Im Gespräch

«Die Credit Suisse hat vollkommen versagt»

Das Jahr hat noch keine vier vollen Monate – aber die CS schon wieder zwei neue Skandale. Schafft die Grossbank unter neuer Führung endlich eine Kehrtwende? Oder wird sie bald verkauft? Folge 12 des Podcasts – mit Wirtschafts­journalist Mark Dittli.

Von Roger de Weck, 30.04.2021

«Die Credit Suisse hat vollkommen versagt»
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Nichts Neues am Parade­platz: Die Credit Suisse (CS) spekuliert sich schon wieder ins Verderben, wieder baut sie Milliarden­verluste. Ihre Verbandelung mit dem windigen Financier Bill Hwang und seiner Investment­firma Archegos wird ihr am Ende wohl einen Verlust von 5 Milliarden Dollar einbringen. Das entspricht etwa dem Umfang eines ganzen Jahres­gewinns. Dann ist da der Fall Greensill, das Drama um den Abgang von Tidjane Thiam, eine lange Liste von Fails und Skandalen aus den letzten Jahren.

Einst war die Credit Suisse eine Schweizer Institution, doch nun ist sie vor lauter Miss­management bloss noch «ein Zwerg in der Branche» – sagt Mark Dittli, Gründer des Online­magazins «The Market» und intimer Kenner des Finanz­platzes. Roger de Weck spricht mit dem Fachmann, der seit zwei Jahr­zehnten die CS beobachtet und das Unbegreifliche auf verständlichste Weise erläutert.

Was Sie im Podcast erwartet:

  • Die Credit Suisse ist seit zwölf Jahren in der Krise: Warum? Im Gegensatz zur UBS, die fast in Konkurs ging, hat die CS die Lehren aus der Finanz­krise von 2008 nicht gezogen. (00:46)

  • Was ist das eigentlich: Investment­banking? Wieso scheitern die CS und überhaupt die Schweizer Banker in dieser Sparte? (03:52)

  • Der Fall Greensill: Mit «relativ risikolosen» Anlagen in die Katastrophe – es droht ein Verlust von bis zu 2,5 Milliarden. Schon seit zwei Jahren blinkten die Warn­lampen, aber am CS-Hauptsitz wollte man sie nicht sehen. (13:05)

  • Der Fall Archegos: Das einstige «Wunder­kind» Bill Hwang wurde wegen Insider­geschäften verurteilt, ist berüchtigt, gewaltige Risiken einzugehen. Warum lässt sich die CS auf diesen Spekulanten ein? (24:05)

  • Im Mittelpunkt der Strategie jeder Bank müsste das Risiko­management stehen. Da hat die CS vollends versagt: die falschen Personen, die falschen Prozesse, die falschen Anreiz­systeme. (35:22)

  • Die Verantwortung des Verwaltungs­rats und die «Kakerlaken-Theorie»: Wo eine Krise ausbricht, droht die nächste. Seit 2009 hat die CS 15,7 Milliarden für Bussen und Rechts­kosten bezahlt und – im Vergleich dazu «nur» – 1,3 Milliarden Steuern in der Schweiz. (43:20)

  • Das perverse Bonus­system: In kurzer Frist kann ich als Managerin reich werden, was kümmert mich die Entwicklung meiner Bank! (47:52)

  • Seit dem Wegfall des Bank­geheimnisses für Ausländer ist das Vermögens­verwaltungs­geschäft viel weniger einträglich. Die UBS ist da erfolg­reicher als die CS, aber sie hat Mühe. (56:46)

  • Was wird der neue CS-Verwaltungsrats­präsident António Horta-Osório tun? Er hat die britische Klein­kunden­bank Lloyds gerettet – jetzt braucht auch die Credit Suisse einen Neustart. Wird sie übernommen? (01:04:38)

  • CS und UBS sorgen mit ihren Finanzierungen für mehr Ausstoss von Treibhaus­gasen als die ganze Schweiz. (01:09:42)

  • Kommt der Finanz­platz zur Ruhe? Er bringt 12 Prozent des Volks­einkommens – die Sparte Vermögens­verwaltung «bloss» 4 Prozent: in etwa so viel wie die Landwirtschaft. (01:13:35)

Zur Person

Laurent Burst

Mark Dittli ist Gründer und Chef­redaktor von «The Market», einem Online­magazin, das sich dem Geschehen an den weltweiten Finanz­märkten widmet. Er arbeitet seit über 20 Jahren als Wirtschafts­journalist, mit einem besonderen Interesse für makro­ökonomische Themen, Finanz­märkte und Wirtschafts­geschichte. Ab Januar 2018 arbeitete Mark Dittli ein gutes Jahr bei der Republik – unter anderem als Chefredaktor.

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