Was wir gehört haben
Wir haben informiert und gefragt, Sie haben reagiert und geantwortet. Die Rückmeldungen nach dem Aufruf zur Lage der Republik waren zahlreich – und enorm wertvoll für uns.
Von Ihrem Expeditionsteam, 24.12.2019
Journalismus, der Ihnen hilft, Entscheidungen zu treffen. Und der das Gemeinsame stärkt: die Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie. Lernen Sie uns jetzt 21 Tage lang kostenlos und unverbindlich kennen:
Vor zwei Wochen haben wir einen zugegebenermassen dramatischen Aufruf zur Lage der Republik veröffentlicht: Wenn wir bis Ende März nicht 19’000 Mitglieder und Abonnenten haben und zusätzlich 2,2 Millionen Franken an Investorengeldern und Spenden organisieren können, sehen wir nicht, wie wir die Republik in eine finanziell nachhaltige Zukunft bringen können.
Den aktuellen Stand und die wichtigsten Infos finden Sie im Cockpit. Die wichtigsten Fragen haben wir in einem Briefing beantwortet.
Seither ist einiges passiert: Bis jetzt haben schon fast 4000 Verlegerinnen frühzeitig erneuert. Viele davon taten das grosszügig. Mit den vielen Einzelspenden sind seither über 400’000 Franken hinzugekommen.
Vor allem aber haben Sie uns sehr wertvolle Rückmeldungen gegeben. Im Dialog und per Mail. Hier listen wir auf, was uns erreicht hat.
Und unterdrücken den Reflex, Ihre Fragen sofort beantworten und Ihre Kritik entkräften zu wollen. Das haben wir im Dialog und per Mail schon getan, so gut wir es eben konnten. Wir lernen nur, wenn wir genau hinhören und – bevor wir wieder anfangen zu reden – einen Moment nachdenken. (Und gibt es eine bessere Zeit dafür als die Zeit zwischen den Jahren?)
Was wir von Ihnen in den vergangenen zwei Wochen gehört haben:
1. Es braucht die Republik
Das war mit Abstand das häufigste Votum. Dazu drei typische Beispiele:
Die Republik zu verlieren, wäre ein herber Verlust. Für mich. Für uns. Für die Medienlandschaft Schweiz.
Bleibt dran, kämpft weiter, ihr seid wichtig.
Es ist KEINE Option, dass die Republik nach nur zwei Jahren bereits wieder verschwindet!
2. Das finanzielle Risiko ist eine Hürde
Für einige Verleger ist das finanzielle Risiko, die Mitgliedschaft jetzt schon zu verlängern, zu hoch. Weil noch nicht klar ist, was nach Ende März mit der Republik und daher mit ihrem Abo passiert.
Da frage ich mich schon, soll ich wirklich verlängern oder ist das Risiko einfach zu gross, da ich 240 CHF schon etwas viel finde für 2,5 Monate. [...] Ich verlängere sofort, wenn ihr mir eine Zusicherung gebt, dass es euch auch nach dem 31. März noch gibt, auch wenn es eine abgespeckte Version ist.
Auch gibt es Verleger, die sich sorgen, dass dieses Risiko für andere eine Hürde sein könnte. (Das kam interessanterweise fast noch häufiger.)
Ich habe nun das Abo verlängert, mit dem Risiko, im Frühling euch trotzdem nicht mehr lesen zu können. Dieses Risiko dürfte m. E. viele Interessent*innen von einem Abo abhalten. Ich meine, ihr solltet auch diese Leute an Bord holen.
Ich empfehle euch, die Drohung mit dem 31. März zurückzunehmen, dieser Schuss könnte nach hinten losgehen und selbst überzeugte Abonnenten könnten sich die Verlängerung überlegen. Zudem taugt ein Abonnement so nicht mal als Weihnachtsgeschenk.
3. Die Klippe Ende März sorgt für Unverständnis
Wir sagen: Schaffen wir die Ziele, sehen wir einen Weg in eine finanziell nachhaltige Zukunft. Schaffen wir die Ziele nicht, sehen wir auch den Weg nicht und müssen in der Konsequenz die Republik schliessen.
Nun, wir haben es noch nicht geschafft, die Mehrheit der Verleger von dieser Strategie zu überzeugen. Unsere Verleger fragen sich, ob es nicht eine andere Möglichkeit gäbe als diese radikale Strategie.
Wobei: Wieso droht ihr die Republik gleich selbst zu versenken, wenn die erwähnten Bedingungen nicht erfüllt werden? Das hat für mich eher einen «trotzigen» Anstrich und ist nicht wirklich geeignet, um neue Verleger zu akquirieren. Gibt es wirklich keine Alternativen?
Und ich kaufe es euch einfach nicht ab, dass ihr bei 18’000 oder 18’500 wirklich alles auflösen müsst. [...] Überlegt euch doch nochmals, ob es wirklich keinen Plan B gibt.
Oder sind schlicht der Meinung, dass es die falsche Strategie ist:
Eine «Alles-oder-nichts-Strategie» scheint mir der falsche Weg, wenn man schon so viel erreicht hat.
Nicht einverstanden bin ich mit Ihren Schlussfolgerungen: mit dem bestmöglichen Produkt untergehen! Ein Versprechen ist auch nicht für die Ewigkeit: Man kann klüger und realistischer werden und dann halt etwas zurückbuchstabieren.
4. Lieber eine andere Republik als nichts
Viele wollen lieber nur einen Teil der Republik oder eine schlanke Republik oder eine andere Republik – alles ist ihnen lieber als keine Republik.
Daher unterstütze ich sehr die Forderung, die hier bereits andere geäussert haben: Entwickelt die dritte Option einer schlanken Republik.
Ich denke, es gäbe schon noch Möglichkeiten, an ein paar Orten etwas einzusparen, ohne dass man das Wesen der Republik gleich ruinieren würde.
Ich für meinen Teil könnte zum Beispiel auch sehr gut mit «nur» 3 Ausgaben pro Woche leben. Weniger ist mehr!
5. Wir wirtschaften schlecht
Sie fragen, ob es wirklich so viel Personal braucht ...
Ich lasse mich gerne überzeugen, dass 36 Festangestellte für das Gelieferte nicht zu viel sind. Aber da habt ihr m. E. noch Erklärungsbedarf.
... und ob dieses nicht zu viel Lohn erhält ...
Meines Erachtens könnte bei der Republik gespart werden, ohne gleich hochdramatisch mit der Schliessung zu drohen. Zum Beispiel könnte der Lohn von fürstlichen CHF 8000 mal temporär etwas runtergesetzt werden. Muss ja nicht gleich die Hälfte sein, das sicher nicht – auch wenn es übrigens viele Leute gibt, die für CHF 4000 pro Monat zu 100 % arbeiten.
... und überhaupt verstehen Sie nicht, wohin das ganze Geld verschwunden ist.
Gab es jemals ein ähnliches Projekt mit so vielen Mitteln? Wie ist es möglich, in kurzer Zeit so viel Geld zu verbrennen?
Und dann noch der Journalismus
Sie haben uns viele Rückmeldungen zum journalistischen Produkt gegeben, die wir auch hören. Wir werden an anderer Stelle darauf eingehen und gemeinsam mit Ihnen weiterdenken. Trotzdem ein paar Zitate dazu, weil der Journalismus das Wichtigste ist und bleibt, solange es die Republik gibt.
Einige fanden unseren Journalismus nicht überzeugend.
Einige Bekannte von mir haben der «Republik» den Rücken gekehrt, weil sie hier schlicht zu wenig Stoff, zu wenig intellektuelles oder informatives Futter fanden. Und weil es sie störte, dass sich die Red. in zwei drei wenige Gross-Storys verhakte, die in der Leserschaft nur Fans oder Kopfschüttler zuliessen. Weil hier trotz Nicht-Tagesjournalismus auch sowas wie Primeurs vermisst wurden. Weil es öfter mal vorkam, dass die Themensetzung willkürlich und selbstgefällig war. Weil das Lektorat machtlos gegenüber der heiligen «Autorschaft» schien. Weil der Output, die Geschwindigkeit, die Dichte an guten Texten zu klein war.
Oder im Gegenteil sehr überzeugend.
Auch nach einem Jahr freue ich mich darum wirklich jeden Morgen auf die neuen Artikel.
Und jetzt, nochmals ein Jahr später, verlängere ich aus Überzeugung am Gesamtprodukt, nicht wegen einzelner Artikel oder Autorinnen.
Seit es die Republik gibt, ist für mich die Welt morgens um 5 mehr als in Ordnung. Nach Startschwierigkeiten und unnötigen Eskapaden freue ich mich jedesmal auf fundiert recherchierte, brillant geschriebene Geschichten, Sensationen aus dem Alltag, Betrachtungen, Kabinettstücke, Verzierungen. Mit dem Effekt: Ich werde von Tag zu Tag politischer, kritischer, neugieriger.
Also. Wir haben Sie gehört. Und nehmen uns jetzt Zeit, das Gesagte zu verarbeiten und daraus weitere Schlüsse zu ziehen. Sie werden Anfang Jahr wieder von uns hören. Das Schlusswort geben wir einem Verleger:
Liebe Republik: Sterben ist keine Option.