«Wir befehlen Ihnen, die sieben Bundesräte in Gefängnisse einzusperren»

Ein Gastro-Unternehmer fordert die Nummer zwei der Armee in einem Einschreiben dazu auf, die Schweizer Regierung zu verhaften und vor ein Kriegsgericht zu stellen. Und hält in einem Keller seiner Restaurant-Kette ein Treffen ab, an dem der Systemumsturz besprochen wird. Was geht da genau vor?

Eine Recherche von Raimond Lüppken, Daniel Ryser, Dario Veréb (Text) und Lehel Kovács (Illustration), 21.01.2021

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Zwei Tage vor Weihnachten schreibt Christian Frei dem stellvertretenden Armeechef Aldo C. Schellenberg einen Brief. Der Zürcher Gastro-Millionär erklärt darin der Schweizer Regierung den Krieg.

«Hüter des Friedens und Beschützer des Volkes», schreibt Frei, der mit seinen beiden Brüdern Daniel und Reto sowie mit Rolf Hiltl, dem Urenkel des Gründers des gleichnamigen und ältesten vegetarischen Restaurants der Welt, vor zwanzig Jahren das Tibits gründete und damit ein schweizweites vegan-vegetarisches Gastro-Imperium schuf. Tibits gehörte mit einem geschätzten Umsatz von 55 Millionen Franken 2018 zu den dreissig stärksten Schweizer Gastro-Ketten mit insgesamt über fünf Milliarden Umsatz.

Tibits-Mitgründer Frei befiehlt Schellenberg, «unsere Regierungs­chefs unverzüglich zu verhaften». Die sieben Bundesräte hätten sich gemäss «den universellen Gesetzen, welche das göttliche Recht und das Naturrecht regeln», «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» schuldig gemacht, der «Sklaverei, der Plünderung von Eigentum und Reichtum».

Gemeint ist die «Umsetzung von Gesundheits­massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19, welche die menschlichen Freiheiten verletzen und Staaten ein totalitäres System aufzwingen».

Auf der Website der Gastro-Kette ist Christian Frei aufgeführt als der Mann, der seit der Gründung im Jahr 2000 «für den Wohlfühl­faktor im Gästebereich» zuständig ist, als Mitgründer und Leiter Corporate Design.

«Wir befehlen Ihnen», heisst es im Brief an den Korps­kommandanten Aldo C. Schellenberg weiter, «die sieben Bundesräte in Schweizer Gefängnisse einzusperren.» Die Dauer der Gefängnis­strafe betrage drei Jahre, schreibt Christian Frei. Eine mögliche Verringerung oder Erhöhung der Freiheits­strafe für die Bundes­rätinnen hänge davon ab, «wie schnell der Mensch als natürliches souveränes Wesen das neue System gemäss den Bestimmungen der universellen konföderalen Verfassung organisiert haben wird».

Auf jeden Fall sei es ihnen untersagt, ihre Tätigkeit weiter auszuüben.

Dass der eingeschriebene Brief an Schellenberg geht und nicht an Armeechef Thomas Süssli, habe seine Gründe, schreibt der Unternehmer: «Dem Armee­chef selbst, Thomas Süssli, schenken wir kein Vertrauen, da er sich während der gesamten Dauer der kriminellen Machenschaften der Regierung passiv verhalten hat und sich somit des Landes­verrats (hybrider Krieg), der Wirtschafts­sabotage und der Verletzung der Menschen- und Völker­rechte mit der Regierung mitschuldig gemacht hat.»

Das Bundeshaus sei bis Ende Dezember zu räumen, schreibt Frei. Der Auftrag werde an Schellenberg übertragen, das Definitions­recht wiederum liege «ausschliesslich beim Autor».

Kopien des Schreibens gingen an die Botschaften Russlands und der USA, heisst es im Schreiben vom 22. Dezember 2020, aufgesetzt sieben Wochen nach den US-Wahlen, «da die Schweizer Regierung am US-amerikanischen Wahlbetrug direkt beteiligt war und die Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Donald J. Trump bevorsteht». Die Schweizer Regierung werde sich «auch hier wegen Landes­verrats vor einem amerikanischen Substanz- oder Kriegsgericht verantworten müssen».

«Möge der Friede Sie begleiten», beendet Frei den Brief.

«Fristlose Kündigung»: Ein Bürger entlässt seine Bundespräsidentin

Am selben Tag verschickt Frei zwei weitere eingeschriebene Briefe.

«Fristlose Kündigung des Arbeits­verhältnisses» heisst das Schreiben, das Christian Frei an Simonetta Sommaruga verschickt, in ihrer Funktion als Bundes­präsidentin bis Ende 2020.

«Aufgrund der aktuellen Ereignisse bin ich gezwungen, Ihr aktuelles Anstellungs­verhältnis zu beenden», schreibt er. Die Schweiz sei heute keine souveräne Demokratie mehr, sondern eine Firma mit «Sklaven-Personen-System».

«Sie wie auch Ihr kompletter Stab sind in Ihrer aktuellen Position untragbar und somit unerwünscht», schreibt Frei an Sommaruga. «Die Kündigung ist deshalb aus verhaltens­bedingten Gründen notwendig. Damit sind all Ihre Mandate und diese Ihres gesamten Stabs verloren und Berechtigungen erloschen.» Sommaruga werde sich «vor Gott und dem internationalen Volkstribunal mit Leben und Privat­vermögen verantworten müssen».

Nicht nur die Bundesräte, sondern auch Nationalrat, Ständerat und die Gerichte haben in den Augen des Gastronomen keine Existenz­berechtigung mehr. Das erläutert Frei im dritten Brief, den er an jenem Tag im Dezember aufsetzt, adressiert an Bundesrat Ueli Maurer. Vom Finanz­minister fordert er die von der «Firma Eidgenossenschaft zu Unrecht erhobenen Steuern der letzten 10 Jahre» zurück. Er sei zudem nicht mehr bereit, «Bettelbriefe mit der Anfrage zur Unterstützung Ihrer Machenschaften» zu begleichen.

Die «Firma Eidgenossenschaft». Oder das Verständnis, sich selbst für souverän zu erklären, sich als Richter zu verstehen, der dem stellvertretenden Armeechef den Auftrag geben kann, die Regierung zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken, weil sie uns mit Covid-19 geschädigt und betrogen und Donald Trump verraten habe. Die Idee, man könne eine gewählte Regierung fristlos (Sommaruga) oder mit Kündigungs­frist (Maurer) entlassen: Damit bezieht sich Christian Frei auf Konstrukte mit Namen wie «Global Common Law Court», die auf der Ideologie der amerikanischen Freeman-Bewegung basieren. Anhänger dieser Bewegung, die seit den Siebzigern existiert, erklären in ebensolchen Schreiben an die Behörden, quasi Bekannt­machungen, man lehne das Polit- und Rechts­system ab und werde mit alternativen Rechts­systemen die staatliche Justiz ersetzen. Die «Freemen» sind die Vorbilder der rechts­radikalen Reichsbürger­bewegung in Deutschland und der «Staats­verweigerer» in Österreich. Bewegungen, die auch für eine hohe Gewalt­bereitschaft bekannt sind.

Mit dem Verständnis, die Schweiz sei eine Firma, nimmt Frei in einem seiner drei Briefe schliesslich direkt Bezug auf die rechts­extremen Reichsbürger, die überzeugt sind, dass Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine GmbH sei, die von fremden Mächten verwaltet und gesteuert werde.

Mit dem Verweis im Schreiben an den stellvertretenden Armeechef, der Bundesrat gehöre auch vor ein US-Kriegs­gericht gestellt, weil er am dortigen behaupteten Wahlbetrug mitgewirkt habe, bewegt sich Frei zudem mitten im QAnon-Verschwörungs­glauben jener gewalttätigen und extremistischen Frauen und Männer, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol stürmten.

«Dieses System total zerlegen»: Das Treffen im Tibits-Keller

Zwei Wochen nachdem Christian Frei per eingeschriebenem Brief an Aldo C. Schellenberg die Verhaftung des Gesamt­bundesrats gefordert hat, greift er erneut in die Tasten.

Er schreibt eine Einladung «zu einem Austausch, um mögliche Lösungen vorzustellen, wie wir aus diesem Corona-Albtraum wieder rauskommen».

Die Einladung wird zusammen mit den drei Briefen am 5. Januar in der Telegram-Gruppe «Die neue Freiheits-Demonstranten-Partei» gepostet. Bei der Gruppe mit 435 Mitgliedern handelt es sich um eine jener unzähligen Telegram-Gruppen von Verschwörungs­theoretikern, die während der Covid-19-Pandemie entstanden sind.

So gelangen die Briefe und die Einladung zur Republik.

«Dass unsere Regierung kriminell handelt und wir mit Kriminellen nicht verhandeln, sollte mittlerweile jedem wachen Menschen und Unternehmer klar geworden sein», schreibt Frei, der im Kanton Zürich ein «Lernatelier» gegründet hat und leitet, in dem Jugendliche auf die Mittelschul­prüfung vorbereitet werden.

Das Datum der Einladung fällt auf den 6. Januar 2021. Den Tag, an dem Trump-Anhänger, die wie Christian Frei ebenfalls an die Wahlbetrug-Lüge glauben, das Kapitol stürmen, um die formelle Bestätigung von Joe Biden als US-Präsident zu verhindern.

Ort des Treffens: Restaurant Tibits an der Tramstrasse in Zürich-Oerlikon.

Frei unterschreibt die Einladung mit «Leiter des Lernateliers und Mitinhaber/Mitgründer Tibits AG».

Zum Treffen, das zur selben Zeit stattfindet, wie in Washington Trump-Anhänger das Kapitol verwüsten, kommen 29 Frauen und Männer.

Man trifft sich im Keller.

Draussen schneit es, drinnen sitzt man nah aufeinander, ohne Abstand, ohne Maske. Gekommen sind Kleinunternehmer aus der ganzen Schweiz, auch eine Primarlehrerin ist dabei.

Frei spricht während des Treffens, das zwei Stunden dauert, über Menschen­handel, hybride Kriegs­führung und Überwachung. Er erläutert den Unterschied zwischen «Person» und «Mensch», eine Idee, die aus der Reichsbürger­bewegung stammt und ihm ein besonderes Anliegen zu sein scheint. Nur Personen würden Steuern zahlen, der Mensch stehe über diesen Dingen. Der Mensch als Person sei heute zur handelbaren Ware geworden, ein Handel, für den die Regierungen verantwortlich seien und in den auch die «Rothschilds» und der Vatikan involviert seien.

Besonders als Unternehmer fühlt sich Frei hintergangen, sagt er im Keller des Tibits. Die Ämter hätten ihn dazu gezwungen, seine Lokale zu schliessen, und würden nun trotzdem Steuern verlangen. «Man muss jetzt dieses System total zerlegen», sagt er. Sein Feind ist nicht nur der Staat, es sind auch die Medien: Sie würden ausschliesslich «Systemtreuen» eine Plattform bieten.

«Mit diesem Virus, mit dieser Panikmache, das ist hybride Kriegs­führung», sagt Frei. «Nicht mit Panzern. Die Panzer sind eigentlich die Medien. Mit den Medien wird auf uns geschossen, und wir werden beeinflusst.» Die Pandemie sei nur eine Erfindung, sagt Frei. Er habe das selbst überprüft, und zwar in den Spitälern in Uster und Wetzikon. Er sei eine halbe Stunde dort gewesen, sagt er. Es seien keine Sirenen zu hören gewesen. «Es war im Spital alles ein bisschen dunkel. Ich weiss nicht, ob die ohne Licht arbeiten da», sagt er.

Auch im Universitäts­spital in Zürich habe er vorbeigeschaut. «War ziemlich dunkel. Die Pandemie ist eigentlich nur im Fernsehen und in den Zeitungen. Die findet dort statt, sonst findet sie nirgends statt», sagt Frei.

Am selben Tag, an dem in Washington das Rednerpult aus dem Repräsentanten­haus gestohlen, zum Mord an Politikern und Journalistinnen aufgerufen wird und in der Folge zwei Polizisten sterben, freut man sich beim Treffen in Zürich-Oerlikon über Donald Trumps neuste Bemühungen, das Wahlergebnis für ungültig erklären zu lassen.

Trump hat für die Versammelten eine Vorbild­funktion. Man ist überzeugt, dass er Präsident bleiben wird, und deshalb, mit Blick auf den Tag nach dem 6. Januar, dürften bald «die Räumungen beginnen». Was immer damit gemeint ist. Klar ist auf jeden Fall, dass Christian Frei davon überzeugt ist, dass es nur «3,5 Prozent braucht, die aufgewacht sind, um das System zu stürzen».

«Sie und Ihre Schreiblinge»: Christian Frei droht der Republik mit dem Kriegsgericht

Anruf bei Christian Frei.

Der Gastro-Unternehmer vertritt seinen Kampf gegen das System nicht nur in Briefen, Telegram-Chats und im Keller eines seiner Restaurants, sondern auch auf Bühnen. Zum Beispiel an einer Demonstration gegen die Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf dem Turbinenplatz in Zürich.

Frei stellte sich damals als Gastro- und Bildungs­unternehmer vor, bevor er unter Beifall der Anwesenden sein Schutz­konzept für sein Lernatelier in Grüningen präsentierte, zu dem weder Abstand noch Masken gehörten. Der PCR-Test sei ein «Betrugstest», sagte Frei, und das Bundesamt für Gesundheit beschuldigte er der «Bürger­schreckung». Dann sagte er: «Wir haben das erste Volkstribunal eröffnet.» Man habe die «Erste Staats­anwältin verklagt und verurteilt». Sie sei nicht zum Prozess erschienen, doch der Fall sei weitergereicht worden, und zwar an ein internationales Gericht, «und die machen auch Verhaftungen».

Ein Schicksal, das bald auch uns Journalisten droht, wenn es nach ihm geht.

Das macht Christian Frei (nachdem mehrere Anrufs­versuche zur Combox führen) in einer Mail klar. Die Mail ist die Antwort auf unsere Anfrage, mit ihm ein Interview über seine Briefe an die Bundes­präsidentin, den Finanz­minister und den stellvertretenden Armeechef zu führen, über das Treffen im Restaurant Tibits, seine Ideologie, Kriegsrecht, Systemsturz. «Ihre Zeitung hat Corona Massnahmen Kritiker bisher nur auf tiefstem Niveau verunglimpft, was Ihre Zeitung disqualifiziert», schreibt Frei. Wie die restlichen «MSM», vermutlich sind «Mainstream-Medien» gemeint, würden wir uns selber abschaffen.

Dann schreibt er: «Sobald die Substanz Gerichte in der Schweiz bestätigt haben, dass der nicht validierte PCR Test für den Nachweis von Covid 19 ungeeignet ist und auf dessen Grundlage alle Massnahmen basieren, werden die Regierung, Sie und Ihre Schreiblinge der Republik als Mensch mit Privat­vermögen und Leben sich für den Landes­verrat und die Wirtschafts-Sabotage verantworten müssen.»

Während er uns mit Kriegsgericht droht, verweist er auf «zwei Zeitungen, die Respekt verdienen»: das Online­magazin «Rubikon» und die «Weltwoche».

«Als Inspiration und in der Hoffnung, dass Sie sich zum Guten wandeln und sich zur Wahrheit verpflichten», schreibt Frei.

Auf die Gesprächsanfrage geht er nicht ein.

Tibits nimmt Stellung: «Distanzieren uns ganz entschieden»

Nachdem die Republik im Mai in einer Reportage erwähnt hatte, dass Christian Frei an einer Demonstration gegen die Corona-Massnahmen Flugblätter verteilt und gleichzeitig in einem Facebook-Post geschrieben hatte, dass die Schweizer Regierung «unterwandert» sei und im «Interesse der Pharma- und Finanzmafia handle», twitterte das Unternehmen: «Tibits wird nicht von Christian Frei geführt, sondern von Daniel und Reto Frei. Wir stehen hinter den vom Bundesrat verordneten Massnahmen gegen Corona. Die Meinungen von Christian Frei sind rein privater Natur und decken sich nicht mit der Haltung von Tibits.»

Ein paar Monate später: eine Veranstaltung im eigenen Restaurant?

Anruf bei Daniel Frei, dem CEO der Restaurantkette Tibits.

Wusste er von dieser Veranstaltung? Und entspricht der Verstoss gegen die Corona-Verordnung zur Eindämmung der Pandemie – zu jenem Zeitpunkt hätten sich in einem solchen privaten Rahmen nur zehn Personen treffen dürfen – eben doch der offiziellen Haltung des Unternehmens?

Daniel Frei nimmt schriftlich Stellung im Namen der Firma Tibits und seines Bruders Reto, Leiter «Product Services»: «Auch wenn wir grundsätzlich die Meinungs­äusserungs­freiheit respektieren, distanzieren wir uns ganz entschieden von den Ansichten bezüglich der Covid-Pandemie, die unser Bruder Christian äussert. Dies widerspricht den Werten des Tibits fundamental. Christian wurde deswegen schon im ersten Lockdown im März von seinen strategischen und operativen Tätigkeiten im Tibits entbunden.»

Über die Veranstaltung «in den Räumlichkeiten des Tibits Oerlikon wurden wir leider von Christian nicht informiert. Sie hätte sonst niemals stattgefunden.»

Dass die Veranstaltung dennoch ohne das Wissen der Tibits-Leitung habe stattfinden können, sei dem Umstand geschuldet, dass Christian Frei, Mitgründer und Bruder, nach wie vor Schlüssel der Betriebe besitze, und so habe er sich vermutlich Zugang verschafft. «Und da alle unsere Restaurants geschlossen sind, konnte dies auch unbemerkt geschehen», schreibt Tibits-CEO Daniel Frei.

Bundesamt für Polizei: «Starker Anstieg von Drohungen»

Die Bundeskanzlei in Bern bestätigt auf Anfrage, dass von Christian Frei mehrere Einschreiben eingegangen seien. Für alle weiteren Fragen – etwa, ob derartige Schreiben inzwischen Normalität seien und wie man diese einschätze – verweist man an das Bundesamt für Polizei (Fedpol).

Dort heisst es, seit Beginn der Pandemie verzeichne man einen starken Anstieg von Meldungen von Bundes­rätinnen, Parlamentariern und Bundes­angestellten, die Post kriegten, durch die sie sich bedroht fühlten, sagt Florian Näf vom zuständigen Fedpol.

«Wir unterscheiden darin zwischen Unmuts­bekundungen und Drohungen», sagt der Sprecher. Wenn es sich um eine Drohung handle, weise man die Person in einem Schreiben darauf hin, dass sie sich strafbar mache. Oder aber man müsse sowieso aktiv werden, weil die Drohung mit einer Nötigung verbunden sei, was ein Offizial­delikt darstelle.

«Wenn unsere Expertinnen zum Schluss kommen, dass die Drohung massiv und sehr konkret ist, dann gehen wir bei der Person vorbei und machen eine Gefährder­ansprache», sagt Näf. Man wolle dabei herausfinden, wie ernst es jemand meint, und der Person aber auch klarmachen, dass man die Sache ernst nehme. «Derartige Offizial­delikte, wo wir aktiv werden und die Bundes­kriminal­polizei einschalten mussten, hatten wir im vergangenen Jahr mehrere Dutzend», sagt Näf. «Grundsätzlich haben die Meldungen wegen möglicher und tatsächlicher Drohungen an uns wegen Corona massiv zugenommen: von 250 im Vorjahr zu über 1000 im Jahr 2020.»

Zum konkreten Fall könne man sich nicht äussern. Abgesehen davon, dass das Vokabular von «Kriegs­gericht» und «Inhaftierung des Bundes­rats» aus anderen Fällen bekannt sei.

Grundsätzlich nehme man die derzeitige Entwicklung in den Telegram-Chats ernst, sagt der Fedpol-Sprecher, «weil die Dynamik aus anderen Fällen zeigt, dass jemand, der dort womöglich Hass oder Drohungen publiziert, gar nie selber die Schwelle zur Gewalt überschreiten muss, weil es andere tun, die von ihm inspiriert werden».

Wie ernst meint es Christian Frei mit seiner Forderung nach Systemsturz? Warum sieht er sich befugt, gegenüber Bundesrat und Parlament quasi als ausserordentlicher Richter auftreten zu können? Warum spricht er der Regierung die Legitimität ab, und wie weit ist er dafür bereit zu gehen? Was, wenn sich abzeichnet, dass Korps­kommandant Aldo C. Schellenberg seinem Befehl nach Verhaftung des Gesamt­bundesrats nicht nachkommt?

Auf seine erste Mail schicken wir ihm eine weitere Anfrage zum Gespräch. Auch darauf geht er nicht ein. Dafür schickt er einen Tag später eine weitere Mail. Im Anhang die Briefe, die er dem Korps­kommandanten und der Bundes­präsidentin geschickt hat. «Unsere Pseudo-Behörden» seien jetzt gefordert, die Ämter «auf einen System-Wechsel vorzubereiten», schreibt er darin. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama sowie die ehemalige Aussen­ministerin Hillary Clinton würden nämlich «mittlerweile in den US Medien des Hochverrats beschuldigt und diese Welle kommt auch auf die Schweiz zu». Zum Schluss schreibt er: «Ich möchte Ihnen den Rat geben, bleiben Sie bei den Fakten und unterlassen Sie Beleidigungen und Rufschädigung, die Sie mit Leben und Privat­vermögen verantworten müssen.»

Zu den Autoren

Raimond Lüppken ist freier Journalist, Fotograf und Rechts­extremismus­experte, der seit Jahren zu völkischer Esoterik, Verschwörungs­ideologien und Reichs­bürgern recherchiert. Dario Veréb ist freier Journalist und Fotograf. Er beschäftigt sich mit Rechts­extremismus und seit Beginn der Corona-Pandemie mit Verschwörungs­ideologien. Zudem schreibt er über Fotografie und Reisen. Daniel Ryser ist Reporter der Republik.

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