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Ein Comeback-Interview

20.05.2020

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Liebe Leserinnen und Leser

In den letzten Wochen haben wir öffentlich sehr viel über Kinder in Zeiten von Homeschooling und Corona gesprochen – selten aber mit ihnen. Seit gut einer Woche nun sind Kindergärten und Primarschulen wieder mit reduziertem Betrieb geöffnet.

Auch die 5-jährige Eva aus der Stadt Zürich besucht jetzt wieder an einigen Halbtagen ihren Chindsgi. Republik-Redaktorin Olivia Kühni hat mit ihr darüber gesprochen, wie sie das findet und wie die vergangenen Wochen für sie waren.

Eva, du gehst ja jetzt wieder in den Kindergarten. Freust du dich?
Mhm, weisst du, ich habe da eine Familienecke, da spiel ich ganz viel. Man kann da Mama oder Papa sein oder sogar ein Hund oder eine Katze. Und es hat sogar eine richtige Kaffeemühle!

Hat es auch eine Küche?
Ja, und grüne Knete. Die ist nicht direkt bei der Familienecke, aber in der Nähe.

Damit spielst du auch viel?
Ja.

Ist es komisch für dich, dass plötzlich wieder Chindsgi ist?
Nein, gar nicht komisch. Es ist einfach viel ruhiger in der Pause, weil die Buben von den Bären nicht da sind. Die sind manchmal sehr laut und rennen rum und so. Allgemein hören manche einfach nicht so gut, aber ich höre immer gut bei Frau Z. Aber bei Mama, da höre ich manchmal nicht so gut, gell, Mama?

Du warst ja die letzten Wochen zu Hause. Wie fandest du das?
Am Anfang fand ich es lustig, dann nicht mehr so lustig. Ich hätte am liebsten mit meinen Freundinnen gespielt, aber das ging ja nicht wegen dem Virus. Man kann hier nicht so viel machen. Es gibt auch keine Familienecke. Jetzt kann ich mit meinen Freundinnen spielen, und ich hab auch nicht immer das Geheul von meiner Schwester.

Hast du eigentlich Angst vor dem Virus?
Nein, ich habe keine Angst. Wir haben so ein Spiel gemacht, da hat Frau Z. Musik gemacht, und als sie fertig war, musste man unter einen Stuhl, der war wie ein Haus. Dann kam das Virus, das war so aus Plastik, aber es konnte nicht mehr rein.

Jetzt habt ihr das Spiel gemacht?
Ja, warte … vorgestern.

Gibt es etwas, das jetzt anders ist als früher, vor der Pause?
Das Wochenkind darf sonst immer neben Frau Z. auf dem Sofa sitzen, das geht jetzt nicht. Wir machen manchmal einen Kreis.

Das geht jetzt auch nicht mehr?
Doch, das geht. Wir machen einen Kreis mit Frau Z., damit sie uns Sachen beibringen kann. Unsere Stühle sind aus Holz.

Danke für das Interview, Eva.
Bitte!

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

Die neuesten Fallzahlen: Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit zählten die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein heute Morgen 30’658 positiv auf Covid-19 getestete Personen. Im Vergleich zu gestern sind das 40 Fälle mehr.

Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung eine Reihe von Entscheidungen getroffen, die im Zusammenhang mit der Pandemie stehen. Das sind die wichtigsten:

  • Wieder Gottesdienste: Kirchen dürfen ab dem 28. Mai wieder Gottesdienste veranstalten. Sie haben nun eine Woche Zeit, um ein Schutzkonzept zu erarbeiten.

  • Gesetzesänderung für Tracing-App: Der Bundesrat hat die gesetzliche Grundlage für die neue Tracing-App verabschiedet. Das Parlament wird die Vorlage in der Sommersession im Juni beraten. Stimmt es zu, kann die App noch im Juni schweizweit eingeführt werden.

  • Schneller zum Impfstoff: Damit die Bevölkerung rasch Zugang zu einem Impfstoff hat, nimmt der Bund Vertragsverhandlungen mit verschiedenen Herstellern auf. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Impfdosen und die Absicherung ihrer Verfügbarkeit 300 Millionen Franken kosten werden.

  • Mehr Geld für Arbeitslosenversicherung: Der Bundesrat beantragt dem Parlament einen Nachtragskredit von 14,2 Milliarden Franken. Damit sollen die Kurzarbeitsentschädigungen finanziert werden, die dieses Jahr anfallen, damit die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung nicht erhöht werden müssen.

Hilfe für EU-Staaten: Deutschland und Frankreich planen einen gemeinsamen Wiederaufbaufonds. Mit 500 Milliarden Euro soll EU-Staaten geholfen werden, die von der Corona-Krise besonders schwer getroffen worden sind.

Die besten Tipps und Links

  • «Can’t Pay May»: Nicht nur in der Schweiz diskutiert man über Mieterlasse. Auch in New York, der teuersten Stadt der Welt, hoffen die Bürgerinnen auf Unterstützung. Eine Reporterin des «New Yorker» berichtet von ihrem politischen Kampf.

  • «Universell und weit verbreitet»: Warum sind wir Menschen so anfällig für Erzählungen von einer Verschwörung? Die Sozialpsychologin Pia Lamberty, die zu dem Thema forscht, teilt in einem Interview mit der TAZ interessante Erkenntnisse.

  • Gestrandete Babys: Für viele Menschen bedeutete das Reiseverbot einschneidende private Veränderungen. Für rund vierzig Neugeborene im ukrainischen Kiew brachte es einen traurigen Start in ihr Leben: Sie warten seit Wochen darauf, dass ihre Eltern aus dem Ausland sie abholen, nachdem ukrainische Leihmütter sie geboren haben. Reporter des «Spiegels» haben sie besucht.

Frage aus der Community: Unsere Reinigungskraft hält das mit dem Virus für übertrieben. Wir sind aber alt, und meine Frau gehört zur Risikogruppe. Dürfen wir sie bitten, Abstand zu halten und eine Maske zu tragen?

Grundsätzlich gelten für alle nach wie vor dieselben Verhaltensregeln, um uns selbst und andere zu schützen. Also: zwei Meter Abstand halten, gründlich Hände waschen, in die Armbeuge niesen, bei Symptomen zu Hause bleiben. Wenn Abstand nicht möglich ist, empfiehlt das BAG, eine Maske zu tragen.

Für den Umgang am Arbeitsplatz haben die Branchenvertreter zusätzlich Schutzkonzepte erarbeitet, die auf die unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Berufe eingehen. Allpura, der Verband der Schweizer Reinigungsunternehmen, hielt im März fest, dass private Reinigungsarbeit weiterhin möglich sei – unter bestimmten Bedingungen. So würden professionelle Reinigungskräfte auch sonst immer Handschuhe tragen, im Moment zusätzlich Mundschutz. Ausserdem empfiehlt der Verband, dass sich die Bewohnerinnen während der Reinigung in einem anderen Raum aufhalten. Inzwischen verweist die Allpura-Geschäftsstelle auf Nachfrage der Republik auf ihre Website – und damit wiederum auf die Empfehlungen des BAG.

Mit anderen Worten: Sie befinden sich in einer Grauzone.

Maskentragen ist in Ihrer Situation für die Reinigungskraft zwar nicht vorgeschrieben, aber empfehlenswert. Gerade weil Ihre Frau zur Risikogruppe gehört. Vermutlich kommen Sie am weitesten, wenn Sie an die zwischenmenschliche Rücksichtnahme appellieren und darauf verweisen, dass auch der Verband der Reinigungsunternehmen Mundschutz empfiehlt. Um Abstand wiederum dürfen Sie sehr dezidiert bitten – auch in weniger aussergewöhnlichen Zeiten sollte sich niemand zu einer Umarmung genötigt sehen.

Zum Schluss eine gute Nachricht: Die Natur erholt sich

Für Menschen waren die Wochen des Lockdown oft schwierig. Für manche Tiere und die Natur hingegen brachten sie Erholung. An vielen Orten der Welt berichten die Anwohnerinnen, dass sich plötzlich wieder Wildtiere in die Nähe von Dörfern wagen – etwa Wildziegen in Wales, Wildschweine in Berlin oder Delfine im Bosporus. In einem südafrikanischen Golfclub fanden sich statt Touristen wilde Löwinnen auf dem Rasen ein. Überall um den Globus ist ausserdem der CO2-Ausstoss drastisch gesunken, wie eine Visualisierung des Global Carbon Project zeigt. Insgesamt könnte der Einbruch in Europa nach ersten Schätzungen 9 Prozent des sonst erwarteten Jahresausstosses ausmachen.

Also bloss die Wirtschaft stilllegen, und alles wird gut? So einfach ist das leider nicht. Umweltschützer warnen im Gegenteil davor, dass die Krise die bereits stark ausgedünnten Aufsichtsbehörden in ärmeren Ländern noch mehr schwächt und dass beispielsweise neben den üblichen Firmen nun auch Not leidende Bürgerinnen den brasilianischen Regenwald plündern.

Es bleibt also kompliziert. Und uns ein Nachdenken über einen sinnvolleren Umgang mit natürlichen Ressourcen nicht erspart.

Bleiben Sie umsichtig, bleiben Sie freundlich, bleiben Sie gesund.

Bis morgen.

Oliver Fuchs, Bettina Hamilton-Irvine, Olivia Kühni

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

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PPPS: Nicht nur die Kinder, auch viele Eltern sind unglaublich froh, dass es endlich wieder losgeht mit Kindergarten und Schule, wie dieser Tweet einer Mutter aus Neuseeland zeigt. Was er auch zeigt: Peinlich sind die eigenen Eltern offenbar auch am anderen Ende der Erde.

PPPPS: Lange nicht so peinlich allerdings wie der FC Seoul, der jüngst seine Publikumsränge mit «Premium-Schaufensterpuppen» bestückte, um die Spielermoral aufzupeppen. Oder waren es vielleicht doch keine Schaufensterpuppen?

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