Zürcher Herzkrise – eine Trilogie – II. Absturz

Ein weiteres, umfangreiches Whistle­blowing aus der Herzchirurgie erschüttert das Universitätsspital Zürich.

II. Absturz

Ein leitender Arzt belastet den Klinikchef der Herzchirurgie am grössten Unispital der Schweiz schwer. Es geht um Macht – und um sehr viel Geld. Die Aufarbeitung der Affäre überfordert die Spitalleitung. Der Konflikt eskaliert. Und Medien spielen dabei eine unrühmliche Rolle. Zürcher Herzkrise – eine Trilogie.

Von Philipp Albrecht, Dennis Bühler, Brigitte Hürlimann (Recherche) und Goran Basic (Bilder), 04.03.2021, Update: 02.02.2022

Synthetische Stimme
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Die E-Mail erreicht Spital­direktor Gregor Zünd mitten in den Sommer­ferien, am 30. Juli 2020. Absender: «eine Vielzahl von besorgten USZ-Angestellten». 72 Fälle von Komplikationen im Operations­saal hat die Gruppe zusammen­getragen, 9 davon scheinen besonders gravierend. Die Patienten­sicherheit im Herz­zentrum am Universitäts­spital Zürich sei gefährdet, schreiben die Absender.

Es ist das zweite Whistle­blowing am USZ innert acht Monaten. Doch diesmal ist nicht Klinik­direktor Francesco Maisano der Kritisierte, sondern der Whistle­blower, der im Dezember 2019 Vorwürfe gegen Maisano erhoben hat: André Plass, Herz­chirurg und leitender Arzt am Universitätsspital.

Plass hatte Maisano vorgeworfen, Studien geschönt, Interessen­konflikte verschwiegen und Behörden in die Irre geführt zu haben. Alles mit dem Ziel, sich persönlich zu bereichern. Damit habe der Direktor für Herzchirurgie am USZ die Patienten­sicherheit gefährdet. Im Mai 2020 gelangten die Vorwürfe an die Medien. Seither versinkt das grösste Unispital der Schweiz im Chaos.

Der Inhalt des zweiten Whistle­blowings von «besorgten USZ-Angestellten» ist der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt. Darin werden Dutzende von Operationen geschildert, die mit Komplikationen verlaufen sind. Plass soll «durch die Verletzung der Sorgfalts­pflicht» und wegen medizinischer Mängel die Gesundheit mehrerer Patienten geschädigt «oder womöglich sogar den Tod verursacht» haben.

Drei Auszüge:

  • 18. März 2020. Der Herz­chirurg führt bei einem Patienten, Jahrgang 1947, eine Bypass­operation durch. Tage später ist der Bypass verschlossen, ein zweiter verengt. Es kommt zu einem zweiten Eingriff. Der Patient verbringt anschliessend drei Wochen auf der Intensivstation.

  • 20. März 2020. Der Herzchirurg operiert einen Patienten, Jahrgang 1958, mit einem Riss in der Haupt­schlagader (Aorta) beim Herzen. Ein Notfall. Nach der Operation verschlechtert sich der Zustand des Patienten, mehrere Organe versagen. Die Gefäss­chirurgie übernimmt den Fall und muss mehrere Folge­eingriffe vornehmen. Der Patient überlebt mit schweren neurologischen Ausfällen und wird ins Paraplegiker­zentrum überwiesen.

  • 26. März 2020. Der Herzchirurg setzt einer Patientin, Jahrgang 1969, einen Bypass am schlagenden Herzen ein. Er verzichtet auf den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine, die das Pumpen des Herzens übernimmt. Der Zustand der Patientin wird zunehmend instabil. Die Folge: ein kardiogener Schock mit akutem Rechts­herz­versagen. Die Kardio­anästhesie greift ein und stellt fest: Der Bypass ist verschlossen. Die Patientin erleidet schwere postoperative Komplikationen mit Organ­versagen. Statt wie erwartet nur einen Tag muss sie 15 Tage auf der Intensiv­station verbringen.

Der kritisierte Arzt André Plass bezeichnet die Vorwürfe gegenüber der Republik «als haltlos, absolut falsch, fakten­widrig und durch nichts belegt». In einer schriftlichen Stellung­nahme hält er zudem fest: Die anonym geäusserten, rufschädigenden und pauschalen Vorwürfe seien eine Retour­kutsche von ihm gegenüber feindlich eingestellten Personen.

Im August 2020 beginnen wir nach einem Hinweis von Angestellten aus dem Universitäts­spital Zürich unsere Recherchen mit dem Ziel, die Hinter­gründe der Affäre um Francesco Maisano zu erkunden.

Im September gelangt schliesslich ein weiteres, umfangreiches Whistle­blowing-Dokument des renommiertesten Schweizer Spitals in unsere Hände. Wer sich hinter der anonymen Gruppe verbirgt, wissen wir nicht mit Bestimmtheit. Mehrere Versuche, mit den «besorgten USZ-Angestellten» ins Gespräch zu kommen, scheitern. Unsere E-Mail-Anfragen werden nur anfänglich und nur knapp beantwortet. Man habe Angst, heisst es.

Was lief falsch am USZ bei der Aufarbeitung der beiden Whistle­blowings?

Wir haben mit USZ-Insidern, Kardiologinnen, Herz­chirurgen, Gesundheits­expertinnen, Juristen, Managern und Politikerinnen gesprochen. Wir haben Francesco Maisano und André Plass zu stundenlangen Gesprächen getroffen. Wir haben alle Seiten angehört – und kamen zu drei Erkenntnissen.

Erstens: Zwischen Kardiologie und Herzchirurgie spitzte sich im Laufe des Jahres 2019 ein Zerwürfnis zu, das in erster Linie mit einem Richtungs­streit um die Zukunft der Herzmedizin zu erklären ist. Anstatt dieses Zerwürfnis zu schlichten, also das Grundübel anzupacken, liess die USZ-Leitung lediglich die Vorwürfe gegen Francesco Maisano untersuchen. Was die Aufarbeitung des zweiten Whistle­blowings betrifft: Es wird verschleppt.

Zweitens: Die Vorwürfe aus dem ersten Whistle­blowing gelangten rasch an die Presse und lösten einen Medien­wirbel aus. Die Spital­leitung war dem Sturm nicht gewachsen, trotz gut ausgebauter Kommunikations- und Rechts­abteilung – und obwohl es sich nicht um die erste öffentlichkeits­wirksame Affäre am USZ handelte. Die Spital­leitung geriet unter Druck, entschied wider­sprüchlich und traf eine Reihe von Fehlentscheidungen.

Drittens: Das Unispital erwies sich als illoyale Arbeit­geberin. Es liess den im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik stehenden Klinik­direktor Maisano im Stich, unterstützte ihn weder in der rechtlichen Aufarbeitung noch in der Kommunikation nach aussen. Bei beiden Whistle­blowings versäumte es das USZ, gegenüber den «Hinweis­gebern», aber auch gegenüber den Kritisierten fair und transparent vorzugehen. Stattdessen haben die beiden involvierten Herz­chirurgen Francesco Maisano und André Plass ihre Anstellung verloren.

Im ersten Teil dieser Recherche haben wir dargelegt, wie der Macht­kampf unter den Herz­spezialisten am USZ aufkeimte und die Rivalitäten zwischen der Herz­chirurgie und der Kardiologie im Kampf um Patientinnen ausarteten. Und wie ein erster Angriff auf Klinik­direktor Maisano scheiterte. Er endete mit einem Audit, das keine gravierenden Mängel in Maisanos Verhalten als Arzt und Wissenschaftler zutage brachte.

Im zweiten Teil der Recherche beleuchten wir die darauf folgende Eskalation. Und die Rolle der Medien.

Phase 1: Der Angriff auf Maisano

Am 12. Dezember 2019 legt André Plass der Spital­leitung ein Dokument vor, das Klinik­direktor Maisano massiv belastet. Es zählt 43 Seiten und trägt den Titel «Whistle­blowing».

Der leitende Arzt erhebt drei Haupt­vorwürfe gegen seinen direkten Vorgesetzten:

  1. Maisano betreibt hoch­experimentelle Medizin, anstatt auf das Wohl der Patienten zu fokussieren.

  2. Maisano hat einen Interessen­konflikt, weil er für seine «Experimente» medizinische Implantate (Devices) einsetzt, die noch nicht abschliessend erforscht sind und von deren Einsatz beziehungs­weise deren Erfolg er finanziell profitiert.

  3. Maisano beschönigt in öffentlichen Publikationen die Wirkung dieser implantierten Geräte und verhindert dadurch eine neutrale Beurteilung.

Plass stützt sich bei seinem Whistle­blowing auf wissenschaftliche Beiträge, Auszüge aus dem Handels­register und Screenshots von Websites. Er schreibt, Maisano habe Leute eingestellt, die ihm wohlgesinnt seien und ihm helfen würden, die Wirkung seiner Devices stets positiv darzustellen: «Es hat sich eine regelrechte Cliquen­wirtschaft respektive Machenschafts-Struktur entwickelt, was es gänzlich unmöglich macht, die Sicherheit und den Nutzen dieser neuen experimentellen Devices objektiv zu beurteilen.»

Was auffällt: Die Vorwürfe von Plass decken sich weitgehend mit den Anschuldigungen, die bereits Frank Ruschitzka, Direktor der Klinik für Kardiologie, einige Monate zuvor an einer Leitungs­sitzung gegen Maisano erhoben hatte. Sie wurden im Oktober 2019 von zwei unabhängigen Experten in einem Audit untersucht, das Maisano selber in Auftrag gegeben hatte und das keine gravierenden Mängel zutage brachte. Hängen blieben Nachlässig­keiten bei der Angabe von Firmen­beteiligungen und Berater­verträgen. Diese Interessen­bindungen, so das Fazit der Experten, soll der Klinik­direktor künftig bei Publikationen und Vorträgen konsequent und lückenlos angeben. Der Kritisierte war einsichtig und gelobte Besserung.

Warum hat sich der leitende Arzt kurz nach dem mehrheitlich entlastenden Audit dennoch zum Whistle­blowing gegen seinen Vorgesetzten entschieden? Und warum gerade zu diesem Zeitpunkt, im Dezember 2019? Kritisiert werden überwiegend Operationen, die zwischen 2016 und 2018 durchgeführt worden waren.

Der Herzchirurg und Whistle­blower André Plass stammt aus Bayern und arbeitet seit 2003 am USZ. Seine Spezialität sind Bypässe – ein chirurgischer Standard­eingriff. Es ist die am häufigsten vorgenommene Herz­operation in der westlichen Welt. Plass’ Karriere in der Klinik für Herzchirurgie soll bereits unter Maisanos Vorgänger, Volkmar Falk, ins Wanken geraten sein. Dies weil seine chirurgischen Leistungen umstritten waren und er im Team ein aufbrausendes, unkollegiales Verhalten gezeigt haben soll. Das berichten uns Quellen aus dem Umfeld des Universitäts­spitals; und es wird in einem Brief vom 22. Juli 2020 bestätigt, den das Kantons­spital St. Gallen – der wichtigste Zuweiser der USZ-Herzchirurgie – an Maisanos Nachfolger Paul Vogt geschickt hat. Dieses Schreiben liegt der Republik vor. André Plass weist auch diese Vorwürfe als haltlos und unwahre Rufschädigung zurück.

Maisano ist bei seinem Stellen­antritt im Jahr 2014 auf einen leitenden Arzt angewiesen, der den Laden gut kennt. Weil mit Chefarzt Falk einige Ärzte die Zürcher Herzchirurgie verlassen, um künftig an der Berliner Charité tätig zu sein, kann es sich der neue Klinik­direktor nicht leisten, einen weiteren Chirurgen zu verlieren. Also setzt er auf Plass. 2019 will Maisano ihn sogar zu seinem Stellvertreter ernennen – erneut in einer personellen Notsituation.

«Sogar Chefärzte haben Mühe damit, personelle Konsequenzen zu ziehen, falls nötig ihren Unter­gebenen zu kündigen, natürlich unter Einhaltung der Vorschriften. Wissen Sie, warum das so ist? Die Ärzte haben Schiss. Sie können keine Mitarbeiter­gespräche führen. Sie wissen nicht, wie das geht», sagt eine USZ-Kennerin.

Der Mailänder Dottore braucht zu diesem Zeitpunkt dringend jemanden, der administrative und organisatorische Aufgaben übernimmt; Zuständigkeiten, die bis dahin von seinem Stellvertreter Michele Genoni abgedeckt wurden, der ein paar Jahre zuvor genau dafür vom Triemli ans USZ geholt worden war. Als Genoni das USZ im Sommer 2019 wieder verlässt (aus Gründen, die nicht kommuniziert werden), muss Maisano rasch einen Ersatz finden. Und greift auf Anraten der Spital­direktion einmal mehr auf Plass zurück.

Spitaldirektor Gregor Zünd hatte Plass vorgeschlagen, weil dieser die Institution dank seiner langjährigen Anstellung am USZ bestens kenne. Doch Maisano äussert Zweifel wegen der chirurgischen Fähigkeiten von Plass. Als Kompromiss schlägt er eine Aufgaben­teilung vor: Plass solle Administration und Organisation übernehmen, für die klinischen Aufgaben käme ein Arzt aus Wien ans USZ. Die Klinik für Herz­chirurgie hätte neu zwei Stellvertreter.

Plass lehnt ab.

Warum? Er gibt ein Zitat dazu nicht frei. Am Ende jedenfalls wird niemand der neue Vize. Der Arzt aus Wien kommt nicht ans USZ – und die Beziehung zwischen Maisano und Plass steuert auf ihren Tiefpunkt zu.

Im Herbst 2019 wird die Stimmung in der Klinik für Herzchirurgie immer vergifteter. Die Anzahl an Krisen­meetings, verzweifelten E-Mails und Powerpoint-Präsentationen mit Lösungs­vorschlägen nimmt schwindel­erregende Ausmasse an; auch diese Dokumente liegen uns vor. Die Zustände innerhalb der USZ-Herzmedizin sind derart problematisch, dass die Spital­leitung schliesslich die Absicht bekundet, Plass innerhalb des USZ zu versetzen.

Doch es soll anders kommen.

Mitte Dezember erfährt Klinik­direktor Maisano von der Spital­leitung, dass André Plass ein Whistle­blowing-Dokument gegen ihn eingereicht hat.

«Ich war, ehrlich gesagt, erleichtert, als ich davon hörte», sagt Maisano heute. «Ich dachte mir: Nun kann Plass nicht mehr im Hinter­grund gegen mich lobbyieren. Ab jetzt wird die Angelegenheit offen ausgetragen. Ich war mir sicher, dass ich nichts zu befürchten habe, und hatte keine Angst davor, mich den Vorwürfen zu stellen.»

Eine Einschätzung, die sich als kreuzfalsch erweisen sollte.

Ich will es genauer wissen: Schweizer Gesetze schützen Hinweis­geber mangelhaft – doch manchmal wollen sich Whistle­blower auch nur rächen

Als Whistle­blower werden Personen bezeichnet, die Hinweise auf Miss­stände in Unter­nehmen oder öffentlichen Institutionen geben. Meist sind es gegenwärtige oder frühere Mitarbeiterinnen, die aus eigener Erfahrung berichten und ihre Vorgesetzten oder die Medien über ihre nach eigener Auffassung öffentlich relevanten Beobachtungen informieren. Weil Whistle­blowing in der Schweiz nicht speziell geregelt ist, fehlt es an verbindlichen Verfahren und Strukturen – ein Zustand, der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung (OECD) seit längerem kritisiert wird. Die fehlenden gesetzlichen Grund­lagen führen zu einem mangelhaften Schutz von Whistleblowern.

Dazu kommt, dass in der Schweiz ein ungewöhnlich liberales Arbeits­recht gilt. Auch Whistle­blowerinnen darf gekündigt werden – allerdings nur aus anderen Gründen, nicht weil sie auf Missstände aufmerksam machten. Das wäre missbräuchlich. Ein zerrüttetes Arbeits­verhältnis hingegen kann als Kündigungs­grund gegen Whistle­blower vorgebracht werden.

An einer Veranstaltung des Zürcher Anwalts­verbands sagte der auf Arbeits­recht spezialisierte Fachanwalt Roger Hischier im November 2020: «Wenn Missstände aufgedeckt werden, so geschieht dies häufig in Zusammen­hang mit der Auflösung des Arbeits­verhältnisses. Also dann, wenn es für den Arbeit­nehmer am Arbeits­platz nicht mehr stimmt. Es kommt vor, dass das Whistle­blowing für den Arbeit­nehmer sozusagen die letzte Trumpf­karte ist. Nicht selten geht es auch um Rache. Man hat so lange mitgemacht, wie es am Arbeits­platz stimmte. Dann ist die Anerkennung weg, und nun will man sagen, was nicht gut läuft.»

Bevor wir weiter der Chronologie folgen, lohnt sich ein Blick auf die Vita und die diversen unter­nehmerischen Engagements des Whistle­blowers Plass.

Wie erwähnt wurden schon in der Ära von Maisanos Vorgänger Volkmar Falk Zweifel an den persönlichen und fachlichen Fähigkeiten des Chirurgen André Plass geäussert (was dieser bestreitet). Bei unseren Gesprächs­partnerinnen für diese Recherche fällt die Beurteilung unterschiedlich aus. Einige beschreiben ihn als fleissig und loyal, andere schildern ihn als despektierlich, prahlerisch und egozentrisch. Von Herz­medizinern erfahren wir nicht viel Positives über seine Arbeit im Operations­saal. Sie weisen darauf hin, dass Plass in der Regel die Standard­eingriffe übernommen habe.

Abgesehen von dieser durchzogenen fachlichen Einschätzung kursieren über Plass viele Gerüchte. Ihr gemeinsamer Nenner: Der leitende Arzt sei finanziell gut gebettet, bestens vernetzt und im Nebenjob unter­nehmerisch tätig – ohne Bezug zur Herzmedizin.

Manche beschreiben ihn gar als «gefährlich». Viele hätten Angst vor ihm. Grund dafür könnten seine geschäftlichen Verbindungen zu einem Ex-Mitglied des südafrikanischen Geheim­dienstes sein: Tony Schiena.

Schiena war Karate-Weltmeister und Schauspieler. 2004 trat er im Actionfilm «Wake of Death» an der Seite von Jean-Claude Van Damme in Erscheinung. Heute ist er Inhaber der privaten Sicherheits­firma Mosaic und wird von US-amerikanischen Fernseh­stationen regelmässig eingeladen, um als Experte zu den Themen Terrorismus und Menschen­handel Auskunft zu geben.

Plass und Schiena verbindet eine über fünfzehn­jährige Freundschaft, wie wir auf einer Firmen­website von Plass erfahren. Die beiden sind je hälftig an der Gecko Risk Training Group beteiligt, einem Unter­nehmen, das laut Handels­register «Know-how von hoch­spezialisierten Personen aus Straf­verfolgung, Militär und Notfall­medizin im Bereich Rettung und Sicherheit» anbietet. Plass ist Besitzer zweier weiterer Gesellschaften, die ähnlich tätig sind.

Einige USZ-Mitarbeitende berichten uns auch von Verbindungen zwischen dem Whistle­blower und Chef­kardiologe Frank Ruschitzka. Die beiden waren 2010 während einiger Monate gemeinsam im Verwaltungs­rat einer Medizinal­firma. Gegenüber mehreren Personen erzählte Plass, Ruschitzka habe nur dank seiner finanziellen Hilfe eine Villa an der Zürcher Goldküste bauen können.

Wie gut sich Plass und Ruschitzka tatsächlich kennen, ist unklar. Aus Gesprächen mit Quellen aus dem Spital ergibt sich zumindest das Bild zweier Ärzte mit einem gemeinsamen Ziel: Francesco Maisano loszuwerden.

Ruschitzka lässt über die USZ-Medien­stelle ausrichten, dass die Geschichte mit seinem Haus so falsch sei wie der Vorwurf, er habe jemanden loswerden wollen. Plass will sich nicht mehr äussern und gibt ein Zitat dazu nicht frei. Ausserdem stehe der Vorwurf, wonach Personen Angst vor ihm hätten, als «vollkommen unsachlich und ohne Fakten im Raum».

Seit Anfang 2018 hatte Maisano versucht, Ruschitzka davon zu überzeugen, dass Kardiologie und Herzchirurgie am USZ enger kooperieren müssten, dass die interne Konkurrenz allen schade – den beteiligten Ärzten, dem Spital und den Patientinnen. Das belegen interne Dokumente, die der Republik vorliegen. Doch Maisanos Bemühungen blieben erfolglos.

«Plass nutzte den Konflikt zwischen Ruschitzka und mir aus», sagt Maisano.

Das Whistle­blowing von Dezember 2019 führt nicht zu einer Beruhigung der Situation – im Gegenteil. In der angespannten, aufgeheizten Stimmung der nächsten Monate wird die Arbeit in der Herz­chirurgie immer schwieriger.

Ende Januar 2020 realisiert die Spital­leitung, dass sie eingreifen muss. Sie schlägt Plass zur Beruhigung der Situation ein dreimonatiges bezahltes Sabbatical vor. Der leitende Arzt will davon nichts wissen. Und schickt stattdessen sein Whistle­blowing-Dokument auch noch an die Leitung der Universität Zürich. Er macht geltend, «dass man mich ohne jegliche Begründung aus der Klinik entfernen will», und schliesst mit den Worten: «Es ist dringliches Handeln geboten.»

Nun gerät die Situation definitiv ausser Kontrolle. Aus Sicht der Arbeits­kollegen ist an eine normale Zusammen­arbeit mit Plass nicht mehr zu denken. An einer ausser­ordentlichen Sitzung beschliessen 7 Oberärzte am 2. April, sich an die Klinik­leitung zu wenden.

Im Protokoll, das der Republik vorliegt, schreiben sie, Plass hetze Team­mitglieder gegen­einander auf, setze Kolleginnen unter Druck, schädige den Ruf der Klinik und gefährde die Patienten­versorgung. In der Woche vor dieser ausser­ordentlichen Sitzung waren jene Vorfälle passiert, die wir aus dem Whistle­blowing der «besorgten USZ-Angestellten» geschildert haben; bei Operationen, die von Plass geleitet wurden.

Auch Maisano sieht sich gezwungen, Spital­direktor Gregor Zünd zu warnen. Er schreibt ihm am 3. April 2020 einen Brief: «Die Situation hat sich über die vergangenen Monate so sehr zugespitzt, dass ich die Tätigkeit von PD Dr. med. André Plass am USZ nicht mehr verantworten kann.»

Kurz darauf erhält Plass ein Operationsverbot.

Und wenig später die Kündigung.

Phase 2: Das Anwalts­trio untersucht

Auffallend ist, wie unterschiedlich das Spital auf die beiden Whistle­blowings reagiert. Als Mitte Dezember 2019 das Dokument gegen Maisano frisch auf dem Pult der Spital­leitung liegt, gibt diese umgehend eine Prüfung der Vorwürfe bei der Zürcher Grosskanzlei Walder Wyss in Auftrag.

Ein Anwaltstrio packt die Aufgabe an, führt Interviews mit 9 Personen, wühlt sich durch Patienten­akten, Verträge, Studien­unterlagen, Reglemente, Berichte und E-Mails. Im Zentrum der Unter­suchung stehen 12 Vorwürfe, die auf 15 konkreten Patienten­fällen basieren.

Die meisten Stunden verbringen die Anwälte im Gespräch mit Maisano.

Dieser wundert sich über den angriffigen Stil, der ihn an ein Verhör erinnert. Erschwerend kommt hinzu, dass er ohne Rechts­beistand und nur schlecht vorbereitet zu Walder Wyss geht, weil er davon ausging, nichts befürchten zu müssen – und weil ihm das USZ versichert habe, wie er sagt, dass er problemlos ohne anwaltliche Unter­stützung zur Befragung gehen könne. Ein ebenso schlechter wie falscher Ratschlag, wie sich zeigen wird.

Maisano beantwortet die anwaltlichen Fragen; aus seiner Erinnerung heraus, ohne die einschlägigen Dokumente, ohne Operations­bilder. Die Anwälte haben ihm den Fragen­katalog nicht im Voraus zugestellt, sie fragen ihn generell zu Sach­verhalten aus – die teilweise Jahre zurückliegen –, ohne offenzulegen, was ihm genau vorgeworfen wird. Maisano berichtet vor allem darüber, was er als zentral empfindet, was er als Grund­lage und Ursache des ganzen Konflikts sieht: über den Streit zwischen Kardiologie und Herzchirurgie.

Zwischen Kardiologie und Herzchirurgie spitzt sich im Lauf des Jahres 2019 das Zerwürfnis zu.

Von André Plass, der zum Zeitpunkt dieser Befragung immer noch am Unispital tätig ist, erhält Walder Wyss zusätzliche Vorwürfe gegen Maisano vorgelegt. Immer und immer mehr. Bis die Anwalts­kanzlei am 15. März einen Schluss­strich zieht und dem leitenden Arzt mitteilt, man könne für diese Untersuchung keine weiteren Hinweise mehr entgegennehmen.

Am 20. April liegt ein erster Zwischen­bericht von Walder Wyss vor.

Gleichentags erfährt die Anwalts­kanzlei, dass Plass in der Zwischen­zeit noch weitere Personen über seine Vorwürfe gegen Maisano informiert hat. Darunter Natalie Rickli, Vorsteherin der Zürcher Gesundheits­direktion, Bundesrat Alain Berset und der damalige «Mr. Corona» des Bundesamts für Gesundheit, Daniel Koch. Mit diesem Vorgehen habe sich Plass nicht an die Auflage gehalten, die «Angelegenheit vertraulich zu behandeln», schreibt das Anwaltstrio von Walder Wyss in seinem Zwischen­bericht. Das habe «zu einer Eskalation der Angelegenheit beigetragen».

Mit seinem Verhalten macht der Whistle­blower deutlich, dass er die Öffentlichkeit sucht. In den folgenden Monaten wird er sich in mehreren Artikeln und im Schweizer Fernsehen äussern.

Der Bericht bleibt fürs Erste auf dem Pult der USZ-Leitung und unter Verschluss. An einer Sitzung wird Maisano mitgeteilt, dass die schwersten Anschuldigungen gegen ihn nicht bestätigt worden seien. Er erhält eine Woche Zeit, um eine Stellung­nahme zu jenen Punkten zu verfassen, die hängen blieben. «Ein paar kleine Probleme», so hat es der Noch-Klinik­direktor in Erinnerung. Als Plass Ende April entlassen wird, bekommt Maisano erstmals Einsicht in den Bericht – und sieht zum ersten Mal, was ihm der leitende Arzt konkret vorwirft.

Nach Einschätzung der Anwältinnen von Walder Wyss bleibt davon sehr wenig hängen: Erhärtet hätten sich 3 von 12 Vorwürfen. Der wichtigste Befund der externen Gutachter, was die Tätigkeit des Arztes angeht: Es gibt keine Hinweise auf eine Gefährdung des Patienten­wohls oder ein strafbares Handeln.

Maisano ist mit dem Bericht trotzdem alles andere als zufrieden. Ihm fällt auf, dass seine Erklärungen nur spärlich eingeflossen sind. Vor allem wird der Zwist zwischen der Kardiologie und der Herz­chirurgie – für ihn der zentrale Punkt überhaupt – bloss gestreift.

Was aber sind die Vorwürfe, die der Prüfung von Walder Wyss standhalten?

  1. In diversen Kurzartikeln über die von ihm mitentwickelten Devices wurden negative Aspekte unterschlagen und Ergebnisse beschönigt wieder­gegeben. Das Anwalts­büro äussert den Verdacht, dass dies kein Versehen war.

  2. Bei einigen Publikationen hat Maisano seine Interessen­konflikte nicht oder nur unvollständig offengelegt.

  3. Die Aufklärung der Patienten wurde ungenügend dokumentiert.

Innerhalb von drei Tagen schreibt Maisano eine Stellung­nahme zum Walder-Wyss-Zwischen­bericht. Er betont, dass er nie etwas habe verbergen wollen und in den allermeisten Publikationen, die wissenschaftlicher Natur sind, seine Verbindungen deklariert habe. Er weist darauf hin, dass seine Interessen­bindungen bei der Universität stets offengelegt worden sind – und dass es beim Unispital keine entsprechenden Vorschriften gebe; anders als an der Universität, seiner zweiten Arbeitgeberin.

Der Leiter des USZ-Rechts­dienstes bietet Maisano seine Unter­stützung an. Doch dann geschieht nichts mehr. Der Jurist habe ihm gesagt, die Stellung­nahme sei viel zu ausführlich, erzählt Maisano. Danach sei der Text beim Rechts­dienst liegen geblieben. Auf Anfrage der Republik will sich das USZ nicht zum Fall äussern, da es sich um ein laufendes Verfahren handle.

Die Tatsache, dass Maisanos Antwort nicht in den Bericht fliesst, ebnet den Weg für die nächste Eskalations­stufe: die Schlagzeilen.

Phase 3: Die Medien­lawine rollt an

++ Starchirurg unter Beschuss ++ Skandal am Unispital ++ Schwere Verfehlungen und Probleme an der Klinik für Herz­chirurgie ++ Operations­ergebnisse geschönt ++ Interessen­konflikte nicht offengelegt ++ Wissenschaftliches Fehl­verhalten ++ Universitäts­spital bestätigt Vorwürfe weitgehend ++

Was der «Tages-Anzeiger» am 21. Mai 2020 publiziert, hat eine klare Aussage: Francesco Maisano, der «Weltstar am Unispital», ist nicht mehr tragbar.

Ins Zentrum seiner Bericht­erstattung stellt das Tamedia-Recherche­desk den Fall einer 74-jährigen Patientin, die Ende Juni 2016 von Maisano und seinem Team operiert wurde. Die Operation – einer der 15 Fälle aus dem Whistle­blowing von André Plass – zeige exemplarisch auf, was in der USZ-Herzklinik schieflaufe. Der Vorwurf: Hier ist ganz offensichtlich ein Chefarzt am Werk, der seine monetären Interessen über das Patienten­wohl stellt.

Schauen wir uns diesen Fall genauer an.

Die Patientin leidet unter einer Schwächung der rechten Herzklappe. Maisano vollzieht an ihr eine «Weltpremiere»: Sie ist der erste Mensch, dem ein sogenanntes Cardioband, ein Implantat, an die defekte rechte Klappe genäht wird. Die Operation, die auf Video aufgezeichnet wird, verläuft nicht nach Plan: Der Draht, der das Implantat an der Herzwand befestigen soll, reisst. Das Team operiert ein zweites Cardioband ein. Dieses Mal hält der Draht, doch zwei Tage nach der Operation zeigt eine Ultraschall­untersuchung, dass die Insuffizienz der Klappe immer noch schwer ist.

Dennoch feiert das USZ die «Weltpremiere» Ende September 2016 in einer Medien­mitteilung und verlinkt einen Video­zusammen­schnitt der Operation. Der Riss des Drahtes ist darauf nicht zu sehen.

Sechseinhalb Monate nach der Operation erscheint ein Kurz­beitrag zur «Welt­premiere» – ein sogenanntes «Flashlight» – in der Fach­publikation «European Heart Journal». Im kurzen Text dazu lässt Co-Autor Maisano zwei Dinge unerwähnt: erstens, dass ein zweites Cardioband implantiert werden musste, weil beim ersten ein Draht gerissen war; und zweitens, dass er Aktien­optionen der Cardioband-Herstellerin Valtech Cardio hält.

Das Unternehmen wird zum Zeitpunkt der «Weltpremiere» als Übernahme­kandidat gehandelt: Im November 2016 vermeldet der Medtech-Konzern Edwards Lifesciences die Absicht, Valtech Cardio für insgesamt knapp 700 Millionen Dollar zu kaufen.

Hat Francesco Maisano eine nicht vollends gelungene Operation als zu erfolgreich dargestellt? Hat er ausserdem in einer wissenschaftlichen Publikation seine finanzielle Beteiligung am Hersteller des verwendeten Produkts verschwiegen?

Der öffentlich Kritisierte wird in den folgenden Monaten die Anschuldigungen grössten­teils widerlegen können – dazu später mehr. Aber seine Replik wird zu spät kommen und kaum gehört werden.

Denn der Schaden ist bereits angerichtet. Nachdem das USZ vom «Tages-Anzeiger» mit den Vorwürfen an Maisano konfrontiert worden ist, beschliesst die Spitalleitung, den gesamten Walder-Wyss-Zwischenbericht zu publizieren. Sie geht davon aus, dass der Bericht die Anschuldigungen entkräftigt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Tamedia-Journalistinnen fühlen sich vom Bericht «über weite Strecken» bestätigt.

Aber warum hat das USZ überhaupt den Zwischenbericht öffentlich gemacht? «Um einer Vorverurteilung von Professor Maisano entgegen­zutreten», sagt Gregor Zünd heute. «Wir mussten davon ausgehen, dass dem ‹Tages-Anzeiger› sämtliche Unter­lagen des Hinweis­gebers vorlagen. Die Publikation von Medien­mitteilung und Bericht sollte es anderen Medien­schaffenden erlauben, sich ein differenziertes Bild zu machen.»

Das Unispital scheint masslos überfordert zu sein: mit den Turbulenzen in der Herzmedizin, die einfach kein Ende nehmen wollen, aber auch mit den Negativ­schlagzeilen, die zur selben Zeit zwei andere Kliniken betreffen. Am öffentlichen Pranger stehen der Klinik­direktor der Gynäkologie und sein Kollege in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Das halbe Spital scheint zu brennen.

Noch hält das USZ an Francesco Maisano fest. Man verfüge mit ihm über einen «hervor­ragenden, international anerkannten Chirurgen und eine innovative Persönlichkeit», beantwortet die Medienstelle eine Anfrage des «Tages-Anzeigers». Sämtliche Mängel seien erkannt und würden behoben. Die Spital­leitung stehe hinter ihrem Klinikdirektor.

Doch die Negativ­schlagzeilen gehen weiter.

  • 23. Mai 2020, «Tages-Anzeiger»: Der Vizepräsident der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissen­schaften sagt: «Dieser Fall ist tragisch, er zerstört Vertrauen, was das Wichtigste ist in der Beziehung zwischen Arzt und Patient.»

  • 23. Mai 2020, «Tages-Anzeiger»: Der Präsident der Zürcher SVP nennt den Fall «skandalös», der Fraktions­chef der SP ist «sehr empört».

  • 22. Mai 2020, NZZ: Eine Zürcher Kantons­rätin der Grünen spricht von einem «riesigen Reputations­schaden für das Spital».

  • 24. Mai 2020, «SonntagsZeitung»: In einem Kommentar schreibt ein Mitglied der Chef­redaktion, die «lasche Haltung» des Unispitals gegenüber Maisano untergrabe das Vertrauen in die Wissenschaft.

  • 26. Mai 2020, NZZ: In einer gemeinsamen Fraktions­erklärung von SP, GLP, Grünen und EVP, die sich auf alle drei in jenen Wochen von Medien aufgedeckten Fälle am USZ bezieht, steht: «Alle drei Professoren verletzten Standes­regeln, wissenschaftliche Prinzipien und sogar Gesetze. Sie tun es, um direkt oder indirekt ihre Einkünfte zu maximieren, um über ihre Spitzen­honorare hinaus finanziell zu profitieren.»

Vor allem das Tamedia-Recherche­desk, das die Sache öffentlich gemacht hat, berichtet auffallend vorverurteilend. So schreibt die «Sonntags­Zeitung» am 24. Mai 2020 unter dem Titel «Klinikdirektor führte Behörde in die Irre», Maisano habe gegenüber der Heilmittel­behörde Swissmedic falsche Angaben gemacht. Auf Anfrage der Republik teilt Swissmedic inzwischen aber mit, dass keine Verletzung der Melde­pflichten festgestellt wurde und der Fall Maisano für sie abgeschlossen sei.

Zudem zitiert die Redaktion von «Tages-Anzeiger» und «Sonntags­Zeitung» selektiv nur Belastendes aus dem Unter­suchungs­bericht der Kanzlei Walder Wyss – und sie reicht von Mai bis September immer wieder neue Episoden nach, die Maisano in ein schlechtes Licht rücken. Gegen­steuer geben in jener Phase einzig das kleine Branchen­portal «Medinside» und die «Weltwoche», die auch mögliche Motive von Whistle­blower Plass oder das fragwürdige Verhalten des Chefkardiologen Ruschitzka thematisieren.

Schliesslich knickt das Universitäts­spital Zürich ein.

Am 27. Mai wird Maisano für drei Wochen beurlaubt. Dann wird der Urlaub verlängert. Und im dritten Schritt der Klinik­direktor auf unbestimmte Zeit suspendiert. Am 18. Juni gibt das USZ bekannt, dass Herzchirurg Paul Vogt per 1. Juli interimistisch die Klinik­leitung übernimmt.

«Mediale Kampagnen haben zwangs­läufig einen ‹hysterischen› Charakter, weil die Leser Blut sehen wollen, und der ‹tiefe Fall› von (vermeintlich) mächtigen Professoren immer eine morbide Faszination und enorm viel Schaden­freude auslöst», schreibt ein Chefarzt in einer Mail an über 40 Empfänger im Unispital.

«Die Medien haben Maisano zerstört. Damit wurde ein gewaltiger Fortschritt, den das USZ in den nächsten 10 Jahren erzielt hätte, kaputtgemacht», sagt ein Herzchirurg zur Republik, der mit Maisano zusammen­gearbeitet hat.

In der Bericht­erstattung fällt in diesen Sommer­wochen 2020 eine leichte Verschiebung im Tonfall auf. Der angeblich untragbare Starchirurg gerät in den Hinter­grund, während immer mehr Artikel die Spital­leitung kritisieren. «Die Führung des Unispitals hat versagt», schreibt etwa der «Tages-Anzeiger». Gemeint sind Direktor Zünd und Spitalrats­präsident Waser.

Phase 4: Maisano wehrt sich

Früher, so erzählen es uns mehrere Gesprächs­partnerinnen, hätten die Kliniken am Unispital wie Fürsten­tümer funktioniert. «Wenn ein Klinik­direktor mit der Spital­leitung unzufrieden war, ging er direkt zur NZZ oder zum Regierungs­rat. Man befand es für unnötig und überflüssig, zuerst die hausinterne Hierarchie zu berücksichtigen», so eine frühere Führungskraft.

Heute sei das anders. Wer am USZ etwas durchsetzen oder verhindern wolle, verbünde sich mit einfluss­reichen Kräften innerhalb und ausserhalb des Hauses. Quellen am USZ sagten uns: Hätte Maisano mehr Zeit ins Networking investiert, er wäre womöglich noch am Unispital. Whistle­blowing und Medien­kampagne hin oder her.

So sehr ihn die Spital­leitung in den Zeiten der Turbulenzen auch im Stich lässt: Nachdem die ersten Schlag­zeilen im Mai 2020 erschienen sind, erhält der angeschlagene Klinik­direktor massgeblichen Support von aussen. Dutzende stärken ihm auf der Plattform Linkedin den Rücken, andere schreiben Briefe an die obersten Organe des USZ.

So etwa Thomas Lüscher. Sein Name tauchte bereits im ersten Teil dieser Recherche auf: Er war der Vorgänger von Frank Ruschitzka als Direktor der Klinik für Kardiologie. Inzwischen in London tätig, leitet er das renommierte «European Heart Journal» – jenes wöchentlich erscheinende Magazin, in dem Maisano unvollständig über die «Welt­premiere» berichtet hat.

Lüscher weist Ende Mai in seinem Brief an Spital­direktor Gregor Zünd darauf hin, dass die Rubrik «Cardio­vascular Flashlights», in der Maisano publizierte, primär dazu dient, Lücken im Heft zu füllen. Den Vorwurf, der im Zentrum der Medien­lawine gegen Maisano stand, widerlegt Lüscher in einem Satz: «‹Cardio­vascular Flashlights› werden nicht als Forschungs­artikel betrachtet.»

Was bedeutet das?

Zum einen haben solche Flashlights lediglich einen illustrativen Zweck: Publiziert wird ein Bild, das von einem kurzen Text begleitet wird; die Ärzteteams, die Beiträge einreichen, schicken stets eine Liste der Interessen­bindungen mit, die mangels Platz aber nicht abgedruckt wird. Auch Maisano und sein Team haben sich gemäss Lüscher an dieses Vorgehen gehalten. Zum anderen werden Flashlight-Beiträge im Gegensatz zu wissenschaftlichen Artikeln vor der Publikation nicht von Expertinnen begutachtet.

Lüscher sieht sich in der Pflicht, Zünd darüber zu informieren, dass die Journalisten ein «begrenztes Verständnis» davon hätten, was ein echter wissenschaftlicher Artikel sei und wie sich dieser von einem «Cardio­vascular Flashlight» unterscheide.

Auch wenn Lüscher die Arbeit der Journalisten heftig kritisiert – gänzlich entlastet ist Maisano aus seiner Sicht nicht. Denn der gerissene Draht bleibt im entsprechenden Flashlight unerwähnt: ein Fehler, der unter normalen Umständen wohl mit einer Ermahnung des «Heart Journal» geahndet worden wäre.

Der frühere Chef der USZ-Kardiologie ist nicht der Einzige, der mit einem Brief seine Missbilligung der Bericht­erstattung von «Tages-Anzeiger» und NZZ ausdrückt.

Post erhält das USZ auch aus der Ostschweiz und aus dem Tessin. «Diese Artikel spiegeln nicht die Situation wider, wie wir sie in den letzten Jahren als wichtigster Zuweiser der Herzchirurgie am USZ erleben durften», schreibt der Spital­direktor des Kantons­spitals St. Gallen Mitte Juni an die Adresse von Gregor Zünd. Ein allfälliger Weggang von Maisano würde «einen erheblichen Verlust für das Universitäts­spital, die Universität Zürich und den Standort Schweiz bedeuten».

Das Führungsteam des Cardiocentro Ticino in Lugano erinnert das USZ derweil daran, «welchen wichtigen Einfluss Prof. Maisano auf die moderne Medizin hat und wie seine Präsenz in der Schweizer Szene, auch wenn sie zwangsläufig umstritten war, dazu beigetragen hat, den Namen und das Ansehen der nationalen Herz­chirurgie und des USZ selbst in der ganzen Welt hoch zu halten».

Am 10. Juli 2020 äussert sich Maisano erstmals öffentlich. In einem ausführlichen Interview mit der NZZ sagt er unter anderem:

«Es ist völlig an den Haaren herbei­gezogen, dass ich meine Interessen­bindung nicht deklariert habe, weil ich finanziell profitieren wollte. Dass man mir dies unterstellt, schmerzt mich noch viel mehr als meine Beurlaubung. Nie in meinem Leben haben mich finanzielle Interessen angetrieben. Ich wollte etwas Neues entwickeln, um Patienten damit zu helfen.»

Inzwischen ist auch die zweite Fassung seiner Stellung­nahme fertig. Wir erinnern uns: Eine erste Schrift, die Maisano im April 2020 innert dreier Tage verfasst hatte, blieb in der USZ-Rechts­abteilung liegen. Damit eine überarbeitete Version juristisch hieb- und stichfest ausfallen würde, engagierte Maisano die Zürcher Anwalts­kanzlei Niederer Kraft Frey.

Die mithilfe seiner Anwälte verfasste Replik aufs Whistle­blowing von André Plass und auf die Untersuchung von Walder Wyss wird schliesslich 132 Seiten lang. Eine «unsägliche, vorverurteilende und persönlichkeits­verletzende Medien­kampagne» sei gegen Maisano losgetreten worden, heisst es in der Stellung­nahme unter anderem. Zur Stützung seiner Argumente reicht Maisano 178 Beilagen ein, die ihn, zusammen mit teilweise sehr präzisen Beschreibungen von Vorgängen, von fast allen Vorwürfen entlasten.

Unter anderem tritt er auch dem Vorwurf des «Tages-Anzeigers» entgegen, er habe den Kurztext im «European Heart Journal» zur «Weltpremiere»-Operation geschönt. Vorgeworfen wurde ihm etwa, dass er den Zustand der Herzklappe nach der Operation als verbessert beschrieben habe, obwohl die Insuffizienz zwei Tage später weiterhin schwer gewesen sei. Doch auf den Bildern, die im Journal veröffentlicht wurden, ist laut Maisano klar ersichtlich, dass die Klappe nachher besser schloss als vorher.

Im Übrigen, sagt Maisano heute, sei die Patientin noch immer wohlauf. Eine Patientin, die von Experten als compassionate-use-Fall eingestuft worden war und demnach mit den herkömmlichen Methoden kaum mehr hätte operiert werden können. Compassionate use bedeutet: Es geht um die letztmögliche Behandlung. Sämtliche konventionellen Methoden sind ausgeschlossen oder zu risikoreich. Für eine compassionate use dürfen noch nicht zugelassene Implantate oder Geräte – Devices – verwendet werden, sofern dafür eine Bewilligung der Zulassungs- und Kontroll­behörde Swissmedic vorliegt.

Zwei Vorwürfe bleiben auch nach Maisanos ausführlicher Replik hängen:

  1. Nachdem Maisano mithilfe seiner Anwälte nochmals alle wissenschaft­lichen Publikationen aus den letzten fünf Jahren gesichtet hat, steht fest: Bei 14 von 266 Publikationen – 5 Prozent – fehlt eine lückenlose Offen­legung der Interessenkonflikte.

  2. Der Herzchirurg hat es versäumt, schriftlich zu dokumentieren, dass er seine Patientinnen stets ausreichend über den Einsatz der neuartigen Herzklappen-Implantate aufgeklärt hat. Damit verbunden ist die Rüge, es sei unklar, ob und wie er die Patienten über seine Beteiligungen an diesen Produkten beziehungsweise an den Hersteller­firmen informierte.

Dass Fehler gemacht wurden, lässt sich nicht wegdiskutieren. Doch einig sind sich sowohl der Herzklinik-Direktor als auch die Experten der ersten internen Untersuchung (des Audits) und die Anwältinnen von Walder Wyss darin, dass die Fehler nicht gravierend sind.

Der ganze Erklärungs­aufwand, der Rückgriff auf eine grosse Anwalts­kanzlei, ist umsonst, die Bemühungen kommen zu spät. Maisano hofft, das USZ werde seine Darstellung ebenfalls zusammen mit einer Medien­mitteilung publizieren, so, wie es zuvor mit dem Zwischen­bericht von Walder Wyss geschah. Doch der Spitalrat unter der Leitung von Martin Waser lehnt ab. Anfang Juli 2020 verabschiedet sich Waser in die Sommer­ferien und lässt Maisano in einem Brief wissen, dass er weder mit ihm reden wolle noch die Absicht habe, seine Stellung­nahme zu veröffentlichen.

Es ist der Moment, an dem die USZ-Spitze definitiv entschieden haben muss, den Klinik­direktor fallen zu lassen.

Phase 5: Der Aufstand gegen Plass

Wir fassen zusammen:

  • André Plass, leitender Arzt in der Klinik für Herz­chirurgie, erhebt schwere Anschuldigungen gegen seinen Vorgesetzten.

  • Die Spitalleitung lässt die Vorwürfe von einer Anwalts­kanzlei prüfen.

  • Die Anwalts­kanzlei entlastet Maisano von den schwer­wiegendsten Vorwürfen.

  • Die Spitalleitung entlässt Plass.

  • Das Whistle­blowing des leitenden Arztes gelangt an die Öffentlichkeit, die Medien setzen die Spital­leitung unter Druck.

  • Die Spitalleitung gibt dem Druck nach und beurlaubt Maisano.

  • Der in Ungnade gefallene Klinik­direktor verteidigt sich, entkräftet die meisten Vorwürfe und erhält Unter­stützung von aussen.

Ist damit der ärgste Sturm überstanden, kehrt nun Ruhe ein in der Herzmedizin am USZ?

Mitnichten.

Maisano kommt nicht zurück. Dafür Plass.

Über den Grund für die Wieder­einstellung des Gekündigten rätseln unsere Gesprächs­partnerinnen bis heute. Offiziell lässt das USZ ausrichten: «Die Parteien konnten die zwischen ihnen bestehenden Missverständnisse eingehend besprechen und aus dem Weg räumen.» Eine Quelle mit Verbindungen zur Spital­leitung sagt: «Zu diesem Zeitpunkt war in der Öffentlichkeit die Empörung über die Entlassung eines Whistle­blowers gross.» Die Spital­leitung habe ihren Kritikern wohl nicht noch mehr Angriffs­fläche bieten wollen, habe dem Druck einfach nachgegeben.

Also steht der umstrittene Herzchirurg zwei Monate nach seiner Kündigung ab dem 8. Juli 2020 wieder in den Gängen des Universitäts­spitals Zürich.

Seine Wiedereinstellung führt zu heftigen Reaktionen.

In einem Brief aus dem Institut für Anästhesiologie bitten die 12 Unter­zeichner die USZ-Spitze darum, «den Entscheid der klinischen Wieder­beschäftigung von PD Dr. Plass zu überdenken». Man befürchte eine «mögliche Gefährdung der Patientensicherheit».

Das Kantons­spital St. Gallen meldet sich ebenfalls erneut. Es erinnert das USZ daran, dass André Plass von allen aus der Ostschweiz überwiesenen Patienten ferngehalten werden müsse. Erstmals habe man dieses Anliegen schon vor Jahren mitgeteilt, als noch Maisanos Vorgänger Volkmar Falk die Zürcher Herz­chirurgie leitete.

Auch was diese Schreiben betrifft, betont André Plass: haltlos, unbegründet, fakten­widrig, verleumderisch. Er habe in den vergangenen Jahren Patienten vom Kantons­spital St. Gallen mit «nachweislich hoher Qualität» operiert.

22 Tage nach dem Wieder­eintritt des leitenden Arztes trifft das Whistle­blowing gegen André Plass, das der Republik vorliegt, bei der Spital­leitung ein – in Form einer verschlüsselten E-Mail.

Die anonyme Gruppe beliefert das Spital mit ausführlich beschriebenen Vorwürfen. Es geht um 9 Operationen, die in den vergangenen dreieinhalb Jahren stattgefunden haben. Dazu kommen 63 Fälle von operativen Eingriffen aus den letzten 10 Jahren, an denen Plass beteiligt war und die ausser­gewöhnlich lange dauerten, was auf Komplikationen hindeute. Verlangt wird «eine Unter­suchung gegen Herrn Plass wegen Gefährdung der Patienten­sicherheit und Mobbing am Arbeitsplatz».

Es vergeht keine Woche, bis das anonyme Whistle­blowing beim leitenden Arzt selber landet. In einer E-Mail, die uns vorliegt, verlangt Plass von der Gruppe «Details». Diese beschwert sich dann bei der Compliance-Abteilung über die Indiskretion und bricht den Kontakt zur Spital­direktion ab.

Das USZ benötigte sieben Monate, um die Vorwürfe gegen Plass zu untersuchen. Die Resultate würden in den kommenden Tagen kommuniziert, teilt die Medien­stelle heute auf Anfrage der Republik mit. Die Frage, warum das so lange dauerte, beantwortet das USZ nur allgemein: «Die Dauer einer Unter­suchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie deren Komplexität, die Fristigkeiten, etc.»

Zurück in den Sommer 2020. Unterdessen taucht ein neuer, massiver Vorwurf gegen Klinik­direktor Maisano auf. Er stammt wieder von Plass. Am 21. und 22. Juli informiert er die Spital­leitung über einen Fund, den er im spital­internen Informations­system gemacht hat. Maisano habe während einer laufenden Unter­suchung einen Operations­bericht nachträglich ins System hoch­geladen und den Bericht abgeändert.

Die Spitalleitung fackelt nicht lange: Sie reicht eine Straf­anzeige gegen Maisano ein – unter anderem wegen Urkunden­fälschung. Noch bevor dieser von seiner Arbeit­geberin erfährt, was ihm vorgeworfen wird, landen die News beim «Tages-Anzeiger».

Mit der Nachricht der Straf­anzeige festigt sich in der Öffentlichkeit das Bild des untragbar gewordenen, ja sogar kriminellen Klinik­direktors. Aber worum ging es überhaupt?

Maisano hatte festgestellt, dass im internen Dokumentations­system ein Bild aus der Echo­kardiografie fehlte, das vom Kardiologen während einer Operation hergestellt worden war. Also lud er es (oder jemand anderes, das steht nicht fest) nachträglich hoch und versah es mit dem Datum der Operation. Diese Rückdatierung war notwendig, um das Bild richtig abzulegen und auffindbar zu machen.

Wurde damit eine Straftat begangen?

Nein, sagt die Zürcher Staats­anwaltschaft, und zwar klipp und klar. Sie hat die Straf­untersuchung gegen Maisano am 1. Februar eingestellt, wie der «SonntagsBlick» am vergangenen Sonntag vermeldet.

Es liege keine Urkunden­fälschung vor, auch keine andere strafbare Handlung, schreibt die Staats­anwaltschaft. Das Bild wurde zwar erst im Nachhinein ins System eingespeist und mit dem Operations­datum versehen, es blieb aber unverändert. Keine Rede von Manipulation oder gar Fälschung – und vor allem keine Rede davon, es sei versucht worden, eine Operation im Nachhinein positiver darzustellen. Dazu kommt, dass jeder Eingriff im Informations­system dokumentiert wird und sichtbar wird, was im USZ jedermann weiss.

Die Spitalleitung scheint von den Vorgängen völlig überfordert zu sein.

Das Strafverfahren wegen angeblicher Urkunden­fälschung ist damit vom Tisch, das USZ hat die Einstellungs­verfügung akzeptiert, sie ist rechtskräftig geworden. Doch dem Dottore wird Ende August noch ein weiteres strafbares Verhalten angelastet. Die «NZZ am Sonntag», die Maisano als Paul Vogts «Widersacher» bezeichnet, zitiert den interimistischen Klinik­direktor mit den Worten: «Die Fakten liegen auf dem Tisch. Es wurde gelogen und betrogen.» Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Herz­chirurgie am USZ über längere Zeit falsche Abrechnungen produziert und so von den Kranken­kassen unrecht­mässig Geld bezogen habe.

Schlimme Vorwürfe, medial verbreitet, einmal mehr. Die Herz­chirurgie steht weiter unter Dauer­beschuss. Im Faden­kreuz der zwar abwesende, aber immer noch amtierende Klinik­direktor Maisano. Und jeder Vorwurf landet unverzüglich in der Presse.

Das grosse öffentliche Interesse am Skandal ist im Laufe des Sommers 2020 weiter angestiegen. Es ist eine beispiellose Schlamm­schlacht an einem Universitäts­spital, das mit Steuer­geldern gestützt wird, das sich der Forschung und der Weiter­bildung verpflichtet und Patienten aus aller Welt anzieht, damit sie sich von den besten Ärztinnen ihres Fachs behandeln lassen können.

Dieses wachsende Interesse an den Vorgängen am USZ hat in der Zwischen­zeit neue Akteurinnen auf den Plan gerufen.

So reicht etwa die Patienten­stelle Zürich eine Strafanzeige gegen Maisano und sein Team wegen Verletzung der Sorgfalts­pflicht ein. Und Regierungs­rätin Natalie Rickli fordert das USZ auf, weitere Vorwürfe des Whistle­blowers gegen den Klinik­direktor extern untersuchen zu lassen. Man will damit wohl einen weiteren Medien­sturm verhindern. Der Auftrag an Walder Wyss wird fortgesetzt. Auf den Zwischen­bericht von April 2020 folgt ein Ergänzungs­bericht – und erst seit Februar dieses Jahres soll ein über 120 Seiten dickes Dokument vorliegen, das den Titel «Schluss­bericht» trägt.

Kommt es zu neuen Erkenntnissen?

Dazu mehr im dritten Teil dieser Recherche, der mit einer denkwürdigen Presse­konferenz beginnt.

Korrigendum: In einer früheren Version hatten wir fälschlicher­weise geschrieben, Francesco Maisano habe André Plass 2019 zum leitenden Arzt befördert. Richtig ist, dass Plass bereits seit 2015 leitender Arzt war und dass Maisano ihn 2019 zu seinem Stellvertreter ernennen wollte.

Zum Update

Wenige Tage nach der Veröffentlichung dieses Beitrags gab das USZ bekannt, dass sich die medizinischen Vorwürfe gegen den leitenden Arzt André Plass in einer Untersuchung nicht bestätigt hätten. Die Republik hat am 18. März 2021 in einem «Update» ausführlich darüber berichtet.

Gegendarstellung der Tamedia

Die Republik hat im Artikel «Zürcher Herzkrise – eine Trilogie: II. Absturz» vom 4. März 2021 Folgendes ausgeführt: «Zudem zitiert die Redaktion von ‹Tages-Anzeiger› und ‹Sonntags-Zeitung› selektiv nur Belastendes aus dem Unter­suchungs­bericht der Kanzlei Walder Wyss (…).»

Das trifft nicht zu. Zutreffend ist, dass die genannte Redaktion schon am 20. Mai 2020 im ersten Artikel über diesen Unter­suchungs­bericht entlastend zugunsten von Prof. Maisano insbesondere Folgendes festhielt: «Der Vorwurf, der Klinik­leiter habe seine persönlichen Interessen an der Verwendung bestimmter Medizin­produkte über die Bedürfnisse und Interessen der Patientinnen und Patienten gestellt, wurde laut USZ-Stellung­nahme durch die Untersuchung ‹ausgeräumt›». Auch in zahlreichen weiteren Artikeln hat sie im Tages-Anzeiger und der SonntagsZeitung entlastend dargelegt, dass in dieser Untersuchung keine Patienten­gefährdung durch Prof. Maisano festgestellt worden war, so etwa in den Artikeln vom 22., 24. und 30. Mai, 11. Juni, 10., 25. und 31. Juli und 11. August 2020.

Tamedia Publikationen Deutschschweiz AG

Die Republik hält an ihrer Darstellung fest.

Zürcher Herzkrise – eine Trilogie

Sie lesen: II. Absturz

Wie der Konflikt an der Herzklinik im Unispital eskaliert und welche Rolle die Medien spielen

III. Aufräumen

Wie das Unispital Zürich einen Neuanfang für die Herz­me­di­zin ankündigt. Und warum dieser nicht rei­bungs­los verläuft

Interview

«Mir fällt nur ein Wort ein: Ka­ta­stro­phal»

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