Wie sich die ETH den USA unterwirft

Der US-Handelskrieg mit China trifft die Schweizer Wissenschaft: ETH-Forscherinnen dürfen mit der chinesischen Tech-Firma Huawei nur noch unter strengsten Auflagen kooperieren. Die Schweizer Spitzenuniversität macht sich damit zum verlängerten Arm der US-Behörden.

Eine Recherche von Adrienne Fichter, 30.01.2020

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Huawei ist hierzulande ein gern gesehener Gast – eigentlich. Der chinesische Tech-Konzern richtet gerade eine Wireless-Infrastruktur samt Cloud für den Basler St.-Jakob-Park ein, hängt als offizieller Sponsor von Swiss-Ski Plakate an den Lauberhorn­rennen auf und beliefert Sunrise mit Equipment fürs 5G-Netz.

Doch an einer Wirkungs­stätte von Huawei kriegt man nun kalte Füsse: an den Eidgenössischen Technischen Hoch­schulen in Zürich und Lausanne.

Recherchen der Republik zeigen:

  • Die chinesische Firma ist ein wichtiger Financier von Forschungs­projekten. Doch seit Juni 2019 werden ihr an der ETH Zürich keine Patent­rechte mehr auf Erfindungen zugestanden.

  • Forscherinnen werden ausserdem intern aufgefordert, bei Projekten mit Beteiligung einer US-Firma kein Wort mit Huawei-Angestellten zu reden und keine Kooperationen mehr einzugehen. Ähnliche Regeln gelten an der ETH Lausanne.

  • Grund dafür sind die Export­sanktionen gegen Huawei, welche die USA vergangenes Jahr beschlossen haben.

Die neue Praxis birgt politische Spreng­kraft. Sie zeigt auf, dass US-Recht in der Schweiz direkt angewandt wird – obwohl es dazu keine Weisung aus Bundes­bern gibt. Und sie macht klar, dass der Handels­krieg zwischen den USA und China auch die Schweizer Wissenschaft in Mitleidenschaft zieht. Besonders betroffen sind Forschungs­projekte, die in kommerzialisierbare Produkte wie etwa Mikro­prozessoren oder Chip­bausteine münden.

Doch warum der vorauseilende Gehorsam?

Grosszügige Spender

Zürich ist ein beliebter Niederlassungs­standort von Big-Tech-Firmen. Google hat seine Mitarbeiter­zahl hier sukzessive auf 5000 aufgestockt; Facebook hat 2019 ein Büro nahe dem Einkaufszentrum Sihlcity eröffnet, und Huawei baut ein Forschungs­zentrum, in dem bis Ende Jahr 150 Hochschul­absolventen beschäftigt sein sollen. Man plane, in fünf Jahren sogar 1000 Forschende zu beschäftigen, sagt Sprecher Manuel Küffer der Republik.

Grund für Zürichs Beliebtheit ist die ETH. Sie bringt jedes Jahr zahlreiche Abgängerinnen hervor, welche die Tech-Firmen rekrutieren können. Zudem eröffnen Forschungs­kooperationen die Möglichkeit, Technologien und Produkte zu entwickeln, mit denen die Firmen Geld verdienen können.

Kein Wunder, listet der Geschäftsbericht der ETH namhafte ausländische Konzerne als Gönner auf: Facebook, Microsoft und auch Google.

Noch spendierfreudiger ist jedoch Huawei: Der chinesische Tech-Konzern überwies in den vergangenen drei Jahren 7 Millionen Franken an verschiedene Lehrstühle, wie die ETH auf Anfrage schreibt. Dies entspricht den Donationen von ABB, Credit Suisse und Lafarge Holcim zusammen. Google sprach während derselben Zeit Beiträge über rund 2 Millionen Franken. Diese Spenden sind gemäss der ETH an keine Bedingungen geknüpft.

Anders ist dies bei Forschungs­verträgen für einzelne Projekte. Hier können sich Geldgeber – sofern die ETH zustimmt – die Patent- und Nutzungs­rechte von Erfindungen sichern, die aus diesen Projekten hervorgehen. Die ETH verpflichtet sich jeweils, eine dreimonatige Frist abzuwarten, bevor sie die Resultate publiziert.

Die Hochschule hat gegenüber der Republik die dazugehörigen Summen offengelegt. Huawei ist abermals führend: Der chinesische Tech-Konzern unterstützte von 2016 bis heute für 5,5 Millionen Franken zwölf Projekte in den Fach­bereichen Informatik, Elektro­technik und Maschinen­bau. Google kam in derselben Zeit auf 3,5 Millionen Franken. Welchem Unternehmen welche Exklusiv­rechte zugestanden würden, entscheide man von Fall zu Fall, sagt Andreas Klöti, Head of Research Collaboration bei der ETH, der Republik.

So weit, so transparent.

Doch seit dem 15. Mai 2019 hat sich ein entscheidendes Detail geändert. An diesem Datum ruft Donald Trump den nationalen Notstand aus.

Regeln eines Handelskriegs

Die USA setzen Huawei auf eine schwarze Liste: Das chinesische Unternehmen darf fortan ohne Genehmigung der US-Regierung keine Technologien oder Hardware­bauteile mehr von amerikanischen Lieferanten einkaufen.

Offiziell ist die Schweiz beim Umgang mit der chinesischen Firma neutral. Doch die ökonomische Realität sieht anders aus. Wie andere europäische Länder auch verfügt die Schweiz kaum über Technologie-Souveränität. Mangels einer eigenen, in Europa ansässigen Tech-Industrie ist sie im IT-Bereich auf ausländische Ausrüster angewiesen – nicht zuletzt auf amerikanische.

Die Schweiz ist deshalb faktisch gezwungen, der US-Politik Folge zu leisten.

Die ETH Zürich reagiert sofort auf die Ankündigung aus Washington. Anfang Juni 2019 verschickten die Export­kontroll­beauftragte der ETH sowie der Vizepräsident für Forschung und Wirtschafts­beziehungen eine Mail an alle ETH-Forscher. Darin werden die Mitarbeitenden explizit aufgerufen, die Sanktionen der USA gegen Huawei zu befolgen.

Die Mail liegt der Republik vor. Darin heisst es:

«(The US government) commits us to comply with the regulations as soon as items with US origin, such as US technology, US software or US goods, are included in our research with interaction to any Huawei entity. (...) any delivery or exchange of items (technology, software and goods) of US origin to a Huawei company in any country requires the prior approval of the US government.»

Übersetzung:
«(Die US-Regierung) verpflichtet uns, die Regulierungen zu befolgen, sobald Gegenstände aus US-Herkunft wie etwa US-Technologie, US-Software oder US-Güter in unserer Forschung verwendet werden, die einen Bezug zu einer Huawei-Unternehmens­einheit aufweist. (…) jegliche Lieferung und jeglicher Austausch von Gegen­ständen (Technologie, Software und Güter) mit US-Herkunft an ein Huawei-Unternehmen in jeglichen Ländern erfordert die vorherige Zustimmung der US-Regierung.»

Gemäss Experten sind die Formulierungen in dieser Mail nicht zufällig gewählt. Mario Daniels forscht seit Jahren an der Georgetown University zu amerikanischen Export­kontrollen und ihren Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen. Der deutsche Technologie­historiker kennt die in der Mail verwendeten Chiffren: Begriffe wie goods und services seien praktisch eins zu eins aus dem Regularium des US Bureau of Industry and Security (BIS) entnommen worden, einer Teilbehörde des Handelsministeriums.

Direkt an den US-Exportregularien orientiert sich auch der Grenzwert, den die ETH-Export­kontroll­fachstelle dem Personal später bekannt gibt:

«According to the rules of US export control regulation, an enhanced technology based on US-Technology will remain US-origin if the percentage of the US-Technology exceeds 25% of the market value of the new technology.»

Übersetzung:
«Eine neu entstandene Technologie, die auf US-Technologie basiert, gilt gemäss den US-Exportkontrollvorschriften weiterhin als aus den USA stammend, wenn der Anteil der US-Technologie 25 Prozent des Marktwerts der neuen Technologie übersteigt.»

Die Schweizer Hochschulen werden damit zum verlängerten Arm der US-Handels­behörden. Experte Mario Daniels geht aber noch weiter. Er sagt: Das ETH-Schreiben komme einem Sprech­verbot nahe. Denn im vagen Begriff «Technologie» seien auch «Information, Forschungs­resultate, Know-how» mit eingeschlossen.

Und diese dürfen, wie es in der Mail vom Juni heisst, auf keinen Fall mit Huawei geteilt werden:

«Do not provide any US technology to Huawei, neither by phone, e-mail or any other kind of communication. The exchange of technology shall be limited to research technology exclusively developed at ETH Zurich (= Swiss origin) without support of US technology. (…) In your interactions with Huawei, do not use any services from US companies or companies owned by US companies that are identified as a US person.»

Übersetzung:
«Stellen Sie Huawei keinerlei US-Technologie zur Verfügung, weder per Telefon, per E-Mail noch über jegliche andere Kommunikations­form. Der Technologie­transfer sollte auf Forschungs­technologie beschränkt werden, die ausschliesslich an der ETH Zürich (= Schweizer Ursprung) entwickelt wurde ohne Unterstützung von US-Technologie. (…) Verwenden Sie in Ihren Interaktionen mit Huawei keinerlei Dienst­leistungen von US-Firmen oder Firmen, die US-Firmen gehören und als US-Personen identifiziert werden.»

Die Regeln würden auch für den informellen Austausch gelten, weist die ETH ihre Mitarbeitenden an:

«This applies irrespective of whether you interact with Huawei under a contractually regulated project or informally.»

Übersetzung:
«Das gilt unabhängig davon, ob Sie mit Huawei im Rahmen eines vertraglich regulierten Projekts oder informell interagieren.»

Gemäss US-Recht fallen einfache Konversationen zwischen Wissenschaftlern aus Europa und China unter die Export­kontrollen für technische Daten, sie sind sogenannte deemed exports. Theoretisch müsste dafür eine Lizenz bei der US-Regierung beantragt werden. ETH-Sprecherin Franziska Schmid widerspricht dieser Sichtweise jedoch: «Gemeinsame Forschungs­gespräche sind unter Einhaltung der geltenden Export­kontroll­bestimmungen mit Huawei-Mitarbeitenden natürlich jederzeit möglich.»

Wie streng das Sprech­verbot tatsächlich ausgelegt wird, lässt sich von aussen letztlich nicht nachvollziehen.

Doch das Grundproblem bleibt: In gewissen ETH-Departementen wird fast jedes Forschungs­projekt automatisch zu einer «amerikanischen Technologie».

Freiheit der Forschung in Gefahr?

Betroffen sind zum Beispiel Projekte zu Computer­chips oder Chips für das «Internet der Dinge». Viele der europäischen Chip­fabriken gehören amerikanischen Eigentümern; bei der logistischen Beschaffung etlicher Chip­bausteine kommt man kaum an der US-Industrie vorbei. Gerade in der Halbleiter­branche spitzt sich der Handels­krieg zwischen den USA und China zu.

«Jede Universität, die export­orientierte Hochsicherheits­technologie erforscht und produziert, fällt praktisch unter die US-Export­kontrolle», sagt Experte Mario Daniels. Ein involviertes amerikanisches Unternehmen – egal, ob aus der Consulting-, der Software- oder der Hardware­branche – müsse Schweizer Forschende dabei lediglich beraten oder ihnen eine Komponente liefern, um in den Anwendungs­bereich des Kontroll­regimes zu fallen.

Sind die hiesigen Hochschulen also am Gängel­band von Donald Trump?

Bundesbern beschwichtigt. «In der Schweiz sind die Export­kontrollen der USA weder rechtsgültig noch hat die Schweiz Massnahmen in diese Richtung erlassen», sagt Fabian Maienfisch, Sprecher des Staats­sekretariats für Wirtschaft (Seco). Martin Fischer, Sprecher des Staats­sekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), antwortet auf Anfrage, dass die ETH autonom über die Verwendung von Drittmitteln entscheide.

Doch für Experte Mario Daniels ist die Fakten­lage klar: Die Verwendung von US-Technologie in Zürich bedeute, dass die ETH nicht frei und auf Augen­höhe mit chinesischen Geld­gebern wie Huawei verhandeln könne. «Die US-Regierung sitzt gewisser­massen immer mit am Verhandlungstisch.»

Stimmt die Einschätzung, so behindern die US-Export­kontrollen damit das oberste akademische Prinzip: den freien Austausch von Ideen und Wissen. Ein weiterer Eintrag auf der langen Sünden­liste von Präsident Trump? Das wäre zu einfach.

Denn diese Blockade­politik ist weder allein Trumps Verschulden noch besonders neu.

Jahrzehntealter Konflikt

Der aktuelle US-Präsident baut auf den Entscheidungen seiner Vorgänger im Oval Office auf – sowohl der Republikaner als auch der Demokraten.

An deren Ursprung stehen Streitereien über einen alten Kompromiss, der aus dem Jahr 1985 stammt – einen Kompromiss zwischen der amerikanischen Wissenschaft und dem Verteidigungs­departement. Geschmiedet wurde er während des Kalten Kriegs, als der Technologie­transfer nach Japan und in die Sowjetunion politische Debatten auslöste. Der Kompromiss mündete in ein Dokument mit dem sperrigen Namen «NSDD-189», das bis heute gültig ist.

Dieses Dokument hält fest: Akademische «Grundlagen­forschung» unterliegt keinen Export­kontrollen. Was das genau heisst, darüber wird seit 35 Jahren gestritten. Denn in der Praxis vermischen sich die unterschiedlichen Stufen im Forschungs­prozess. «Grundlagen- und angewandte Forschung gehen oft Hand in Hand. Forscher springen zwischen ihnen hin und her», sagt der Experte Daniels.

Mehrere wissenschaftliche Gremien haben in der Zwischenzeit betont, wie sehr «akademische Exzellenz» unter einer restriktiven Auslegung der Kontrollen leide. Und die Universitäten haben seit Bestehen des «NSDD-189» immer wieder kreative Strategien angewandt, um ihre Forschungs­resultate unter Grundlagen­forschung abbuchen zu können.

Doch auch die politische Seite schlief nicht. Sämtliche US-Administrationen haben die komplizierten Export­regularien seit 1985 sukzessive ausgeweitet. Zum Ende der Amtszeit von George W. Bush hatten Forscherinnen noch gehofft, dass «NSDD-189» nun abgeschafft werde. Doch auch Nachfolger Barack Obama ersetzte den alten Kompromiss nicht, sondern bestätigte ihn.

Gerade Huawei wurde seit der Obama-Ära zum grössten Feindbild stilisiert. 2012 publizierte das Repräsentanten­haus einen ersten Untersuchungsbericht über die «Gefahren» der chinesischen Telecom­firmen ZTE und Huawei für die amerikanische Sicherheit. Die Angst der USA, den Status als Technologie­macht Nummer eins zu verlieren, werde seither immer stärker in dieses Unternehmen hinein­projiziert, schreibt etwa das US-Magazin «Wired».

Die Reaktion der Hochschulen

Die geopolitische Auseinander­setzung führe Schweizer Hoch­schulen in eine ähnliche Zwickmühle wie viele andere Unternehmen auch, erläutert Seco-Sprecher Fabian Maienfisch: Sie müssten eine Güter­abwägung vornehmen. Und sich entscheiden: entweder für die USA oder für China.

Selbstredend fällt die Wahl dabei in den meisten Fällen auf die USA.

Ähnlich ergehe es Universitäten in ganz Europa, sagt Kavé Salamatian, Professor für Computerwissenschaften und Huawei-Kenner: Vorauseilender Gehorsam gegenüber Amerika sei Usus. Er wisse von zwei weiteren Universitäten aus Paris, die voraussichtlich ebenfalls ihre Zusammen­arbeit mit Huawei einschränken müssten.

Bisher hat zwar nur eine europäische Universität Huawei offiziell «verbannt»: Oxford, wegen Sicherheits­bedenken bezüglich dessen 5G-Mobilfunk­technologie. Doch die US-Sanktionen würden generell hingenommen wie Verkehrs­regeln, sagt Mario Daniels. «Die Universitäten sind es nicht gewohnt zu bellen», sagt auch Kavé Salamatian.

Ein Grund für die Zurück­haltung ist, dass Hochschulen zunehmend auf private Gelder angewiesen sind. Die finanziellen Mittel der europäischen Staaten sind knapp, die öffentlichen Förder­strukturen in der EU kompliziert: Da wenden sich Forschende gerne an die unbürokratische Privat­industrie. Und schlucken damit die Kröte – also die US-Auflagen. Dies verunmöglicht allerdings eine breite Debatte über die Auswirkungen der Sanktionen.

Auch die ETH Zürich hat sich für eine Seite entschieden.

Man sei zurückhaltender geworden bei der Vergabe der Exklusiv­rechte an Huawei, bestätigt Head of Research Collaboration Andreas Klöti im Gespräch. Die Medien­stelle bestätigt auf Nachfrage: «Wo möglich tendiert die ETH Zürich dazu, Forschungs­projekte mit Huawei auf nicht-exklusiver Basis durchzuführen.» Der Republik vorliegende interne Dokumente zeigen, dass die Standard­verträge mit Huawei derzeit von den ETH-Juristen überarbeitet werden. ETH-Sprecher Markus Gross bestätigt die Anpassung.

Bei einem konkreten Forschungs­projekt hat Huawei Ende 2019 gemäss Informationen der Republik nach der Möglichkeit von exklusiven Patent­rechten gefragt. Doch die Juristen der ETH-Abteilung für Technologie­transfer lehnten ab unter Berufung auf die Export­kontroll­vorgaben. Um welches Projekt es dabei geht, können wir aus Quellen­schutzgründen nicht schreiben – den Forschenden könnten dadurch Nachteile entstehen.

Zurzeit seien fünf Projekte mit Huawei «in Verhandlung», sagt ETH-Sprecher Markus Gross. Die Hochschule betont, dass die zu verhandelnden Punkte «vielfältig» und nicht allein auf die Export­kontrollen zurück­zuführen seien. Manchmal gehe es bei der Nicht-Exklusivitäts-Klausel auch darum, die Weiter­entwicklung von Erfindungen mit anderen Partnern oder die Veröffentlichung von Software unter einer Open-Source-Lizenz zu regeln. Auch in Verträgen mit amerikanischen Tech-Firmen sei dies ein Thema.

Die Lausanner EPF ist indes noch strikter als ihre Zürcher Schwester­uni. Sei irgendeine Komponente einer amerikanischen Firma im Spiel, komme es zu gar keiner Forschungs­kooperation mit Huawei, bestätigt EPFL-Sprecherin Corinne Feuz.

Huawei will von einer Benachteiligung jedoch nichts wissen und betont die gute Zusammen­arbeit mit den beiden Hoch­schulen. Sprecher Manuel Küffer antwortet ausweichend: «Huawei folgt immer den Regeln und Gesetzen der lokalen Märkte.»

Dieses Abwiegeln erklärt sich Professor Salamatian, der selber mit Huawei Projekte durchführt, mit deren Unternehmens­strategie. «Für die Firma ist das Investment in europäische Universitäten reine PR und nichts weiter», sagt der Computer­wissenschafter. Zwar seien die Huawei-Manager beleidigt, wenn renommierte Forschungs­institute die Gelder aus politischen Gründen nicht annähmen. Doch die Projekt­resultate würden kaum in technisches Equipment einfliessen, dafür betreibe Huawei eigene Forschungs­zentren in China.

Zwischen den Fronten

Beim «Huawei-Bann» der USA drängt sich der Vergleich zu den Sanktionen gegen den Iran auf. Auch diese gelten offiziell nicht für die Schweiz. Doch damit hiesige Banken und Versicherungen es nicht riskieren, auf eine black list gesetzt zu werden, entscheiden sich die meisten gegen Handelsbeziehungen.

Trotzdem: Der Konflikt mit China ist anders gelagert. Die fernöstliche Wirtschafts­macht ist viel stärker in die weltweiten Technologie­produktions­ketten integriert. Das Land ist ein wichtiger Lieferant und ökonomischer Partner des Westens. Gleichzeitig ist es ein erklärter politischer Gegner der Vereinigten Staaten.

In dieser Gemengelage gerät die akademische Welt zwischen die Fronten. Auch sie funktioniert immer stärker global und muss sich in die technologischen Wert­schöpfungs­ketten integrieren. Dennoch gelten für die Hochschulen noch immer die Regeln von 1985. Das ist bizarr – und hat gerade für den Schweizer Forschungs­standort ungeahnte Konsequenzen.

Über die offen zu sprechen sich bei den Hoch­schulen niemand richtig traut.

In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass die Export­kontroll­beauftragte der ETH sowie der Vizepräsident für Forschung und Wirtschafts­beziehungen eine Mail an «sämtliche ETH-Angehörigen» verschickt hätten. Es waren alle «ETH-Forscher» gemeint. Wir entschuldigen uns für den Fehler.

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