Das Leben spielt

Hightech kapituliert vor braunem Häufchen

Von Michael Rüegg, 20.03.2019

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Vielleicht erinnern Sie sich an meine Bekannte namens Mimi. Sie hat mal in einer anderen Folge dieser Ameisen­strasse wochenlang auf ihren Koffer und die darin verpackten Diamant­ohrringe ihrer Mutter gewartet. Als sie bereits aufgegeben hatte, tauchte das Gepäck­stück dann doch wieder auf.

Erstaunlich, diese Gepäck­abwicklungs­systeme an Flughäfen: Koffer wird gescannt, Computer entsendet ihn durch ein Labyrinth an Fliess­bändern zum richtigen Exit. Doch wenn etwas schiefgeht, bricht der Prozess zusammen wie ein Kartenhaus.

Die Automation hat einen Erzfeind: das Unvorhergesehene.

Dazu passt auch Mimis jüngste Episode. Diesmal verreiste ihre Mutter, vermutlich ebenfalls mit besagten Ohr­ringen. Zurück liess sie ihren jungen Chihuahua, in der Obhut von Tochter Mimi.

Barley heisst das Tier. Mimi besitzt bereits zwei kleine Kläffer, da passt Barley wunderbar dazu. Der Kleine liebt lange Spazier­gänge. Leider ist Barley noch nicht ganz stubenrein. Hätte er doch nur gewartet, bis Mimi mit ihm und den anderen beiden Hunden aufbrach.

Hat er aber nicht. Kurz bevor das Quartett die Wohnung verliess, kackte Barley noch schnell auf den Kuhfell­teppich im Wohn­zimmer. Klammheimlich, Mimi fiel das Häufchen nicht auf.

Das wäre nicht so schlimm gewesen. Hätte in der Zwischenzeit nicht Mimis Staub­sauger­roboter seinen Dienst angetreten.

Als das Gerät seine Runden zu drehen begann, stiess es auf den Haufen Hundekot – und weil der Roboter in den Fäkalien kein Hindernis erkannte, fuhr er mitten hinein.

Als Mimi Stunden später mit ihren drei Vierbeinern zurückkehrte, bot sich ihr ein erschreckendes Bild: Der Staub­sauger hatte die Hunde­scheisse fein säuberlich in der ganzen Wohnung verteilt. Das Kuhfell war ruiniert. Ebenso der Staub­sauger selber, der wieder brav an seinem Lade­gerät hing. Immerhin: Anhand der mittlerweile eingetrockneten Kotspuren erkannte Mimi, dass der Staub­sauger an sich sehr gründlich gearbeitet und praktisch jeden Winkel des Parkett­bodens passiert hatte.

Der Fortschritt hatte seinen Meister gefunden: in Form eines braunen Häufchens. Der Roboter war nicht mehr zu retten. Er liegt nun auf dem Müll. Zusammen mit dem Kuhfell.

Keine Technologie der Welt, weiss Mimi, schützt uns vor dem wirklich Unvorhergesehenen.

Und mit nachdenklicher Miene fragen wir uns alle: Wenn bereits ein inkontinenter Chihuahua ein solches Schlamassel auslösen kann, wer bewahrt uns dann vor echten Gefahren?

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