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Einsicht in Einstellungen

Von Dominique Strebel, 05.10.2018

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Die Luzerner Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen den Zuger Justizdirektor Beat Villiger trotz Widersprüchen eingestellt. Sie tat das, obwohl im Strafprozessrecht der Grundsatz gilt, im Zweifel anzuklagen. Strafrechtsprofessoren kritisieren das Vorgehen, die Staatsanwaltschaft verteidigt es.

Wer auch immer recht hat: Solche Einstellungen müssen von den Medien mit wenig Aufwand und systematisch eingesehen werden können. Sonst ist nicht möglich, was das Bundesgericht in zahlreichen Entscheiden den Medien aufträgt: eine Kontrolle der Justiz.

Die Luzerner Staatsanwaltschaft zum Beispiel bearbeitete im Jahr 2017 rund 45’000 Fälle. In nur 0,8 Prozent der Fälle erhob sie Anklage, in über 83 Prozent erliess sie einen Strafbefehl, und in 12 Prozent stellte sie das Verfahren ein oder nahm es nicht an die Hand. 4 Prozent der Fälle gab sie ab. Man erhält nur ein unvollständiges Bild der Tätigkeit einer Staats­anwalt­schaft, wenn Journalistinnen nur Anklagen und Strafbefehle, nicht aber Einstellungen immer anschauen können. Und die Staatsanwaltschaft ist im Strafverfahren die wichtigste Entscheidinstanz.

Gerade die Einstellungen und Nichtanhandnahmen sind wichtig, um die Tätigkeit der Strafverfolger zu kontrollieren. Hier zeigt sich, ob eine Staatsanwaltschaft korrekt oder nachlässig ermittelt. Oder gar ein Delikt verjähren lässt.

Rechtswissenschafter fordern zu Recht, dass alle Einstellungen und Nicht­anhand­nahmen in einer zentralen Datenbank gelistet und von Journa­­listinnen mit wenig Aufwand eingesehen werden können. Nur so ist es nicht dem Zufall oder Whistleblowern überlassen, dass eine zweifelhafte Einstellung öffentlich wird. Nur so ist erfüllt, was die Bundesverfassung in Artikel 30, Absatz 3 fordert: eine öffentliche und damit kontrollierbare Justiz.

Das dient nicht zuletzt den Strafverfolgungsbehörden selbst, die damit ihre Legitimation und Glaubwürdigkeit durch Transparenz untermauern können. Die Befürchtung, Journalisten könnten Beschuldigte zu Unrecht an den Pranger stellen, nachdem sie in Einstellungsverfügungen entlastet wurden, ist unbegründet: Die Grundsätze des Medienrechts und der Medienethik genügen, um das zu verhindern.

Die laufende Revision der Strafprozessordnung wäre eine gute Gelegenheit, das Recht der Medien, in solche Entscheide Einsicht zu haben, klar festzuhalten. Und damit das Vertrauen in Demokratie, Rechtsstaat und Strafverfolgung zu stärken.

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