Was diese Woche wichtig war

Internationaler Gesundheits­notstand, Trumps Nahost­plan – und Wirbel bei der «Washington Post»

Woche 05/2020 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Ronja Beck und Oliver Fuchs, 31.01.2020

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Das Coronavirus verbreitet sich weiter

Darum geht es: Bei mehr als 7000 Menschen wurde inzwischen in China eine Infektion mit dem Corona­virus nachgewiesen, die Zahl der Diagnosen hat sich in einer Woche verzehnfacht. Über 170 Menschen sind an der Lungen­krankheit, die das Virus verursacht, verstorben. Krankheitsfälle wurden in mindestens 16 Nationen vermeldet, darunter Deutschland und Frankreich.

So viel Schutz vor dem Virus wie nur irgend möglich: Eine Frau wartet auf dem Flughafen von Peking auf den Check-in. Kevin Frayer/Getty Images

Warum das wichtig ist: Die rasant wachsende Zahl an Diagnosen hat verschiedene globale Notfall­massnahmen ausgelöst: Mehr als zwölf Nationen haben damit begonnen, die eigenen Staatsbürger aus der chinesischen Stadt Wuhan zu fliegen, wo das Virus erstmals ausbrach. Airlines, darunter die Swiss, haben die Flüge von und nach China gestrichen. Wuhan und 16 weitere Städte in der Region Hubei sind seit einer Woche abgeriegelt. Noch ist unklar, wie ansteckend das Virus ist und wie lange ein Mensch infiziert sein kann, ohne Symptome zu zeigen – ein Faktor, der für die rasche Verbreitung wesentlich ist. Ebenfalls unklar ist, ob das Virus gefährlicher ist als eine gewöhnliche Grippe. Auch in der Schweiz gab es mehrere Verdachts­fälle, die Spitäler gaben jedoch alle Entwarnung.

Was als Nächstes geschieht: Das Bundesamt für Gesundheit schätzt die Ansteckungs­gefahr in der Schweiz als sehr gering ein und ergreift zurzeit keine besonderen Massnahmen, wie an einer Presse­konferenz am Mittwoch mitgeteilt wurde. Die Weltgesundheits­organisation WHO stufte die Lage am Donnerstag als «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» ein.

Präsident Trump hat einen Plan für Israel und Palästina

Darum geht es: In Washington geht das Amtsenthebungs­verfahren gegen Präsident Donald Trump in die nächste Phase. Sein ehemaliger Sicherheits­berater belastet ihn gemäss Recherchen der «New York Times» schwer – und könnte im Senat dazu aussagen. Derweil stellte der Präsident einen «Plan für Frieden im Nahen Osten» vor. Dieser sieht einen Staat Palästina vor, allerdings mit vielen Zugeständnissen an Israel.

Warum das wichtig ist: Es ist das erste Mal, dass sich Präsident Trump offiziell für eine Zweistaaten­lösung ausspricht. Der US-Plan sieht unter anderem vor, dass die nach dem Völker­recht illegalen israelischen Siedlungen im West­jordan­land anerkannt würden. Das historische Jerusalem wäre vollständig in israelischer Hand. Die palästinensische Seite wies den Plan umgehend als «Nonsens» zurück. Auch die Uno und europäische Staaten reagierten kühl. Die israelische Regierung begrüsste den Plan hingegen und kündigte umgehend Schritte an, ihn umzusetzen.

Was als Nächstes geschieht: Breite internationale Unterstützung für den Plan ist äusserst unwahrscheinlich. Der unter Druck stehende israelische Premier­minister Benjamin Netanyahu kann nun aber auf Präsident Trumps Unterstützung für weitere Annexionen verweisen. Und Präsident Trump kann im aufgeheizten Impeachment-Klima auf seinen aussen­politischen Gestaltungs­willen verweisen.

Grossbritannien verlässt die EU

Darum geht es: Am Mittwoch hat das EU-Parlament das Austritts­abkommen mit Gross­britannien ratifiziert. Damit wird das Land heute Freitagnacht um 23 Uhr aus der Union austreten. Gleich nach der Abstimmung stimmten EU-Abgeordnete «Auld Lang Syne» an, die melancholische schottische Abschieds­hymne. In Schottland stimmte das Regional­parlament tags zuvor für ein neues Unabhängigkeitsreferendum.

Warum das wichtig ist: Jetzt ist er also endlich Tatsache, der Brexit. Der britische Austritt ist historisch – obwohl am Tag danach in Gross­britannien erst mal kaum etwas anders sein wird als heute. Grund dafür ist die von Boris Johnson ausgehandelte Übergangsphase bis Ende Jahr. Nach dem Brexit ist gewisser­massen vor dem Brexit: Denn nun beginnen die Verhandlungen zwischen der EU und Gross­britannien von vorn. Jetzt geht es darum, wie ihre künftigen Beziehungen aussehen werden. Zur Debatte steht alles, von einem Frei­handels­abkommen über Bürger­rechte bis hin zur Frage, wer in welchen Gewässern künftig wie viel fischen darf.

Nicht alle sind glücklich über den Brexit: Britische Europaabgeordnete der Labour-Partei nehmen Abschied von Brüssel. Francisco Seco/AP Photo/Keystone

Was als Nächstes geschieht: «Sie verlieren einen schlechten Mieter und gewinnen einen guten Nachbarn», sagte der konservative britische Abgeordnete Daniel Hannan an die Adresse der EU. Bleibt zu hoffen, dass er recht behält. Der bisherige Brexit-Prozess legt eher nahe, dass beide Seiten weiter zäh verhandeln und sich zum einen oder anderen Notfall­gipfel werden treffen müssen.

Gedenken an die Gräuel des Holocaust

Darum geht es: Am 27. Januar 1945 hat die Rote Armee die 7500 noch lebenden Gefangenen aus dem Konzentrations­lager Auschwitz-Birkenau befreit. Über 200 Überlebende und rund 50 hochrangige Staats­vertreter sind am Montag für eine Gedenkzeremonie in Auschwitz zusammengekommen.

Nie vergessen: Überlebende des Holocaust gedenken der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 75 Jahren. Beata Zawrzel/Nur Photo/Getty Images

Warum das wichtig ist: Über eine Million Menschen, die meisten waren Juden, haben die Nazis in Auschwitz-Birkenau ermordet. Am Gedenktag für die insgesamt über 6 Millionen Holocaust-Opfer hielten Überlebende und Staats­chefs in Auschwitz eine Ansprache. So mahnte unter anderem der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor dem heute aufflammenden Antisemitismus. Der israelische Präsident Reuven Rivlin sagte in seiner Rede, die Veranstaltung beinhalte «das Versprechen, niemals zu vergessen». Auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga war unter den Gästen. Sie hatte sich bereits im Vorfeld mit Überlebenden getroffen.

Was als Nächstes geschieht: Der Gedenktag wurde nicht nur in Auschwitz dafür genutzt, auf grassierenden Antisemitismus aufmerksam zu machen. In New York warnte Uno-Generalsekretär António Guterres vor einer «globalen Krise des antisemitischen Hasses» und forderte die Nationen zur Zusammen­arbeit gegen diesen Hass auf. Nachdem es in der Schuld­frage zum Zweiten Weltkrieg zwischen Polen und Israel jüngst zu Spannungen gekommen war, hat zudem Reuven Rivlin den polnischen Präsidenten Andrzej Duda nach Israel geladen, um den Streit zu klären.

Zum Schluss: Kobe Bryant und die «Washington Post»

Kobe Bryant während der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Anke Fleig/Sven Simon/DPA/Keystone

Kurz nachdem der ehemalige Basketball­star Kobe Bryant vergangene Woche bei einem Helikopter­unfall ums Leben gekommen war, setzte die «Washington Post»-Journalistin Felicia Sonmez einen Tweet ab, der ihr das Leben für ein paar Tage zur Hölle machen sollte. Sie teilte kommentarlos einen Artikel aus dem Jahr 2016, der sich mit Vergewaltigungsvorwürfen gegen Kobe Bryant auseinandersetzte. In der Folge erhielt die Journalistin nicht nur Mord- und Vergewaltigungs­drohungen, sondern sie wurde für den Tweet auch von ihrem eigenen Arbeit­geber abgestraft und dispensiert. Dieser Schritt stiess auf der «Washington Post»-Redaktion auf grossen Widerstand: In einem Brief an ihre Vorgesetzten forderten über 300 Journalistinnen, dass sich die Zeitung um die Sicherheit von Sonmez kümmern und sich hinter ihre Reporterin stellen sollte, anstatt sie öffentlich anzuprangern. Seit Dienstag darf sie nun wieder arbeiten, und die Zeitung hat sich entschuldigt.

Was sonst noch wichtig war

Die Top-Storys

Auf Deutsch: Verglühender Stern Die National­rätin Diana Gutjahr galt mal als Shooting­star der SVP. Für die politischen Gegner gilt die Thurgauerin eher als Marionette. Als sie schliesslich von der Fraktions­linie abkommt, lässt sie die SVP dafür bezahlen. Das Porträt einer Tennisspielerin im Out lesen Sie in der NZZ.

Auf Englisch: Make Facebook great again! Im Jahr 2019 hat Donald Trump fast 20 Millionen Dollar für 218’000 Werbeposts auf Facebook ausgegeben. Drei einfache Zahlen, mit – wie wir seit 2016 ja alle wissen – potenziell ziemlich viel Schlag­kraft. Recherchiert hat sie der britische «Guardian». Und er hat heraus­gefunden, an welchen Tagen Trumps Team so richtig tief in die Tasche gegriffen hat (als die Ukraine-Affäre publik wurde) und welches Thema ihm besonders am Herzen liegt (Fake News).

Auf Englisch: Von der Strasse vor die Kamera Es sind schwere Geschichten, welche die vom Filmer und Fotografen Mark Laita Porträtierten erzählen. Und es sind ihre Geschichten. Laita trifft Menschen auf den Strassen von Kalifornien – Prostituierte, Dealer, Drogen­abhängige – und lässt sie auf seinem Kanal «Soft White Underbelly» erzählen. Wie diese Woche zum Beispiel die 21-jährige Prostituierte Kelly, die sich tags zuvor noch das Leben nehmen wollte. Eben: schwere Geschichten.

Illustration: Till Lauer

Was diese Woche wichtig war

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