Aus der Redaktion

Ist das Werbung?

Im Republik-Dialog wird nicht nur geschrieben, sondern auch verlinkt. Was geht, was nicht? Einblick in eine laufende Diskussion anhand von vier Fällen.

Von Lucia Herrmann, 25.02.2021

Journalismus kostet. Dass Sie diesen Beitrag trotzdem lesen können, verdanken Sie den rund 27’000 Leserinnen, die die Republik schon finanzieren. Wenn auch Sie unabhängigen Journalismus möglich machen wollen: Kommen Sie an Bord!

Die Ausgangslage ist einfach: Der Republik-Dialog bietet Raum für Austausch, über einzelne Beiträge und über diese Beiträge hinaus. Für Lob, Kritik, Ergänzungen und Hinweise auf Fehler.

Dazu steht ein Kommentar­feld zur Verfügung, in das – je nach Präferenz und Mitteilungs­bedürfnis – ein knackiger Zweizeiler, eine Frage oder ein Kurzessay getippt werden kann. Und wer das möchte, versieht seinen Kommentar mit einem oder mehreren Links.

Wer regelmässig die Kommentare im Dialog liest, hat dort bestimmt schon den einen oder anderen guten Hinweis entdeckt.

Vielleicht sind Sie aber auch schon über Links gestolpert, die Sie stutzig gemacht haben. Bei denen Sie sich gefragt haben: Gehört das hierhin? Jedenfalls kommt es regelmässig vor, dass Leser Kommentare melden (sprich: mit einer «Fahne» markieren), die Links enthalten.

Was darf gepostet werden und was nicht?

Grundsätzlich regelt das unsere Hausordnung. Keinen Platz haben beispiels­weise Links, die auf nachweislich falsche oder auf rassistische Inhalte verweisen (Etikette, Punkt 1). Oder solche, die auf nicht vertrauens­würdige Seiten weiterleiten, die beispielsweise kein Impressum aufführen oder nicht ausweisen, woher oder von wem die dort verbreiteten Inhalte stammen (Etikette, Punkt 2).

So weit, so klar.

In der Praxis fällt aber die Beurteilung, was denn nun etiketten­konform ist und was nicht, nicht immer so leicht. Und es kommt vor, dass wir uns intern nicht auf Anhieb darüber einigen können, ob ein bestimmter Kommentar «noch okay» ist oder «schon nicht mehr okay».

Dann wird diskutiert.

Von diesen Diskussionen sehen Sie höchstens das Ergebnis (wenn beispiels­weise ein Kommentar von der Redaktion verborgen und dieser Entscheid in einem Hinweis begründet wird).

Damit Sie besser nachvollziehen können, wie wir diese Entscheide treffen, haben wir uns auf ein paar Grundsätze verständigt.

Hier eine kleine Auslege­ordnung zum Thema «Links im Dialog» anhand von vier hypothetischen Fällen:

Fall 1: Ein Link sagt mehr als tausend Worte

Ein Kommentar, der aus einem nackten Link besteht, sonst nichts.

https://www.schau-mal-da.ch/ich-klage-ganz-grundsaetzlich-an.php

Die Abwägung: Das könnte ein wichtiger Beitrag zur Debatte sein, aber so genau weiss das bloss die Person, die den Link gepostet hat. Vielleicht ist es auch Quatsch. Für alle anderen Anwesenden im Dialog ist jedenfalls nicht direkt nachvollziehbar, worum es sich bei dem Link handelt und warum er für die gegenwärtige Debatte relevant ist.

Wie die Redaktion reagiert: Kommentare, die bloss aus einem Link bestehen, verbergen wir mit der Bitte, den Inhalt einzuordnen und noch einmal zu veröffentlichen.

Fall 2: Ich habe hier etwas gefunden, oder: Kennen Sie schon dieses Youtube-Video?

Ein Verleger stolpert über eine seltsame Webseite, einen Beitrag, ein Video, das ihn stutzig macht oder überrascht oder irritiert. Er verlinkt das Fundstück im Republik-Dialog und stellt es zur Diskussion.

Ich habe nicht das ganze Video gesehen, aber schon interessant, was Prof. Hubenmüller sagt. Ich finde, man muss darüber reden dürfen, ob Goldfische eine Seele haben: https://www.youtube.com/watch?v=uLumfFHLmmA

Die Abwägung: Grundsätzlich gut, weil hier viele kluge Leute sind, die sich Gedanken dazu machen könnten. Auch von der Redaktion wird jedes verlinkte Video und jeder verlinkte Inhalt angeschaut. Aber: Es ist leider enorm viel Unfug im Umlauf, und wir verfügen nicht über die Ressourcen, um alles vertieft zu prüfen. Schon gar nicht ellenlange Youtube-Videos.

Wie die Redaktion reagiert: Wir verbergen den Kommentar mit der Bitte, die Quellen zu prüfen und anschliessend noch einmal zu veröffentlichen. Grundsätzlich gilt: Wir erwarten, dass Sie Ihre Quellen prüfen, bevor Sie sie in einem Kommentar veröffentlichen. Wenn Ihnen eine solche Prüfung (beispiels­weise aus Zeitgründen) nicht möglich ist, dann lassen Sie den Link bitte weg.

Fall 3: Einkaufs­tipps für Fein­schmecker

Nach einer Folge von «Geschmacksache» tauschen sich engagierte Kulinarikerinnen über die feinsten Kartoffeln, die verlässlichsten Produzenten und über weitere exklusive Geheimtipps aus.

Wunderbares Rezept! Ich empfehle aber für das Confit unbedingt Grenadilla statt Stachel­beeren. Hier gibt es gerade Mengen­rabatt von 20 Prozent per metrische Tonne: https://www.grenadilla-guerilla.gr/3vqpp-hxppl?#affiliatelink2

Die Abwägung: Was für ein Service! Aber ist das nicht Werbung? Die Republik ist ein werbefreies Magazin (und stolz darauf). Diesem Anspruch werden wir allerdings nicht ganz gerecht, wenn sich im Dialog Links befinden, die direkt zum Onlineshop eines bestimmten Anbieters führen, oder wenn in Kommentaren bestimmte Produkte oder Dienst­leistungen zum Kauf empfohlen werden. Gleichzeitig sollen hilfreiche Tipps nicht vorenthalten werden müssen.

Wie die Redaktion reagiert: Wir entscheiden ausgehend vom Wortlaut des Kommentars und vom inhaltlichen Zusammen­hang, in dem er zum Republik-Beitrag steht. Als ergänzende Information sind Tipps gerne gesehen, als direkter Kaufaufruf (z. B. in Form von Links zum Onlineshop) nicht.

Fall 4: Unterschreiben Sie jetzt den Aufruf! / die Initiative! / das Referendum!

Ähnlich verhält es sich mit Links zu Initiativen, Referenden oder sonstigen politischen Kampagnen.

Ganz richtig, was Strassberg schreibt! Es ist Zeit, das zu ändern: https://www.initiative-mehr-sokrates-in-schwimmbädern-ja.ch

Die Abwägung: «Kommentare, die für jemanden oder für etwas Werbung machen» haben im Republik-Dialog keinen Platz, so steht es in der Etikette. Fällt darunter auch politische Werbung? Jein. Eigentlich schon. Aber sich austauschen über politische Vorstösse ist auch ein wichtiger Teil eines direkt­demokratischen Systems. Und dazu möchte die Republik beitragen – ohne dabei zur Plattform für einzelne Parteien oder Bewegungen zu werden.

Wie die Redaktion reagiert: Steht die verlinkte Kampagne / der Aufruf / die Initiative etc. in einem inhaltlichen Zusammen­hang zum Republik-Beitrag, unter dem der Kommentar veröffentlicht wird, und geht es darum, andere Verlegerinnen darüber zu informieren, dass es diesen Vorstoss gibt, dann ist das mit dem Werbe­verbot in der Etikette vereinbar.

Nicht damit vereinbar sind aber Kommentare, die direkt dazu aufrufen, einen bestimmten politischen Vorstoss zu unterstützen, zu unterschreiben oder dafür Stimmen zu sammeln. Ebenfalls nicht konform sind Links zu politischen Inhalten, die keinen Zusammen­hang zum Republik-Beitrag haben, unter dem sie veröffentlicht wurden.

Fazit: Kontext, Kontext, Kontext

Die meiste Zeit laufen die Debatten konstruktiv von alleine – und wenn mal etwas aus dem Ruder zu laufen droht, weisen sich die Teilnehmerinnen selber auf die Anstands- und Etiketten­regeln hin. Es ist toll, was da in drei Jahren gewachsen ist.

Dabei hilft natürlich auch die Natur des Republik-Dialogs (nur für Mitglieder und zu meist maximal drei neuen Beiträgen am Tag). Anders als bei grossen Nachrichten­portalen müssen wir keine Studentinnen oder Neben­jobber anstellen, um eine Flut von Spam und Müll vorab zu prüfen. Hier veröffentlichen Sie Ihre Beiträge direkt. Das wollen wir so beibehalten.

Wir setzen keine Filtersoftware ein, um Kommentare zu moderieren. Die Republik-Crew diskutiert aktiv mit und greift, wenn nötig, moderierend ein. Und wenn es dabei um Links in Kommentaren geht, dann orientieren wir uns vor allem an einem: dem Kontext.

Uns ist bewusst, dass wir nicht immer völlig konsequent (und ohne andere Redaktions­arbeit im Nacken) agieren. Und manchmal vielleicht auch etwas zu schnell eingreifen, um die Dialog­kultur insgesamt zu schützen. Bitte lassen Sie es uns unbedingt wissen, wenn Sie mal nicht einverstanden sind.

Und damit: Auf viele weitere gute Debatten.

Wenn Sie weiterhin unabhängigen Journalismus wie diesen lesen wollen, handeln Sie jetzt: Kommen Sie an Bord!