Was diese Woche wichtig war

Trump in Bedrängnis, Griechenland ohne Kredite – und die Überwanderung am Berg

Woche 34/2018 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Michael Kuratli, 24.08.2018

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Ex-Anwalt bringt Trump in Bedrängnis

Darum geht es: Donald Trumps ehemaliger Anwalt, Michael Cohen, gestand vor Gericht, in Trumps Auftrag Schweigegelder gezahlt zu haben. Mit den Zahlungen sollten angebliche Affären mit einer Pornodarstellerin und einem «Playboy»-Modell verheimlicht werden. Zeitgleich mit Cohens Geständnis wurde Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort in einem anderen Gerichtsfall wegen Betrugs und Steuerhinterziehung schuldig gesprochen.

Warum das wichtig ist: Das Geständnis seines Ex-Anwalts ist für den Präsidenten belastend. Hatte er früher gesagt, er würde für Trump eine Kugel auffangen, zog Cohen mit seiner Aussage den Präsidenten nun direkt in den Skandal um die Affären hinein. Brisant ist, dass die Anklage von einer Veruntreuung von Kampagnengeldern ausgeht. Das kommt einer Verletzung des Wahlkampfgesetzes gleich und könnte für Trump heikel werden – auch wenn ihn sein Amt vor juristischer Verfolgung schützt. Gegen die Bundesanwälte, die gegen Cohen ermitteln, kann Trump nichts ausrichten.
Gleichzeitig mit der Cohen-Affäre kam Sonderermittler Robert Mueller im Fall Paul Manafort gerichtlich einen Schritt weiter. Seit Mai 2017 untersucht Mueller Trumps potenzielle Verwicklungen in Wahlkampf-Manipulationen durch Russland. Trumps Wahlkampfmanager Manafort wurde nun wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Dieses Urteil hat zwar mit der Russland-Affäre direkt nichts zu tun – der juristische Erfolg stärkt aber Muellers Position als Ermittler. Seine Untersuchungen wurden von Trump und seinen Verbündeten immer wieder als politisch motivierte «Hexenjagd» bezeichnet.

Was als Nächstes passiert: Im Fall Manafort erreichten die Geschworenen nur in 8 von 18 Punkten Einstimmigkeit. Der Verurteilte muss sich in einem weiteren Prozess vor einem Bundesgericht in Washington D.C. Vorwürfen zu seiner Lobbyistentätigkeit stellen. Das Urteil zu Cohen wird im Dezember erwartet. Trumps Position ist mit den Fällen nicht direkt gefährdet. Sie könnten aber die Kongresswahlen im November zugunsten der Demokraten beeinflussen.

Entführung nach gescheiterter Waffenruhe

Darum geht es: Die afghanische Regierung hatte einen Waffenstillstand mit den radikalislamistischen Taliban angestrebt. Anlass war das islamische Opferfest Eid al-Adha. Die Taliban hielten sich nicht an die Aufforderung, im Gegenteil, sie überfielen einen Bus und nahmen 200 Fahrgäste als Geiseln. Tags darauf wurden die meisten der Geiseln wieder freigelassen.

Warum das wichtig ist: Die westlichen Truppen in Afghanistan werden den Taliban nicht Herr. Obwohl die Alliierten – darunter Deutschland – die Truppenpräsenz seit dem Amtsantritt von Präsident Trump wieder auf längere Sicht planen, gewinnen die Taliban an Boden. Eine aktuelle und umfassende Einordnung dazu lesen Sie von Emran Feroz in der NZZ. Der afghanische Präsident strebt offenbar einen pragmatischen Umgang mit den Taliban an – vor allem in Hinsicht auf die Wahlen im Herbst. Die Taliban hingegen sehen in der Regierung in Kabul eine Marionette der USA.

Vergebliches Hoffen auf den Waffenstillstand: Trauer nach einem Selbstmordanschlag in Kabul, Afghanistan. Rahmat Gul/AP Photo/Keystone

Was als Nächstes passiert: Nach dem versuchten Waffenstillstand kündigte der russische Aussenminister überraschend eine Teilnahme der Taliban bei Gesprächen zwischen Russland, der afghanischen Regierung, Pakistan, China, dem Iran und Indien Anfang September an. Moskau steht im Verdacht, die Taliban im Kampf gegen Zellen des Islamischen Staats in Afghanistan zu unterstützen.

Autolobby für breitere Strassen, am besten zweistöckig

Darum geht es: Der Verband für Verkehrsfachleute (VSS) will die Schweizer Strassen verbreitern. Als Begründung führt er die immer breiter gebauten Autos an, etwa Geländewagen, sogenannte SUV. Der Entwicklung müsse im Sinne der Sicherheit mit bis zu einem halben Meter verbreiterten Strassen Rechnung getragen werden. Vor allem linke und grüne Politikerinnen stellen sich dezidiert gegen die Idee.

Warum das wichtig ist: Die Strassenlobby scheint Aufwind für ihre Anliegen zu spüren. Zumindest lancierte das Bundesamt für Strassen (Astra) bereits vor einem Monat die Idee, im Limmattal eine doppelstöckige Autobahn zu bauen. Der Bundesrat klärt dieses Anliegen derzeit ab. Der VSS, in dem alle wichtigen Akteure der Verkehrsplanung versammelt sind, bringt mit seiner Idee breiterer Strassen eigentlich eine rein technische Angelegenheit ins Spiel. Sie sagt jedoch viel über die Grundhaltung der Entscheidungsträger aus. Das Vorpreschen mag den Anstrich eines Sommerloch-Testballons zur Lancierung einer Debatte um den Ausbau der Autoinfrastruktur haben. Doch im rechtsbürgerlich dominierten Bundesparlament dürften die Ideen Freunde finden. Allerdings fürchten Politiker auf lokaler Ebene auf beiden Seiten des Parteienspektrums bereits, dass den breiteren Strassen Tausende Parkplätze, respektive Velowege, zum Opfer fallen würden.

Was als Nächstes passiert: Noch liegt kein konkreter politischer Vorschlag auf dem Tisch. Das Anliegen hat aber Chancen. Bedenkt man, dass die Stimmbevölkerung auch zu einer zweiten Gotthard-Autobahnröhre Ja gesagt hat, ist im Moment offen, wohin die Automobilpolitik der Schweiz steuert. Einzelne Kantone, wie Basel-Landschaft, bauen bereits verbreiterte Strassen. Dagegen bildet sich lokal aber auch parteiübergreifend Widerstand.

Rettungsschirm über Griechenland geschlossen

Darum geht es: Griechenland wurde nach acht Jahren aus dem Euro-Rettungsschirm entlassen. Insgesamt erhielt das Land 289 Milliarden Euro Kredite aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), um einen Staatsbankrott abzuwenden.

Warum das wichtig ist: Die Eurokrise traf Griechenland hart. Während europäische Banken jahrelang Kredite im Land vergaben, zogen sich die Geldgeberinnen ab Ende 2009 abrupt zurück. Staat und Banken kämpften mit der Liquidität, dem Euro-Land drohte der Staatsbankrott. Griechenland erhielt Hilfe von der EU und dem Internationalen Währungsfonds, jedoch mit radikalen Sparauflagen sowie einem massiven Eingriff in die finanzpolitische Autonomie des Landes. Protestwählende verhalfen darauf der linken Syriza an die Macht, die mit dem Finanzminister Yanis Varoufakis und Premier Alexis Tsipras für einen Schuldenschnitt und einen besseren Deal antrat. Varoufakis scheiterte mit seinen Vorschlägen in Brüssel. Vornehmlich der ehemalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble blieb in Sachen Schuldenlast und Sparprogramme hart. Varoufakis nahm den Hut und kritisiert noch heute, dass das Land Jahrzehnte unter der verfehlten Politik leiden werde. Späte Einsicht in die verfehlte Politik der Eurogruppe zeigte zum Abschluss der «Hilfszahlungen» auch EU-Kommissar Pierre Moscovici. Man habe «verzögert und suboptimal» entschieden.

Was als Nächstes passiert: Griechenland hat mit dem Abschluss der Kreditprogramme ein Stück Autonomie zurückgewonnen. Die Krise des Staates ist damit aber nicht überwunden. Wie der immense Schuldenberg abgetragen werden soll, ist nach wie vor unklar. Während die Europäische Kommission das Programm als erfolgreich beendet betrachtet, bleibt offen, wie sich der ausgehungerte Staat wirtschaftlich wieder aufbauen soll.

Zum Schluss: Wenn der Aufstieg zum Ausstieg führt (nur kurz)

Dass Tourismus gut für Bergregionen ist, die ausser schönen Landschaften wirtschaftlich oft nicht viel zu bieten haben, ist unbestritten. Zu viel des Guten kann aber bekanntlich auch toxisch sein. Im Falle des Berggasthauses «Aescher» im appenzellischen Alpstein brachte zu viel Nachfrage das Pächterpaar nun zur Aufgabe der lauschigen Berghütte. Die Besucherzahlen waren stetig angestiegen. Kein Wunder, schliesslich landete das Gästehaus unter anderem auf dem Cover des «National Geographic» unter dem Titel «Destinations of a Lifetime». Die Infrastruktur könne mit der wachsenden Gästezahl nicht mehr schritthalten, sagte das Pächterpaar gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Würden sich mehr Wanderer an Miguel de Cervantes halten, wäre es vielleicht nie so weit gekommen. Der spanische Nationalschriftsteller liess seine Protagonisten nicht nur gegen Windmühlen antreten, sondern schrieb auch: «Der Weg ist immer besser als die schönste Herberge.»

Was diese Woche wichtig war

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