Wegwefgesellschaft

Die Verbesserung der Berichterstattung über die Verbesserung der Welt – Folge 3

Werden die Weltprobleme am WEF in Davos tatsächlich quasi im Nebenjob gelöst?

Von Constantin Seibt, 22.01.2020

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Jahr für Jahr wartet Professor Klaus Schwab auf den Friedens­nobelpreis. Jahr für Jahr wird er enttäuscht.

In der Tat ist das Forum in Davos fast schon sensationell erfolglos, was die Verbesserung der Welt angeht. Von Hunderten von hochkarätigen Panels in all den Jahrzehnten bleibt nur Luft.

Den wichtigsten Grund dafür benannte 2016 der britische Ökonom Umair Haque: Das Forum ist nicht demokratisch legitimiert. Hinter Organisationen wie IWF, Weltbank, Uno stehen immerhin gewählte Regierungen. Diese Institutionen haben zwar eine Menge Probleme. Aber immerhin die Chance auf Veränderung. Davos hat keine. Und zwar, wie Haque sagt, «weil noch nie in der Geschichte eine nicht legitimierte Organisation die Welt zum Besseren bewegt hat. Sucht ein einziges Beispiel, Eierköpfe! Ihr werdet keines finden!»

In der Tat ist es eine absurde Idee, dass 2500 Konzernchefs, Banker, Lobbyisten, Experten in vier Tagen quasi im Nebenjob irgendein Weltproblem lösen könnten. Es ist schlicht nicht ihr Job.

So weit die harmlose Seite an Davos. Sie stiehlt zwar Zeit und produziert Schwabbel. Aber ist im Kern nur miserables Entertainment.

Gefährlich allerdings wird die Konferenz, wenn sie wirklich weltweites Handeln ermöglicht. Davos hat einen fast schon absurden Rekord an Fehlprognosen: Das, was im Januar als sicheres Investment gefeiert wird, stürzt regelmässig zusammen, nicht selten im gleichen Jahr. Japan und die asiatischen Tiger­staaten, Argentinien, Russland, Brasilien, die New Economy und zuletzt das amerikanische Bankensystem.

Die Fehlprognosen sind viel zu häufig, als dass es sich um Zufall handeln könnte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Verknüpfung ursächlich: Hype in Davos – Crash in der Realität. Das deshalb, weil die Banker, Firmen­bosse, Investoren tun, wozu sie ausgebildet und legitimiert sind. Und das ist das Anlegen enormer Summen an Investment­geldern – die Teilnehmer in Davos kontrollieren Hunderte von Milliarden Dollar.

Deshalb ist es so gefährlich, wenn in Davos plötzlich ein Land oder eine Industrie als garantiert sicher und garantiert lukrativ gefeiert wird. Dem Konsens folgt ein Tsunami aus Geld. Und wie überall, wo etwas von zu viel Geld überflutet wird, folgt ein hektischer Boom und dann, beim ersten Zweifel, die Panik. Denn Geld ist gierig und scheu wie ein falscher Freund: Wenn du Probleme hast, verlässt es dich.

Das, was an Davos wirklich zu fürchten ist, ist nicht die Zwietracht, sondern die Eintracht seiner Teilnehmer.

Es ist deshalb sehr zu hoffen, dass 2020 die Klimadebatte, der mögliche Krieg der USA mit dem Iran und Trump plus sein Impeachment für Ablenkung sorgen. In der jeweiligen Sache wird das zwar nichts ändern – aber es verhindert wenigstens, dass die anwesenden Leute konzentriert ihre Arbeit tun.

Für die Bericht­erstattung der Presse bedeutet obiges eine erfreuliche Arbeits­entlastung. Geht es um Politik, verpasst niemand etwas, wenn man in Davos keine Zeile schreibt. Geht es um Wirtschaft, so kann man seiner Leserschaft getrost empfehlen, ihr Geld auf das Gegenteil von dem zu setzen, was in Davos empfohlen wird.

Darauf kann man für das nächste Jahr eine Uhren-, Schmuck- und Immobilien­beilage planen. Man hat dann reiche Leute als Leserinnen.

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