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Neues von der Maskforce

21.01.2021

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Liebe Leserinnen und Leser

Ein bisschen fühlt es sich (mal wieder) an wie bei «Und täglich grüsst das Murmeltier»: Die Diskussion um die gesamtschweizerische Schliessung der Schulen ähnelt derjenigen um die Schliessung der Restaurants. Die einen sind dafür, die anderen sind dagegen, der Bundesrat zögert vor einer gesamtschweizerischen Lösung, er belässt den Kantonen die Kompetenz, die Kantone beobachten sich gegenseitig, bis der eine endlich den ersten Schritt macht. Dann folgen ganz viele kleine, sehr unterschiedliche Schritte auf Gemeinde- und Kantonsebene – Sie kennen das ja unterdessen.

Bei den Restaurants hat der Bundesrat nach monatelangem Hin und Her die Schliessung im ganzen Land per 9. Januar angeordnet. Wie das bei den Schulen sein wird, ist derzeit blosse Spekulation.

Zeit für einen Blick auf den Stand der Dinge:

Heute hat der Kanton Zürich beschlossen, dass ab kommendem Montag die Schülerinnen ab der 4. Klasse in der Schule eine Maske tragen müssen. Und an den Mittelschulen soll die Anzahl der physisch präsenten Jugendlichen halbiert werden.

Gestern bereits machte der Aargau einen ersten grossen kleinen Schritt: Im Kanton gilt ab nächster Woche grundsätzlich Fernunterricht für alle Mittelschulen. Kurz vor Redaktionsschluss machte es der Kanton Solothurn dem Nachbarn Aargau gleich und führte zusätzlich zum Fernunterricht auf der Mittelstufe eine Maskenpflicht ab der 5. Klasse ein. Und auf Gemeindeebene stellt dieser Tage die Primarschule in Oberwil im Kanton Basel-Landschaft die ganze Schule vorübergehend auf Fernunterricht um.

Für den Bundesrat sind Schulschliessungen im Moment: «kein Thema». (An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass mit «Schulschliessungen» jeweils die physische Schliessung von Schulen, also «Fernunterricht» – und nicht Unterrichtsausfall –, gemeint ist.)

Bundespräsident Guy Parmelin betonte gestern an der Medienkonferenz (die wir hier für Sie zusammengefasst haben): «Mit den bisher ergriffenen Massnahmen konnten an den Schulen grössere Ausbrüche verhindert werden.» Da könnte man jetzt einwenden, dass immer wieder an Schweizer Schulen mehrere Klassen in Quarantäne geschickt werden müssen, die Virusmutation breitet sich auch in den Schulen aus. Von einem geordneten Schulbetrieb zu sprechen, wäre – je nach Region – also sowieso kaum angemessen.

Parmelin sagte auch, dass sich alle einig seien, dass weitere Massnahmen in den Schulen nötig werden könnten, falls sich die neuen Virusvarianten stark ausbreiteten. Der Bundesrat stütze sich bei der Abwägung auf die Empfehlungen der wissenschaftlichen Taskforce, so Parmelin. Diese hat heute ihr neues Policy-Brief zur Situation in den Schulen veröffentlicht. Darin steht: Es gebe ein breites Spektrum an Massnahmen, deren Auswahl von der epidemiologischen Situation und der Schulstufe abhänge. Darunter seien «auch einige, die noch nicht ausgeschöpft werden». Die wissenschaftliche Taskforce hat neu für jede Massnahme (wie Masken für die Lehrerinnen und Schüler, regelmässiges Testen von Klassen, reduzierte Klassen bis hin zu Fernunterricht) und für jede Schulstufe die Auswirkungen im Hinblick sowohl auf die Virusreduktion als auch auf die schulischen und psychischen Folgen für die Kinder beurteilt. Die Lektüre lohnt sich.

Für die Taskforce sind grundsätzlich alle möglichen Massnahmen denkbar. Sie stützt sich auf eine Publikation der Harvard School of Public Health zur Risikominimierung an Schulen. Diese betont, dass länger andauernde Schulschliessungen keine (gute) Option sind. Sie beschreibt aber auch eine Reihe von Massnahmen, die weniger weit gehen. Als Erstes nennt sie: Masken tragen, so weit wie möglich. Die Schulkinder sollten lernen, wie man eine Maske richtig anzieht, trägt und auszieht. Eine Empfehlung, die hierzulande noch auf wenig Enthusiasmus stösst.

Allerdings: Da haben ja heute die Kantone Zürich und Solothurn mal einen Schritt gemacht. Mal schauen, wer nachzieht.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

Die Corona-Massnahmen in St. Moritz werden wieder aufgehoben. Nachdem es in zwei Hotels zu Ausbrüchen des mutierten Virus gekommen war, hatte das Gesundheitsamt am Montag Sofortmassnahmen erlassen. Nach den Ausbrüchen wurden Massentests angeordnet. Die Auswertung von 3200 Tests hat gezeigt, dass rund 1 Prozent der St. Moritzer Bevölkerung angesteckt ist.

In Israel erhalten schwangere Frauen nun auch prioritär die Impfung. Die Entscheidung der Gesundheitsbehörden fiel, nachdem mehrere Schwangere mit Covid-19-Komplikationen hatten hospitalisiert werden müssen. Darunter war auch eine Frau, die beatmet werden musste, während ihr Baby mit einem Kaiserschnitt zur Welt kam. Zur Impfung bei einer Schwangerschaft fehlen noch Studien. Vergangene Woche hatte jedoch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) kommuniziert, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer je nach Fall auch für schwangere Frauen in Betracht gezogen werden sollte.

Brand in der weltgrössten Impfstoff-Produktionsanlage im indischen Pune. Im Serum Institute of India, wo auch der Impfstoff von Astra Zeneca hergestellt wird, brach ein grosses Feuer aus. Das Feuer ist mittlerweile unter Kontrolle. Es habe 5 Todesopfer gegeben, so das Unternehmen. Die Produktion des Impfstoffs sei nicht beeinträchtigt.

Und zum Schluss: Die Abrechnung

Als Journalistin hat man manchmal das Gefühl, dass man – egal, wie viel man liest, studiert und publiziert – dem Weltgeschehen immer einen Schritt hinterherhinkt. Und so bin ich jeweils froh, wenn Kolleginnen anderer Medien ein besonders gutes Stück publizieren, das eine brennende Frage beantwortet.

Ein solches wollen wir Ihnen heute nicht vorenthalten, denn auch in unserer Mailbox landen viele Fragen zum Thema Übersterblichkeit. Wir verweisen also auf den Artikel des NZZ-Kollegen Fabian Schäfer. Er schreibt: «Der Streit um die Deutungshoheit über die (…) Covid-19-Todesfälle in der Schweiz wird statistisch geführt: mit Zahlen, Tabellen, Balken, Kurven. Vor allem in den sozialen Netzwerken wird eifrig gefochten, die Polarisierung ist gross.»

Der Artikel erklärt ruhig und gut verständlich, wie sich Übersterblichkeit berechnet, wie im zeitlichen Vergleich auch der medizinische Fortschritt und die steigende Lebenserwartung in die Berechnung hineinspielen. Wir finden die Lektüre erhellend und empfehlenswert. (Zum Lesen ist eine kostenlose E-Mail-Registrierung nötig.)

Bleiben Sie umsichtig. Bleiben Sie freundlich. Und bleiben Sie gesund.

Marguerite Meyer

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

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PPPS: Lust auf etwas, was so gar nichts mit Corona zu tun hat? Ich auch! Und deswegen höre ich, nach Absenden dieses Newsletters, oft Podcasts zum Kochen. Einer meiner Lieblinge ist der «Verbrechen»-Podcast der «Zeit» geworden. Dieser geht den Fragen wahrer Kriminalfälle nach: Warum lässt eine Frau ihren Mann erschiessen? Wie kommt ein Kommissar an ein Geständnis? Warum lügen Zeugen manchmal? Fühlt sich besonders gut beim Zwiebelhacken an. Spannung!

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