Das verlorene Paradies

Kiribati in der Südsee bietet die perfekte Postkarten­idylle. Doch in einigen Jahrzehnten wird vom Inselstaat nichts mehr übrig sein. Ein Film über ein dem Untergang geweihtes Land.

Von Daniel Barnbeck (Film) und Michael Rüegg (Redaktion), 08.06.2019

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Etwa auf halbem Weg zwischen der australischen Ostküste und Mexiko liegt mitten im Pazifischen Ozean der Inselstaat Kiribati, ausgesprochen «Kiribas». Das Land erstreckt sich über eine Insel und 32 Atolle, verteilt auf einer riesigen Fläche, gebaut auf Korallen.

Es ist eines der Länder auf dem Planeten, die jeweils zuerst das neue Jahr feiern. Und es dürfte das erste Land sein, das dem steigenden Meeres­spiegel zum Opfer fallen wird. In rund dreissig Jahren werden die meisten seiner derzeit bevölkerten Inseln unbewohnbar sein. Zwei Jahrzehnte später wird der Ozean die Atolle voraussichtlich verschluckt haben.

Der junge Multimedia­journalist Daniel Barnbeck wählte das Land für seine Diplom­arbeit an der Zürcher Hochschule der Künste aus. Er reiste nach Kiribati, um die Auswirkungen des Klima­wandels auf das Leben der Bewohnerinnen zu erfassen. Barnbeck musste verdeckt recherchieren und filmen, da die Regierung seit einer Weile keine ausländischen Medien­schaffenden duldet. Während der drei Wochen, die er im Land weilte, beschlagnahmte die Polizei sogar Teile seiner technischen Ausrüstung.

Für die Republik hat Daniel Barnbeck sein Material zu einer Kurz­dokumentation verarbeitet. Entstanden ist ein Film, der die Brücke schlägt zwischen dem vermeintlichen Südsee­paradies und der Bedrohung, die ihm durch die Erwärmung des Erdklimas erwächst.

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Die über 110’000 Menschen, die derzeit auf Kiribati leben, werden zwar eines Tages noch die Nationalität ihres Landes besitzen. Aber kein Staats­gebiet mehr, in dem sie leben können.

Sie werden Klimaflüchtlinge sein. Und damit einen Status haben, der heute nicht existiert. Kein Land kann verpflichtet werden, die Menschen aus Kiribati aufzunehmen, da sie weder vor Krieg noch vor politischer Verfolgung fliehen werden. Sondern lediglich vor dem stetig ansteigenden Meeresspiegel.

2018 hat Neuseeland als erste Nation der Welt ein Visum für Menschen geschaffen, die vom Klimawandel bedroht sind. Es richtet sich explizit an Staats­bürger von Kiribati und ihre Nachbarn. Es ist der Versuch, Südsee­völker Schritt für Schritt an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie dereinst woanders leben werden. Doch die Weltgemeinschaft tut sich schwer, dem Beispiel Neuseelands zu folgen. Immerhin identifiziert der Migrationspakt der Vereinten Nationen nun die Auswirkungen des Klimawandels als Migrations­grund. Also derselbe Migrationspakt, den die Schweiz bislang nicht unterstützen will.

Das Verschwinden einer ganzen Nation wie im Falle Kiribatis oder anderer Insel­staaten ist gleichwohl nur die Spitze des schmelzenden Eisbergs, wenn von Klimaflucht die Rede ist. Permanente Dürre, versalzene Seen, Fluten, immer heftiger werdende Orkane – die Liste der Katastrophen ist lang. Es sind Faktoren, die nicht bloss die 110’000 Menschen aus Kiribati heimatlos machen werden. Sondern Millionen auf der ganzen Welt.

Kiribati

Die ehemalige britische Kolonie erstreckt sich über eine 811 Quadrat­kilometer grosse Fläche in Poly- und Mikronesien und besteht ausschliesslich aus Korallen­inseln. Der grösste Teil ihrer rund 110’000 Bewohnerinnen lebt auf dem Hauptatoll Tarawa.

Der Autor

Daniel Barnbeck absolvierte an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) den Lehrgang «Cast / Audiovisual Media» und schloss 2018 mit einer Diplomarbeit über die Auswirkungen des Klima­wandels auf die Südsee­nation Kiribati ab. Für die Republik hat er aus dem Material seiner Recherche diese Kurz­dokumentation produziert. Barnbeck arbeitet heute als freischaffender Mediadesigner.

Musik: Luca Magni
Sounddesign: Flurin Devonas

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