Briefing aus Bern

Miesch und seine Immunität, Hilfe für Waffenfirmen und Papi-Zeit

Das Wichtigste in Kürze aus dem Bundeshaus (21).

Von Daria Wild, 23.08.2018

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Was ist das jetzt? Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung? Ein Babystep? Ein Kompromiss? Oder einfach nur heisse Luft?

Auf jeden Fall wird der Vaterschaftsurlaub diskutiert. Am Dienstag hat die Sozialkommission des Ständerats der Initiative für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub einen Gegenvorschlag gegenübergestellt. Statt der geforderten vier Wochen sollen frische Väter zwei Wochen in die Ferien können. Vier Wochen kosten zu viel, findet die Kommission.

Finanziert wird der Vaterschaftsurlaub aus der Erwerbsersatzordnung, einem Topf, der mit den Lohnprozenten von Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmern gefüllt wird.

Zwei Wochen. Halb so viel wie die Initiative will, aber viel mehr als der eine Tag wie bisher. «Ein Kompromiss», sagt SP-Ständerätin Pascale Bruderer. «Nicht mehr als Symbolpolitik», die Grünen-Nationalrätin Aline Trede. «Immerhin anerkennen sie die Notwendigkeit», sagt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail Suisse. Während die ausserparlamentarische Eidgenössische Familienkommission unbeirrt für eine 38-wöchige Elternzeit weiterkämpft.

Aber jetzt, noch kürzer als der heutige Vaterschaftsurlaub: das Wichtigste aus Bern.


Christian Mieschs Immunität wackelt

Worum gehts? Die Rechtskommission des Ständerats will das Gesuch um Aufhebung der parlamentarischen Immunität des ehemaligen Baselbieter SVP-Nationalrats Christian Miesch bewilligen. Als Sekretär der Gruppe Schweiz-Kasachstan soll Miesch dem Lobbyisten Thomas Borer 4635 Franken in Rechnung gestellt haben. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt Miesch, das Geld für die Einreichung einer Interpellation kassiert zu haben. Es geht also um passive Bestechung und Vorteilannahme.

Was bedeutet das? Die Rechtskommission wiegt das rechtsstaatliche Interesse an einer Strafverfolgung schwerer als die institutionellen Interessen des Parlaments. Ein schwieriger Entscheid – es geht dabei ja auch um die eigenen Ratskollegen. FDP-Nationalrätin Christa Markwalder beispielsweise blieb im Zusammenhang mit der Kasachstan-Affäre vor Strafverfolgung geschützt.

Und jetzt? Muss die Kommission des Nationalrates sich noch einmal mit dem Fall beschäftigen. Sie war im Juni noch knapp dafür, Mieschs Immunität zu schützen. Der deutliche Entscheid ihrer Ständeratskollegen (11:1) könnte sie zum Umdenken bewegen.


Abschaffung des Eigenmietwerts

Worum gehts? Wer ein Haus besitzt und darin wohnt, versteuert den sogenannten Eigenmietwert: Er bezahlt einen Betrag, der den Einnahmen entsprechen soll, die er erzielen könnte, wenn er das Haus vermieten würde. Handkehrum können Hausbesitzerinnen in der Steuererklärung die Kosten für den Unterhalt ihres Hauses und die Hypozinsen abziehen. Nun soll beides abgeschafft werden, der Eigenmietwert und die Abzüge.

Warum gerade jetzt? Den Eigenmietwert wollen der Hauseigentümerverband und manche rechte Politiker schon lange abschaffen. Aber auf die Steuerabzüge für Hausbesitzer, die unter dem Strich oft mehr Einsparungen brachten, wollten sie nie verzichten. Doch inzwischen sind die Hypozinsen schon so lange so tief, dass viele Hausbesitzerinnen besser fahren, wenn sie auf die Abzüge verzichten und den Eigenmietwert loswerden.

Wie gehts weiter? Der Teufel sitzt im Detail. Manche Abzüge sollen doch beibehalten werden. Es kann noch lange dauern, bis es eine mehrheitsfähige Vorlage gibt.


Kommission unterstützt Lockerung von Waffenexporten

Was wurde entschieden? Der Bundesrat will die Regeln zu Kriegsmaterialexporten lockern. Schweizer Rüstungsfirmen sollen unter Umständen Waffen in Länder exportieren dürfen, in denen Bürgerkrieg herrscht. Die Sicherheitspolitische Kommission (SiK) des Nationalrats hat beschlossen, den Bundesrat in dieser Sache machen zu lassen. Sogar die Forderung, wenigstens eine Vernehmlassung durchzuführen, lehnte sie mit 13 zu 12 Stimmen ab. FDP und SVP haben in der Kommission zusammen 13 Sitze.

Was sind die Argumente? Nach Ansicht der Mehrheit muss die Schweiz eine «an die Bedürfnisse ihrer Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität» aufrechterhalten. Will heissen: Die Waffenhersteller in der Schweiz sollen wieder mehr produzieren. Derzeit sind die Exporte ins Ausland rückläufig. Das sei gefährlich, so die Mehrheit, weil es Know-how und Arbeitsplätze gefährde.

Warum ist das brisant? Waffenexporte vertragen sich schlecht mit den diplomatischen Guten Diensten, auf die die Schweiz so stolz ist. Und die Einschränkungen für Kriegsmaterialexporte lassen schon heute viel Spielraum für Interpretation, schreibt unser Autor Urs Bruderer in seinem Kommentar.


Mit Stichentscheid für gleiche Löhne

Worum gehts? Grosse Unternehmen sollen prüfen müssen, ob sie Männern und Frauen für gleichwertige Arbeit gleich viel zahlen. Nach dem Ständerat hat sich nun auch die vorberatende Nationalratskommission für das Gleichstellungsgesetz ausgesprochen – mit hauchdünner Mehrheit. Den Stichentscheid fällte Kommissionspräsidentin Christine Buillard-Marbach (CVP/FR).

Wen betrifft das? Unternehmen mit 100 oder mehr Angestellten müssen während der nächsten 12 Jahre ihre Löhne überprüfen. Zeigt sich, dass die Lohngleichheit eingehalten wird, sind die Unternehmen von weiteren Überprüfungen befreit. Das Parlament hat damit den Vorschlag des Bundesrates deutlich abgeschwächt: Er hätte Unternehmen ab 50 Angestellten zu Lohngleichheitsüberprüfungen verpflichten wollen, und das alle vier Jahre und unbefristet.

Wie gehts weiter? Der Nationalrat entscheidet voraussichtlich im Herbst über die Vorlage. Es ist ein knappes Resultat zu erwarten.


Mehr Einschränkungen für Flüchtlinge

Worum gehts? Reist ein Flüchtling in seinen Heimat- oder Herkunftsstaat, soll ihm die Flüchtlingseigenschaft aberkannt werden.

Was ist neu? Schon heute gilt nicht mehr als Flüchtling, wer freiwillig eine Reise nach Hause unternimmt. Doch bisher mussten ihm die Behörden nachweisen, dass seine Reise freiwillig war; künftig wird die Beweislast umgekehrt: Der Flüchtling soll beweisen, dass er zu dieser Reise gezwungen war, wenn er Flüchtling bleiben will. Und anders als der Bundesrat will die Kommission Flüchtlinge auch nicht mehr anerkennen, wenn sie in ein Nachbarland ihres Heimatstaates reisen.

Was ist der Kern? Der Verdacht, dass manche Flüchtlinge (vor allem aus Eritrea) keine echten Flüchtlinge seien. Und dass, wer freiwillig eine Reise nach Hause mache, nicht wirklich auf der Flucht sei.


Zahl der Woche

Und damit zurück zu Vätern und Müttern. Die haben im vergangenen Jahr 42’508 Mädchen und 44’873 Knaben bekommen, so das Bundesamt für Statistik.

Wie jedes Jahr wurden gleichzeitig die Ranglisten der beliebtesten weiblichen und männlichen Vornamen publiziert. Emma hat Mia bei den Mädchen auf den zweiten Platz verwiesen. Dahinter liegen Sofia, Lina, Lena, Lea und Lara. Zweisilbigkeit herrscht auch bei den Buben: Wie schon letztes Jahr führt Noah die Liste an, gefolgt von Liam, Luca und Leon.

Wer wissen will, wo sein Name auf der Rangliste steht, kann es mit diesem Tool herausfinden.

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