Das perfekte Bordell

Sexarbeiterinnen werden bis heute an den Rand der Gesellschaft gedrängt, bemitleidet oder gar verachtet. Es ist höchste Zeit für einen neuen Umgang mit der Prostitution.

Von Brigitte Hürlimann (Text), QuickHoney (Illustrationen) und Anna Traussnig (Interaktion), 17.01.2020

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Prolog: Vorurteile – und eine Vision

An der Hausmauer klebt das Bild einer Frau. Sie kehrt uns den Rücken zu, wir sehen ihr Gesicht nicht, wissen nicht, ob sie lacht oder weint. Sie trägt ein leichtes Sommer­kleid, schulter­lange Haare, sie ist in Schwarz-Weiss und überlebens­gross dargestellt, mit einfachen Strichen gezeichnet – und zu drei Vierteln zerstört, weggekratzt, verschmiert und besudelt. Die Zigarette in der linken Hand hat die Attacken knapp überlebt, doch vom Hand­täschchen in der rechten sind nur noch die Riemen übrig geblieben. Die Zeichnung zeigt eine Prostituierte.

Einst führte sie Kultur­interessierte ins damalige Hotel Rothaus an der Zürcher Langstrasse. Sie wies den Weg zur Installation der mexikanischen Künstlerin Teresa Margolles, in den ersten Stock, ins Eckzimmer Nr. 104 mit dem kleinen Raucher­balkon; dort, wo sich heute das Herz der Republik-Redaktion befindet. Im Sommer 2016, als es die Republik noch nicht gab und in Zürich gerade das Kunstfestival Manifesta stattfand, gedachte Margolles im Rothaus eines Mordopfers. Karla wurde 64 Jahre alt, hiess mit richtigem Namen Hilario Reyes Gallegos und arbeitete als transsexuelle Prostituierte in der nord­mexikanischen Grenz­stadt Ciudad Juárez.

Karla war wenige Monate vor der Manifesta mit einem Stein­brocken erschlagen worden. Sie hätte am Kultur­event teilnehmen sollen, das war der Plan, sie hätte sich im Rothaus mit Arbeits­kolleginnen ausgetauscht, den Manifesta-Besuchern von ihren Erfahrungen und Ansichten berichtet. Doch sie hat es nie nach Zürich geschafft.

Was hätten ihr die hiesigen Sex­arbeiterinnen erzählt? Die Huren, Dominas, Escort-Girls, Erotic-Künstlerinnen, Transvestiten, Berührerinnen, die fleurs de pavé? Vielleicht, dass Prostitution in der Schweiz seit 1942 ein legales Gewerbe ist. Dass bis heute die gesellschaftliche Anerkennung fehlt, dass es keine Gleich­behandlung gibt. Dass man in der Schweiz zwar nicht mit Steinen getötet wird, aber mit Blicken, Verachtung und Gering­schätzung bestraft.

Zum Podcast «Aus der Redaktion»

«Sexarbeiterinnen sind Menschen wie du und ich. Und die Freier sind unsere Brüder, Onkel, Arbeits­kollegen, Partner. Es stört mich, dass wir Sexarbeiterinnen, aber auch Freier, an den Rand der Gesellschaft drängen», sagt Brigitte Hürlimann. Im Podcast «Aus der Redaktion» unterhält sich Bettina Hamilton-Irvine mit der Republik-Autorin über ihre Vision für «das perfekte Bordell».

La version française

Cet article a été traduit par nos collègues de «Bon pour la tête». Vous trouverez «Le bordel parfait» sous cette lien.

Die Prostituierten werden bei uns an den Rand gedrängt. An den Rand der Gesellschaft und der Städte, auf Brachen und in Industrie­zonen, hinter Sicht­schutz­wände verbannt. Wir wollen sie nicht sehen, nichts von ihnen wissen, nicht mit ihnen ins Gespräch kommen. Wir stempeln sie entweder als Opfer oder als Stören­friede ab – sie sind alles, nur nicht gleich­wertige Bewohnerinnen dieses Landes. Wir schnüren ihnen in einem Korsett aus Regeln und Auflagen die Luft ab, muten ihnen ein Wirrwarr an Wider­sprüchlichkeiten zu. Wir lassen sie in der Schmuddel­ecke stehen.

Das müsste nicht sein. Es ist höchste Zeit für eine Vision, einen neuen Ansatz, eine Horizont­erweiterung. Wir holen die Sex­arbeiterinnen zurück in die Gesellschaft, mitten in die Stadt. Wir arbeiten Tür an Tür mit ihnen, lernen sie kennen, wir lassen uns von ihnen inspirieren, trinken Kaffee mit ihnen, schicken unsere Kinder in die gleichen Tages­stätten und Schulen. Wir sind Nachbarinnen, und keine muss sich verstecken.

Dieser Wandel ist möglich. Voraussetzung dafür sind eine Portion Offenheit und die Bereitschaft, Vorurteile zur Seite zu schieben. Um aufzuzeigen, wie ein ganz anderer Umgang mit der Sexarbeit aussehen könnte, machen wir ein Gedanken­experiment: Wir kreieren das perfekte Bordell.

Dazu braucht es nicht mehr als sechs beherzte Schritte.

1. Das richtige Gebäude am richtigen Ort finden

Der naheliegendste Plan schien ursprünglich: Wir verwandeln für unser Experiment das Hotel Rothaus ins perfekte Bordell. Immerhin hat es eine einschlägige Milieu­vergangenheit, liegt mitten in der Stadt­zürcher Ausgeh­meile und in Bahnhofs­nähe, ist von Beizen, Kontakt­bars und Striptease­läden umgeben. Das mehr als hundert­jährige Eckhaus mit seiner markant roten Klinker­fassade, an der die Überreste der Zeichnung einer Prostituierten kleben, wäre doch bestens geeignet dafür. Dachten wir.

Im dazugehörenden Häuschen im Innenhof hätte man sich Arbeits- und Wohn­räume vorstellen können, die zu fairen Preisen an Sex­arbeiterinnen vermietet worden wären. Das perfekte Bordell wäre mit gutem Beispiel vorangegangen und hätte das pure Gegenteil geschaffen zu den Wucher­mieten, die von den Prostituierten im Langstrassen­geviert verlangt werden – absolut horrende Preise für die miesesten Rattenlöcher.

Doch die Sexarbeiterinnen, mit denen wir sprachen, winkten ab. Das Hotel Rothaus, sagen sie, eigne sich nicht für ein perfektes Bordell.

Zwei von ihnen sind Lady Kate und Rosamaria, seit vielen Jahren in der Prostitution tätig, indoor und outdoor. Seit kurzer Zeit beraten sie im Auftrag der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) auch Arbeits­kolleginnen: Sie sind als peers unterwegs, auf der Strasse und in Klubs.

Rosamaria, die auf klassische Sexarbeit spezialisiert ist, schlägt ein Bordell in den Bergen vor: «Die Schweizer Klienten mögen Berge und Holz. Das perfekte Bordell müsste also hoch oben liegen, im Chaletstil oder ein Bauern­haus sein. Das gibt es übrigens bereits, und das funktioniert ganz gut, ich kenne solche Betriebe. Natürlich sind sie abgelegen, aber die Frauen können dort übernachten, und es gibt nicht dauernd Razzien. Das macht die Arbeit stressfreier und erlaubt es den Sexarbeiterinnen, den Männern gegenüber selbstsicher aufzutreten. Überhaupt sind die Arbeits­bedingungen in den Berg-Bordellen meistens gut. Und eben: Wichtig ist, dass es den Kunden gefällt, dass sie ins Etablissement kommen. Sie sind froh um Diskretion. Auch das spricht eher für ein abgelegenes Bordell.»

Lady Kate arbeitet als Domina und nennt sich Erotic Artist, weil sie den Begriff Sex­worker als zu eng empfindet. Er erinnere sie an Fabrik­arbeit, und er umfasse nicht das ganze Spektrum des Gewerbes. «Mein perfektes Bordell stünde in Zürich, in der Nähe des ‹Dolder›», sagt sie. «Dort ist es schön grün, und die Innen­stadt ist mit dem Tram rasch erreichbar. Ich stelle mir eine alte Zürichberg-Villa vor, am liebsten ein Eckhaus mit Garten. Manche meiner Kunden sind exhibitionistisch veranlagt, ich muss mit ihnen auch nach draussen gehen. Sie wollen gesehen werden, das ist Teil der Maskerade, des Spiels. Natürlich will ich die Bevölkerung nicht schockieren, aber etwas Offen­heit uns gegenüber schadet nicht. Es ist doch nicht schlimm, wenn man einer schwarz gekleideten Domina in Overknees begegnet.»

Nicole, unsere dritte Gesprächs­partnerin, blickt auf dreissig Jahre Erfahrung in der Prostitution zurück. Sie hat im klassischen Bereich begonnen, in Sauna­klubs, in grösseren und kleineren Bordellen gearbeitet. In den letzten zehn Jahren ihrer Berufs­tätigkeit war sie Domina im eigenen Studio – unter­gebracht in einem Mehr­familien­haus in der Zürcher Agglomeration, völlig unbemerkt von den Hausbewohnern.

In ihren besten Zeiten verdiente Nicole bis zu 40’000 Franken pro Monat. Doch am Schluss war es weniger als die Hälfte davon, darum hörte sie kürzlich auf. Sie hat genug Geld verdient und widmet sich jetzt anderem. Auch Nicole betont, wie sehr die Kundschaft Wert auf Diskretion lege – und wie wenig das Gewerbe störe, wenn es denn anständig und professionell betrieben werde. Die unauffällige Lage im Wohn­block war für sie und ihre Kundschaft ideal. Und eben: Der Kleinsalon hat die Nachbarschaft in keiner Art und Weise gestört – weil sie nichts davon gewusst haben.

Die Mehrheit der Freier, das sagen Rosamaria, Lady Kate und Nicole überein­stimmend, will nicht gesehen werden, wenn sie ins Bordell huschen. Darum hat für die beiden Sexarbeiterinnen ein Puff an der belebten Lang­strasse nicht erste Priorität; dazu kommt, dass hier alle paar Meter eine Video­kamera installiert ist und sich das Party­volk Tag und Nacht austobt und kübel­weise Alkohol in sich hinein­schüttet. Und übrigens viel mehr Lärm, Dreck und Gewalt verursacht als die Prostitution. Das sagen Anwohner der Lang­strasse schon lange, und das bestätigt auch die Stadtpolizei.

Also stellen wir uns eine Zürichberg-Villa vor. Oder ein ehemaliges Gewerbe­gebäude zwischen Zürcher Haupt­bahnhof und Techno­park in Zürich-West. Oder ein städtisches Amtshaus in der City mit Blick auf die Limmat.

2. Eine Vielfalt an erotischen Dienstleistungen anbieten

Klar ist: Das Gebäude muss mehr­stöckig sein, denn im perfekten Bordell sollen die unterschiedlichsten Sex­arbeiterinnen tätig sein können.

Zum Beispiel Frauen wie Rosamaria, die klassische Dienst­leistungen anbieten – mit einem grossen therapeutischen Anteil: «Wir wollen die Kunden in ihrer Sexualität nicht traumatisieren», sagt sie. «Im Gegenteil, wir wollen ihnen helfen, wenn sie Probleme haben: mit einem kleinen Penis, mit Impotenz oder vorzeitiger Ejakulation. Wir begegnen der Sexualität unserer Kunden mit Respekt. Als Profis führen wir junge Männer behutsam in die Sexualität ein. Oder wir beenden unfreiwillige Enthaltsam­keit. Oder bieten Praktiken an, welche die Ehefrauen und Freundinnen ablehnen. Es kommen die unter­schiedlichsten Freier zu uns.»

Auch Dominas haben im perfekten Bordell Platz – ein ideales Arbeits­feld für ältere, erfahrene Frauen. Erstens können sie sich wirkungsvoll kleiden, und zweitens steht der Beischlaf nicht im Vorder­grund, sondern das Rollen­spiel. Neben den Dominas sollen Fetisch-Spezialistinnen, trans­sexuelle Prostituierte oder Berührerinnen tätig sein können: Letztere sind jene Sex­arbeiterinnen, die sich auf Dienst­leistungen für handicapierte Kunden spezialisiert haben. Sie stossen auf deutlich mehr Akzeptanz in der Gesell­schaft als die anderen Berufs­kolleginnen. Wer bezahlten Sex für behinderte Menschen anbietet, ist willkommen, wer das Gleiche für Nicht­behinderte tut, kassiert ein Nasen­rümpfen. Das Genfer Prostitutions­gesetz erwähnt unter Artikel 2 ausdrücklich, dass Berührerinnen nicht mitgemeint sind.

Die Unterscheidung sei absurd, sagt Rosamaria. Sie und ihre Berufs­kolleginnen würden doch Männer mit oder ohne Handicap bedienen.

Lady Kate betont, es sei wichtig, ein breites Spektrum an Sex­arbeiterinnen im Bordell zuzulassen, damit sich die Frauen mit ihren Angeboten gegen­seitig ergänzten und nicht konkurrenzierten: «Es müssen unbedingt auch reifere Frauen anwesend sein. Die Männer wollen nicht nur junge, das ist ein Klischee. Erfahrung und Ausstrahlung sind genauso wichtig und gefragt.»

Rosamaria ergänzt: «Eine Vielfalt ja, aber nicht alles in einem Haus. Das funktioniert nicht. Freier wollen beim Warten nicht auf Frauen treffen, die ihre Nachbarinnen oder Arbeits­kolleginnen sein könnten», sagt sie. «Und die homo­sexuelle Prostitution findet in einem anderen Milieu statt. Das lässt sich nicht mischen. Schwule und hetero­sexuelle Freier bevorzugen getrennte Etablissements. Freierinnen gehen zudem nicht gerne ins Bordell, das zeigen die Erfahrungen.»

Das perfekte Bordell könnte deshalb zusätzlich noch einen Escort-Service anbieten. Die Zentrale wäre unter dem gleichen Dach, die Dienst­leistungen würden aber ausser Haus vollbracht: von Frau zu Mann, Mann zu Frau, Frau zu Frau, Mann zu Mann, von Trans zu Frau oder Mann. Wir organisieren, falls erwünscht, Chauffeur- und Bodyguard-Dienste und sind auch sonst für jegliche Hilfe­stellung, Beratung und Weiter­bildung zuständig – Details dazu unter Schritt 6. Doch zuerst müssen zwei ganz grund­legende Punkte geregelt werden.

3. Faire Arbeits­bedingungen schaffen – mit guten Chefs

Welches rechtliche Gewand ist ideal für das perfekte Bordell? Eine Genossen­schaft, eine Aktien­gesellschaft oder eine GmbH? Letzteres ist in der Realität die Regel, Ersteres visionär: Das perfekte Bordell wäre ein selbst­verwaltetes, nicht gewinn­orientiertes Genossenschafts­puff, damit die Sex­arbeiterinnen alles, aber wirklich alles selber bestimmen können. Von den Bettlaken über die Tapeten und Kondome bis zur internen Organisation. Und vor allem bleiben die Einnahmen bei ihnen. Es gibt keine Profiteure, die im Hinter­grund absahnen und die harte Arbeit den Prostituierten überlassen. Klar, auch eine Genossen­schaft wird auf Fach­leute ausser­halb der Sexarbeit angewiesen sein, wie halt jedes Unter­nehmen: auf Treu­händer, Buch­halterinnen, Anwältinnen.

Möglichst viele dieser Arbeits­plätze sollen mit Frauen belegt werden, die keine Lust mehr auf Sexarbeit haben und eine berufliche Veränderung suchen. Sie finden eine Beschäftigung an der Bar, in der Wäscherei, am Empfang, in der Reinigung, der Administration oder bei der Betreuung der Website.

Idealerweise würden ältere, erfahrene Sex­arbeiterinnen als Genossen­schafterinnen das Bordell über­nehmen. Das Unter­nehmen böte die unter­schiedlichsten Partizipations­möglichkeiten an: Integriert wird ein Betrieb mit Arbeit­geber und Arbeit­nehmerinnen. Für die selbstständig erwerbstätigen Sex­arbeiterinnen gibt es einen Hotel­service: Sie lernen die Freier in der Kontakt­bar im Erdgeschoss kennen und buchen dann stunden- oder halbstunden­weise ein Zimmer. Wer sich fester installieren will, mietet wochen- oder monats­weise ein Zimmer. Oder auf unbestimmte Zeit.

Was die Sexarbeiterin als Arbeit­nehmerin betrifft, so herrscht in der Rechts­lehre und innerhalb der Behörden keine Einigung darüber, ob das überhaupt zulässig ist. Mehrere Kantone arbeiten jedoch seit längerem mit Muster­arbeits­verträgen, und das Bundes­gericht taxiert die Arbeit in einem Bordell generell als eine unselbstständige Erwerbs­tätigkeit – was in dieser Pauschalität wiederum zu Kritik führt, berechtigterweise.

Thomas Geiser, emeritierter Arbeits­rechts­professor an der Universität St. Gallen, hat für das schweizerische Sexwork-Netzwerk Prokore die Zulässigkeit von Arbeitsverträgen im Bordell analysiert. Er beantwortet die Frage, ob eine Sex­arbeiterin im Angestellten­verhältnis legal sei, mit einem klaren Ja. Die Verträge könnten so ausgestaltet werden, sagt Geiser, dass sie weder Persönlichkeits­rechte noch das Straf­recht verletzten.

Das Weisungsrecht des Arbeit­gebers wird im Bordell stark eingeschränkt, wie das in gewissen anderen Berufen auch der Fall ist, etwa bei Pfarrern oder Mitarbeitern von Rettungs­organisationen. Die Sex­arbeiterin muss selber bestimmen können, welche Dienst­leistungen sie für welche Kunden anbietet. Da sich die Angestellten per Arbeits­vertrag grund­sätzlich für die Arbeit im Bordell bereit erklärt hätten, so Geiser, sei auch das Einhalten einer Kündigungs­frist kein Problem. Wie in jeder Branche gibt es zudem die Möglich­keit einer Frei­stellung oder aber die Zuweisung anderer Arbeitstätigkeiten.

Doch Arbeitsverträge im Bordell sind bis heute eine Rarität geblieben. Die meisten Betreiberinnen greifen auf folgende Modelle zurück:

  1. Sie vermieten Zimmer.

  2. Die Frauen bezahlen eine Eintritts­gebühr in den Klub, wie die Kunden auch. Dafür dürfen sie die Infrastruktur benützen, sexuelle Dienst­leistungen anbieten und sämtliche Einnahmen behalten.

  3. Die Betreiber vereinbaren eine prozentuale Beteiligung an den Einnahmen der Sex­arbeiterinnen. Verbreitet ist die Regel, dass die Frauen 60 Prozent behalten und 40 Prozent abgeben. Diese Aufteilung ist vom Bundes­gericht als zulässig taxiert worden, allerdings in einem älteren Entscheid.

«Wenn ich Chefin wäre, würde ich den Frauen 70 Prozent der Einnahmen überlassen», sagt Lady Kate. «Das wäre fair, denn sie übernehmen die harte Arbeit. Und es hätte den Vorteil, dass alle Frauen zu mir ins Bordell kämen – weil sie hier mehr verdienen. Davon würde mein Betrieb profitieren.»

Lady Kate und Rosamaria befürworten eine ordnende Hand im Bordell und sind eher skeptisch, was die Selbst­verwaltung betrifft. Sie verlangen aber von den Chefs, dass diese den Sex­arbeiterinnen vertrauen, Spiel­raum und Sicherheit gewähren, die Frauen nicht in strikte Abläufe und enge Zeit­vorgaben einbinden. «Ein Chef», sagt Lady Kate, «sollte auf die Kreativität und Loyalität der Sex­arbeiterin zählen. Er muss auf sie hören, ihr eine Stimme geben. Und was ganz wichtig ist: Im Konflikt­fall soll er sich auf die Seite der Sex­arbeiterin stellen, auch wenn ein Kunde reklamiert. Er darf nicht nur den Gewinn im Auge haben, sondern muss in erster Linie an das Wohl­ergehen der Frau denken, die bei ihm arbeitet.»

4. Die Stadt beleben

Das perfekte Bordell steht mitten in der Stadt, auch in der Wohn­zone, denn die Sex­arbeiterinnen sollen ja zurück in die Gesell­schaft geholt und als Gewerbe­treibende akzeptiert werden. Ihre Kunden sind nämlich keine Monster oder abartige Männer mit schlechten Manieren, sondern unsere Arbeits­kollegen, Brüder, Partner, Onkel oder Neffen. Es fällt auf, wie respektvoll die Sex­arbeiterinnen von ihrer Kundschaft erzählen.

Wir akzeptieren in dieser Vision, dass es eine Nachfrage und ein Angebot nach bezahltem Sex gibt. Und wir haben ein Interesse daran, dass das Gewerbe nicht in die Illegalität abgleitet, nicht von kriminellen Banden kontrolliert wird – das hätte verheerende Folgen: für die Gesund­heit, die Unversehrt­heit und die Sicher­heit aller Beteiligten.

Rund um das perfekte Bordell sollen die Sex­arbeiterinnen auch auf der Strasse oder in Kontakt­bars Kundschaft anwerben können. Denn je mehr Prostituierte auf den Trottoirs auf und ab gehen, desto sicherer wird die Gegend – vor allem für andere Frauen. Es ist angenehm, auf einer von Frauen gesäumten Strasse nachts unterwegs zu sein. Die fleurs de pavé lenken die männliche Aufmerksamkeit auf sich, und die nicht anschaffende Passantin geht unbehelligt ihres Weges.

Ein älterer Geschäftsmann aus dem Zürcher Kreis 4, der lieber anonym bleiben möchte, erzählt von seinen Erfahrungen mit den Sex­arbeiterinnen: «Auf dem morgendlichen Weg von der Bus­haltestelle zum Büro wurde ich anfänglich bestimmt zehnmal angesprochen. Das hat mich zuerst gestört, wobei ich sagen muss, dass die Frauen immer höflich und zurück­haltend blieben, nie insistierten. Nach ein paar Wochen kannten sie mich und wussten, dass sie mit mir nicht ins Geschäft kommen würden. Seither grüssen wir uns gegen­seitig und lächeln uns zu. Das ist angenehm, denn in der Schweiz wird man auf der Strasse nicht oft angelächelt. Ich habe den Eindruck, dass es den Frauen an meiner Strasse gut geht, dass sie selbst­ständig arbeiten. Sie trinken mit Arbeits­kolleginnen oder Kunden Kaffee auf den Trottoirs, unterhalten sich freund­schaftlich, es sind junge und ältere Frauen. Mir tut es bloss leid, wenn ich sehe, dass sie mit ungepflegten Männern in die Häuser verschwinden müssen. Wenn sich die Männer wenigstens waschen würden, bevor sie zur Sex­arbeiterin gehen. Das wäre meine Vision.»

Christina Schiller, Stadtzürcher Gemeinde­rätin der Alternativen Liste, will die Sexarbeiterinnen am Stadt­leben teilnehmen lassen, sie ins soziale Gefüge integrieren. «Ein Bordell mit Strassen­strich im Niederdorf wäre ideal, das würde die Gegend beleben», sagt sie. «In anderen Städten sind die Rotlicht­zonen beliebte und bekannte Touristen­attraktionen. Wir brauchen im Umgang mit der Sex­arbeit ein neues Modell, einen Befreiungs­schlag. Ich habe im Parlament vergeblich die Aufhebung der Prostitutionsgewerbeverordnung verlangt. Der Erlass bevormundet die Sex­arbeiterinnen und bringt ihnen nichts, bloss noch mehr Auflagen. Ich bin auch dagegen, dass sie registriert werden. Das ist diskriminierend und stigmatisierend.»

Nach der geltenden Rechtslage ist ein Bordell­betrieb weder an der Lang­strasse noch am Zürich­berg möglich. In Zonen mit einem Wohn­anteil von über 50 Prozent werden keine Puffs zugelassen. Und der Strassen­strich ist in der Stadt Zürich seit sechs Jahren nur noch an drei Orten erlaubt: auf dem Strich­platz in Altstetten (auf einer Brache zwischen Autobahn und Gleisen), an einigen Strassenabschnitten in der Altstadt (aber nur während vier Stunden) und auf der Allmend Brunau – wohin sich allerdings kaum jemand verirrt, weder Frauen noch Kunden.

Unter der Woche stünden jeweils zwei ältere Schweizerinnen auf der Allmend, sagt die Stadt­polizei Zürich, und manchmal noch zwei weitere Sexarbeiterinnen: die eine mit einem Wohn­mobil, die andere mit einem umgebauten Pferde­anhänger. Beide Frauen machen per Internet mit den Freiern die Termine aus. Der Standort sei nicht ungefährlich; überhaupt sei es nicht ideal, wenn die Frauen zu den Kunden ins Auto steigen und wegfahren müssten. Was die Sicherheit der Sex­arbeiterinnen betrifft, sei die Strassen­ecke in der Altstadt deutlich besser: Rund fünfzehn Frauen stehen dort pro Nacht auf der Strasse und gehen mit ihren Kunden in die unmittelbar angrenzenden Liegen­schaften, in denen ein grösserer und ein paar mittel­grosse Betriebe unter­gebracht sind.

Ab diesem Januar gilt in der Stadt Zürich ein weniger rigides Regime, was die Kleinst­salons betrifft – wenn also höchstens zwei Frauen in höchstens zwei Räumen tätig sind, so die Definition in der Prostitutions­gewerbe­verordnung. Solche Kleinst­salons sind nach einer Änderung der lokalen Bau- und Zonen­ordnung neu auch in Wohn­zonen zugelassen.

Weiterhin umstritten bleibt – zumindest ausserhalb der Stadt Zürich –, ob die Sex­arbeiterinnen nebenbei auch in ihren Wohnungen arbeiten dürfen. In der Wohnung zu arbeiten, ist für die meisten etwas ganz Selbst­verständ­liches; die Journalistin tut es, die Lehrerin, die Architektin und die Buch­halterin. Für sie alle gilt, dass das Arbeiten daheim erlaubt ist, wenn das Wohnen der Haupt­zweck bleibt und die Arbeit nicht stört. Für Prostituierte dagegen werden einmal mehr andere Mass­stäbe angewandt.

Das Zauberwort, welches das Sonder­verbot möglich macht, lautet: ideelle Immissionen. Die Behörden und Gerichte gehen immer noch davon aus, dass es eine über­mässige psychische Beeinträchtigung für Anwohnerinnen und Haus­mitbewohner darstellt, wenn zwei Personen Sex miteinander haben und die eine Person dafür bezahlt. Warum das mehr stören soll, als wenn zum Beispiel ein Ehepaar miteinander schläft – das wissen die Götter. Ausserdem gibt es in der Ehe durchaus Konstellationen, in denen die eine zahlt und sich der andere dafür erkenntlich zeigt. Auch mit Sex.

5. Mit den Behörden kooperieren

Die Betreiberinnen unseres perfekten Bordells arbeiten mit den Behörden und der Polizei zusammen, denn sie haben nichts zu verbergen und befürchten keine Schikanen – so die visionäre Vorstellung. Eine gute Kooperation mit den Straf­verfolgern ist wichtig, denn jedes seriöse Gewerbe hat ein Interesse daran, von krimineller Unterminierung verschont zu bleiben. Die Polizei soll ihre Kräfte darauf konzentrieren, den Zuhältern, Menschen­händlern und Miet­wucherern das Hand­werk zu legen. Sie soll darauf vertrauen, dass es im Bordell mit rechten Dingen zu- und hergeht und dass die Gesetze eingehalten werden.

Der Betrieb darf nicht mit regel­mässigen Razzien gestört werden, das vergrault die Kund­schaft. Wenn schon Kontrollen, dann wären jene vom Arbeits­inspektor wünschens­wert, der gerne nach­schauen darf, ob den Sex­arbeiterinnen gute Arbeits­bedingungen geboten werden.

Weil die Strassen­prostitution im Rahmen unserer Vision wieder auf dem gesamten Stadt­gebiet zugelassen ist, wird es nicht mehr nötig sein, zivile Fahnder auf die Strassen zu schicken, die Sex­arbeiterinnen und Freier büssen, wenn sich diese zur falschen Zeit am falschen Ort aufhalten. Heute drohen ihnen Bussen und Verfahrens­gebühren von mehreren hundert Franken sowie Wegweisungen.

Prostituierte aus der EU, die mehr­fach gegen die lokalen Regeln verstossen, können gar mit einem Einreise­verbot belegt werden. Die Zürcher Rechts­anwältin Antonia Kerland kritisiert in einem Gutachten diese Praxis: Ein Einreise­verbot für EU-Bürgerinnen setze eine schwere Störung der öffentlichen Ordnung voraus, «welche das Grund­interesse der Gesell­schaft tangiert». Das sei auch bei einer wieder­holten Miss­achtung der örtlichen Strich­zonen­ordnung nicht gegeben.

Im perfekten Bordell beschäftigen wir auch Arbeit­nehmerinnen und stellen Arbeits­verträge aus. Wir müssen uns also um die Sozial­versicherungen kümmern, Arbeit­nehmerinnen­beiträge einziehen und den Arbeit­geber­beitrag leisten. Die Sex­arbeiterinnen erhalten Lohn­ausweise und wissen, dass sie gegen Krankheit, Unfall und Arbeits­losigkeit versichert sind. Sie erhalten Mutterschafts­urlaub, bezahlte Ferien und nach der Pensionierung ihre AHV. Ganz normale Arbeits­verhältnisse halt.

In der Realität aber profitiert kaum eine Sex­arbeiterin von den Vorzügen der Sozial­versicherungen, vor allem die Ausländerinnen nicht. Sie werden über ihre Rechte nicht informiert und müssen zuweilen akzeptieren, dass ihnen die Bordell­betreiber Pauschal­beträge von bis zu 50 Franken pro Tag abziehen: für Quellen­steuer, Sozial­versicherungen und zusätzliche, dubiose Abgaben; etwa Familien­zulagen oder Verwaltungs­kosten – lauter Posten, die es in anderen Branchen nicht gibt.

Die Sozialversicherungs­anstalt des Kantons Zürich unternahm einen Versuch mit Pauschal­abgaben in den Bordellen – und musste jüngst fest­stellen, dass es nicht funktioniert. Die Bereit­schaft und das Interesse, mit der Ausgleichs­kasse zusammenzuarbeiten, sei nicht gegeben, sagt SVA-Sprecherin Daniela Aloisi. Es fehle an verlässlichen Informationen, und es sei schwierig, die Arbeit­geber zu erfassen. Man habe sich deshalb entschlossen, «die Frage des AHV-Beitrags­status für die verschiedenen Betriebs­modelle auf dem Rechtsweg zu klären und so Leit­entscheide zu erwirken». Es dürfte allerdings länger dauern, bis solche Gerichts­entscheide vorliegen. «Wir sind aber überzeugt, dass der eingeschlagene Weg ziel­führend ist, um den Versicherungs­schutz der Frauen zu verbessern und sicherzustellen, dass die Betriebe die AHV-Beiträge leisten», sagt Aloisi.

Im perfekten Bordell ist eine offene, ehrliche und transparente Kooperation mit den Behörden wichtig. Im Gegenzug wird allerdings eine diskriminierungs-, wider­spruchs- und schikane­freie Behandlung erwartet: ein wahrlich visionäres Anliegen.

Schluss mit den Zeiten, in denen einer unabhängigen, selbst­ständigen, erfolg­reichen Geschäfts­frau wie Nicole die erleichterte Einbürgerung verweigert wird – weil sie als Prostituierte arbeitet. Nach Ansicht der Einbürgerungs­behörde soll sie nur wegen ihrer verpönten beruflichen Tätig­keit nicht in der Lage sein, eine recht­mässige Ehe zu führen. Nicole hat den Entscheid nicht akzeptiert, einen Anwalt und den «Blick» eingeschaltet – und siehe da: Im zweiten Anlauf ging es plötzlich doch noch.

«Ich habe mich stets an alle Regeln gehalten, habe immer Steuern bezahlt, bin dem Staat nie zur Last gefallen», sagt Nicole. «Und trotzdem hat man mich nicht akzeptiert. Ich habe bis heute Mühe, eine Hypo­thek oder einen Bank­kredit zu bekommen, obwohl ich vermögend bin. Sobald wir unseren Beruf angeben, fangen die Probleme an.»

6. Für Aus- und Weiterbildung sorgen

«Etwas ganz Wesentliches darf im Zusammen­hang mit dem perfekten Bordell nicht vergessen gehen», sagt Rosa­maria: «Die Aus- und Weiter­bildung.» Vor allem jüngere Sex­arbeiterinnen müssten ins Gewerbe eingeführt werden. Lady Kate schlägt einen Grund­kurs für alle vor, auf den Spezialisierungen folgen würden: für Dominas, Berührerinnen, Erotic Artists, für therapeutische Sex­arbeiterinnen und vieles mehr. Thema des Grund­kurses wären nicht nur das praktische Handling und der Umgang mit Kondomen, sondern auch Psychologie, Gesundheit, Rechts­kunde, Geschäfts­führung und Selbstverteidigung.

In unserem Muster-Bordell gibt es Räume für die Aus- und Weiterbildung, aber auch Räume für Team­sitzungen, Super­vision und für die Beratung. Spezialistinnen aus Fach­organisationen, Anwältinnen und Ärztinnen gehen ein und aus. Aber die wichtigsten Expertinnen sind die älteren Berufs­kolleginnen. Und warum eigentlich nicht Kurse von erfahrenen Sex­arbeiterinnen für alle Frauen anbieten? Gesprächs­runden von Frau zu Frau? Einen Erfahrungsaustausch?

Nicole legt ihren Berufs­kolleginnen nahe, keine Drogen zu konsumieren (und den Freiern auch keine abzugeben, obwohl das lukrativ sein kann, weil der benebelte Kunde vergisst, auf die Uhr zu schauen), möglichst wenig Alkohol zu trinken und Geld auf die Seite zu legen: «Wir müssen auch die Sex­arbeiterinnen in die Pflicht nehmen», sagt Nicole. Sie verlangt von den Berufs­kolleginnen Verbindlich­keit, Pünktlich­keit und Zuverlässigkeit.

Und damit eines glas­klar ist: Im perfekten Bordell gibt es keinen ungeschützten Sex. Und auch kein Lohn­dumping. Es ist ein faires Puff, das faire Kunden anzieht. Wer sich respekt­los oder gewalt­tätig benimmt, der hat hier nichts verloren.

Epilog

So weit also die Vision für das perfekte Bordell. Sind das lauter Hirn­gespinste, naive Träumereien, Luft­schlösser, absurde Ideen gar? Wir haben bei Raphael Golta, dem Vorsteher des Stadt­zürcher Sozial­departements, nachgefragt.

«Visionen für die Prostitution, das ist ein schwieriges Thema», sagt er. «Denn solange es für die Sex­arbeiterinnen keine echte wirtschaftliche Alternative gibt, kann man nicht von einer kompletten Freiwillig­keit sprechen. Das ist ein grund­sätzliches Problem, das die Stadt Zürich alleine nicht lösen kann. Es ist uns aber wichtig, dass es auch im Sex­gewerbe sichere Arbeits­plätze gibt. Das funktioniert auf dem Strich­platz gut, dort gab es bisher noch keinen einzigen schweren Gewalt­vorfall, ganz anders als damals auf dem Sihlquai-Strich. Was die Indoor-Arbeits­plätze betrifft: Ich hätte gerne die Idee eines städtischen Bordells geprüft, aber der Gemeinde­rat hat das entsprechende Postulat 2016 abgelehnt. Doch selbst wenn es vorerst kein städtisches Bordell geben wird, müssen wir uns mit der Frage nach den Bedingungen, unter denen die Sex­arbeiterinnen leben und arbeiten, weiter beschäftigen. Bei allen Schutz­bemühungen dürfen wir das Gewerbe aber auch nicht über­regulieren, sonst besteht die Gefahr einer Abwanderung in die Illegalität. So wäre ein Gesamt­arbeitsvertrag allenfalls nützlich – aber was machen wir mit jenen, die sich nicht dran halten?»

Und was sagt Karin Rykart, Vorsteherin des Stadt­zürcher Sicherheits­departements? Auch sie zerzaust die Vision zwar nicht in Bausch und Bogen, bleibt aber lieber auf dem Boden der Realität.

«Die Prostitution ist ein Gewerbe, aber es ist ein stigmatisiertes Gewerbe», sagt sie. «Es wird für die wenigsten Frauen der erste Berufs­wunsch gewesen sein. Dennoch bin ich gegen eine Freier­bestrafung, also gegen das sogenannte Schweden­modell. Weil die Sex­arbeiterinnen damit noch weniger geschützt wären, ist das der falsche Ansatz. Seit der Schliessung des Sihlquai-Strichs hat sich die Situation rund um die Prostitution beruhigt. Wir haben einen gang­baren Weg gefunden. Was mich schockiert, sind die Zimmer, in denen manche Sex­arbeiterinnen leben und arbeiten müssen. Das sind Löcher, die für völlig über­rissene Preise vermietet werden. Aber aufgrund diffuser Ängste will man in den Quartieren das Sex­gewerbe lieber nicht sehen. Und ja, im Alltag trifft kaum jemand auf eine Sex­arbeiterin. Alle sprechen über sie, aber man kennt sie nicht.»

Visionen für einen neuen Umgang mit der Sex­arbeit auszuhecken, steht bei den Politikern eindeutig nicht zuoberst auf der Agenda. Ganz anders sieht es bei den Prostituierten aus: Ihre Augen beginnen zu leuchten, und sie sprudeln vor Ideen, wenn sie ideale Arbeits­bedingungen skizzieren dürfen. Sie werden selten danach gefragt.

Und dass dies auch noch erwähnt sei: Für viele Sex­arbeiterinnen stehen nicht Zwang und Gewalt im Vordergrund. Sondern die Ausgrenzung. Die Stigmatisierung. Der fehlende Respekt.

Dort anzusetzen, das wäre ein guter Anfang.

Zur Veranstaltung «Unser Job – Sexarbeit»

Das Thema Prostitution wird kontrovers debattiert. Die einen verdammen die Sexarbeit, die anderen sehen darin einen ganz normalen Beruf. Viel zu selten wird mit statt über Sexarbeiterinnen geredet. Am 17. Februar 2020 moderiert Brigitte Hürlimann eine Diskussion im Zürcher «Kosmos», an der Sexarbeiterinnen aus ihrem Berufs­alltag erzählen. Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

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