Auf lange Sicht

Wo die FDP stark ist, gabs eher ein Ja zum CO2-Gesetz

Die Wähler von den Grünen bis – Überraschung! – zur FDP stützten die Ja-Parolen ihrer Parteien zur Klimavorlage. Doch nur in den SVP-Hochburgen strömte das Stimmvolk an die Urnen.

Von Olivia Kühni und Marie-José Kolly, 28.06.2021

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Die FDP-Basis habe – ebenso wie die Jungen – Nein zum CO2-Gesetz gesagt, berichteten in den letzten Wochen viele Medien. Tatsächlich gaben in einer Nachwahl­befragung bloss knapp 4 von 10 FDP-Wählerinnen an, der Vorlage zugestimmt zu haben. Doch ein anderer Blick auf die Ergebnisse legt nahe, dass die Dinge ebenso wie bei der Aussage über die Jungen auch bei den Parteien nicht so eindeutig sind wie berichtet: Je höher der FDP-Wähler­anteil in einer Gemeinde ist, desto höher war der Anteil Ja-Stimmen. Will heissen: In den Hoch­burgen folgte die Basis tendenziell der Parteiparole.

Dasselbe gilt auch für alle anderen Parteien.

In Gemeinden, in denen die SVP bei den letzten nationalen Wahlen 2019 gut abgeschnitten hat, sagten prozentual viel mehr Stimm­bürgerinnen Nein zur Vorlage. In Gemeinden mit starken Grünen war es – wenig überraschend – genau umgekehrt: je mehr grüne Wählerinnen, desto eher gabs ein Ja. Bei beiden Parteien ist dieser Zusammen­hang sehr deutlich. Auch eine starke GLP und (etwas weniger) eine starke SP korrelieren mit einem höheren Ja-Anteil in den jeweiligen Gemeinden.

Wo die SVP stark ist, gab es mehr Nein

Anteil Ja-Stimmen nach Parteienstärke

SVP05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
FDP05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
CVP05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
GLP05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
SP05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
Grüne05080 % Ja-Stimmen-Anteil04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)

Die Korrelationskoeffizienten (Spearman):
SVP: –0,59 | FDP: 0,34 | CVP: 0,08 | GLP: 0,47 | SP: 0,43 | Grüne: 0,54. Quelle: Bundesamt für Statistik (Abstimmungsresultat; Kennzahlen der Gemeinden).

Die SVP also sagte Nein, alle anderen Parteien Ja – und die verschiedenen Hoch­burgen der Parteien folgten tendenziell den Parteiparolen.

Trotzdem resultierte schliesslich ein Nein. Dafür gibt es selbstverständlich zahlreiche Gründe. Einer davon: Die Bauern (und damit die SVP, die in ihrer Basis mit den Bauern eine grosse Schnitt­menge hat) mobilisierten stark, wie schon mehrfach geschrieben wurde. Tatsächlich zeigen auch unsere Daten: Gemeinden mit einer starken SVP hatten eine viel höhere Stimm­beteiligung.

Keiner anderen Partei ist offenbar eine solch starke Mobilisierung gelungen.

Wo die SVP stark ist, pilgerten mehr an die Urne

Stimmbeteiligung nach Parteienstärke

SVP3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
FDP3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
CVP3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
GLP3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
SP3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)
Grüne3366100 % Stimmbeteiligung04590 % Wähleranteile (Nationalratswahl 2019)

Die Korrelationskoeffizienten (Spearman):
SVP: 0,30 | FDP: 0,07 | CVP: 0,17 | GLP: 0,03 | SP: 0,30 | Grüne: 0,07. Quelle: Bundesamt für Statistik (Abstimmungsresultat; Kennzahlen der Gemeinden).

Besonders auffallend ist die Mobilisierung im Fall der SP. Hier ist der Effekt negativ: Je stärker die SP in einer Gemeinde vertreten ist, desto tiefer lag die Stimm­beteiligung. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass Grüne und SP einen Teil Wechsel­wählerinnen haben und eine starke SP in manchen Gemeinden entsprechend weniger Wähler­anteile für die Grünen bedeutet. In grünen Hoch­burgen aber gelang die Mobilisierung eher.

Fazit: Die Bürger in Gemeinden mit einer starken SVP strömten an die Urnen, alle anderen waren zurück­haltender. Und die FDP muss bei ihren Debatten um den richtigen Kurs aufpassen, nicht ihre Hoch­burgen zu schleifen.

Zu den Daten

Bei den Grafiken zu den unterschiedlichen Parteien fehlen unter­schiedlich viele Gemeinden: jene aus Kantonen, in welchen die jeweilige Partei keine Kandidatin aufgestellt hatte. Für den Kanton Basel-Stadt enthalten die Wähler­anteile der FDP auch jene der Liberal-Demokratischen Partei.

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