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Endlich wieder Lampenfieber! Eine Tour durchs Land zur Spielzeiteröffnung an den Schweizer Theatern. Ausserdem: Der Wochenkommentar

18.09.2021

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Ladies, Gentlemen and everybody beyond

Wochenende. Das haben wir für Sie im Angebot:

Endlich wieder Lampenfieber! Die Schweizer Theater­bühnen erwachen in diesen Tagen nach langen Monaten der zähen Ungewissheit aus dem Corona-Stillstand. Am Zürcher Neumarkt feiert «Madama Butterfly» Premiere, das Theater Basel startet mit «Die Physiker», das Schauspiel­haus Zürich bringt «Der Besuch der alten Dame» auf die Bühne und das Schauspiel Bern «Rose Bernd», ein Stück über eine junge Frau und ältere, mächtige Männer, das 1903 uraufgeführt wurde und in den 118 Jahren, die seitdem vergangen sind, wenig an Gegen­wärtigkeit verloren hat. Womit wir mitten im Thema sind.

  • Übergriffe, Sexismus, Mobbing und Rassismus: Diesen Frühling wurden an mehreren deutschen Bühnen Missstände angeprangert. Und dabei wurde immer wieder mal auf Schweizer Theater als progressive Vorbilder verwiesen: Da bewege man sich weg vom altmodischen, patriarchalischen Ein-Mann-Intendanten­modell hin zu modernen Doppel-, Dreifach-, ja in einem Fall sogar 16-Personen-Führungs­spitzen; da werde verjüngt, auf Diversität geachtet, da mache man alles richtig. Feuilleton-Autorin Theresa Hein wollte wissen: Gehören Macht­missbrauch und Nepotismus tatsächlich an Schweizer Theatern der Vergangenheit an? Nehmen Verantwortliche hier Rassismus ernst und setzen auf Diversität? Und so machte sie sich zur Spielzeit­eröffnung auf zu einer Tour nach Bern, Basel und Zürich, um heraus­zufinden, wie weit die Theater bei der Reform jahrhunderte­alter, maroder Strukturen sind. Und ob dabei immer noch grosse Kunst entsteht.

  • Eigentlich mag man ja über die neueste Provokation von Bundesrat Ueli Maurer nicht einmal mehr müde gähnen. Und trotzdem, schreibt Daniel Binswanger in seinem Wochen­kommentar, muss man ihr Beachtung schenken: «Maurers Freiheits­trychler-Stunt ist nichts als die hässliche Fratze einer radikalisierten Rechten, die sich rund um den Globus beobachten lässt.» Der Bruch von Regeln ist längst zum politischen Kampf­mittel geworden. Und entfesselt eine Dynamik der Gewalttätigkeit.

Ausserdem:

Und damit zum Rückblick auf die Woche:

  • Seit die Schweizer Regierung die Covid-Zertifikatspflicht ausgedehnt hat, scheinen sich Corona-Massnahmen­kritiker in atem­beraubendem Tempo weiter zu radikalisieren. In Bern kam es diese Woche zu gewalt­tätigen Protesten, mehrfach schon stürmten Impfgegner Spitäler. An vorderster Front mobilisiert der Jung­freisinnige Nicolas A. Rimoldi mit seinem Verein Mass-voll gegen die Corona-Massnahmen. Wie weit geht zu weit? Und was genau treibt Rimoldi an? Monatelang beobachteten die Republik-Reporter Daniel Ryser und Basil Schöni den selbst ernannten Freiheits­kämpfer, sie sprachen mit ihm, lasen seine Tweets und die Chat-Nachrichten seiner Anhänger: Die Geschichte einer Radikalisierung.

  • Wissen Sie, wie reich oder arm Sie sind? Wissenschaftliche Studien zeigen, dass nicht die tatsächliche Verteilung des Reichtums in der Gesellschaft entscheidend dafür ist, ob wir eine Umverteilung befürworten. Sondern unsere Wahrnehmung der Verhältnisse. Ob Sie mit der Einschätzung Ihrer persönlichen Vermögens­situation richtig liegen? Schätzen Sie im inter­aktiven Daten­briefing «Auf lange Sicht», an welcher Stelle Sie im Reichtums­ranking der Schweiz stehen. Wir zeigen Ihnen dann, wo Sie wirklich platziert sind. Möglich, dass Sie dabei eine Über­raschung erleben.

Adam Higton
Gert Hekma hat mehr als 30 Jahre zu Homosexualität in Europa geforscht und publiziert. Ernst Coppejans
  • Die Niederlande haben als erstes Land der Welt die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht. Das war vor 20 Jahren. In der Schweiz wird in einer Woche über die Ehe für alle abgestimmt. Wie genau lief die Debatte damals in den Nieder­landen? Und was hat sich seither verändert? Ein Interview mit dem Soziologen Gert Hekma, der darin auch erklärt, warum Schwule und Lesben in den Nieder­landen anfänglich gegen die Ehe für alle waren.

  • David Lynch ist daran gescheitert. Nun nimmt der franko­kanadische Regisseur Denis Villeneuve einen neuen Anlauf: Seit dieser Woche läuft «Dune» in den Schweizer Kinos. Film­kritiker Simon Spiegel sagt Ihnen, was Villeneuve besser gemacht hat und wo es trotzdem hapert. Und warum das Scheitern für David Lynch rückblickend ganz gut war.

  • «Ohne Pakistan wäre der Sieg der Taliban nie möglich gewesen», sagt der frühere pakistanische Guerilla­kämpfer Ahmed Rashid, der heute als Journalist zu den weltweit renommiertesten Taliban-Kennern zählt. Die aktuelle Lage in Afghanistan ist unübersichtlich und kompliziert, die verschiedenen geopolitischen Interessen sind verworren. Dieses Interview kann dabei helfen, sich etwas mehr Klarheit zu verschaffen.

Über die Anzahl Eier kann man streiten. Doch wer hierfür Rahm verwendet, gehört schwer bestraft. Reinhard Hunger
  • Und dann lassen Sie uns noch ein grosses Missverständnis klären: Spaghetti und Rahm ergeben niemals Spaghetti carbonara. Carbonara ist es nur, wenn man Eier verwendet. Wie viele Eier? Kommt drauf an.

  • Falls Sie Lust auf Hörstoff haben, können wir Ihnen das aufgezeichnete Gespräch von Daniel Binswanger mit der Politik­wissenschaftlerin Natascha Strobl über die gesellschaftliche Radikalisierung empfehlen.

Schönes Wochenende!

Ihre Crew der Republik

www.republik.ch

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