Auf lange Sicht

Die schönste Klimagrafik der Welt

Der Klimawandel ist in der Populär­kultur angekommen – mit bunten Grafiken. Doch wie funktionieren sie genau? Ein Exkurs in die Farben­visualisierung – mit all ihren Fall­stricken.

Von Simon Schmid, 08.04.2019

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Die Grafik, um die es in diesem Beitrag geht, ist, schlicht und einfach, schön.

So schön, dass sie sogar auf Krawatten, Flip-Flops und Leggings gedruckt wird – obwohl es sich nur um eine simple Temperatur­visualisierung handelt. So schön, dass sie von Greenpeace benutzt wird, um damit in einem psychedelisch anmutenden Video auf den Klima­wandel aufmerksam zu machen.

So schön, dass man nicht darum herumkommt, genauer hinzuschauen. Und darüber zu sprechen, wie diese Grafik eigentlich funktioniert – und warum.

Die Grafik, um die es in diesem Beitrag geht, wurde vom britischen Professor Ed Hawkins erfunden und heisst warming stripes. Wärmestreifen. Sie zeigt, wie sich die globale Temperatur über die letzten gut 150 Jahre verändert hat.

Auf Hawkins’ Blog «Climate Lab Book» finden Sie die Grafik im Original – und so sieht sie adaptiert auf die Schweiz aus:

Die schönste Klimagrafik der Welt

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von der Normperiode 1961 bis 1990: Die Farbcodierung entspricht +/– 2,5 Grad.

Wärmestreifen. Wäre dies nicht die «lange Sicht», könnten wir an dieser Stelle auch aufhören – und uns zusammen schlicht an der Ästhetik der Grafik erfreuen.

Dies ohne weitere Erklärungen – denn die Grafik spricht ja für sich: Man erkennt sofort, dass es im Verlauf der letzten gut 150 Jahre wärmer geworden ist und dass irgendetwas an dieser Entwicklung nicht normal sein kann.

Doch wir wollen etwas tiefer gehen, hinter die schöne Farb­kulisse blicken. Und uns fragen: Wie kommt es eigentlich, dass diese Grafik innerhalb eines Wimpern­schlags alles erklärt, keine Frage zur Erwärmung offenlässt?

1. Die Farben

Die offensichtliche Antwort lautet natürlich: Es sind die Farben. Sie üben auf unser Gehirn eine magische Wirkung aus, lassen uns Zusammen­hänge erkennen, bevor wir überhaupt aktiv über diese nachgedacht haben.

Wie gross die Macht der Farben als Darstellungs­mittel ist, wird klar, wenn man sich dieselben Temperatur­daten in einer anderen Form ansieht: nicht als Farb­streifen-Diagramm, sondern als gewöhnliche Liniengrafik.

Die Linie hinter dem Chart

Mittlere Jahres­temperaturen in der Schweiz

186419001940198020186,902468 °C

Quelle: Meteo Schweiz.

Auch auf dieser Grafik erkennt man, dass ab etwa 1980 ein Aufwärts­trend bei den mittleren Jahres­temperaturen einsetzt. Zuvor bewegen sich diese Temperaturen im Bereich von 4 bis 5 Grad, danach steigen sie auf über 6 Grad.

Doch das mentale Verarbeiten dieser Information dauert länger und ist aufwendiger als beim Farb­bild. Die Aufmerksamkeit ist nicht automatisch gegeben: Man muss genauer hinschauen, «den Kopf einschalten», um dieselbe Botschaft zu verstehen. Die krakelige, leicht ansteigende Linie interessiert das Auge weniger als das Farb­muster auf den Wärme­streifen.

Farben also. Doch dies ist erst der Anfang vom Zauber des Klima­streifens.

2. Welche Farben?

Nebst der Farb­codierung per se spielt auch die Farb­auswahl eine wichtige Rolle. Welche Farbe symbolisiert kalt, welche Farbe symbolisiert warm?

Die naheliegendste Codierung richtet sich natürlich nach der Konvention: Blau ist kalt, Rot ist warm. Wir verstehen diese Codes intuitiv, weil wir sie aus der Natur kennen: Wasser ist blau, Feuer ist rot. Und Rot bedeutet oft auch: Achtung! Hier passiert etwas, das gefährlich sein könnte. Wir wissen dies, weil die Analogie nicht nur im Unter­bewusstsein, sondern auch in der Sprache verankert ist. Ist etwas «im roten Bereich», so droht Gefahr.

Welche Wirkung entfaltet dieser Code auf der grafischen Ebene?

Um dies zu testen, schauen Sie sich die zwei folgenden Farb­streifen an. Sie zeigen dieselben Daten wie oben – allerdings in anderer Codierung: Im ersten Streifen wurden Rot und Blau vertauscht (sodass Rot für kalt und Blau für heiss steht), und im zweiten Streifen wurden statt Blau und Rot die Farben Braun und Grün verwendet. Welchen Eindruck machen diese Grafiken auf Sie?

Der Einfluss von Farben

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

invertiertbraun-grün

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von der Normperiode 1961 bis 1990: Die Farb­codierungen entsprechen +/– 2,5 Grad.

Falls es Ihnen gleich geht wie mir, dann haben Sie beim Betrachten wohl festgestellt: Die beiden Streifen sind zwar auch irgendwie schön – aber sie vermitteln nicht dieselbe Dringlichkeit wie die ursprüngliche Grafik, in der die Farben ganz klassisch verwendet wurden: Blau = kalt, Rot = warm.

Natürlich klingt das etwas banal, und natürlich würde kein Forscher in der Praxis je auf die Idee kommen, ein Klima­diagramm mit einer invertierten Farb­skala zu zeichnen: Blau = warm, Rot = kalt. Allerdings – und das merkt man, wenn man selbst ein Diagramm erstellt – ist die Kolorierung immer eine bewusste Entscheidung. Oft ist sie kniffliger, als man erwarten würde.

Stets muss dabei eine Reihe von Fragen beantwortet werden.

3. Die Norm­periode

Nun wird es etwas technisch. Die erste Frage lautet: An welchem Punkt auf dem Thermo­meter setzt man das Farb­schema eigentlich an?

In unseren bisherigen Grafiken lag dieser Punkt bei 4,6 Grad Celsius. So hoch war die mittlere Temperatur im Durchschnitt über die Jahre 1961 bis 1990. Ein solcher Zeitraum wird auch als Norm­periode bezeichnet. Konventionsgemäss sieht die Weltorganisation für Meteorologie einen 30-Jahres-Rhythmus für solche Normperioden vor. 1961 bis 1990 ist demnach die aktuelle Periode.

Sie dient in unseren Wärme­streifen als Anker für das Farb­schema. Das bedeutet: Jahre, in denen die Temperatur just bei 4,6 Grad Celsius lag, entsprachen genau der Norm und wurden deshalb in weisser Farbe gezeichnet. Jahre mit höheren Temperaturen lagen über der Norm und wurden in Rot, Jahre mit tieferer Temperatur in Blau dargestellt.

Es gibt jedoch kein Natur­gesetz, das einer Wissenschaftlerin oder einem Journalisten sagt, welcher Zeitraum als Norm­periode zu gelten hat.

So werden Temperatur­abweichungen nicht immer in Bezug zur Periode von 1961 bis 1990 angegeben, sondern manchmal auch zur Periode 1981 bis 2010. Diese zusätzliche Norm­periode wurde eingeführt, weil die Qualität der Messungen in diesem Zeitraum besser ist als in der älteren Normperiode.

Was dies für einen Unterschied macht, sieht man zunächst auf der folgenden Grafik: Die Norm­temperatur steigt um 0,8 auf nunmehr 5,4 Grad Celsius an. Das führt dazu, dass vergleichsweise mehr Jahre unter der Norm und weniger Jahre über der Norm liegen.

Verschiedene Nullniveaus

Mittlere Jahres­temperaturen in der Schweiz

Temperatur
Mittel 1961–1990
Mittel 1981–2010
186419001940198020186,94,65,402468 °C

Quelle: Meteo Schweiz.

Noch viel deutlicher sieht man den Unterschied aber auf den dazugehörigen Wärmestreifen. Im Gegensatz zum ersten, bekannten Streifen (der auf der Normperiode 1961 bis 1990 basiert) suggeriert der zweite Streifen (1981 bis 2010) generell ein kühleres Klima. Erst gegen Ende der Messzeit, also um die Jahrtausend­wende, scheinen sich die Temperaturen langsam zu erwärmen.

Unterschiedliche Normtemperaturen

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

1961 bis 19901981 bis 2010

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von zwei verschiedenen Normperioden: Die Farb­codierungen entsprechen +/– 2,5 Grad.

Anders ist dies beim ersten Streifen. Hier scheinen sich bereits zur Mitte des 20. Jahrhunderts erste Anzeichen einer Erwärmung bemerkbar zu machen. Zudem erscheint die jüngste Vergangen­heit in viel bedrohlicherem Rot, als dies beim zweiten Farb­streifen mit der Norm­periode 1981 bis 2010 der Fall ist.

Die Normperiode beeinflusst also den Schluss, den wir aus der Grafik ziehen.

4. Die Skala

Doch es geht noch weiter. Denn Farb­visualisierungen sind wirklich keine triviale Angelegen­heit: Es gibt unzählige Varianten, wie ein und dieselbe Temperatur­daten­reihe in einen Wärme­streifen gegossen werden kann. Dabei ist nicht immer a priori klar, welche Variante davon die beste ist.

Man erkennt dies anhand des folgenden Schau­bilds. Darauf sind wiederum zwei Streifen. Diesmal unterscheiden sie sich jedoch nicht hinsichtlich der Norm­periode, sondern hinsichtlich der Skala – oder genauer gesagt: hinsichtlich des Temperatur­spektrums, das die Farbskala abdeckt.

Beim ersten Streifen reicht dieses Spektrum von –1 bis +1 Grad Celsius: Alles, was ausserhalb dieser beiden Werte liegt, erscheint entweder tiefblau oder tiefrot. Die Skala stellt also zum Beispiel die beiden Werte von +0,2 und +0,5 Grad mit unterschiedlichen Rottönen dar, verwendet aber dasselbe dunkle Rot für die Werte +1,0 und +1,3 Grad. Ein bedeutender Anteil der Daten­punkte wird somit in den extremen Farb­tönen Dunkelblau und Dunkelrot dargestellt.

Wie weit reicht die Skala?

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

+/- 1 Grad+/- 5 Grad

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von der Norm­periode 1961 bis 1990 mit verschiedenen Farb­codierungen.

Beim zweiten Streifen ist das Spektrum dagegen grösser: Es reicht von –5 Grad bis +5 Grad Celsius. Das bedeutet, dass zum Beispiel das kälteste Jahr, 1879, trotz einer Abweichung von –1,7 Grad gegenüber der Norm­periode nicht im dunkelsten Blau erscheint, sondern vergleichsweise hell dargestellt wird. Ebenso erscheint das wärmste Jahr, 2018, trotz einer Abweichung von +2,3 Grad gegenüber der Norm nicht dunkelrot, sondern vergleichsweise hell.

Die zweite Frage, die wir also beantworten müssen, ist jene nach der Skala.

Beim obigen Beispiel liegt es auf der Hand, dass die beste Variante irgendwo in der Mitte liegt – zum Beispiel bei einem Temperatur­spektrum von +/– 2,5 Grad. Dies ist das Spektrum, das wir ganz oben verwendet haben. Aber auch hier gilt: Es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch. Welche Skala eine Forscherin verwendet, hängt davon ab, was sie mit der Grafik sagen will.

Warum das Spektrum wichtig ist, wird klar, wenn man nicht mehr bloss eine Daten­reihe visualisieren will, sondern gleich mehrere Daten­reihen aufs Mal.

Zum Beispiel: die Daten zu den Temperatur­schwankungen der Jahres­zeiten. Erneut tauchen Fragen auf, die wir beim Erstellen der Grafik klären müssen.

5. Ein Bezugspunkt

Die Analyse nach Jahreszeiten ist relevant, weil der Klima­wandel kein gleichmässiges Phänomen ist: Für die Schweiz wird beispielsweise damit gerechnet, dass die Temperaturen im Sommer stärker steigen als im Winter, während sich die Nieder­schläge tendenziell auf den Winter konzentrieren.

Lässt sich dies bereits in den Daten erkennen? Versuchen wir es zunächst mit einer Visualisierung der Jahres­zeiten anhand der absoluten Temperaturen.

Als «Norm» dient dabei die Marke von 0 Grad Celsius. In der folgenden Grafik ist dargestellt, wie stark die mittleren Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winter­temperaturen von 1864 bis 2018 davon abwichen. Die Skala ist auf +/– 16,8 Grad geeicht, da dies dem Rekord aus dem Hitze­sommer 2013 entspricht.

So fühlen sich die Temperaturen an

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

FrühlingSommerHerbstWinter

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von 0 Grad Celsius. Die Farb­codierungen entsprechen +/– 16,8 Grad. Frühling = März, April, Mai; Sommer = Juni, Juli, August; Herbst = September, Oktober, November; Winter = Dezember, Januar, Februar.

Was diese Grafik zum Ausdruck bringt, ist, grob gesagt, ein Gefühl: Sie zeigt, als wie heiss wir die Temperaturen in den vier Jahreszeiten jeweils empfunden haben – vom Frühling 1864 bis zum Herbst 2018, dem neusten Datenpunkt.

Aus dieser Grafik einen Trend zum Klima­wandel abzulesen, fällt allerdings nicht ganz leicht. Man ahnt, dass die Sommer zuletzt etwas heisser wurden und die Winter einen Tick weniger kalt. Auch im Frühling und im Herbst deuten die Farben gegen Ende des Zeit­horizonts auf eine leichte Erwärmung hin. Wie stark sie ist, lässt sich anhand dieser Grafik aber nicht wirklich eruieren.

War es also eine schlaue Entscheidung, dieselbe Norm­temperatur (nämlich 0 Grad Celsius) für alle Jahres­zeiten anzuwenden? Der Blick auf eine ganz gewöhnliche Linien­grafik suggeriert: Wahrscheinlich wäre es besser, für jede Jahreszeiten­kurve eine jeweils eigene Norm­temperatur zu berechnen.

Die Linien zu den Farben

Mittlere Jahres­temperaturen in der Schweiz

186419001940198020186,0 Frühling15,3 Sommer7,8 Herbst−2,4 Winter−5051015

Quelle: Meteo Schweiz. Frühling = März, April, Mai; Sommer = Juni, Juli, August; Herbst = September, Oktober, November; Winter = Dezember, Januar, Februar.

Probieren wir dies also aus – mit einem weiteren Wärme­streifen, der die Abweichung von vier verschiedenen Norm­temperaturen zeigt.

6. Vier Bezugspunkte

Die saisonalen Norm­temperaturen sind also: 3,3 Grad Celsius im Frühling, 12,1 Grad im Sommer, 5,6 Grad im Herbst und –2,7 Grad im Winter. So warm waren die Jahres­zeiten im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990.

Wenn wir die tatsächlichen Temperaturen mit diesen Norm­temperaturen vergleichen, resultiert die folgende Grafik. Sie zeigt, in welchen Jahren der Frühling, Sommer, Herbst oder Winter übermässig kalt oder warm war.

Grössere saisonale Schwankungen

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

FrühlingSommerHerbstWinter

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von der Normperiode 1961 bis 1990: Die Farb­codierungen entsprechen +/– 2,5 Grad.

Im Vergleich zu vorher sehen diese Streifen komplett anders aus. Der Fokus liegt auf den Unter­schieden innerhalb der Jahres­zeiten statt zwischen ihnen.

Auffallend ist aber, wie unordentlich die Farbtöne angeordnet sind. Blau und Rot wechseln sich sehr oft ab. Man erkennt eine Tendenz, doch es fällt immer noch schwer, sie einzuordnen. Ebenfalls auffallend ist die Intensität der Farben. Man sieht sehr kräftige Töne, viel Dunkelblau und Dunkelrot, weniger Zwischen­stufen. Die Schwankungen scheinen extremer als bei der Ganzjahres­grafik, die wir im ersten Teil des Beitrags besprochen haben.

Beide Beobachtungen ergeben Sinn, und beide haben den gleichen Grund: Die Daten schwanken auf Ebene der Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winter­temperaturen tatsächlich stärker als bei den Jahres­temperaturen.

Auf den ersten Blick mag diese Tatsache verwirrend sein, doch statistisch gesehen ist sie völlig logisch. Sie rührt daher, dass sich extreme Werte übers Jahr hinweg vielfach ausgleichen. Ein speziell heisser Frühling und ein kalter Herbst führen aufs Ganze gesehen zu einem durchschnittlichen Jahr. Die 4-Jahreszeiten-Grafik ist dadurch automatisch weniger geglättet.

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, bleibt eigentlich nur eins übrig: Wir müssen die Farb­skala ein weiteres – letztes – Mal anpassen.

7. Nochmals eine Skala

Das heisst: Wir verwenden statt eines Spektrums von +/– 2,5 Grad neu ein Spektrum von +/– 4 Grad. Wir passen gewissermassen den Kontrast des Wärme­streifens an, um die Extrem­werte weniger extrem darzustellen:

Die schönste Jahreszeiten-Klimagrafik der Welt

Temperatur­abweichungen in der Schweiz von 1864 bis 2018

FrühlingSommerHerbstWinter

Quelle: Meteo Schweiz. Dargestellt ist die Abweichung von der Norm­periode 1961 bis 1990: Die Farb­codierungen entsprechen +/– 4 Grad. Frühling = März, April, Mai; Sommer = Juni, Juli, August; Herbst = September, Oktober, November; Winter = Dezember, Januar, Februar.

Vielleicht ist dies nicht mehr die allerschönste Klima­grafik der Welt. Doch aus den neu geeichten Wärme­streifen lässt sich besser herauslesen, nach welchem Jahreszeiten­muster sich das Klima in der Schweiz verändert hat:

  • Das Bild zeigt zum Beispiel, dass es seit rund zwanzig Jahren fast keinen Frühling mehr mit unterdurchschnittlichen Temperaturen gab (im Vergleich zur Norm­periode von 1961 bis 1990).

  • Ähnliches gilt für den Sommer: Der Übergang von kalten zu warmen Temperaturen ist hier am deutlichsten, am stetigsten ausgeprägt.

  • Im Herbst sind die Temperaturen zuletzt nicht so stark gestiegen. Innerhalb der letzten zwanzig Jahre lagen sie auch einige Male unter dem Durchschnitt der Norm­periode. Dafür zeigt sich, dass die saisonalen Temperaturen ganz am Anfang der Messreihe im 19. Jahrhundert vergleichsweise kühler waren.

  • Bei den Winter­temperaturen zeigen sich insgesamt die grössten Schwankungen. Einen generellen Trend zur Erwärmung gibt es auch hier. Doch er ist weniger eindeutig als beispielsweise im Sommer.

Die letzte Serie von Wärme­streifen ist nun also recht gut lesbar. Behalten wir aber in Erinnerung, wie es dazu kam: Wir haben zuerst die Temperatur neu normiert und dann die Farbskala angepasst. Diese Operationen haben uns geholfen, die Daten zu deuten. Doch sie erschweren die Vergleich­barkeit: Gegenüber der Ganzjahres­grafik erscheinen die Schwankungen kleiner.

Mag sein, dass all diese Detail­überlegungen am Ende zu viel des Guten sind. Vermutlich wird nie ein Designer eine Kaffeetasse oder eine Tragetasche mit unseren Jahreszeiten-Wärmestreifen bedrucken. Allerdings findet gerade eine bemerkenswerte Entwicklung statt: Der Klima­wandel wandert, wie Figura zeigt, von der Gelehrten­stube nach und nach in die Populär­kultur.

Da ist es allemal sinnvoll, wenn man weiss, wovon man eigentlich spricht.

Die Daten

Sie lassen sich bei Meteo Schweiz als Textdatei beziehen. Darin findet sich das Schweizer Temperatur­mittel über sämtliche Monate für den Zeitraum von 1864 bis zum aktuellen Rand. Dieses Mittel entspricht der Durchschnitts­temperatur, die über die gesamte Landes­fläche und die verschiedenen Höhen­lagen gemessen wird. In die Zeitreihe fliessen die Daten von 19 Messstationen ein, die über den gesamten Zeitraum hinweg lückenlos zur Verfügung stehen. Um Veränderungen bei den Mess­bedingungen zu korrigieren, wurden diese Daten homogenisiert.

Was verändert sich auf die lange Sicht?

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