Gesetzliche Technologie­verbote sind auf nationaler und kantonaler Ebene aufzuheben – insbesondere das Neubauverbot für Kernkraft­werke (…)», heisst es seither darin.

Das «Technologie­verbot» ist eine Wortschöpfung von PR-Agenturen, die nach der Katastrophe von Fukushima die Kernkraftwerk-Betreiberinnen in der Diskussion um den Atom­ausstieg berieten. Das offizielle «Unwort des Jahres 2011» hielt sich wacker, obwohl das Energiegesetz, das 2018 in Kraft trat, zum schrittweisen Atomausstieg gar kein «Technologie­verbot» kennt. Die Schweiz betreibt an ihren Universitäten weiterhin Nuklear­forschung ​​und zahlt Beiträge in Millionen­höhe an die Europäische Atom­gemeinschaft (Euratom).

Den Antrag zur Aufnahme des Atom-Absatzes im Energie­papier der Aargauer FDP hatte Beat Bechtold gestellt. Bis 2019 war er Geschäfts­führer des Nuklear­forums Schweiz. Die Lobby­organisation begleitet die Kernenergie in der Schweiz schon lange; gegründet wurde sie 1958. Ihre Verbindungen in die heutige FDP sind zahlreich. Präsident ist der frühere FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler. Und der 2019 neu eingesetzte Geschäfts­führer Lukas Aebi ist ebenfalls Mitglied der Aargauer FDP. Seit 2019. Ein Zufall, wie er sagt.

Das Nuklearforum hatte am 15. Juni 2021, zwei Tage nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes durch die Schweizer Stimm­berechtigten, den Medien eine 30 Seiten starke Studie mit dem Titel «Kernenergie, Klima und Versorgungs­sicherheit» vorgestellt. Die Botschaft war klar: Jetzt, da die grüne Energie­politik gescheitert ist, kommt – wieder – die Zeit der Atomenergie.

Auch ein Blick in die Zukunft? Innenansicht des Kühlturms im KKW Leibstadt. Luca Zanier

Auch heute sagt Geschäftsführer Lukas Aebi: «Das Nuklear­forum betont die positiven Seiten der Kernenergie. Dazu zählen ihr Beitrag an die Versorgungs­sicherheit und an den Klimaschutz.»

Weniger gern erwähnt er dagegen die Probleme der Technologie: die fehlende Sicherheit, der radioaktive Abfall, die massiven Kosten.

Die Präsidentin der FDP Aargau, Sabina Freiermuth, ist ebenfalls eine vehemente Verfechterin der Kernkraft. Von ihr reicht der Draht direkt in die FDP Schweiz. Freiermuth ist persönliche Mitarbeiterin des Aargauer Ständerats und FDP-Präsidenten Thierry Burkart.

Es mag Zufall sein (was manche FDP-Vertreter betonen) oder auch nicht (wie andere FDP-Vertreter sagen): Am 20. Januar 2022, zwei Tage nach dem Parteitag der FDP Aargau, nahm die Partei­präsidenten­konferenz der FDP Schweiz die AKW-Forderung ebenfalls in ihr Energie­papier auf.

«Das war konzertiert», sagt ein einfluss­reiches FDP-Mitglied, das seinen Namen nicht in der Republik lesen will. «Es trägt die Handschrift von Thierry Burkart. Der Präsident hat einen Plan und zieht die Fäden, bleibt selbst aber im Hinter­grund.»

Als diverse FDP-Nationalräte wagten, den AKW-Beschluss öffentlich zu kritisieren, wurden sie von Freiermuth als «höchst illoyal» abgekanzelt.

Die FDP hält fest, dass Thierry Burkart an der Partei­präsidenten­konferenz nicht abgestimmt habe – und dass der AKW-Antrag von Hans-Jakob Boesch stamme, dem Präsidenten der Zürcher FDP. Dieser sagt dazu: «Die Behauptung, dass hinter meinem Antrag ein Geheimplan von Partei­präsident Thierry Burkart stehe, ist völlig lächerlich. Ich lasse mich für keine Pläne einspannen.»

Klar ist: Der FDP Aargau liegt viel am neuen Atom-Artikel im Strategie­papier. Am Mittwoch verschickt ihr Geschäfts­führer eine E-Mail an alle kantonalen Delegierten, in dem vier bekannte und längst pensionierte Atom­befürworter sie noch einmal dazu auffordern, dem Anliegen zuzustimmen. Das Schreiben, welches auch der 88-jährige frühere ABB-Chef Edwin Somm unterzeichnet hat, wurde zuvor offenbar schon an alle FDP-Kantonal­präsidenten verschickt.

All das zeigt: Die Netzwerke der Atomenergie-Verfechter sind eng – und sie sind alt. Ihre Anfänge waren schon in den 1960er- und 1970er-Jahren geknüpft worden, als der Glaube an die Kernenergie noch stark war.

Dazu passt, dass neben dem Nuklear­forum ein weiteres Netzwerk sein Comeback wagt: die berühmt-berüchtigte Aegerter-Dynastie.

Die Aegerters: Physik­unterricht statt Klima­streiks

Irene Aegerter und ihr Mann waren einst selbst FDP-Mitglieder. Doch dann befürwortete die Partei 2017 das neue Energie­gesetz und damit den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie: Für die Aegerters war es der Grund, die Partei zu verlassen. Es sei traurig, was aus der FDP geworden sei, sagt die Frau heute. «Dass eine freisinnige Partei das faktische Technologie­verbot unterstützte, hat mich tief erschüttert.»

Die 81-jährige Physikerin ist mit der Atomkraft aufgewachsen. Zwei ihrer Onkel waren Physik­professoren, Götti Paul Huber übernachtete oft bei der Familie. Er war neben Paul Scherrer einer der grossen Pioniere in der schweizerischen Kern­forschung. Kaum hatten 1945 die Atom­bomben die zerstörerischen Kräfte der Technologie offenbart, wehrte sich der Physik­professor gegen aufkeimende Ängste und machte sich für ihre zivile Nutzung stark.

Für Irene Aegerter ist es ein «physikalischer Fakt», dass der Bandenergie­strom aus Kernkraft­werken nicht durch «Flatterstrom» aus Solaranlagen und Windräder ersetzt werden könne. Umso mehr ärgerte sie sich, als die Schweizerinnen 2017 das neue Energie­gesetz annahmen.

Aegerter, die sich seit den 1970er-Jahren für die Kernkraft­werke einsetzt, bekämpfte die Vorlage vehement. Die Niederlage frustrierte sie so sehr, dass sie im ersten Corona-Lockdown mit ihrem Mann ein Buch darüber schrieb, «wie sich die Schweiz in eine energie­politische Sackgasse manövrierte».

Auf rund 80 Seiten ergründet das Ehepaar, wieso sich die «demokratische, pragmatische und gebildete Schweiz» habe «verführen» lassen. Im Fazit schreiben die Aegerters, man müsse nun an der «verfehlten» Energie­strategie 2050 rütteln. Die «Klimajugend» müsse lernen, dass sie ihrem Ziel vergeblich nachjage, wenn sie sich nicht auch mit Atomkraft­werken auseinander­setze. «Statt zu streiken, brauchen sie Physik­unterricht.»

Um auch junge Menschen von der Notwendigkeit der Kernkraft zu überzeugen, haben die Aegerters 2018 den «Energie-Club Schweiz» mitgegründet. Im Vorstand sitzen mehrheitlich Jungpolitikerinnen unter 30 Jahren, ein PR-Büro verantwortet die Kommunikation. Im Hintergrund kümmern sich Atomveteraninnen wie Irene Aegerter um die Strategie.

Im letzten November hat die Vereinigung auch eine Volksinitiative lanciert, die zur Vorprüfung bereits bei der Bundeskanzlei vorliegt. Sie verlangt, der Bund müsse den Ersatz von fossilen Energie­quellen durch eine «umwelt- und klimaschonende Stromproduktion» ohne «Technologie­verbote» ermöglichen. Neue Kernkraftwerke fordert der Energie-Club nicht explizit, aber Präsidentin Vanessa Meury von der Jungen SVP gibt unumwunden zu, der Verein wolle mit der Initiative die Kernkraft zurück in die politische Debatte bringen.

Zunächst als letztes Himmelfahrts­kommando der traditionellen Atom­lobby belächelt, gewinnt der Energie-Club an Einfluss. 400 Mitglieder zählt die Vereinigung mittlerweile – darunter befinden sich auch SVP-Parlamentarier wie Albert Rösti. Sie sorgen mit Vorstössen dafür, dass die Anliegen des Energie-Clubs auch im Parlament Eingang finden. Nationalrat Rösti sagt dazu: «Wir haben unregelmässig Kontakt mit dem Energie-Club.»

In einem ersten Schritt wollen sie das bestehende Kernkraftwerk­verbot im sogenannten Mantel­erlass kippen, mit dem das Energie- und das Strom­versorgungs­gesetz zusammen­geführt werden sollen. Zwar scheiterte ein erster Anlauf in der Ständerats­kommission, doch SVP-Energie­politiker Christian Imark sagt, er werde im Nationalrat einen neuen Versuch anstreben. Bereits kommende Woche diskutiert die Kommission über seinen Antrag, mit dem der Bund aufgefordert werden soll, die Kern- und die Gaskraft als Beitrag zur Versorgungs­sicherheit unter die Lupe zu nehmen.

Der Energie-Club und Irene Aegerter zählen auf ihrer Mission aber nicht nur auf SVP-Energie­politiker, sondern auch auf einen anderen mächtigen Mann: ihren Sohn.

Wie die Mutter, so der Sohn

Der Unternehmer Daniel Aegerter ist einer der reichsten Schweizer überhaupt. 2000 verkaufte er seine Internet­firma und wurde auf einen Schlag Multimillionär. Seither investiert er als Risiko­kapital­geber in Start-ups, mit denen er die Welt ermöglichen will, in der er künftig leben möchte. Sein Geld steckt der gelernte Banker in dieselben Firmen wie Jeff Bezos, Elon Musk oder Peter Thiel. Mit den amerikanischen Super­reichen verbindet ihn aber nicht nur ein ähnliches Anlage­portfolio, sondern auch der unbedingte Glaube daran, dass neue Technologien die Klimakrise lösen werden.

Daniel Aegerter sagte einmal, er habe vielleicht schon radioaktive Muttermilch getrunken.

Wie seine Mutter ist auch er vom Einsatz der Kern­technologien überzeugt. Und deshalb investiert er etwa in Oklo, ein amerikanisches Unternehmen, das sogenannte small modular reactors herstellt. Das sind kleine Kernspaltungs­reaktoren, mit denen unter anderem auch Microsoft-Gründer Bill Gates die Welt vor einer Klima­katastrophe bewahren will. Auch das Start-up «Commonwealth Fusion Systems» erhält Millionen von Aegerter. Das Team forscht an einem vielversprechenden Fusions­kraftwerk, das dereinst rentablen Strom produzieren soll.

Mitten im Aargau: Das atomare Zwischenlager in Würenlingen. Luca Zanier

In der Schweiz hat sich Aegerter bis jetzt weitgehend aus der öffentlichen Debatte heraus­gehalten. Doch er ist gut vernetzt. Er ist Verwaltungsrats­mitglied im «Club zum Rennweg», einem exklusiven Privatclub vermögender Unternehmer, der von SVP-Nationalrat Thomas Matter mitgegründet wurde. Mutter Irene Aegerter sagt, ihr Sohn sei nicht Mitglied im Energie-Club, aber sein Netzwerk in der Privat­wirtschaft helfe dem gemeinsamen Anliegen Kernkraft. Zuletzt hat der Sohn auf europäischer Ebene dafür lobbyiert, dass die nukleare Energie­gewinnung als «grüne» Technologie deklariert wird.

Zusätzlichen Einfluss hat Daniel Aegerter mit seinem neuen Mandat im Steuerungs­ausschuss von Kompass Europa gewonnen. Der Verein half mit, das Rahmen­abkommen mit der EU zu beerdigen, und engagiert sich seit neuestem auch in der Energie­politik.

Das Interessante an der Familie Aegerter: Anders als bei ihren Verbündeten in der SVP war für sie die Klima­erwärmung schon immer der treibende Faktor für das energie­politische Engagement.

Vater Aegerter promovierte beim Berner Klima­forscher Hans Oeschger, der weltweit als einer der Ersten vor der Klimakrise warnte. Der schwerreiche Sohn steckt beträchtliche Summen in die Lösung der Klimakrise. Die 81-jährige Irene Aegerter hofft nun, doch noch erleben zu dürfen, wie die Schweiz ein neues Kernkraft­werk plant. Und dabei setzt sie auch auf ihre frühere Partei. Sie sagt: «Kippt die FDP das Kernkraft­verbot, werden mein Mann und ich der Partei vielleicht wieder beitreten.»

Die neue Hoffnung

Dass die traditionellen und stark überalterten Atom­netzwerke plötzlich wieder an Einfluss gewinnen, überrascht. Denn nach dem Ausstieg aus der Kernenergie zerfielen sie.

Ihre mächtigste Organisation, die Aktion für vernünftige Energiepolitik (AVES), löste sich 2018 auf. Die 1979 gegründete Vereinigung zählte einst 6000 Mitglieder. Bei der letzten General­versammlung empfahl der damalige AVES-Präsident, Albert Rösti, den frustrierten Atomverlierern die Mitgliedschaft beim Energie-Club.

Diesem ist es nun nach dem gescheiterten CO2-Gesetz an der Seite der SVP gelungen, die Atomkraft zurück in die politischen Debatten zu tragen. Schliesst sich auch die FDP der Allianz an und sollten später auch einige Mitte-Parlamentarier mitmachen, diskutiert die Schweiz bald wieder sehr ernsthaft über allfällige neue Atommeiler. Und das, obwohl sämtliche Strom­konzerne in letzter Zeit deutlich gemacht haben, dass sie in der Schweiz kein neues Kernkraft­werk bauen werden.

Christoph Brand, Chef des grössten Schweizer Stromkonzerns Axpo, Eigentümerin der Atom­meiler in Beznau, bestätigte am Wochenende der NZZ, nur eine neue Generation von Kernenergie­reaktoren wäre überhaupt rentabel.

Der Haken: Solche Reaktoren sind noch gar nicht auf dem Markt.

Das spielt aber in der jetzigen Debatte nur eine Nebenrolle. Denn FDP und SVP wollen frühzeitig verhindern, dass die linken und grünen Parteien ihnen wie 2019 eine Klima- und Energie­debatte aufdrücken. Kernkraft polarisiert, Kernkraft mobilisiert. Aargauer Politiker wie FDP-Ständerat Thierry Burkart oder sein SVP-Amtskollege Hansjörg Knecht müssen im Aargau wieder­gewählt werden, der Hunderte Millionen mit der Kernkraft einnimmt. Für den Atom-Kanton ist der Ausstieg aus der Kernenergie ein wirtschaftliches Debakel. Viel Wertschöpfung wird verloren gehen. Später auch Bedeutung.

Den Aargauer FDP-Veteranen Ulrich «Atom-Ueli» Fischer mag das wenig interessieren. Ihm geht es nicht um Wahlkampf, sondern um Überzeugung. Die Enttäuschung darüber, dass Kaiseraugst nie gebaut wurde, schrieb Fischer in einem Buch nieder. Der Titel: «Brennpunkt Kaiseraugst: Das verhinderte Kernkraftwerk».

Die Ironie der Geschichte: Zwar haben die Besetzer das Projekt verhindert. Endgültig erledigt worden ist es aber von den Bürgerlichen. «Weil das Kernkraftwerk Kaiseraugst politisch und praktisch nicht realisierbar war, begruben es die SVP, die FDP und die CVP», sagt Fischer.

Jetzt ist er zuversichtlich, dass zumindest seine FDP das nächste Atomkraftwerk mitträgt. Bis zum Schluss. Bis es ans Netz geht.

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